Protocol of the Session on October 12, 2007

(Zustimmung bei der SPD - Herr Tullner, CDU: Aber unter welchen Konditionen? - Herr Kosmehl, FDP: Welchen Druck haben Sie aufgebaut?)

- Er hat ihn unterzeichnet.

Der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen soll vom Landtag ratifiziert werden und zum 1. Januar 2008 in Kraft treten. Da die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Übergangszeit am 31. Dezember 2007 auslaufen, wäre das gegenwärtig noch anwendbare Recht ab diesem Zeitpunkt verfassungs- und europarechtswidrig.

(Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)

Ergänzend zur Ratifizierung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen werden zusätzliche landesrechtliche Bestimmungen benötigt, insbesondere hinsichtlich der Vorgaben des Verfassungsgerichts zur konsequenten

Bekämpfung der Glücksspielsucht und der Begrenzung der Spielleidenschaft. Der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen sieht daher auch vor, dass die Länder die zur Ausführung des Staatsvertrages notwendigen zusätzlichen Bestimmungen selbst erlassen. Auch diese müssen bis zum 31. Dezember 2007 in Kraft getreten sein, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes umzusetzen.

Der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen bedarf ergänzender landesrechtlicher Regelungen insbesondere im Hinblick auf behördliche Zuständigkeiten und Erlaubnisverfahren hinsichtlich des Systems der Spielersperrdatei sowie hinsichtlich der Übergangsregelungen für bisher legal im Land tätige Veranstalter, so genannte Fernsehlotterien.

Der vorliegende Gesetzentwurf setzt dies für das Land Sachsen-Anhalt um. Er beschränkt sich dabei, wie in dem bisherigen Recht angelegt, auf ergänzende Regelungen. Vorgaben des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen werden nicht wiederholt, sofern dies nicht zum besseren Verständnis erforderlich ist.

Insbesondere zu den ordnungsrechtlichen Erlaubnispflichten übernimmt der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in weiten Teilen das Modell Sachsen-Anhalts, das im Land bereits mit dem Inkrafttreten des Glücksspielgesetzes Ende des Jahres 2004 eingeführt wurde. So können das bisher geltende Glücksspielgesetz ebenso wie das Spielbankengesetz strukturell weitgehend beibehalten werden.

Die Überprüfung des verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Rahmens hat ergeben, dass eine rechtlich stabile Regelung zum öffentlichen Glücksspiel durch die Länder nur durch ein konsistentes und kohärentes Länder übergreifendes System geschaffen werden kann, nicht aber durch eine isolierte Neuregelung beispielweise nur der Sportwetten. Eine solche Möglichkeit hätte ja auch bestanden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die mit dem Staatsvertrag zum Glücksspielwesen und dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehenen Beschränkungen kohärent und systematisch, wie es der Europäische Gerichtshof mittlerweile in ständiger Rechtssprechung formuliert, zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen müssen, um auch gemeinschaftsrechtkonform zu sein.

Eine isolierte Liberalisierung für den Bereich der Sportwetten, in welcher konkreten Form auch immer, steht dieser erforderlichen Kohärenz grundsätzlich entgegen. Schon aufgrund der unterschiedlichen Gefährdungspotenziale unterschiedlicher Glücksspielarten besteht keine verfassungsrechtliche Pflicht, sämtliche Glücksspiele gleich zu behandeln.

(Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP)

Dies wird jedoch, soweit ersichtlich, von niemandem ernstlich behauptet. Auch der vorliegende Gesetzentwurf, verehrter Herr Kosmehl, stuft die jeweiligen erforderlichen Beschränkungen nach Gefährdungspotenzialen ab. Genau das ist der Fall.

(Zustimmung von Herrn Rothe, SPD)

So sind bestimmte Glücksspielarten und -ausgestaltungen, die als besonders gefährlich betrachtet und bewertet werden, nur für staatlich getragene Unternehmen zulassungsfähig und unterliegen darüber hinausgehenden

Anforderungen wie etwa dem Abgleich mit den vorgesehenen Sperrsystemen.

Private können demgegenüber, wie auch nach bisherigem Recht, Erlaubnisse für die Veranstaltung so genannter kleiner Lotterien oder solcher Lotterien erhalten, die bestimmte Bedingungen einhalten. Dies betrifft beispielsweise die so genannten Fernsehlotterien wie „Aktion Mensch“ und die „ARD-Fernsehlotterie“ genauso wie die in Sachsen-Anhalt erlaubten Lotterien der Liga und der Volkssolidarität.

Wird allerdings eine Glücksspielart wie die OddsetSportwette, die grundsätzlich, je nach Ausgestaltung, als gefährlicher bewertet wird, liberalisiert und andere Glücksspielarten wie beispielsweise das Zahlenlotto einem staatlichen Monopol unterworfen, so erscheint dies bereits auf den ersten Blick inkonsistent. Selbst der Gutachter Professor von Mutius, der gern von den Befürwortern einer Teilliberalisierung für Sportwetten herangezogen wird, hebt in seinem Gutachten ausdrücklich hervor, dass es sich von selbst verstehe, dass bei einer Teilliberalisierung der Sportwetten ein Überschwappen auf die übrigen Glücksspielbereiche naheliegend ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung legt hiermit einen Gesetzentwurf vor, der sich auf der gemeinsamen Linie aller Länder, insbesondere der ostdeutschen Länder bewegt. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir treten jetzt in die Debatte ein. Als erstem Debattenredner erteile ich Herrn Kosmehl von der FDP das Wort. Bitte schön.

(Herr Kosmehl, FDP, geht mit einer Vielzahl von Unterlagen zum Rednerpult - Herr Gürth, CDU: Aber nicht alles vorlesen!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Gürth, Sie sind bereits so lange in diesem Parlament, dass Sie wissen müssten, dass es laut der Geschäftsordnung nicht möglich ist, alles vorzulesen. Wir sollen ja frei reden. Darum werde ich mich bemühen.

Man muss aber schon versuchen, die Grundlagen vorzutragen. Vielleicht kommen ja auch fachkundige Nachfragen. Auf diese will ich natürlich vorbereitet sein.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den Fraktionen ist mit Datum vom 4. Oktober 2007 ein umfangreiches Paket mit Anlagen zum Gesetzentwurf der Landesregierung zugegangen. Was ich in den ganzen Seiten - - Ich habe sie wirklich durchgeblättert, Herr Minister.

(Herr Tullner, CDU: Durchgelesen oder durchge- blättert?)

- Erst einmal geblättert. Gelesen habe ich nur die wichtigen Teile. - Herr Minister, was ich vermisst habe, ist die Auseinandersetzung mit der Anhörung, die Sie zu dem Gesetzentwurf durchgeführt haben; zumindest ist mir das von denen, die angeschrieben worden sind, so berichtet worden. Ein Anhörungsergebnis, eine Abwägung liegt dem Gesetzentwurf der Landesregierung nicht bei.

Das finde ich sehr schade; denn ich hätte schon gerne gesehen, wo Sie auf Hinweise reagiert oder ob Sie diese komplett ignoriert haben. Derzeit muss ich davon ausgehen, dass Sie sie ignoriert haben. Deshalb muss der Landtag mangels Information selbst eine Anhörung durchführen. Das ist sicherlich auch so gewollt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit dem 28. März 2006 ist die Frage nach der Zukunft der Sportwetten und durch die Entscheidung der Ministerpräsidenten, auch das Zahlenlotto in den Staatsvertrag mit einzubeziehen, auch die Frage nach der Zukunft der Lotterien aufgeworfen worden. Heute hat sich die Landesregierung endlich dazu entschlossen, dem Landtag den Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland zur Beratung und zur Zustimmung vorzulegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Landtag bleiben weniger als sieben Wochen Zeit für die Beratung. Wenn man - das habe ich gestern ausgeführt - die Ferienwoche in der nächsten Woche, in der wir keine Sitzung terminieren konnten, und die Landtagssitzung im November herausnimmt, bleiben fünf Wochen übrig. Fünf Wochen für die Beratung eines so elementaren Gesetzentwurfs, in dem es nicht nur um die Zustimmung zu dem Staatsvertrag geht, sondern in dem auch umfangreiche Regelungen zum Glücksspielwesen im Glücksspielgesetz des Landes getroffen werden sollen. Darüber sollten wir uns durchaus Gedanken machen.

(Beifall bei der FDP - Herr Gürth, CDU: Wir be- fassen uns nicht erst seit heute damit!)

- Sehr geehrter Herr Gürth, natürlich können wir beide uns oder auch andere sich sehr schnell darüber verständigen, dass wir den ganzen Unsinn lassen. Aber ich befürchte, dass Sie das durchziehen wollen.

(Beifall bei der FPD)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss ich Argumente aufbauen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine sachgerechte Beratung ist notwendig. Die Entscheidung des Landtages betrifft so viele verschiedene Bereiche, etwa die Finanzen des Landes oder ordnungsrechtliche Belange im Innenbereich. Auch die Bereiche Kultur, Sport, Umwelt und Soziales sind von dieser Entscheidung des Landtages betroffen. Deshalb sollten sich auch die Fachkollegen damit beschäftigen; denn auch für sie wird es weitere Einschränkungen geben. Ich werde noch einmal darauf zurückkommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat diesen Zeitdruck bewusst aufgebaut.

(Minister Herr Hövelmann: Nein!)

Sie hätte das Ratifizierungsverfahren bereits im September einleiten können, wie so viele andere Länder in Deutschland auch.

(Beifall bei der FDP)

Sie sind diesmal zwar nicht die Letzten, die dem Landtag einen Gesetzentwurf zuleiten. Aber Sie sind auch bei Weitem nicht unter den Ersten.

Einzelne Regelungen zum Glücksspielrecht unseres Landes, über die wir im Detail diskutieren müssen - Stichwort Verordnungsermächtigungen, die Sie sich neu geben -, sind überhaupt nicht notwendig. Sie beruhen nicht auf dem Staatsvertrag. Diese hätte man zu

einem späteren Zeitpunkt einbringen können. Ich weiß, dass es der - ich sage einmal - Konsensfindung innerhalb der Landesregierung zu diesen landesrechtlichen Regelungen geschuldet ist, dass die Landesregierung den Gesetzentwurf erst so spät einbringt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will aufgrund der Kürze der Zeit nur noch zwei Bemerkungen hinzufügen. Ein Beispiel: Soll sich der Landtag, wie in Artikel 4 Abs. 3 vorgesehen, schon heute darauf festlegen, dass der Glücksspielstaatsvertrag auch nach Ablauf der vier Jahre automatisch unmittelbares Landesrecht wird und damit Gültigkeit behält? Herr Minister, warum verweigern Sie sich einer Evaluierung? Warum wollen Sie keine Evaluierung? Warum wollen Sie sie nicht abwarten, bevor wir Entscheidungen darüber treffen, wie es weitergeht?

Dieses Beispiel zeigt aus meiner Sicht klar die Motivation: Sie wollen das Monopol erhalten, koste es, was es wolle. Sie ignorieren jegliche Sachargumente. Sie erfinden - nicht nur Sie, sondern die Ministerpräsidenten und alle drumherum - Lottospielsüchtige, die wir noch nicht gefunden haben. Aber vielleicht findet sich das ja in der Anhörung wieder. Darüber hinaus gefährden Sie durch die Beschränkungen, die dieser Staatsvertrag neu auferlegt, die staatlichen Lottounternehmen.

So werden die Bestimmungen im Bereich der Werbung dazu führen, dass Lotto-Toto Sachsen-Anhalt schwierigen Zeiten entgegengeht. Wir haben in den vergangenen Jahren die Zahl der Annahmestellen von 770 im Jahr 2003 auf 690 im Jahr 2006 reduziert. Reicht das aus oder müssen es noch weniger sein? Darf der Werbeaufsteller vor dem Geschäft stehen oder darf er es nicht? Darf über die Höhe des Jackpots geworben werden? Ach nein, das heißt jetzt, es wird über die Höhe des Jackpots informiert. Darf man das oder darf man es nicht?

All das nur, um angeblich Sucht zu bekämpfen, die in dem Maße gar nicht feststellbar ist, und um private Spielevermittler aus dem Markt zu drängen. Ich glaube, der Weg, den Sie eingeschlagen haben, ist falsch. Denn gerade was Lotto betrifft, bringen die privaten Spielevermittler wie Faber und Tipp24 einen Großteil der Spieltippscheine mit ein. Glauben Sie ernsthaft, dass sich jemand, der über Faber zu Lotto gekommen ist, danach wieder auf die Suche nach einer Lottoannahmestelle macht? - Nein! Der wird nicht mehr spielen. Der Umsatz wird sinken. Das heißt, wir haben weniger Geld für den Landeshaushalt.

Herr Kosmehl - -

Herr Präsident, ich komme sofort zum Ende. Ich sehe, meine Redezeit ist zu Ende.

Es blinkt schon seit zwei Minuten.