Protocol of the Session on September 12, 2008

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 44. Sitzung des Landtages der fünften Wahlperiode. Ich möchte alle Anwesenden - Sie hier unten im Saal und die Gäste oben auf den Zuschauertribünen - ganz herzlich begrüßen.

Ich hoffe, Sie hatten gestern alle eine angenehme parlamentarische Begegnung. Ich darf mich noch einmal im Auftrag von Professor Mittler vom Magdeburger Förderkreis krebskranker Kinder e. V. herzlich für Ihr großes Engagement und Ihr großes Herz bedanken. Es ist eine schöne, gute Hilfe gewesen, hat er mir noch einmal versichert. Also: Danke schön!

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Meine Damen und Herren! Wie bereits gestern angekündigt, wird Herr Staatsminister Robra heute nicht anwesend sein. Herr Ministerpräsident Professor Böhmer ist ab 12 Uhr und Herr Minister Bullerjahn ab 13.30 Uhr entschuldigt. Das wissen wir schon; ich will nur noch einmal daran erinnern.

Wir setzen die Sitzung nunmehr mit dem Tagesordnungspunkt 19 fort:

Befragung der Landesregierung

Das Jahr 2008 - das Jahr der Funktionalreform

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/1482

Alle sitzen hier voller Spannung und hoffen, dass die Regierungsbefragung zu einer Belebung des parlamentarischen Betriebes beiträgt. Die Presse hat zumindest ein Rieseninteresse angemeldet. Ich sehe aber im Moment noch gar nicht so viele Pressevertreter. Sie werden vielleicht noch zu uns stoßen. Das ist eben so.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Zu früh am Morgen!)

Wir werden also heute eine Premiere haben. Die erste Fragestellerin wird sicherlich in die Geschichte des Parlamentsbetriebes eingehen. Davon bin ich überzeugt. Wir werden sehen, wie das läuft.

Ich bitte, meine Damen und Herren, alle, die wir hier sitzen, dass wir uns nicht gegenseitig das Leben schwer machen, sondern dass wir den Versuch machen, eine gute Figur abzugeben, damit wir das Ziel erreichen, so viel wie möglich an Informationen auf kurzem Wege zu erhalten, die man sonst nur über einen bürokratischen, über den schriftlichen Weg bekommen kann. Darum bitte ich herzlich. Ich gehe davon aus, dass wir hier gemeinsam so fair sind, dass wir das wirklich zu einem belebenden Element machen.

Meine Damen und Herren! Der Ältestenrat hat am 19. Juni 2008 beschlossen, probeweise das Instrument der Regierungsbefragung einzuführen. Es ist vorgesehen, das jeden Monat jeweils an dem Freitag zu machen. In der Drs. 5/1380 wurde Ihnen mitgeteilt, wie das ablaufen soll. Von dieser Möglichkeit hat die Fraktion DIE LINKE Gebrauch gemacht.

Ich will noch einmal daran erinnern, dass die Fraktionen in der ersten Runde abwechselnd ein Thema stellen können. Wir im Präsidium haben uns darauf verständigt

- ich möchte nicht noch einmal die Spielregeln vorlesen; die haben Sie selbst vorliegen -, dass alle Fragen nach der Worterteilung vom Saalmikrofon aus gestellt werden können, sodass wir hier also nicht so ein Hin- und Hergelaufe haben.

In der ersten Runde - daran erinnere ich auch noch - gibt es keine schriftlichen Wortmeldungen; denn in der ersten Runde erfolgen die Befragungen durch die Fraktionen. Nachher müssen wir sehen, wie sich das in der zweiten Fragerunde einspielt, ob es in der zweiten Fragerunde sehr viele Fragen gibt oder ob wir das vielleicht schon in der ersten Fragerunde erledigen können.

Ich erinnere auch daran, dass die zweite Runde 30 Minuten dauern soll und dass jedes Mitglied zu einem Thema eine Zusatzfrage stellen kann und hierfür eine Redezeit von eineinhalb Minuten erhält. Für die Fragen in der ersten Hauptrunde stehen zwei Minuten und für die Nachfragen eineinhalb Minuten zur Verfügung. Also bitte kurz und präzise fragen. Wir erleben es ja oftmals bei Nachfragen, ehe man zum Ziel kommt - - Ich erinnere noch einmal daran: Die Zeit läuft. Wir werden hier aber nicht mit der Stoppuhr sitzen und uns sklavisch daran halten.

Zwischenfragen und Zwischenbemerkungen - das will ich auch noch ausdrücklich sagen - sind in beiden Fragerunden nicht zulässig; das möchte ich Ihnen allen kundtun.

Ich freue mich, dass der Ministerpräsident heute als Vertreter der Landesregierung bei der Regierungsbefragung vorn stehen wird. Er wird während der ganzen Zeit hier vorn bleiben, damit Rede und Gegenrede in guter Form gegeben werden können.

Genug der Vorrede. Die Fraktion DIE LINKE hat in der Drs. 5/1482 für die Regierungsbefragung die Überschrift gewählt „Das Jahr 2008 - das Jahr der Funktionalreform“.

Für die Beantwortung ist, wie gesagt, Professor Böhmer zuständig. Die erste Fragestellerin in der ersten Runde, die ich hiermit eröffne, ist die Abgeordnete Frau Dr. Paschke. Sie wird die erste Frage stellen.

Die LINKE hat als antragstellende Fraktion die Möglichkeit, noch einmal eine Nachfrage zu stellen. Diese kann sie gleich danach stellen oder wenn alle Fraktionen durch sind, also zum Schluss. Die Redezeit beträgt zwei Minuten für die Hauptfrage und eineinhalb Minuten für die Nachfrage.

Frau Dr. Paschke, Sie eröffnen unsere Premiere. Mal sehen, wie das läuft. Bitte schön. - Herr Ministerpräsident, wenn ich Sie an das Rednerpult bitten darf.

(Ministerpräsident Herr Prof. Dr. Böhmer: Haltung annehmen!)

- Sie können Haltung annehmen, Sie können sich hier vorn hinstellen.

(Heiterkeit)

Wir hätten, wenn Sie das wollen, notfalls auch einen Stuhl. Ich glaube aber, Sie sind so fit wie ein Turnschuh, sodass Sie auch ohne Stuhl auskommen.

(Heiterkeit - Ministerpräsident Herr Prof. Dr. Böh- mer: Aber vom „Heißen Stuhl“ war die Rede! Richtig?)

- Das war die Presse. Wir wollen eine Regierungsbefragung durchführen. Das nennen wir nicht den heißen Stuhl. So heiß wird das alles nicht gegessen, wie es gekocht wird.

Bitte schön, Frau Dr. Paschke.

Herr Ministerpräsident, Sie haben Ende 2007 das Jahr 2008 zum „Jahr der Funktionalreform“ erklärt. Schwerpunkt der Arbeit der Landesregierung im Jahr 2008 soll die Entscheidung über die Aufgabenübertragung vom Land auf die Kommunen sein.

Mit der heutigen Regierungsbefragung beabsichtigt meine Fraktion zu erfahren, wie sich der aktuelle Erfüllungsstand auf diesem Gebiet der Arbeit der Landesregierung darstellt. Dem legen wir vier Faktoren zugrunde:

Erstens. Laut dem Landtagsbeschluss hat die Landesregierung bis spätestens Ende September - also ungefähr in 14 Tagen - verbindlich darzustellen, welche Aufgaben kommunalisiert werden.

Zweitens legen wir die deklarierte Arbeitsweise der Landesregierung zugrunde, wonach eine Arbeitsgruppe Landesregierung/kommunale Spitzenverbände die Entscheidung vorbereitet, die Lenkungsgruppe der Landesregierung für jeden Aufgabenkomplex eine Kabinettsentscheidung vorbereitet und alle Aufgabenkomplexe das Kabinett zweimal durchlaufen.

Drittens. Die Landesregierung hat dem Landtag die Zusage gegeben, dass dem Landtag bis Ende des Jahres 2008 ein zweites Funktionalreformgesetz vorgelegt werden wird. Der Referentenentwurf müsste also alsbald zur Anhörung freigegeben werden.

Viertens messen wir den Erfüllungsstand an den jeweiligen Aufgabenkomplexen, die seit dem Landtagsbeschluss 2002 in Rede stehen. Das sind Aufgaben der Agrarstruktur, des Umweltschutzes, des Arbeitsschutzes, der Schulverwaltung, des Bundeseltern- und Erziehungsgeldes, der Sozial- und Jugendpflege, der Eingliederungshilfe, der Forsthoheit mit insgesamt einem Beschäftigungspotenzial von 737 Vollbeschäftigteneinheiten.

Ich frage die Landesregierung namens der Fraktion DIE LINKE: Welche Aufgaben mit insgesamt welchem Beschäftigungspotenzial stehen bis zum heutigen Zeitpunkt für die Kommunalisierung seitens der Landesregierung fest?

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Ministerpräsident, bitte. - Ich möchte herzlich darum bitten, auch wenn der Zeitdruck da ist, in der gebotenen Ruhe vorzutragen, weil ich schon ein Signal dahin gehend bekam, dass man das akustisch nicht aufnehmen könne. Ich denke, wir sollten uns ein wenig Zeit zugunsten von etwas mehr Ruhe und Beschaulichkeit nehmen.

Herr Ministerpräsident, Sie haben das Wort. Bitte.

Frau Dr. Paschke, bis zum heutigen Tag steht aus der Sicht der Landesregierung noch nichts endgültig fest.

(Herr Miesterfeldt, SPD: Ja!)

Sie haben völlig Recht damit, dass wir entsprechend diesem Aufgabenkatalog in den Arbeitsgremien, die Sie benannt haben - Lenkungsgruppe und spezielle Arbeitsgruppe auch unter Einschluss der kommunalen Spitzenverbände -, die einzelnen Themen durchgeackert haben.

Soweit ich informiert bin, hat es mehr als 30 Sitzungen der Lenkungsgruppe gegeben und mehr als 25 Sitzungen dieser Arbeitsgruppe. Für jeden einzelnen Aufgabenbereich haben wir uns vorgenommen - das war auch Gegenstand der Debatte im Dezember 2007, auf die Sie abgehoben haben - zu prüfen, ob dies rechtlich und organisatorisch möglich ist, ob dies ökonomisch sinnvoll und ob dies praktisch umsetzbar ist.

Diese Dinge sind aus den einzelnen Perspektiven zum Teil recht unterschiedlich entschieden worden, sodass wir zurzeit eine große Gemengelage von Einzelmeinungen haben, aber noch nichts definitiv zusammengefasst und beschlossen haben. Dies muss im September geschehen; das ist eingeplant. Wir haben den Auftrag vom Landtag, bis zum Ende des dritten Quartals deutlich zu machen, was wir, die Landesregierung, wollen. Diese Beschlüsse werden zurzeit vorbereitet und sie werden bis Ende September im Kabinett beschlossen werden.

Ich habe - das war, sehr geehrte Frau Dr. Paschke, eine Anregung von Ihnen - versucht zu sondieren, wie denn die zu erwartenden Mehrheiten aussehen könnten. Sie haben - das war damals aus meiner Sicht eine ausgesprochen freundliche Geste - in Ihrem Diskussionsbeitrag gesagt, man müsste doch bei der ganzen Gemengelage und den unterschiedlichen Meinungen, die auch quer durch die Fraktionen bestünden, sondieren und eventuell - so haben Sie damals formuliert - durch den Landtag beschließen, was denn nun kommunalisiert werden solle und was nicht, damit unsinnige Arbeit vermieden werde.

Ich habe das damals als einen sehr noblen Vorschlag empfunden, aber bis jetzt noch keinen Weg gefunden, wie man eine solche Meinungsbildung herbeiführen könnte. Denn in jedem Fall setzt das ja wieder einen Beschlussvorschlag voraus, über den dann beschlossen wird, und in jedem Fall setzt das methodisch die Möglichkeit zur eigenen Meinungsbildung voraus. Das heißt, den Weg, wie man das im Landtag nach der Geschäftsordnung hätte machen können, habe ich bisher noch nicht gefunden.

Wenn man nun gefragt hätte, wie man im Bereich der Alfs - ein wunderschönes Streitthema - oder der Schulaufsicht weiter verfahren sollte, hätte man einen Beschlussvorschlag machen und erst einmal auch für Sie die gesamten Argumentationshintergründe erarbeiten müssen.

Das heißt, es müsste für jede dieser einzelnen Verwaltungsaufgaben - das ist im Wesentlichen abgeschlossen - ermittelt werden, ob rechtliche Bedenken entgegenstehen. Das ist noch relativ einfach. Es müsste ermittelt werden, ob das sinnvoll ist, auch wirtschaftlich. Wenn wir für eine bestimmte Verwaltungsaufgabe, die jetzt im Landesverwaltungsamt gebündelt ist, eine Zahl von x Mitarbeitern haben, dann kann man den finanziellen Aufwand berechnen, anhand der Lohnkosten und anhand der Sachkosten, die auf diesen Bereich entfallen.

Selbst das Berechnen von Kosten für Verwaltungsvorgänge ist strittig. Dazu gibt es von den Verwaltungswissenschaftlern unterschiedliche methodische Ansätze.

Der Landkreistag hat uns andere Ansätze empfohlen, als intern empfohlen werden, weil das Ergebnis unterschiedlich ist. Zu den verständlichen Prämissen gehört, dass sich jeder die Methode aussucht und weiter empfiehlt, bei der er schon geschaut hat, ob er selbst dabei am günstigsten weg kommt. Das ist nun einfach so.