Aber das ändert auch nichts an der Notwendigkeit. Haushaltskonsolidierung und Schuldenabbau sind eben kein Sprint. Sie sind vielmehr ein Marathonlauf, und der ist eigentlich erst richtig schön, wenn man am Ziel ist und ihn hinter sich hat; denn auf der Strecke muss man sich ständig zwingen weiterzulaufen, sonst gibt man auf. Aufgeben ist für uns keine Alternative, meine Damen und Herren.
Jetzt kommt auch von mir der schöne Satz: Das sind wir unseren Kindern, Enkeln und - mit dem Horizont von 100 Jahren - auch unseren Urenkeln schuldig.
Wenn ich davon spreche, Sachsen-Anhalt für die Zukunft fit zu machen, dann meine ich natürlich nicht nur den Staat, nicht nur den Haushalt, nicht nur die Verwaltungsstrukturen, sondern ich meine vor allem die Menschen, die hier leben. Wir brauchen dazu die Leistungsträger und ein solidarisches Miteinander in unserem Land.
Denn soziale Gerechtigkeit bedeutet nicht nur Chancengerechtigkeit. Sie bedeutet auch, dass wir diejenigen nicht allein lassen, die ihre Chancen nicht nutzen konnten oder die einfach auch gar keine Chancen hatten. Auch das gehört leider zur Realität in unserer Gesellschaft. Diesen Menschen zu helfen und ihnen eine Perspektive zu geben, ist gelebte Solidarität.
Wir müssen leider auch feststellen, dass der Aufschwung gerade in Sachsen-Anhalt bei vielen Menschen noch nicht angekommen ist. Wir müssen feststellen, dass viele Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten und dass Sachsen-Anhalt überproportional von Armut, besonders von Kinderarmut, betroffen ist. Darüber - diesbezüglich haben Sie Recht, Herr Gallert - müssen wir in diesem Hause noch einmal ge
sondert reden. Das können wir im Rahmen der Haushaltsdebatte nicht abdecken. Wachstum allein hilft nicht, die sozialen und gesellschaftlichen Probleme des Landes zu lösen.
Die Schlussfolgerung der SPD-Fraktion ist daher: Es ist eine politische Schwerpunktsetzung in den Bereichen Arbeit und Bildung erforderlich. Arbeit heißt dabei für uns immer gute Arbeit und verbindet sich auch mit einer Gesamtkonzeption von der Arbeitswelt. Sie beginnt mit der Ausbildung und dem Eintritt in den Arbeitsmarkt, geht über menschenwürdige Arbeitsbedingungen und gerechte Entlohnung der Arbeitsleistung und endet mit dem Eintritt in den wohlverdienten Ruhestand.
Wir wollen faire Löhne für gute Arbeit. Das heißt, wir wollen existenzsichernde Löhne. Ich kann das nur immer wieder wiederholen: Wir werden weiterhin für die Mindestlöhne werben. Wir werden diese Diskussion auch mit unserem Koalitionspartner sowohl auf der Bundes- wie auch auf der Landesebene weiter führen. Mindestlöhne sind gerecht. Sie schützen diejenigen, die arbeiten, vor Armut, und sie stellen auch die Wettbewerbsfähigkeit des einheimischen Mittelstandes sicher.
Ich möchte an dieser Stelle auch sagen, dass ich mich über die gesamte Diskussion zunehmend wundere. Es gibt Meinungsumfragen, die belegen, dass die Mehrheit der Deutschen - über alle Parteien, die sie wählen und deren Mitglied sie sind, hinweg - einen Mindestlohn befürwortet. Das betrifft ohne Ausnahme auch die Anhänger der CDU und die Anhänger der FDP, weit über 50 %. Ich denke, das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass es Zeit ist, endlich zu handeln. Deshalb werden wir im Rahmen der Möglichkeiten, die uns die Koalition bietet, keine Ruhe geben und weiter dafür kämpfen.
Aber es wird auch immer Menschen geben, die es trotz aller Bemühungen, trotz aller Qualifizierungs- und Fortbildungsmaßnahmen nicht mehr auf den ersten Arbeitsmarkt schaffen. Diese Menschen dürfen auch nicht allein gelassen werden. Wir können nicht einfach sagen: Ihr seid eben die Verlierer der Leistungsgesellschaft. Das wäre nicht nur unsozial, sondern auch zynisch. Deshalb brauchen wir weiterhin Instrumente einer aktivierenden Arbeitsmarktpolitik.
Wir halten die öffentlich finanzierte, gemeinwohlorientierte Bürgerarbeit für dringend notwendig; denn sie schafft Beschäftigungsmöglichkeiten jenseits des ersten Arbeitsmarktes, übernimmt gemeinnützige Aufgaben, die sonst möglicherweise nicht erfüllt werden könnten, und schafft Lebensperspektiven für betroffene Menschen.
Wir haben in Sachsen-Anhalt erste Erfahrungen mit der Bürgerarbeit gemacht. Sie krankt - das merken wir jetzt; das wussten wir aber auch, als wir damit begonnen haben - an mehreren Dingen. Sie krankt daran, dass sie ein zeitlich befristetes Modellprojekt ist, dass sie eine relativ geringe Entlohnung bietet und dass uns im Moment die Instrumente dafür fehlen, daraus vielleicht auch einen dauerhaften dritten Arbeitsmarkt zu entwickeln.
Ich weiß, dass ich auch in unserer Partei dafür noch viel Überzeugungsarbeit leisten muss. Ich bin trotzdem da
von überzeugt, dass das der richtige und notwendige Weg ist. Ich bin auch froh, dass die Weiterführung der laufenden Bürgerarbeitsstellen zunächst bis 2009 im Haushalt gesichert ist.
Im Gegensatz dazu - der Finanzminister hat es vorhin gesagt - muss der angekündigte Kommunal-Kombi noch in den Haushaltsplan eingearbeitet werden. Es wird die Aufgabe des Parlaments sein, dies in den Haushaltsberatungen zu tun.
Da ganz klar ist, dass unsere Kommunen, selbst wenn man die Ersparnis infolge der Nichtzahlung der Kosten für Unterkunft einrechnen würde, in der Regel nicht in der Lage sein werden, den Finanzierungsanteil zu erbringen, sehe ich das Land in der Pflicht, Unterstützung zu leisten. Anderenfalls würden die Mittel im Bereich der Arbeitsmarktförderung ungenutzt verfallen.
Mit Blick auf die konzeptionellen Beratungen möchte ich deutlich sagen: Wir wären gut beraten, wenn wir diese Arbeitsplätze mit existenzsichernden Löhnen ausgestalten würden; denn die öffentliche Hand darf nicht der Vorreiter für prekäre Arbeitsverhältnisse sein.
Ich würde es geradezu widersinnig finden, wenn der Staat bei öffentlich geförderten Beschäftigungsverhältnissen über seine Sozialsysteme zusätzliche Leistungen erbringen müsste. Daher werden wir uns womöglich auf ein Konzept verständigen müssen, das „Eher Klasse als Masse“ heißt, und dazu werden wir dann auch stehen müssen.
Wenn es um andere öffentlich finanzierte Arbeit geht, nämlich um den öffentlichen Dienst, der auch aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, möchte ich nur sagen - der Finanzminister hat es angekündigt -, dass bis zum Jahresende der Einstellungskorridor im Bereich der Lehrer überarbeitet werden soll und dass bis Mai ein neues Personalentwicklungskonzept vorliegen soll. Damit wird dann mit Sicherheit auch ein Teil der Vorwürfe widerlegt werden können, die Sie, Herr Gallert, vorgetragen haben, was die Ausstattung in der Bildung im Bereich der Lehrer angeht.
Damit bin ich auch schon beim zweiten Schwerpunkt, nämlich der Bildung. Bildung ist Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und für das Führen eines selbstbestimmten Lebens für jeden Einzelnen. Zudem wird die wirtschaftliche Entwicklung einer Region ganz maßgeblich davon bestimmt, welches Bildungsniveau in dieser Region vorherrscht. Deshalb ist es eine elementare Aufgabe der Landespolitik, auf das Bildungssystem zu achten und ein leistungsfähiges Bildungssystem aufzubauen, auszubauen und weiter zu entwickeln.
Das heißt für uns, in den Kitas, in den Schulen und in den Hochschulen des Landes müssen wir eine qualitativ hochwertige Bildung gewährleisten. Das ist auch die Prämisse für den Bildungskonvent, der sehr zäh zu werden scheint, der aber eine große Aufgabe zu erledigen hat. Ich hoffe immer noch auf gute Ergebnisse, die dann auch akzeptiert werden.
Mit dieser Intention haben wir auch die Diskussion um die Ausgestaltung der frühkindlichen Bildung in Sachsen-Anhalt wieder angestoßen. Es geht ausdrücklich nicht zuerst und zuvorderst um die Anzahl der Betreuungsstunden. Es geht zuerst um mehr Bildung im Kindergarten, besonders im letzten Kindergartenjahr.
Denn wir müssen alle leider zur Kenntnis nehmen, dass immer mehr Kinder mit Defiziten in ihrer Entwicklung eingeschult werden. Das sind eine verzögerte Sprechbildung, Konzentrationsschwierigkeiten und auch Aggressionsneigungen. Damit sind sie nicht nur schwer zu unterrichten; diese Defizite potenzieren sich vielmehr im Laufe der Schullaufbahn, sodass ein qualifizierter Schulabschluss nur schwer möglich ist.
Deshalb müssen wir so früh im Bereich der frühkindlichen Bildung ansetzen. Wir wollen ein Konzept für die frühkindliche Bildung, das die Bildungsinhalte, die Qualifizierung der Erzieherinnen und Erzieher und am Ende möglicherweise auch die notwendigen Stunden dafür festschreibt.
Meine Damen und Herren von der PDS, ich will Ihnen überhaupt nicht absprechen, dass Sie sich inhaltlich damit beschäftigen. Ich weiß, dass das ein großes Thema bei Ihnen ist. Aber weil man immer vorgetragen bekommt, es gäbe nur einen, der sich damit beschäftigt, und es gäbe nur einen, der die Wahrheit gepachtet hat, will ich auch einmal genauso polemisch antworten, wie ich das vorhin an diesem Punkt gehört habe: Offensichtlich haben Sie sich solange selbst erzählt, dass Sie die Einzigen sind, die Konzepte entwickeln und über eine Weiterentwicklung in diesem Bereich reden, dass Sie das inzwischen auch glauben.
Eines kann ich mir aber doch nicht sparen. Mein Finanzminister hat vorhin gesagt, er wundert sich darüber, was so alles von der CDU auf Bundesebene kommt. Dann sage ich immer, ich habe manchmal auch das Gefühl, auf Bundesebene überholt uns bei diesen Themen die CDU links. Dafür wird aber die PDS auf der rechten Spur - -
Dafür wird aber DIE LINKE mit Frau Müller sozusagen auf der konservativen Überholspur gesichtet, die die CDU bei etwas konservativen Konzepten auf der anderen Spur überholt.
- Ich weiß, jeder hat sein schwarzes Schaf im Stall. Das passt so schön in den Wahlkampf im Saarland. Ich will auch niemandem hier unterstellen, dass er diese Konzepte teilt.
und wenn wir das, was machbar ist, anfangen und schrittweise ein Gesamtkonzept erarbeiten und umsetzen.
Ich will an dieser Stelle auch noch einmal Folgendes ganz klar sagen. Ich kann das auch ganz unspektakulär tun, weil ich in der letzten Legislaturperiode zu denjenigen gehört habe, die dem Kompromiss nicht zugestimmt haben. Damit will ich mich nicht brüsten. Ich habe Respekt vor meinen Kolleginnen und Kollegen, die das durchgesetzt und auf sich genommen haben, weil es nämlich zwei Alternativen gab - auch das gehört zur Wahrheit -:
Es ging darum, entweder den Anspruch auf Betreuung in den Krippen für Kinder arbeitsloser Eltern abzuschaffen oder den Anspruch für Kinder arbeitsloser Eltern bezüglich der Betreuungszeit insgesamt herunterzufahren. Das waren die beiden Alternativen.
Damals hat sich die SPD dafür entschieden, die Krippen zu erhalten und mit der Koalition von CDU und FDP dieses andere Kinderbetreuungsgesetz zu verabschieden. Im Grunde waren wir auch gut beraten, es so zu tun. Ansonsten würden wir uns nämlich heute in die Diskussion einreihen, die die Westländer zu führen haben, weil wir die Strukturen im Bereich der Krippen erst wieder aufbauen müssten; denn es wäre doch ganz schön viel weggebrochen. Das muss ich aus der heutigen Sicht auch sagen. Bei der Anzahl der Kinder, die nur einen Anspruch auf einen Halbtagsplatz im Kindergarten haben, wäre im Krippenbereich sehr viel weggebrochen. Deswegen waren wir gut beraten, das Gesamtsystem zu erhalten und zu gucken, was wir mit den heutigen finanziellen Mitteln insbesondere unter dem bildungspolitischen Aspekt weiterentwickeln können.
Die Betonung des Bildungsbereichs als Schwerpunkt unserer Politik spiegelt sich natürlich auch im Haushaltsplanentwurf wider. Die Hochschulen haben bis zum Jahr 2010 Planungssicherheit und ein Budget für die Jahre 2008 und 2009, das die Mehrbedarfe aufgrund der vereinbarten Tarifverträge einschließt. Das ist ein großer Fortschritt, finde ich. In den Doppelhaushalt sind auch 3 Millionen € wegen des doppelten Abiturjahrgangs eingestellt worden. Ich weiß, das ist vielen zu wenig. Aber diese Summe ist drin. Für die Jahre 2008 und 2009 sind ferner die zusätzlichen Mittel aus dem Hochschulpakt eingestellt worden. Außerdem hat sich Sachsen-Anhalt dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2010 die Kapazitäten für jährlich 8 765 Studienanfänger aufrechtzuerhalten. Dafür erhalten wir im Gegenzug insgesamt 15,8 Millionen € zur Erhaltung der Studienplatzkapazität, aber auch zur Verbesserung der Qualität der Lehre.
Dringenden Diskussionsbedarf sehen wir noch bei dem Thema der Kulturförderung. Offensichtlich hat jede Fraktion heute zielgerichtet ein anderes Thema herausgegriffen, was die Debatte durchaus spannender macht.
Zum Thema der Kulturförderung und hier speziell zu den Theatern. Die Theaterverträge laufen Ende 2008 aus. Der Haushaltsplanentwurf des Kultusministers sieht für den neuen Vertragszeitraum ab dem Jahr 2009 eine Absenkung um jährlich 3 Millionen € vor, obwohl konkrete Verhandlungen mit den Theatern noch nicht begonnen haben, zumindest haben wir Parlamentarier davon keine Kenntnis.