Zurück nach Sachsen-Anhalt. Die Überschrift zu einer Pressemitteilung der SPD-Landtagsfraktion vom 15. Mai dieses Jahres lautete: „Budde: Diätenvorschläge ohne Zeitdruck prüfen“. Des Weiteren hieß es dort - ich zitiere -:
„Die Fraktion der SPD hat auf ihrer heutigen Sitzung einen Vorschlag des Landtagspräsidenten zur Anhebung der Abgeordnetendiäten zur Kenntnis genommen.“
Heute ist der 12. Juli. Keine zwei Monate haben Sie sich Zeit genommen. Ich frage Sie: Ohne Zeitdruck? Warum haben wir nicht die Zeit für eine öffentliche Anhörung?
Warum haben wir keine Zeit, die Diskussion über eine grundlegende Strukturreform, in die sich alle im Landtag vertretenen Fraktionen einbringen können? Warum dieser Zeitdruck?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Parlamentarier stehen im Gegensatz zu anderen Berufsgruppen in der von der Verfassung vorgegebenen Verpflichtung, über die Entschädigung unserer Abgeordnetentätigkeit selbst zu entscheiden. Dieser Umstand führt dazu, dass jede Debatte über die Höhe und die Gestaltung der Entschädigung ein Gegenstand öffentlichen Interesses ist.
Wir müssen unsere Entscheidung vor dem Hintergrund der öffentlichen Kritik der Medien und der Bürgerinnen und Bürger rechtfertigen und uns jeden Schritt genau überlegen. Gerade deshalb hätten wir uns die Zeit nehmen müssen, einen offenen Dialog zu führen, um mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen und um die Medien in diese Diskussion offensiv mit einzubeziehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion wird dem vorliegenden Gesetz nicht zustimmen. Denn dieses Gesetz beseitigt nicht die Ungerechtigkeiten bei der Altersversorgung, es beseitigt nicht die Ungleichbehandlung im Vergleich zum „normalen“ Steuerbürger und es beseitigt keinen einzigen Kritikpunkt in der Öffentlichkeit. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank dem Abgeordneten Herrn Franke. - Für die SPD erteile ich nun das Wort dem Abgeordneten Herrn Bischoff. Bevor Herr Bischoff mit seinem Redebeitrag beginnt, begrüße ich Schülerinnen und Schüler des Norbertusgymnasiums Magdeburg auf der Südtribüne. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute ist von Herrn Thiel ein wichtiges Wort gesagt worden. Er sagte: Seien wir doch einmal ehrlich.
Ja, seien wir doch einmal ehrlich! Die Diskussionen, die ich in den letzten Monaten mit verschiedenen Abgeordneten aus unterschiedlichen Fraktionen geführt habe, haben etwas ganz anderes zum Vorschein gebracht. In diesen Gesprächen ging es eher darum, dass gesagt wurde: Hoffentlich bringt ihr das durch, was die Diätenkommission vorgeschlagen hat, und nicht das, was der Landtagspräsident vorgeschlagen hat.
Was ist an dieser Debatte denn ehrlich, Herr Franke, wenn sich die einen verstecken und seit der letzten Diskussion im Mai ständig auf ein Verfahren und auf einen Systemwechsel in Nordrhein-Westfalen hinweisen, ohne allerdings zu sagen, wie sie selber dazu stehen?
Ich habe mich vor Kurzem noch mit Herrn Kley - das habe ich beim letzten Mal schon gesagt - in die Wolle gekriegt, weil ich gesagt habe: Das verdoppelt sich. Es
geht doch darum: Wir haben heute schon die Schwierigkeit, wie wir der Öffentlichkeit beibringen, dass eine Höhe von 4 400 € und die Erhöhung um 170 € gerechtfertigt sind. Darauf sind Sie bis heute nicht eingegangen. Sie sagen nur, Sie wollen einen Systemwechsel.
- Herr Franke, in Nordrhein-Westfalen betrug die zu versteuernde Abgeordnetenentschädigung 4 807 €. Jetzt liegt sie bei zu versteuernden 9 500 €. Wie wollen Sie der Bevölkerung das klar machen? Das war unser Problem!
Deshalb ist das eine heuchlerische Debatte, die Sie führen. Ich werde am Ende meiner Rede auf das, was Sie gesagt haben, antworten.
Ja, das werde ich nachher machen; ich werde auch noch auf das eingehen, was Frau Hüskens beim letzten Mal gesagt hat.
Niemand verweigert sich einer Diskussion über einen Systemwechsel, wenn er angebracht ist und vorgeschlagen wird. Aber bisher haben ihn weder die Diätenkommission noch der Bund der Steuerzahler noch Sie vorgeschlagen. Natürlich müssen wir eine Diskussion darüber führen. Wir müssen sie auch längerfristig führen. Aber wir könnten auch nicht einfach eine Regelung aus Schleswig-Holstein übernehmen. Sie jedenfalls brauchen uns nicht einzureden, wir wollten das alles nicht. Nicht deshalb lehnen Sie den Gesetzentwurf ab. Sie lehnen ihn ab, weil Sie nicht die Courage haben zu sagen, was Sie wirklich wollen. Das war von Anfang an so.
Frau Hüskens hat beim letzten Mal, als wir über dieses Thema gesprochen haben - so lange ist das noch gar nicht her; damals waren Sie aber in einer anderen Koalition -, das Instrument der Diätenkommission ausdrücklich gelobt. Sie stellen es jetzt infrage und sagen, das sei nicht transparent genug. Darüber kann man reden. Aber man kann nicht auf einmal sagen: Das reicht uns nicht mehr; wir müssen das jetzt anders machen.
Wenn Sie einen Systemwechsel wollen, dann machen Sie doch einmal einen konkreten Vorschlag. Sie verweisen nur auf andere Länder. Sagen Sie, was Sie anders machen wollen! Nennen Sie konkrete Zahlen!
Sie sprechen immer nur von der Altersversorgung. Für die Altersversorgung bekommen die Abgeordneten in Nordrhein-Westfalen 1 500 €, die in ein Versorgungswerk einzuzahlen sind. Auch die Gründung dieses Versorgungswerks bezahlt erst einmal der Steuerzahler. Sie tun so, als würden wir das aus eigener Tasche zahlen. Ich empfinde die Diskussion, wie Sie sie führen, als ganz besonders heuchlerisch.
Nun komme ich noch einmal zur Ehrlichkeit der Debatte zurück. Ich kann absolut nachvollziehen, wenn eine
Fraktion bzw. Partei bei dieser Frage auch auf ihre eigene Klientel achtet. Das haben auch wir bedenken müssen, als uns einige angerufen und uns zum Beispiel gesagt haben: Wenn ihr das macht, ist das nicht mehr sozialdemokratisch; dann treten wir aus.
Wir haben auch untereinander diskutiert - das wird wahrscheinlich in jeder Fraktion gemacht - und die Menschen aufgeklärt. Wir haben ihnen mündlich und schriftlich die Zusammenhänge bezüglich der Diätenkommission erläutert. Es kam in keinem einzigen Fall zu einer Reaktion nach dem Motto: Trotzdem müsst ihr die Erhöhung ablehnen.
Aber ich gestehe: Andere Fraktionen müssen andere Rücksichten nehmen. Selbst Zeitungen nehmen Rücksicht auf ihre Klientel bzw. ihre Leserschaft. Wenn die eine Zeitung etwas völlig anderes als die andere Zeitung schreibt, denkt man sich: Dahinter steckt wahrscheinlich auch die Absicht, auf die Abonnenten Rücksicht zu nehmen; das ist keine Frage.
Zur Ehrlichkeit gehört aber auch, dass man sagt: Wir können das bei uns nicht vermitteln. Deshalb können wir nicht zustimmen. - Damit kann ich leben. Aber man darf nicht sagen: Wir führen erst einmal eine Anhörung durch. Was ist denn, wenn sich die Angehörten für eine Erhöhung aussprechen würden? Würde die LINKE dann zustimmen?
Oder was wäre, wenn man eine Anhörung zu diesem Thema durchführen würde, und dort käme man zum selben Ergebnis? Ich prophezeie Ihnen: Sie würden die Diskussion, ob man das trotzdem macht, wieder führen.
Außerdem möchte ich sagen: Jede Fraktion ist frei, eine Anhörung durchzuführen. Soll die LINKE doch eine Anhörung machen! Wir wären interessiert zu erfahren, zu welchen Ergebnissen Sie gekommen sind.
- Das kann man doch machen. Jede Fraktion ist frei, eine Anhörung durchzuführen und vielleicht auch konkrete Vorschläge zu machen.
Ich möchte nur sagen: Ganz ehrlich ist diese Debatte nicht. Wir sollten dazu stehen: Abgeordnete sollen gut, aber nicht übermäßig bezahlt werden. Sie sollen der Verfassung entsprechend in ihrer Unabhängigkeit gestärkt werden. Sie sollen nicht unterschiedlich bezahlt werden. Das, was die Diätenkommission vorgeschlagen hat und wie sie es begründet hat, ist nachvollziehbar. Wir stehen hinter diesen Empfehlungen, und wir bedanken uns dafür, dass Leute den Mut haben, solche Vorschläge zu machen. Auch wir Abgeordnete sollten diesen Mut haben.
Danke schön. Herr Bischoff, es gibt eine Nachfrage von Herrn Kosmehl. Sind Sie bereit, sie noch zu beantworten? - Bitte schön, Herr Kosmehl.
Ich habe keine Nachfrage an den Kollegen Bischoff. Er hat in seiner Rede mehrfach das Wort „heuchlerisch“ erwähnt.
Aber ich glaube, wenn Sie, Herr Kollege Bischoff, sich noch einmal durchlesen, was Sie gesagt haben, dann werden Sie feststellen, dass Sie selber heuchlerisch waren, zumindest was das Ende hinsichtlich der Anhörung angeht.
Herr Präsident, ich will für das Protokoll feststellen: Man darf, was die Situation in Nordrhein-Westfalen betrifft, natürlich nicht nur eine Zahl herausgreifen und dann sagen: Die Höhe der Entschädigung steigt von 4 400 € auf über 9 000 €. In den etwas mehr als 9 000 € sind nämlich auch alle sonstigen Vergünstigungen wie Fahrgeld, Sitzungsgelder
und Kosten für die Unterbringung enthalten. Dadurch kommt die erhöhte Summe zustande. Deshalb sollten Sie nicht den Eindruck erwecken, dass sich die Höhe der Diäten in Nordrhein-Westfalen verdoppelt hätte. Es handelt sich um einen Systemwechsel, weil die Entschädigung für alle Leistungen, die ein Abgeordneter im Rahmen seiner Tätigkeit erbringt, in einer Summe zusammengefasst wird. Diese Summe ist aus unserer Sicht transparenter.