Selbstverständlich hat der Landtag das letzte Wort. Genauso wie Parlamentarierinnen und Parlamentarier sich irren können, können sie auch partiell fähig und unfähig sein. Wir bilden einen Querschnitt der Bevölkerung ab. Insofern würde ich es überhaupt nicht ausschließen, dass wir im Landtag einmal nicht Recht haben.
Selbstverständlich hat aber der Landtag das letzte Wort und sagt, in welchen Schritten die Empfehlungen umgesetzt werden. Er sagt selbstverständlich auch - darüber muss man sich unterhalten, dazu gibt es mit Sicherheit unterschiedliche Auffassungen -, wie sie umgesetzt werden. Darüber wird der zukünftige Landtag zu entscheiden haben.
Ich habe sehr viel Sympathien für das Modell des Landes Schleswig-Holstein. Dort hat sich die große Koalition darauf verständigt, dass die Träger, die Regionen und die Menschen selbst entscheiden, ob sie eine stärker
gegliederte Schule, nämlich die Regionalschule haben wollen oder ob sie längeres gemeinsames Lernen, das Modell der Gemeinschaftsschule haben wollen.
In Schleswig-Holstein hat eine Abstimmung mit den Füßen stattgefunden, weil man beide Modelle zugelassen hat. Die Abstimmung mit den Füßen hat dazu geführt - unabhängig davon, ob die Region CDU- oder SPD-regiert war -, dass es fast ausschließlich Gemeinschaftsschulen gibt; denn das ist die richtige Antwort auf die Herausforderungen, die ein großes Flächenland mit sich bringt. Es gibt unheimlich gute, leistungsfähige Ergebnisse. Insofern wäre das für mich ein Weg.
Ich bedanke mich. - Der Präsident räuspert sich; er hat Recht. Vielen Dank, dass ich das vortragen durfte.
Frau Budde, es gibt eine Nachfrage des Abgeordneten Herrn Kley. - Sie möchten sie nicht beantworten.
Wir kommen nun zu dem Redebeitrag der Landesregierung. Herr Professor Dr. Olbertz, Sie haben das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der FDP-Fraktion ist für mich zunächst Anlass zu einem Rückblick. Am 15. Dezember 2006 haben wir über die Einrichtung des Bildungskonvents debattiert. Es gibt ihn jetzt seit fast zwei Jahren. Man kann durchaus so etwas wie eine erste Zwischenbilanz ziehen.
Ich selbst habe damals die Einrichtung des Bildungskonvents begrüßt und dazu eine außerordentlich optimistische Rede gehalten. Ich will einmal daraus zitieren:
„Die inhaltliche Schwerpunktsetzung des nun zu gründenden Bildungskonvents gibt nach meiner Ansicht Anlass zu der Hoffnung, dass die Arbeit erfolgreich sein wird. Der Politik ist es auch bei der Zusammensetzung des Konvents gelungen zu zeigen, dass sie seine Arbeit ernst nehmen wird, ohne sie dominieren zu wollen.“
Unter dem Eindruck der bisherigen Sitzungen des Konvents war ich bei dem Durchlesen dieser alten Landtagsprotokolle gestern Abend aber auch ein wenig ernüchtert. Dieses Gefühl hat sich bei der Lektüre der anderen Landtagsreden im Übrigen noch verstärkt. Ich zitiere eine Aussage der Frau Kollegin Budde:
„Der Bildungskonvent ist keine Fortsetzung des Wahlkampfes mit anderen Mitteln, er ist der Rahmen für eine bildungspolitische Diskussion mit vielen, die in diesem Land Verantwortung im Bildungsbereich tragen.“
„Der permanente Wechsel als - man kann es fast so sagen - die bestimmende Konstante der Bildungspolitik in Sachsen-Anhalt muss und kann damit endlich ein Ende finden.“
„Der Konvent bietet die Möglichkeit, aus den Schützengräben der Vergangenheit herauszukommen. Die bildungspolitische Auseinandersetzung in den letzten Jahren war oft fast ausschließlich vom Streit über dieses Thema geprägt.“
„Jeder, der regiert hat, hat es nach seinen Vorstellungen umgebaut. Dies hat in der Öffentlichkeit und an den Schulen zu Recht zu einer Distanz gegenüber bildungspolitischen Entscheidungen und der permanenten Veränderung geführt.“
Liebe Frau Budde, ich habe heute die Befürchtung, dass uns genau das wieder bevorsteht. Ich stehe mit dieser Befürchtung nicht allein. In der letzten Sitzung des Konvents hat Dr. Walbrach vom Verband Sonderpädagogik e. V. folgenden Antrag gestellt:
„möge beschließen, dass die vor allem zu dieser Thematik gehörenden Diskussionen einen offenen und vorbehaltlosen Charakter mit dem Ziel annehmen, ein breites Meinungsbild zuzulassen. Es ist darauf zu achten, dass die an Parteien gebundenen bildungspolitischen Positionen zwar vertreten werden können, jedoch nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen.“
Ich glaube, er hätte diesen Antrag nie eingebracht und auch nie so breite Zustimmung dazu erhalten, wenn es dazu keinen ernsthaften Anlass gegeben hätte.
Es stellt sich heute vielen, auch externen Mitgliedern die Frage, ob es sich um ein bildungspolitisches Gremium handelt oder am Ende wohl doch um ein machtpolitisches.
Viele sind jedenfalls nicht bereit, sich für einen bildungspolitischen Schlagabtausch oder für längst geschlagene Schlachten aufstellen zu lassen. Und sie sagen das auch deutlich. Gerade die politischen Verantwortungsträger im Konvent - hierbei schließe ich mich ausdrücklich ein - haben allen Anlass, diesen Verdacht auszuräumen.
Herr Walbrach hat mit gutem Grund nicht gesagt, dass die parteipolitischen Dimensionen aus dem Verlauf der Debatten herausgehalten werden sollen, sondern nur, dass sie ihn nicht dominieren sollen. Deshalb kann und darf es auch bei der in absehbarer Zeit wahrscheinlich wieder alles dominierenden Schulstrukturfrage, bei der im Übrigen niemand mehr nach der Kausalität fragt, im Konvent nicht darum gehen, dass die Vertreter des einen Strukturparadigmas die Vertreter des anderen niederringen und am Ende Sieger und Verlierer feststehen, dass aber keine neue gemeinschaftliche Erkenntnis im Raum steht.
Jeder weiß doch inzwischen, dass eine Bildungspolitik, die sich nur auf Strukturfragen beschränkt, wenig Aussicht auf Erfolg und schon gar keine Aussicht auf adä
Seit den 70er-Jahren - ich wiederhole etwas, was ich schon damals gesagt habe - haben uns die wiederkehrenden Neuauflagen solcher Strukturdebatten in Deutschland nur von überfälligen Schritten der inneren Schulreform abgehalten. Wenn internationale Leistungsvergleiche eines zeigen, dann die Tatsache, dass eine gute Schule unter verschiedenen strukturellen Bedingungen möglich ist und dass Schulen unter gleichen strukturellen Voraussetzungen unterschiedlich gut sein können.
Im Übrigen ist die Abstimmung mit den Füßen in Schleswig-Holstein - diese Entwicklung beobachte ich sehr genau - noch lange keine Abstimmung über Ergebnis, Erfolg oder Qualität dieser Modelle gewesen. Das muss man ausdrücklich sagen.
Mein Grundsatz in den vergangenen Jahren lautete und lautet auch weiterhin, dass strukturelle Änderungen nur zu rechtfertigen sind, wenn sie mit sichtbaren und nachhaltigen Effekten für die innere Schulentwicklung einhergehen und dass sie nicht anders zu begründen und zu legitimieren sind.
Mit Absicht wurde in der Koalitionsvereinbarung festgehalten, dass in dieser Legislaturperiode keine grundlegenden Strukturveränderungen an den Schulen vorgenommen werden sollen, um Kontinuität für die Umsetzung inhaltlicher Reformen zu garantieren.
In meiner letzten Rede zu dem Konvent habe ich gesagt, dass ich das für eine ganz wichtige Formulierung halte.
Was wünsche ich mir nun von dem Bildungskonvent? - Dass die Bereitschaft zu einer sachlichen und aufeinander zugehenden Diskussion im Grunde besteht, haben die Sitzungen des Podiums Bildung seinerzeit schon gezeigt. Dieses Podium - wenn Sie so wollen - als eine Art Vorgängerinstitution des Bildungskonvents war eine Initiative des Landesschulbeirates und des Kultusministeriums. Es verstand sich ebenso wie der Konvent als Plattform für die Erörterung grundlegender bildungspolitischer Probleme und Aufgaben in unserem Land.
Vor allem sind - im Übrigen leider anders als in unserem jetzigen Bildungskonvent - damals die Schülerinnen und Schüler, um die es eigentlich geht, aktiv eingebunden gewesen. Sie haben sogar selbst eine Sitzung eigenverantwortlich vorbereitet und moderiert. Es war eine herzerfrischende Erfahrung zu sehen, mit welchem Engagement und wie authentisch sie sich um ihre eigenen