In den vergangenen Jahrzehnten hat es große Veränderungen für Lesben und Schwule gegeben. Die Abschaffung des § 175 des Strafgesetzbuches im Jahr 1994 im Zuge der Rechtsangleichung mit der ehemaligen DDR und die Diskussion über die Homo-Ehe haben in der Gesellschaft eine andere, ja positivere Grundstimmung für Lesben und Schwule geschaffen.
Das im Jahr 2001 in Kraft getretene Lebenspartnerschaftsgesetz bildet einen wichtigen Schritt zur Normalisierung lesbischen und schwulen Lebens. Die überwiegende Mehrheit der Menschen auch in SachsenAnhalt ist heute viel mehr als in der Vergangenheit bereit, einen Menschen in seiner sexuellen Identität zu akzeptieren.
In Sachsen-Anhalt unternehmen wir nun vor diesem Hintergrund einen Anlauf, diese richtige gesellschaftliche Entwicklung hin zu mehr Gleichberechtigung, Chancengleichheit und Toleranz im Rahmen unserer Gesetzgebungskompetenz ebenfalls nachzuvollziehen. Wir wollen das Gleichstellungsgebot und das Benachteiligungsverbot mit Leben erfüllen.
Deshalb darf ich im Namen der Landesregierung die heute vorliegende Beschlussempfehlung ausdrücklich begrüßen. Ich möchte kurz zu den beiden Punkten der Beschlussempfehlung Stellung nehmen.
Zu Punkt 1. Im finanziellen Dienstrecht sind die Besoldung, die Versorgung und die Beihilfe betroffen. Zu all diesen Bereichen sind im Ministerium der Finanzen bereits Regelungsentwürfe erarbeitet worden. Eine Kabinettsbefassung wird noch in diesem Jahr angestrebt. Damit ist gesichert, dass im Rahmen einer Überarbeitung des Besoldungsrechts auch die Gleichstellung im Jahr 2010 in Kraft treten kann.
Hinsichtlich der Hinterbliebenenversorgung ist zeitgleich mit der Besoldungsnovelle eine Vorschaltregelung vorgesehen. Die Gleichstellung der Beihilfe ist in dem Referentenentwurf zur Neuordnung des Landesbeamtengesetzes enthalten. Hier strebe ich an, dass dieses Gesetz bereits zum 1. April 2009 im zeitlichen Gleichklang mit dem Beamtenstatusgesetz des Bundes verabschiedet wird. Damit würde die Gleichstellung in der Beihilfe sogar früher in Kraft treten als in der Besoldung und in der Versorgung.
Punkt 2 betrifft sämtliches Landesrecht, in dem die Gleichstellung von Ehen und Lebenspartnerschaften zu berücksichtigen ist. Der Lesben- und Schwulenverband hat in einem Schreiben an mich 13 Gesetze sowie Verordnungen aufgezählt, die nach seiner Auffassung der Anpassung bedürfen. Ich bin guten Mutes, dass wir uns bis zum 31. Dezember 2009, wie im Antrag gewünscht, einen Überblick über die zu regelnde Materie verschafft haben werden und dem Landtag rechtzeitig vor dem Ende der Wahlperiode den Entwurf eines umfassenden Antidiskriminierungsgesetzes vorlegen können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! So wichtig ein solches Gesetz auch ist, so möchte ich doch darauf hinweisen, dass eine größere rechtliche Gleichstellung vielfach nichts an bestehender Diskriminierung wird ändern können. Für die Betroffenen bestehen immer noch Schwierigkeiten, ihr Anderssein an jeder Stelle, auch am Arbeitsplatz, offen zu leben. Gesetze ändern hieran erst einmal nichts. Deshalb ist die rechtliche Gleichstellung von Landesbediensteten nur ein Schritt. Fast noch wichtiger ist es, die tägliche Arbeit nicht nur an einer Verwaltungskultur, sondern an einer insgesamt in unserem Lande bestehenden Kultur zu messen, die Lesben und Schwule ihr Leben selbstverständlich leben lässt.
Unser Ziel muss es sein, dass unabhängig von gesetzlichen Regelungen begriffen wird, dass eine Gesellschaft verarmt, wenn sie Menschen, egal aus welchem Grunde auch immer, ausgrenzt oder benachteiligt. - Ich bitte um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung.
Vielen Dank, Herr Minister Hövelmann. - Nun hören wir die Beiträge der Fraktionen. Zunächst erteile ich Frau Bull von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Während Sie sich nach vorn begibt, haben wir die Freude, Lehrerinnen und Lehrer der Grundschule Farnstädt begrüßen zu können.
Meine Damen und Herren! Wenn man mal die Debatte von vor einem Jahr, vom Juni 2007, mit der heutigen Debatte vergleicht, muss man schon sagen: Es ist ganz schön Bewegung ins Geschäft gekommen. Ein Blick ins Protokoll verrät: Damals hat die Landesregierung noch die Metapher des Beamtenmikados bemüht: Der Bund bewegt sich nicht, die allermeisten Länder bewegen sich auch nicht, also hat der verloren, der sich zuerst bewegt.
Zwischenzeitlich allerdings ist die Landesregierung vom politischen Leben in anderen Ländern glatt überholt worden, und zwar von einer ganzen Reihe: Saarland, Ham
burg, Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen, SchleswigHolstein, Mecklenburg-Vorpommern. Da sage noch einer, aus der Opposition heraus sei keine Veränderung möglich. Ich denke, ohne Wecker kommt auch mancher Frühaufsteher nicht wirklich hoch.
Und, meine Damen und Herren, allen Unkenrufen zum Trotz hat sich die CDU in Sachsen-Anhalt nicht - ich betone: nicht - als Bremsklotz erwiesen, jedenfalls nicht so lange. Ich will auch ganz ehrlich sagen: Ich habe schon Respekt vor denjenigen, die sich dabei in einem schwierigen Umfeld richtig bemüht haben und offensichtlich auch erfolgreich bemüht haben.
Mittlerweile hat es bereits mehr als eine Handvoll CDU-Fraktionen in den Landtagen geschafft: Hamburg, Saarland, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern und jetzt auch SachsenAnhalt. Also herzlichen Glückwunsch, meine Damen und Herren!
Aber ich will auch ganz klar sagen: Es ist nicht so, dass die Bekämpfung der Diskriminierung und Benachteiligung von lesbisch oder schwul Lebenden schon in allen Bereichen des Lebens und der Politik durchgesetzt worden ist. Wir hatten vor Kurzem im Sozialausschuss eine intensive Anhörung mit Vertreterinnen und Vertretern des LSVD, die eine ganze Menge von Diskriminierungsmustern illustriert haben. Man muss an dieser Stelle das Kultusministerium mal richtig loben.
Ich hoffe, dass ich jetzt keinen taktischen Fehler mache. Aber es gab auch im Kultusministerium Gespräche mit den Vertreterinnen und Vertretern des LSVD, die als sehr konstruktiv eingeschätzt wurden.
Aber, meine Damen und Herren, es gibt auch noch allerlei zu tun. Wir sind einen wichtigen Schritt vorangekommen; die uneingeschränkte Privilegierung der traditionellen zweigeschlechtlichen Ehe ist durchbrochen. Vielleicht kriegen wir das jetzt sogar in Bayern hin, wenn sich die FDP dort an ihr Wahlversprechen erinnert.
Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Voranstellen möchte ich den Dank an die Innenpolitiker meiner Fraktion, die Stärke gezeigt haben und den hier zur Beschlussfassung vorliegenden Beschlusstext einstimmig im Innenausschuss mitgetragen haben. Danke!
Bereits im vergangenen Jahr, im Juli 2007, wurde mir die Ehre zuteil, zu diesem Antrag, der uns nun in der Fassung der Beschlussempfehlung des Innenausschusses vorliegt, reden zu dürfen. Die Ausschüsse für Inneres unter Mitberatung der Ausschüsse für Soziales und
für Finanzen fordern im Ergebnis der Beratung die Landesregierung auf, bei bestimmten, unter Nr. 1 genannten Versorgungsfällen die eingetragenen Lebenspartner mit Verheirateten gleichzustellen und hierfür die entsprechenden beamtenrechtlichen Vorschriften auf den Weg zu bringen.
Außerdem, meine Damen und Herren, wie unter Nr. 2 vorgesehen, sollen alle Gesetze und Verordnungen, in denen die Gleichstellung von Ehen und Lebenspartnerschaften zu berücksichtigen ist, bis Ende 2009 erfasst und entsprechende Gesetzentwürfe zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Der Innenminister sagte es schon: Der LSVD Sachsen-Anhalts bzw. Deutschlands hat dazu eine Zuarbeit geleistet. Es dürfte also gar nicht so schwer fallen, hierbei schneller in die Strümpfe zu kommen und vielleicht Zielstellungen zu unterbieten. Insbesondere spiegelt dies die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Maruko wider.
Ich möchte an dieser Stelle aber nicht leugnen, meine Damen und Herren, dass ich - das habe ich in der letzten Rede zu dem Thema gesagt, das sehe ich auch heute noch so - hinsichtlich der uneingeschränkten Gleichstellung von Ehe und Verpartnerung meine Bedenken habe.
Wichtig ist für die sich zugehörig fühlenden Menschen, dass sie gemeinsam und zufrieden miteinander leben können und die Möglichkeit haben, ihre Liebe und Zuneigung durch Besiegelung dieses Bündnisses vor dem Gesetz offen zu bekunden. Die Frage, ob sie damit uneingeschränkt einer Ehe gleichgesetzt und gleichzustellen sind, möchte ich an dieser Stelle nicht neu aufwerfen. Dennoch, meine Damen und Herren, dürfen wir uns den Entscheidungen, die Gerichte treffen und noch treffen werden, nicht verschließen; wir haben die Lebenswirklichkeit anzuerkennen. Wir dürfen uns aber bitte auch nicht treiben lassen von Gerichten. Wir sollten die sein, die agieren, und nicht die, die reagieren.
- Ja, sicher. - Kommen also Gerichte im Endeffekt dazu, dass eine Gleichstellung von Ehe und Verpartnerung erfolgen muss, müssen auch hier im Land Gesetze und Verordnungen dementsprechend angepasst werden. Das möchte ich einmal ganz nüchtern feststellen. Entsprechende Entwicklungen bleiben auf jeden Fall abzuwarten.
Ich bin gespannt, was die Landesregierung an Gesetzen und Verordnungen herausfiltert, in denen eine Änderung erfolgen muss. Ich sehe einem darauf basierenden Gesetzentwurf mit Freude entgegen, ebenso wie der Erörterung dessen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meines Erachtens hat der Innenausschuss mit seiner Beschlussempfehlung eine gute Arbeitsgrundlage für die Zukunft geschaffen. Insofern bitte ich um Ihre Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion wird dem Antrag zustimmen.
Ich bin etwas verwundert, gebe ich ganz offen zu, Herr Minister, über Ihre Rede. Sie haben, wenn ich es aus dem hinteren Teil des Plenums richtig verstanden habe, nicht ein einziges Mal von den verpartnerten Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richtern gesprochen, sondern allgemein über Schwule und Lesben. Das eigentliche Problem des Antrages, nämlich die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft auf der einen Seite mit der Ehe auf der anderen Seite, wobei es tatsächlich noch eine Diskriminierung gibt, haben Sie leider nicht angesprochen.
Ich will aber ganz ausdrücklich sagen, dass das, was Sie als Tenor im Zusammenleben von Menschen in unserer Gesellschaft insgesamt beschrieben haben, richtig ist und dass wir als Gesellschaft dafür Sorge tragen müssen, dass jeder Mensch so akzeptiert wird, wie er ist, und dass wir nicht nach irgendwelchen Merkmalen unterscheiden.
Ich komme zurück auf den eigentlichen Antrag, den wir heute beschließen wollen, nämlich auf die Frage, wann wir es endlich schaffen, die eingetragenen Lebenspartner mit den Verheirateten gleichzustellen. Dazu ist eine ganze Reihe von gesetzlichen Änderungen im Besoldungsrecht, im Beihilferecht und weiteren Gesetzen notwendig, bei denen wir bisher eine Privilegierung haben, die uns das Grundgesetz für die Ehe vorgegeben hat. Auf der anderen Seite haben wir eine eingetragene Lebenspartnerschaft, die der Gesetzgeber im Bund beschlossen hat und die das Bundesverfassungsgericht - dazu gab es anderweitige Bestrebungen, dieses vor dem Bundesverfassungsgericht zu klären - eben auch unterstützt hat.
Um diese Gleichstellung von zwei Möglichkeiten der Nach-außen-hin-Dokumentierung des Zusammengehörigkeitsgefühls, nämlich der eingetragenen Lebenspartnerschaft und der Ehe, wird es in den Einzelgesetzen gehen. Ich bin sehr gespannt darauf, Herr Minister, wenn die Landesregierung und Sie Ihre Vorschläge vorlegen werden; denn dann wird es tatsächlich zur - ich will das einmal in Anführungsstriche setzen - Nagelprobe kommen, ob dieses Hohe Haus und damit auch die CDU-Landtagsfraktion der Gleichstellung dieser beiden Institutionen zustimmen wird.
Die beiden Institutionen - das ist die liberale Sicht - gehören in das gleiche Verhältnis gesetzt. Deshalb werden wir diesem Beschluss zustimmen und uns auch in die Gesetzesberatung einbringen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich rede zwar als Letzte, aber ich denke, man sollte trotzdem nicht darauf verzichten. Sachsen-Anhalt ist das Land der Frühaufsteher, so heißt es im Slogan. Als der Slogan noch nicht öffentlich war, waren wir wirklich Frühaufsteher, nämlich bei der Schaffung des Lebenspartner
Ich möchte die Bundesländer nicht noch einmal aufzählen - Frau Bull hat es bereits getan -, die schneller waren als wir. Trotzdem bin ich froh darüber, dass diese Beschlussempfehlung heute vorliegt. Ich bin noch mehr froh darüber, dass die Beschlussempfehlung in den entsprechenden Ausschüssen jeweils einstimmig gefasst wurde.