Wenn man das aber niemandem antun will, dann muss man sich irgendwann dazu bekennen, diese Verhältnisse dann, wenn die Angleichung der Lebensverhältnisse nicht so schnell geht, für den Teil der Bevölkerung, der nicht mehr die Möglichkeit hat, lange Jahre zu warten, heute zu ändern.
Damit bin ich beim zweiten Problemkreis. Die Angleichung der Lebensverhältnisse ist eben nicht in Sicht. Im Gegenteil: Sie verlangsamt sich zurzeit. Das ist hier schon gesagt worden. Im Jahr 1992 ist man davon ausgegangen, dass man im Jahr 2010 die Lebensverhältnisse annähernd angeglichen haben wird. Das war damals, wenn Sie sich erinnern, eine unvorstellbar lange Zeit. Man hat sich dafür entschuldigt und gesagt: Es tut uns so leid, aber es wird noch dauern. Das Jahr 2010 war so weit weg.
Wir wissen, was wir zurzeit haben, und wir wissen, wie weit das Jahr 2010 jetzt noch weg ist. Wir wissen, wie nah wir der Angleichung der Lebensverhältnisse gekommen sind.
Herr Tiefensee wollte in seinem Bericht zur deutschen Einheit im diesem Jahr die Jahreszahl 2019 festschreiben. Nicht einmal das ist anerkannt worden. Die Kanzlerin hat es ihm aus dem Bericht gestrichen - so viel zur Chefsache Ost.
Seriöse Studien gehen davon aus, dass es noch bis 2030 dauern wird, bis der Unterschied aufgeholt ist. Das kann man - das wollen ja auch Sie nicht, wie wir festgestellt haben - den älteren Bürgerinnen und Bürgern nicht ernsthaft anbieten. Sie wollen die deutsche Einheit immer noch; sie wollen die Vollendung der deutschen Einheit auch erleben.
Die Entwicklung seit 1990 ist der dritte Grund, der uns dazu führt, dass wir jetzt etwas tun müssen. Frau Budde hat es gerade gesagt: Die Entwicklung der Einkommen in den rentennahen Jahrgängen zeigt, dass wir es immer mehr mit sehr geringen Renten zu tun haben, dass immer mehr Menschen im Alter auf die soziale Grundsicherung angewiesen sein werden und dass wir deshalb jetzt etwas tun müssen.
Aber, meine Damen und Herren, mit diesem Antrag? - Ich habe ihn gelesen und gedacht: Das ist nicht Ihr Ernst. Ich habe selten einen derart nichtssagenden Antrag gelesen. Hier steht: „Fast 20 Jahre nach dem Fall der Mauer ist es jetzt Zeit, nach Lösungswegen zu suchen.“
Meine Damen und Herren! Die Suche nach Lösungen findet seit Jahren statt. Es liegen auch längst Vorschläge auf dem Tisch, beispielsweise der Vorschlag von ver.di. Dieser liegt seit Juli 2006 auf dem Tisch und er enthält auch noch Modellrechnungen. Es liegen also auch Modellrechnungen vor.
Im Dezember 2007 hat DIE LINKE einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht und durfte sich wieder solche Worte anhören wie „Saisonantrag“ und „Wünsch-dir-was-Antrag“ - so wie wir uns das heute auch würden anhören müssen, wenn wir den Antrag eingebracht hätten.
Wenn denn diese Diskussion, meine Damen und Herren, die in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern geführt wird - ein Schelm, der Böses dabei denkt - und von dort ausgeht, mehr sein soll als Wahlkampf, dann brauchen wir zumindest eine Zielorientierung, das heißt, wir brauchen eine Jahreszahl.
Das fordert unser Änderungsantrag. Wir sagen, dass wir die Bundesregierung auffordern sollten, eine Lösung bis 2013 zu finden. Der Antrag der Bundestagsfraktion enthielt als Ziel übrigens die Jahreszahl 2012, aber seit der Einbringung des Antrages ist inzwischen schon wieder ein Jahr vergangen.
Das Hauptargument gegen die Rentenangleichung war und ist immer die Finanzierung. Wir haben das Argument auch immer sehr ernst genommen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich - das ist jetzt wirklich Polemik -: Angesichts der Diskussionen, die zurzeit um die Finanzkrise geführt werden, in denen es um zig Milliarden geht, kann man den Leuten nicht mehr glaubhaft erklären, dass kein Geld da ist. Dass kann man den Leuten nicht mehr sagen.
Ja, wir schlagen eine Steuerfinanzierung der Angleichung der Rentenwerte vor, weil wir der Meinung sind, dass die deutsche Einheit nicht auf Kosten von Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern vollendet werden kann.
Ich mache darauf aufmerksam, dass nach der Wende versucht worden ist, einen großen Teil der Kosten der deutschen Einheit auf die Sozialsysteme abzuwälzen. Wir wissen sehr wohl, was das für die Arbeitslosenversicherung, für die Rentenversicherung und auch für die Krankenversicherung bedeutet hat.
Nein, wir verkennen die Finanzprobleme der Rentenkasse gewiss nicht. Wir wissen aber auch, dass an dieser Finanzmisere der Rentenkasse die Politik einen nicht unwesentlichen Anteil hat. Sie hat dann Anteil, wenn sie Niedriglohnpolitik betreibt, und sie hat dann Anteil, wenn sie die Rente teilprivatisiert.
Deshalb sagen wir: Die gesetzliche Rente muss wieder die wichtigste Säule der Alterssicherung werden.
Wir müssen das Solidarprinzip stärken. Wir brauchen eine armutsfeste Rente. Deutschland muss endlich ein einheitliches Rentengebiet werden, und zwar in absehbarer Zeit. - Danke.
Vielen Dank, Frau Dirlich. An der Redezeitgerechtigkeit haben wir es jetzt fehlen lassen. Sie haben drei Minuten überzogen. - Nun hören wir zum Abschluss den Beitrag von Herrn Kurze von der CDU-Fraktion. - Er winkt ab. Die Sache ist erledigt.
Damit kommen wir zur Abstimmung. Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 5/1547 ab. Wer stimmt diesem zu? - Die Antragsteller. Wer stimmt dagegen? - Alle anderen. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt worden.
Wir stimmen nunmehr über den Antrag in der Drs. 5/1534 ab. Wer stimmt diesem zu? - Die Antragsteller plus FDP. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Stimmenthaltungen? - DIE LINKE. Damit ist der Antrag in der unveränderten Fassung angenommen worden und der Tagesordnungspunkt 8 ist abgeschlossen.
Rechtliche Regelungen zur Gleichstellung von verpartnerten Beamtinnen und Beamten sowie von Richterinnen und Richtern
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag hat den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 5/742 in der 24. Sitzung am 13. Juli 2007 zur federführenden Beratung und Beschlussfassung an den Ausschuss für Inneres überwiesen. Mit der Mitberatung wurden die Ausschüsse für Soziales sowie für Finanzen beauftragt.
Die Gleichstellung von verpartnerten Beamtinnen und Beamten sowie von Richterinnen und Richtern mit ihren verheirateten Kolleginnen und Kollegen ist nach der Verabschiedung des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Sachsen-Anhalt noch nicht vollständig erreicht. Im Ergebnis der Föderalismusreform wurde die gesetzliche Zuständigkeit für verpartnerte Beamtinnen und Beamte sowie für Richterinnen und Richter im Landesdienst in die Kompetenz der Länder übertragen.
Die Fraktion DIE LINKE beantragte, die Landesregierung aufzufordern, im Rahmen der Neuregelungen infolge der zum 1. September 2006 in Kraft getretenen Föderalismusreform in den beamtenrechtlichen Vorschriften bei der Besoldung, der Versorgung und bei der Beihilfe in Geburts-, Pflege- und Krankheitsfällen eine Gleichstellung von Verheirateten und eingetragenen Lebenspartnern bis Ende 2009 auf den Weg zu bringen.
Darüber hinaus soll die Landesregierung aufgefordert werden, bis zum 31. Dezember 2010 alle Gesetze und Verordnungen, in denen die Gleichstellung von Ehen und Lebenspartnerschaften zu berücksichtigen ist, zu erfassen und dem Landtag rechtzeitig vor dem Ende der Wahlperiode einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Beschlussfassung vorzulegen.
Der Ausschuss für Inneres befasste sich erstmals in der 25. Sitzung am 27. September 2007 mit dem Antrag und beschloss, eine Anhörung durchzuführen. Eine Verständigung über den Anhörungstermin und den Kreis der Anzuhörenden erfolgte in der 26. Sitzung am 25. Oktober 2007.
Die Anhörung fand am 14. Februar 2008 statt. Es wurden neben den kommunalen Spitzenverbänden und dem Landesrechnungshof weitere Institutionen, Verbände und
Sachverständige eingeladen. Außerdem wurden die Mitglieder der Ausschüsse für Soziales sowie für Finanzen eingeladen. Im Verlaufe der Beratungen erreichten den Innenausschuss auch zahlreiche schriftliche Stellungnahmen, die bei der weiteren Debatte über den Antrag Berücksichtigung fanden.
In der 37. Sitzung am 3. April 2008 stand der Antrag der Fraktion DIE LINKE erneut auf der Tagesordnung des Innenausschusses. In dieser Sitzung fand der Vorschlag Zustimmung, die ursprünglich für diesen Termin geplante Erarbeitung einer vorläufigen Beschlussempfehlung an die mitberatenden Ausschüsse zu verschieben und sich in einer der nächsten Sitzungen von der Landesregierung zunächst einmal ausführlich über die Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 1. April 2008 in der Rechtssache Maruko berichten zu lassen.
Der Bericht der Landesregierung sollte sich insbesondere auf die Vorschriften beziehen, die in dem im Rahmen der Anhörung vom Vertreter des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland vorgelegten Gesetzentwurf für das Land Sachsen-Anhalt enthalten waren, sowie auf die sich daraus ergebenden Überlegungen im politischen Raum.
Der Innenausschuss befasste sich in der 38. Sitzung am 24. April 2008 ein weiteres Mal mit dem in Rede stehenden Antrag. Zu dieser Sitzung legte die Fraktion DIE LINKE einen Änderungsantrag vor. Mit Punkt 1 des Änderungsantrages wird angestrebt, die Landesregierung zu beauftragen, die Gleichstellung unverzüglich zu regeln. Der Änderungsantrag enthält ferner die Aufforderung an die Landesregierung, im Rahmen der für Ende 2008 angekündigten Novelle zum Dienstrecht die Gleichstellung unter Berücksichtigung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes sicherzustellen.
Darüber hinaus soll die Landesregierung aufgefordert werden, unverzüglich alle Gesetze und Verordnungen, in denen die Gleichstellung von Ehen und Lebenspartnerschaften zu berücksichtigen ist, zu erfassen und dem Landtag einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Beschlussfassung vorzulegen. Dieser Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE fand nicht die erforderliche Mehrheit.
In der vorläufigen Beschlussempfehlung wurde den mitberatenden Ausschüssen für Soziales sowie für Finanzen geraten, die Zeitangabe unter Punkt 1 des Ursprungsantrages der Fraktion DIE LINKE - dort steht „bis Ende 2009“ - zu streichen, weil die Landesregierung im Verlaufe der Beratung zum Ausdruck gebracht hat, dass eine Novelle zum Dienstrecht in Arbeit ist und dem Landtag in absehbarer Zeit vorgelegt wird. Die Mehrheit des Ausschusses hielt es nicht für angemessen, der Landesregierung hierfür eine Frist zu setzen.
Der Ausschuss für Soziales befasste sich in der 29. Sitzung am 18. Juni 2008 mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 5/742 und mit der vorläufigen Beschlussempfehlung des Innenausschusses vom 23. Juni 2008. Er schloss sich dieser mit 7 : 0 : 3 Stimmen an.
Der Ausschuss für Finanzen nahm den Antrag sowie die vorläufige Beschlussempfehlung auf die Tagesordnung der 53. Sitzung am 4. Juni 2008. Er schloss sich der vorläufigen Beschlussempfehlung des Innenausschusses an, bat aber den Innenausschuss zu prüfen, ob das unter Punkt 2 genannte Datum - das ist der 31. Dezember 2010 - vorgezogen werden könne.
Der Empfehlung des Finanzausschusses folgte der Innenausschuss in der 42. Sitzung am 25. September 2008 und setzte das Datum unter Punkt 2 des Ursprungsantrages auf den 31. Dezember 2009 fest. Nunmehr wird die Landesregierung aufgefordert, bis zu diesem Datum alle Gesetze und Verordnungen, in denen die Gleichstellung von Ehen und Lebenspartnerschaften zu berücksichtigen ist, zu erfassen und dem Landtag rechtzeitig vor dem Ende der Wahlperiode einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Beschlussfassung vorzulegen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Namen des Ausschusses für Inneres bitte ich Sie um die Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. Sie liegt Ihnen in der Drs. 5/1523 vor. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Rothe. - Für die Landesregierung erteile ich nun Herrn Minister Hövelmann das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Würde des Menschen ist unantastbar, heißt es in Artikel 1 des Grundgesetzes. Dies verlangt Achtung für jeden Menschen, unabhängig von Geschlecht und sexueller Identität. Diese Wertung des Grundgesetzes ist natürlich auch Ausgangspunkt unserer heutigen Aussprache über die rechtliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen in Sachsen-Anhalt.
In den vergangenen Jahrzehnten hat es große Veränderungen für Lesben und Schwule gegeben. Die Abschaffung des § 175 des Strafgesetzbuches im Jahr 1994 im Zuge der Rechtsangleichung mit der ehemaligen DDR und die Diskussion über die Homo-Ehe haben in der Gesellschaft eine andere, ja positivere Grundstimmung für Lesben und Schwule geschaffen.