Auch bei der PDS hierzulande gehört die Bedienung antieuropäischer Ängste und Ressentiments zur propagandistischen Grundausstattung, meine Damen und Herren.
Wenn Sie dies kritisieren, dann kann ich Ihnen Folgendes empfehlen: Es gibt ein schlaues Buch und einen schlauen Politiker, Professor Holtmann von der Uni Halle, er ist Politikwissenschaftler. Das Buch kann ich jedem empfehlen. Es heißt „Die Droge Populismus“. Die eben vorgebrachte Aussage ist nicht von mir, sondern von ihm.
„Die PDS, die ihre inhaltslose Kampagne unter anderem mit ‚Es reicht!’ überschrieb, bediente sich im Wahlkampf bei Slogans, die das ‚Neue Deutschland’ in früheren Jahren mit der Primitivagitation rechter Populisten abgetan hätte.“
Meine Damen und Herren, dies sieht sogar Ihre bekannteste Europapolitikerin Sylvia-Yvonne Kaufmann so. Sie selbst sagt nämlich, dass die PDS ihr Verhältnis zur EU klären muss und sich endlich von nationalistischen und antieuropäischen Kräften trennen muss, meine Damen und Herren.
Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Czeke, werden die Ergebnisse der deutschen Ratspräsidentschaft von ihr gelobt. Ich denke, dem habe ich auch nichts mehr hinzuzufügen.
Entwurf eines Gesetzes über den Vollzug der Jugendstrafe in Sachsen-Anhalt - Jugendstrafvollzugsgesetz Sachsen-Anhalt (JStVollzG LSA)
Ich bitte nun die Ministerin der Justiz Frau Professor Kolb, als Einbringerin das Wort zu nehmen. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Strafvollzug ist ein Medikament mit erheblichen Nebenwirkungen, und unser aller Aufgabe ist es, diese Nebenwirkungen so gering wie möglich zu halten. Gerade der Jugendstrafvollzug ist in überzeichneter Form eine Art Brennglas für den Zustand des Restes der Gesellschaft.
Welches Maß an Brutalität ist erreicht? Wer erhält welche Chancen? Welches Menschenbild herrscht vor, und wie wird es in der Politik umgesetzt? Die wichtigste Frage ist: Welche langfristigen Folgen hat der Jugendstrafvollzug für die Rückfallprävention und für das gesetzlich fixierte Ziel der Resozialisierung?
Deshalb sind die neuen Jugendstrafvollzugsgesetze, die die Länder derzeit erarbeiten, ein Thema von unmittelbarem öffentlichen Interesse. Wie viel Ausbildung Jugendliche im Vollzug erhalten und welche Formen von Konfliktlösung sie dort erlernen, das sind Dinge, von denen die restliche Bevölkerung unmittelbar profitieren kann. Ein gutes Jugendstrafvollzugsgesetz ist in diesem Sinne auch praktizierter Opferschutz.
Auf alle diese Fragen gibt der von der Landesregierung vorgelegte Entwurf eines Jugendstrafvollzugsgesetzes, wie ich finde, überzeugende Antworten. Hierfür möchte ich dem Hohen Haus einige Beispiele nennen.
Insbesondere nach dem Tod eines Jugendlichen in der Jugendhaftanstalt in Siegburg darf man zu Recht eine hohe Sensibilität hinsichtlich der Frage der Einzelunterbringung erwarten. Sie ist nach dem vorgelegten Entwurf zur Nachtzeit verpflichtend vorgeschrieben und nicht lediglich eine Option. In diesem Sinne können wir die jugendlichen Straftäter in der Haft zum Beispiel vor sexuellen Übergriffen schützen. Der Tagesablauf dagegen soll von den Jugendlichen in der Regel in der Gemeinschaft erlebt werden. Deshalb findet der Tagesvollzug im Regelfall in Wohngruppen statt, um soziale Kontakte und Verhaltensweisen für die Zeit nach der Haft erlernen zu können.
Wichtig ist uns auch die Einrichtung einer Sozialtherapie für jugendliche Gewalt- und Intensivtäter mit speziellen und maßgeschneiderten Therapieprogrammen und Behandlungsmaßnahmen, die nach unserem Entwurf ab 2013 als Rechtsanspruch durchsetzbar sein sollen. Die Regelung begründet auch die Verpflichtung, bis dahin den Bedarf an Behandlungsplätzen für diese besonders problematischen jugendlichen Straftäter zu ermitteln und dann natürlich auch zu decken.
Wir sind damit deutlich besser als große Länder und können zu Recht stolz auf einen Entwurf für ein modernes Jugendstrafvollzugsgesetz sein. Aber, meine Damen und Herren, das ist noch lange kein Grund zur Euphorie. Deshalb haben wir uns nicht nur ehrgeizige Ziele gesetzt, sondern sind auch dabei, Konzepte zu entwickeln, um diese Ziele sinnvoll und vor allen Dingen auch nachhaltig umzusetzen.
Unser Entwurf ist konsequent darauf ausgerichtet, den Jugendlichen den Weg zurück in die Gesellschaft zu ermöglichen. Er schafft hierfür die erforderlichen Rechtsgrundlagen und Voraussetzungen. Beispielsweise erweitern wir die Besuchsmöglichkeiten und binden die Sorgeberechtigten und Angehörigen in die Vollzugsplanung mit ein; denn wir wissen, dass intakte Familien für die
Die schulische Ausbildung und berufliche Bildung sind ein Schwerpunkt unserer Arbeit, weil wir wissen, dass die Rückfallquote bei Jugendlichen, die im Vollzug eine Ausbildung absolviert haben, nur noch halb so hoch ist wie bei Straftätern ohne Ausbildung. Deshalb ist Ausbildung auch der beste Schutz vor weiteren Straftaten.
Wir gewährleisten einen Behandlungsvollzug, der diese Bezeichnung wirklich verdient, nämlich erst Behandlung und Sozialtherapie. Aber natürlich müssen wir uns auch fragen, was am Tage der Haftentlassung passiert, damit es nicht heißt: aus den Augen, aus dem Sinn. Deshalb ist in dem Gesetzentwurf ausdrücklich die Nachsorge verankert. Damit wird das positiv fortgeführt, was wir an vielfältigen Behandlungs- und Freizeitmöglichkeiten im Jugendstrafvollzug begonnen haben.
Hierfür kann das Gesetz allerdings nur den notwendigen Rahmen setzen. Gemeinsam mit den Vereinen und dem Landesverband für Straffälligen- und Bewährungshilfe, den Jugendämtern, aber auch den Arbeitsgemeinschaften und Unternehmern wollen wir ein Netzwerk aufbauen, damit Betreuungsbrüche in Zukunft vermieden werden und Jugendliche, die straffällig geworden sind, eine reelle Chance haben, wieder in die Gesellschaft integriert zu werden.
Wir verankern auch den Erziehungsgedanken von Gesetzes wegen als Leitbild des Vollzuges; denn Jugendstrafvollzug muss sich vom Erwachsenenstrafvollzug unterscheiden. Hier haben wir noch viel bessere Möglichkeiten, die Jugendlichen wieder auf den rechten Weg zu bringen und sie auf ein straffreies Leben vorzubereiten.
Meine Damen und Herren! Mit der JVA in Raßnitz verfügt Sachsen-Anhalt über eine der modernsten Einrichtungen des Jugendstrafvollzuges. Wir haben auch aus diesem Grunde darauf verzichtet, ambulante und teilstationäre Vollzugsformen gesetzlich zu verankern. Das hat nicht nur etwas damit zu tun, dass ein Einstieg in die Privatisierung vermieden werden soll, sondern einfach auch damit, dass wir die finanziellen Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, nur einmal verteilen können.
Deshalb ist es uns wichtig, dass wir das, was wir an positiven Ressourcen haben, stärken, und das ist unsere Jugendhaftanstalt in Raßnitz. Alle anderen Formen sind im Moment allenfalls Pilotprojekte. Ich denke, es ist auch gerechtfertigt, zunächst einmal den Erfolg dieser Projekte abzuwarten, ehe man sich auf Experimente einlässt, deren Ausgang und Erfolgsaussichten nicht abschätzbar sind. Wir investieren in die bewährte Form des Jugendstrafvollzuges; denn hierbei ist nachgewiesen, dass Ausbildung und Erziehung Wirkung entfalten und dass wir tatsächlich zu positiven Ergebnissen kommen.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zusammenfassen: Die Landesregierung legt Ihnen einen Gesetzentwurf vor, der in enger Abstimmung mit den neun Bundesländern und der Praxis entwickelt wurde, der die ohnehin schon hohe Qualität des Vollzuges in der Jugendanstalt in Raßnitz sichert, der gleichzeitig aber auch offen ist für zukünftige Entwicklungen. Der Vorteil ist: Alle Bereiche des Jugendvollzuges werden erstmals um
fassend gesetzlich geregelt, wobei wir uns auf das Notwendige beschränken, sodass wir auch die Freiräume haben, die wir für zukünftige Entwicklungen brauchen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf die Diskussionen in diesem Hohen Haus und in den Ausschüssen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin Kolb. - Ich eröffne die Debatte. Für die Fraktion DIE LINKE spricht nun Frau von Angern.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Uns liegt heute einer der ersten Gesetzentwürfe vor, dessen Materie infolge der Föderalismusreform nunmehr in unsere Gesetzgebungskompetenz fällt. Damit verbunden ist durchaus eine große Verantwortung, der die Landesregierung aus unserer Sicht gerade durch den Versuch, eine zwischen mehreren Bundesländern konsensuale Lösung zu finden, gerecht geworden ist.
Das größte Problem, worauf unsere Kritik am Ergebnis der Föderalismusreform basiert, sah meine Fraktion zunächst darin, dass in jedem Bundesland eine eigene Regelung für den Jugendstrafvollzug gewählt würde und daher unterschiedliche Standards vorherrschen würden, die gerade in diesem Bereich sehr kontraproduktiv wären. Dass sich nunmehr neun Länder zusammengefunden haben, zeigt, dass eine bundeseinheitliche Regelung möglich gewesen wäre.
Nun aber zu ausgewählten Regelungen im Gesetzentwurf. In der Literatur wird die Jugendstrafe als solche hinsichtlich ihrer Erziehungsmöglichkeiten zum Teil kritisch hinterfragt. Tatsächlich sprechen die Rückfallquoten eine deutliche Sprache. Aus der Sicht der LINKEN nehmen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf jedoch den Erziehungsgedanken durchaus ernst, und das ist auch gut so.
Über allem steht das Vollzugsziel der Resozialisierung und damit der Wiedereingliederung und Integration von jugendlichen Straftätern. Am Ende des Vollzugs soll ein Leben in Freiheit ohne erneute Straffälligkeit stehen. Deshalb ist es auch konsequent und richtig, dass der Mitarbeit der jugendlichen Straftäter eine weitaus größere Rolle als bisher eingeräumt wird. Hinzu kommt, dass die Eltern weitaus intensiver an den Entscheidungsprozessen beteiligt werden sollen. Ob die Regelungen im Gesetzentwurf dazu ausreichend sind, bleibt noch im Ausschuss zu erörtern.
Von großer Bedeutung ist unserer Ansicht nach ebenso die Zusammenarbeit von Justiz und Jugendhilfe. Jedoch fehlt das klare Muss der Zusammenarbeit von der Verurteilung bis zur Entlassung und zeitweise eben auch darüber hinaus.
Des Weiteren ist aus unserer Sicht in den vor uns liegenden Beratungen die Rolle des offenen Vollzugs zu klären. Der Bezug zur Außenwelt ist ein wesentlicher Bestandteil der Resozialisierung. Daher muss der offene Vollzug weitaus öfter als bisher genutzt werden. In Raßnitz gibt es 20 Plätze im offenen Vollzug, von denen im Jahr 2006 nur zehn belegt waren. Das ist ein Anteil von
gerade einmal 2,6 % aller Inhaftierten. Das ist ein katastrophales politisches Signal. Ich spreche bewusst von einem politischen Signal, da an dieser Stelle leider zu selten auf empirische Befunde gehört wird.
Es ist durchaus ein guter und erster Ansatz, wie im Gesetzentwurf geschehen, beide Vollzugsformen gleichzusetzen. Wir werden jedoch in der Anhörung die Frage stellen, ob der offene Vollzug nicht sogar als Regelvollzug vorgesehen werden sollte. Hierbei handelt es sich bereits um eine Forderung der DVJJ. Lassen Sie uns vorbehaltlos darüber diskutieren.
Ein äußerst wichtiger Punkt ist das in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts manifestierte Recht auf Bildung. Davon profitieren die Inhaftierten, aber auch die Gesellschaft. Im Übrigen sollte auch die Kampagne „Hingucken!“ unbedingt in die Jugendanstalt Raßnitz hineingucken.