Protocol of the Session on February 29, 2008

Auch die Erfahrungen mit Forschungschecks für Unternehmen hätten wir gern näher betrachtet, wird doch derzeit nicht wenig über die langen Bearbeitungszeiträume für die Bewilligung geklagt. Böse Zungen behaupten, der Zeitraum für die Bewilligung sei länger als der eigentliche Innovationsprozess.

Wichtig sind uns auch die praktischen Erfahrungen. Deshalb sollten Cluster- und Netzwerkmanager, Beauftragte von Wissenschaftseinrichtungen für den Wissenstransfer

sowie von FuE-orientierten Unternehmen angehört werden, wie wir es in unserem Antrag dargelegt haben.

Die wirtschaftspolitische Zukunft Sachsen-Anhalts liegt in der weiteren Beschleunigung der Prozesse beim Übergang zur wissensbasierten Produktionsweise. Diese wird maßgeblich von Menschen bestimmt, nicht nur von Technologien.

Im Sinne eines umfassenden Meinungsaustausches darüber werbe ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank für die Einbringung, Herr Dr. Thiel. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt Herrn Minister Dr. Haseloff das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Thiel, herzlichen Dank für die Einbringungsworte. Es war richtig staatstragend, Ihnen zuzuhören.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: So sind wir halt! - Herr Borgwardt, CDU: Aber relativ wenig Lob!)

- So sind Sie.

Die Landesregierung misst der Innovations- und Technologiepolitik einen hohen Stellenwert bei und setzt die Festlegungen zur Innovationspolitik entsprechend der Koalitionsvereinbarung um. Grundlage dafür ist die Innovationsstrategie der Landesregierung, die im Zusammenhang mit der Erstellung des operationellen Programms für die neue Strukturfondsperiode im Jahr 2005 ressortübergreifend erarbeitet und seitdem kontinuierlich fortgeschrieben wurde. Die letzte Fortschreibung erfolgte zum Jahresende 2006.

Die innovationspolitischen Aufgaben sind ein Bestandteil des OPREG; der Zeitplan für das kommende Halbjahr steht bereits fest und die Etappen sind festgelegt.

Inzwischen wurden auch die Clusterpotenzialanalysen fertig gestellt und einer breiten Öffentlichkeit bekannt gegeben. Dazu gab es die entsprechenden Kabinettsbeschlüsse am 12. Februar 2008 sowie die öffentliche Präsentation am 22. Februar 2008, an der eine ganze Reihe von Landtagsabgeordneten teilgenommen hat.

Bereits jetzt lässt sich festhalten, dass die Gutachter uns auf einem guten Weg sehen. Ich zitiere:

„Das Land Sachsen-Anhalt weist bereits heute eine klar strukturierte Clusterpolitik in den Stärkenfeldern des Landes auf und berücksichtigt Elemente der Clusterpolitik zunehmend bei den Instrumenten der Innovationspolitik.“

Im Bereich der Förderpolitik wird uns ein umfassendes System von Förderinstrumenten bescheinigt, das keine Lücken aufweise.

Dies allein festzustellen, war aber nicht unser Ziel bei der Auftragserteilung für die Clusterpotenzialanalyse. Ich füge ausdrücklich hinzu: Es geht nicht nur um die Instrumentenvielfalt, sondern es geht auch darum, wie zielgenau die Instrumente zum Einsatz kommen.

Vielmehr ging es auch darum festzustellen, wo es weitere Handlungsbedarfe gibt, insbesondere im Bereich

der Clusterförderung, des Wissens- und Technologietransfers sowie im Bereich der Fachkräftesicherung. Hierzu gibt die Studie eine Reihe von Empfehlungen, die helfen werden, unsere bisherigen Instrumente zu schärfen und die Mittel zielgerichteter einzusetzen.

Diese Empfehlungen berühren die Wirtschaftspolitik auf zwei Ebenen: erstens durch spezifische Handlungsempfehlungen für die untersuchten Clusterpotenziale und zweitens durch generelle Aussagen zur Fortentwicklung der Förderpolitik bzw. Innovationspolitik mit einem besonderen Blick auf die Clusterentwicklung.

Eine grundlegende Aussage war hierbei, dass sich der Gutachter explizit gegen einen branchen-, betriebsgrößen- und regionalspezifischen Ausschluss der Förderung ausgesprochen hat. Er hat aber auch aufgezeigt, aus welchen Kernbereichen zukünftig höhere ökonomische Wachstumsimpulse zu erwarten sind und bei welchen Bereichen wir eher von Forschungsexzellenzen sprechen müssen. Letztere werden sicherlich auch weiterhin - auch aufgrund unserer Förderung - technologische Maßstäbe setzen können. Sie werden aber nicht die in sie gesetzten Erwartungen hinsichtlich der zu schaffenden Arbeitsplätze und der zu erzielenden Wertschöpfung erfüllen können.

Darüber hinaus hat die Analyse aufgezeigt, dass auch bisher weniger stark wahrgenommene Bereiche wie die Kreativwirtschaft durchaus enorme Entwicklungschancen bieten. Diesbezüglich halte ich mich an die Forderung des Gutachters, Stärken zu stärken, vorhandene Ressourcen zu nutzen und Neuem eine Chance zu lassen.

Zur weiteren Anwendung und Umsetzung sind die Vorschläge jedoch spezifisch zu bewerten, zu konkretisieren bzw. zu untersetzen. Das gilt insbesondere unter den Restriktionen einer Haushaltskonsolidierung mit knapper werdenden Finanzmitteln. Mit meinem Kollegen Bullerjahn habe ich dazu bereits eine Verabredung getroffen.

Aber auch hierzu bietet der Gutachter Vorschläge. Eine mehr auf Wettbewerb ausgerichtete Förderung von Clusterinitiativen und -projekten wird uns helfen, eine noch bedarfsgerechtere Förderpraxis umzusetzen. Dieses kombiniert mit der normalen Investitions- und FuEFörderung sowie mit unseren Programmen zur Fachkräftesicherung wird es uns auch weiterhin erlauben, wirtschaftspolitische und finanzpolitische Ziele umzusetzen.

Vor diesem Hintergrund wird bereits im März eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe „Clusterpolitik“ zur Ableitung von Schlussfolgerungen aus der Clusterpotenzialanalyse ihre Arbeit aufnehmen. Es ist vorgesehen, dass sich der Innovations- und Technikbeirat am 27. März 2008 schwerpunktmäßig mit den Ergebnissen der Clusterpotenzialanalyse und den Schlussfolgerungen für die Innovationspolitik befasst. Die ressortübergreifende Arbeitsgruppe „Innovationspolitik“ wird unterdessen mit der Fortschreibung der Innovationsstrategie beginnen, welche dann im Juni 2008 vom Innovationsbeirat abschließend besprochen werden soll, sodass wir also, wie zugesagt, im zweiten Quartal dieses Jahres die Entscheidung getroffen haben werden.

Somit sollte es möglich sein, dem Kabinett noch im Juli, also im dritten Quartal, eine mit den Ressorts abgestimmte Kabinettsvorlage zur zweiten Fortschreibung der Innovationsstrategie vorzulegen, die in der Folge, also im zweiten Halbjahr, im Landtag diskutiert werden kann.

Bestandteil der Innovationsstrategie der Landesregierung wird wieder ein umfangreicher Anlagenteil sein, der den erreichten Ist-Stand auf den wichtigsten innovationspolitischen Gebieten dokumentiert. Dazu zählen auch die in dem vorliegenden Antrag genannten Punkte. Die Fortschreibung der Innovationsstrategie wird also das geeignete Instrument für die im Antrag geforderte Berichterstattung sein.

Mein Haus wird ab August 2008, also nach der Sommerpause, in der Lage sein, einen umfassenden und aussagefähigen Innovationsbericht zu übergeben, der dann auch die Grundlage für die Anhörung in den Ausschüssen für Wirtschaft und Arbeit und für Bildung, Wissenschaft und Kultur darstellen kann.

Die dann vorliegende zweite Fortschreibung der Innovationsstrategie für Sachsen-Anhalt dürfte in wichtigen Eckpunkten ein Gesamtkonzept für die kommenden Jahre strategisch beschreiben. Insofern wird dem Grundanspruch des Antrages nachgekommen.

Wer sich den 108 Seiten der Clusterpotenzialanalyse konkreter widmet, wird sehen, dass hiermit die entscheidenden fachlichen Grundlagen dafür gelegt worden sind, die Befragungen der entsprechenden Partner in den nächsten Wochen zu Ende zu führen und letztlich die zweite Variante des Innovations- und des entsprechenden Technikstrukturberichts so zu Ende zu bringen, dass wir diesen für die zweite Hälfte der Legislaturperiode, also bis 2011, entsprechend untersetzen können und dass wir in der Lage sind, nicht nur im Bereich der GA-Richtlinien, sondern auch im Bereich der damit zu kombinierenden Innovationsstrategie die richtigen Entscheidungen zu fällen.

Ich freue mich auf die Diskussion in den Ausschüssen. Ich bin gespannt, was die Diskussion auf der Basis der Clusterpotenzialstudie noch erbringen wird. Die entsprechende Befragung der Autoren dazu war am 22. Februar 2008 möglich. Ich denke, dass wir auf dieser Basis weiterhin gut zusammenarbeiten werden. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister, für Ihren Beitrag. - Bevor wir jetzt in die Debatte eintreten, begrüße ich die erste Gruppe von Schülerinnen und Schülern der FranckeSekundarschule auf der Südtribüne. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Meine Damen und Herren! Wir treten jetzt in die Fünfminutendebatte ein. Als erstem Debattenredner erteile ich dem Abgeordneten Herrn Miesterfeldt, SPD-Fraktion, das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich mich im Dezember schon einmal auf diese Debatte vorbereitet habe, war in den beiden Wochen davor der Innovationstag des Maschinenbaus 2007 in Magdeburg und an anderer Stelle wurde der Businessplan-Wettbewerb der Fachhochschule Magdeburg/Stendal ausgewertet. In dieser Woche durfte ich Gast bei der Namensgebung des Julius-Kühn-Instituts in Quedlinburg sein, ebenfalls eine sehr innovative Einrichtung, und dieses war auch eine sehr innovative Veranstaltung.

Wenn Sie bei Google den Begriff „Wissenschaftsgesellschaft“ eingeben, dann werden in 0,16 Sekunden 750 000 Internetseiten aufgerufen.

(Zuruf von der FDP: Die haben Sie alle gelesen?)

Die habe ich Ihnen nicht alle mitgebracht, ich werde sie Ihnen auch nicht vortragen. Aber ich glaube, an dieser Stelle kann man, ohne zu übertreiben und zu viel Pathos in die Rede zu legen, von einem Triumph der Wissenschaft sprechen.

Gesellschaften und Volkswirtschaften waren immer wissensbasiert. Aber in unserer heutigen Zeit erfährt dies eine ungeahnte Beschleunigung. Wer gestern Abend Gast der parlamentarischen Begegnung war, konnte das aus den Vorträgen der Vertreter der Telekom erneut lernen.

Innovationen sind die Quelle für Entwicklung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Deswegen ist das Thema Innovation, deswegen ist ein Innovationsbericht nichts, das irgendwo frei im Raum schwebt und vielleicht für den einen oder anderen von mehr oder weniger großem Interesse ist, sondern es ist ein wesentlicher Schlüssel für unsere Volkswirtschaft, es ist eine wesentliche Grundlage für unsere Volkswirtschaft. Wenn ich die jungen Leute dort oben auf der Tribüne sehe, dann müsste man insbesondere in den Schulen viel mehr vermitteln, dass es ohne Innovationen eben keine Steigerung des Wachstums, keine Steigerung der Produktivität und dann auch keine neuen Arbeitsplätze geben wird.

Die Bestandaufnahme zu Ostdeutschland ist so, dass wir uns nicht auf dem Erreichten ausruhen können. Wir haben nach wie vor zu wenig forschende Unternehmen, wir haben nach wie vor zu wenig technologieorientierte Existenzgründungen. Die Ursachen dafür sind dem Hohen Hause bekannt. Ich will Sie mit drei Zahlen untersetzen:

Bei den Patentanmeldungen belegt Sachsen-Anhalt mit 14 je 1 000 Einwohner den vorletzten Platz in Deutschland vor Mecklenburg-Vorpommern; im Bund sind es 58 je 1 000 Einwohner.

Die Ausgaben je FuE-Beschäftigten belaufen sich in Sachsen-Anhalt auf 8,25 Millionen €, im Bund auf 11,68 Millionen €.

Brüssel hat das Ziel herausgegeben, für Forschung und Entwicklung 3 % des Bruttoinlandsprodukts auszugeben. In Sachsen-Anhalt sind wir bei 1,11 % und im Bund bei 2,49 %.

Ich denke, dass wir diese Problematik erkannt haben und dass die Innovationsstrategien, die in diesem Land immer wieder erarbeitet worden sind, dies aufnehmen und zum Positiven zu verändern versuchen.

Ein besonderer Schwerpunkt muss es deshalb sein, dass die Förderung und Stärkung von Netzwerken zwischen Wissenschaft und Wirtschaft unterstützt wird. Die Politik kann sehr wohl einen Beitrag dazu leisten, dass die Gegenstrombewegung von Wissenschaft und Wirtschaft, von Wirtschaft und Wissenschaft gestärkt und weiterentwickelt wird. Das heißt, sie kann die Transferprozesse positiv beeinflussen.

Ich denke, das ist der Clusterpotenzialstudie zu entnehmen, die ich für mich mit dem folgenden Satz zusammenfasse: Wir sind gut, aber es steckt noch viel Potenzial in der Verbesserung.

Es ist richtig, dass auch ein Innovationsbericht erstellt werden muss. Es gibt ihn in anderen Ländern. Interessant ist, dass er in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich ist, was den quantitativen Umfang angeht. In Berlin hat er 71 Seiten, in Bremen 115 Seiten und in Nordrhein-Westfalen hat er 680 Seiten. Mal sehen, wo wir uns einpegeln werden.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Bei 1 000!)

Ich bitte deshalb, diesen Antrag zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Wirtschaft und zur Mitberatung in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft - das betone ich besonders - und Kultur zu überweisen. Dort werden wir gemeinsam klären, was soll und muss Bestandteil eines Innovationsberichtes sein. Wir werden uns auf einen Fragenkatalog einigen.