Protocol of the Session on June 14, 2007

An der grundsätzlichen Position der FDP zu diesem Fonds hat sich nichts geändert. Er ist - völlig unabhängig davon, welche Berechnungen ich über die Zinsen anstelle - politisch erforderlich; denn wir wollen in Zukunft nicht in die Schwierigkeiten geraten, in denen einige alte Bundesländer heute schon sind. Deshalb haben wir dem Gesetz zugestimmt und deshalb akzeptieren wir auch, dass Sie eine weitere Zuführung zum Sondervermögen vornehmen.

Nicht nachvollziehbar ist jedoch die vorzeitige Finanzierung des Altenlastenfonds. Sie ist schlicht Unfug. Sie nehmen Geld am Kreditmarkt auf, um es dem Fonds vorzeitig zuzuführen - einem Fonds, in dem bereits heute viel mehr Geld ist, als wir in den nächsten Jahren benötigen werden. Frau Klein hat die Summe genannt.

Das heißt, wir verschwenden Geld, wahrscheinlich eine halbe Million Euro, wenn ich zwischen den Soll- und Habenzinsen etwa einen halben Prozentpunkt Differenz ansetze - ich glaube, das ist bei allen Überlegungen valide - und wenn ich der Regierung glaube, die davon redet, dass sie die Ausgaben nur vorziehen möchte und dieses Geld in den Jahren 2008 und 2009 einsparen will. Ich bin sehr gespannt darauf, ob das tatsächlich stattfinden wird.

Zum letzten Punkt, zu den Kommunen. Diese werden in Ihrer Vorlage kaum berücksichtigt. Die Höhe der Gelder, die Sie den Gemeinden zur Verfügung stellen wollen, die bereit sind, sich wohl zu verhalten und sich zu Einheitsgemeinden zusammenzuschließen, liegt unter der Summe, die Sie den kreisangehörigen Gemeinden zugunsten der kreisfreien Städte entziehen wollen. Sie werden die Finanzlage der Gemeinden also nicht nachhaltig verbessern, zumal 10 der 15 Millionen € für Investitionen vorgesehen sind, die Mittel also nur wenigen Gemeinden zur Verfügung stehen werden.

Ich empfehle ein Gespräch mit Herrn Daehre und vielleicht auch mit Herrn Haseloff. Sie können Ihnen sagen, welche Gemeinden in der letzten Legislaturperiode unser letztes Komm-Invest-Programm genutzt haben. Dazu sage ich ganz offen: Man muss Fehler nicht zweimal machen, nicht innerhalb so kurzer Zeit.

Ich glaube, wenn Sie den Gemeinden etwas Gutes tun wollen, dann stellen Sie ihnen die Gelder über den allgemeinen Finanzausgleich zur Verfügung. Es besteht im Land die Erwartung, dass auch die Gemeinden insge

samt an den Steuermehreinnahmen partizipieren werden. Diese Erwartung haben Sie bisher nicht erfüllt.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Sie haben zu Beginn der Legislaturperiode unter anderem das Ziel ausgegeben, die absoluten Ausgaben bis zum Ende der Legislaturperiode um 200 Millionen € bis 250 Millionen € zu reduzieren. Das kann man in der mittelfristigen Finanzplanung nachlesen. Zum damaligen Zeitpunkt lag das Haushaltsvolumen bei 9,9 Milliarden €.

Nachdem Sie die Gesamtausgaben im Jahr 2006 bereits um 150 Millionen € erhöht haben, legen Sie jetzt auf den Haushalt 2007 noch einmal 200 Millionen € oben drauf. Lagen die Voranmeldungen der Ressorts bei der Finanzvorschau im Jahr 2006 für die Jahre 2008 und 2009 noch etwas unter 10 Milliarden €, so liegen sie jetzt für 2008 dem Vernehmen nach 400 Millionen € darüber und für 2009 noch 150 Millionen € darüber. Anstatt die Ressorts auf Gesamtausgaben in Höhe von 10 Milliarden € zu verpflichten, stellen Sie alle erwarteten Einnahmen und eine willkürliche Summe von 250 Millionen € bzw. 150 Millionen € an Neuverschuldung zur Verfügung.

Herr Bullerjahn, was sind angesichts dieser Zahlen eigentlich Ihre ganzen theoretischen Überlegungen der letzten Jahre wert? - Offensichtlich nichts.

Nehmen Sie Ihren Mut zusammen und folgen Sie den Kollegen in Sachsen und in Thüringen, die versuchen werden, in den Jahren 2008 und 2009 die Neuverschuldung auf null zu bringen. Sammeln Sie die Gelder wieder ein; stecken Sie sie in die Reduzierung der Neuverschuldung.

(Beifall bei der FDP)

Es hilft unserem Land nicht, wenn Sie versuchen, gute Haltungsnoten zu bekommen, indem Sie die Reduzierung der Neuverschuldung schrittweise vornehmen. Sie müssen die strukturellen Probleme unseres Land anpacken und zügig eine Aufgabenkritik umsetzen, um Ihren Personalabbau voranbringen zu können. Bisher kenne ich nur Ankündigungen. Nachdem ich diese jetzt ein Jahr lang gehört habe, muss ich sagen: Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Zum Abschluss der Debatte hören wir den Beitrag der SPD-Fraktion. Es spricht Frau Fischer. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten! Ich schaue einmal zu unserem parlamentarischen Geschäftsführer Norbert Bischoff, der sich immer wünscht und anregt, ein lebendiges Parlament vorzustellen. Ich denke, er meint nicht, dass ich Sie zu einer Art Gymnastik oder Frühsport im Plenarsaal animieren soll,

(Herr Bischoff, SPD: Auch mal eine Idee! - Un- ruhe)

sondern er meint damit: Bitte keine Wiederholungen vor allen Dingen inhaltlicher Art in den Debattenbeiträgen. Aber ich muss gestehen, das ist schwierig, lieber Herr Bischoff, wenn man so wie ich die letzte Rednerin zu ei

nem Tagesordnungspunkt ist und trotzdem noch etwas zu sagen hat.

Ich möchte zum Nachtragshaushalt 2007 drei Anmerkungen grundsätzlicher Art machen. Ich komme zuerst auf die Forderung zu sprechen, die Senkung der Nettoneuverschuldung aufgrund der Steuerprognose früher zu realisieren. Das habe ich in der Presse von allen anderen Fraktionen gelesen und heute auch in den Debattenbeiträgen gehört.

Ich muss sagen: Bei manch einem hat mich dies schon beim ersten Zeitungsartikel verwundert. Warum? - Als diese Landesregierung angetreten ist und ihre Koalitionsverhandlungen führte, wurde davon gesprochen, die Nettoneuverschuldung noch in dieser Legislaturperiode, genauer gesagt bis 2011, auf null zu führen und ab 2012 mit der Tilgung zu beginnen. Damals gab es nicht wenige Stimmen, die meinten: Das Vorhaben ist sehr ehrgeizig. Manche sprachen sogar davon, dass dieser Plan nicht eingehalten werden kann.

Dann haben wir vom Finanzminister im Zusammenhang mit der Einbringung des Nachtragshaushalts 2006 sowie des Haushalts 2007 und mit der mittelfristigen Finanzplanung das Vorhaben vernommen, die Nettoneuverschuldung für das Land Sachsen-Anhalt bis 2010 auf null führen zu wollen. Dazu wurde gesagt: Der ist verrückt geworden.

(Herr Tullner, CDU: Wer sagt denn so etwas?)

- Das waren einige. Damit war der Finanzminister Herr Bullerjahn und nicht der Ministerpräsident gemeint.

Jetzt erinnern Sie sich bitte an die Beratungen im Finanzausschuss über die Haushaltspläne. Von allen Fraktionen wurde zur Neuverschuldungsfrage Zustimmung bekundet, gleichzeitig kroch jedoch immer die bange Frage hoch: An welcher Stelle und in welcher Größenordnung muss denn gekürzt werden?

Nun haben wir die Situation, dass entgegen manchen Erwartungen mit der Mai-Steuerschätzung nicht Steuermindereinnahmen, so wie in anderen Jahren, sondern Steuermehreinnahmen zu verzeichnen sind, voraussichtlich 237 Millionen €. Daraufhin habe ich wieder einige Wunschlisten wie zu Weihnachten gehört.

Ich bin auch dieses Mal, ebenso wie beim Nachtragshaushalt 2006, sehr froh darüber, dass die Landesregierung den Entwurf eines Nachtragshaushalts vorgelegt hat, der ihrem Motto „Konsolidieren, investieren und vorsorgen“ entspricht.

Ich halte überhaupt nichts davon, von unserem Ziel, die Nettoneuverschuldung bis 2010 auf null zu senken, abzurücken und mit den anderen Bundesländern in einen Wettbewerb einzutreten, wer denn wann zum ersten Mal die Null schreibt.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Jedes Bundesland, jede Landesregierung und natürlich auch jedes Landesparlament hat andere Voraussetzungen, andere Problemlagen zu bewältigen und hat sich eben deswegen auch andere Aufgaben oder Prioritäten gesetzt.

(Zustimmung von Herrn Bischoff, SPD, und von Herrn Rothe, SPD)

Ja, wir sind das Land mit der zweithöchsten Pro-KopfVerschuldung. Aber wir gehen unsere Probleme in den

kommenden Jahren, in dieser Legislaturperiode, gezielt an. Dazu fünf Punkte:

Erstens sind die Strukturreformen zu nennen, die zur Effektivierung und Leistungssteigerung der Verwaltungsapparate dienen. Wir haben vorhin in der Aktuellen Debatte über die Gemeindegebietsreform gesprochen. Wir werden nachher noch über die Gerichtsstrukturreform und auch die Polizeistrukturreform reden - alles wichtige Reformen, die dazu dienen.

Wir haben zweitens einen Personalstellenabbau zu bewältigen, und zwar zum ersten Mal mit einem durchdachten Konzept, das jedes einzelne Ressort betrifft und unter kritischer Betrachtung einen konkreten Stellenabbau vorsieht, aber auch einen Einstellungskorridor beinhaltet. Sie wissen, ich rede vom Personalentwicklungskonzept, und dies wird uns auch in der Enquetekommission demnächst begleiten.

Zum dritten Punkt, zu Vorsorgemaßnahmen, wie zum Beispiel dem Pensionsfonds, der uns die Lasten der Versorgungsleistungen in den kommenden Jahren leichter verkraften lässt, weil vorsorglich Gelder in den Fonds gespeist werden, die später abgerufen werden können, wenn die Landesbeamtinnen und -beamten in den Ruhestand gehen. Sie wissen aus den Diskussionen in den Beratungen, dass es derzeit noch anders ist, dass es so üblich ist, die Versorgungsansprüche aus dem laufenden Haushalt zu stemmen.

Als vierter Punkt und als weitere Vorsorgemaßnahme ist die gerade erst beschlossene Zukunftsstiftung unseres Landes zu nennen, in die die Veräußerungserlöse fließen, die nicht dem laufenden Haushalt zukommen. Sie gehen in die Stiftung und stehen damit Zukunftsprojekten der Forschung und Entwicklung usw. in unserem Land zur Verfügung.

Nicht zuletzt beinhaltet der fünfte Punkt, die Nettoneuverschuldung bis zum Jahr 2010 auf den Wert null zurückzuführen. Das muss und das wird uns auch gelingen. Dieses Ziel werden wir erreichen, daran gibt es überhaupt nichts zu rütteln.

Wir haben diese fünf Punkte im Finanzausschuss diskutiert und sind vom Finanzminister Bullerjahn ausführlich informiert worden. Ich habe zwar skeptische Stellungnahmen dazu vernommen, ob denn das alles auch leistbar sei, aber es gab keinen, der diese Vorhaben grundsätzlich abgelehnt hat. Das ist auch gut und richtig so, denn sie sind vernünftig.

(Zustimmung bei der SPD)

Nun haben wir die Situation, dass wir mit diesen 237 Millionen € an Steuermehreinnahmen im Jahr 2007 rechnen können. Ich kann durchaus verstehen, dass angesichts dessen der Ruf nach einem schnelleren Abbau der Neuverschuldung laut wird. Aber wäre das denn auch vernünftig? Wo bliebe dann unser Vorhaben von Konsolidieren bei gleichzeitigem Investieren und Vorsorgen? Ist es denn nicht ganz normal und auch klug, an morgen zu denken, wenn ein warmer Geldregen kommt?

Und wer sagt uns eigentlich, dass das Wachstum tatsächlich so lange anhält, wie es in der Mai-Steuerschätzung prognostiziert wird? Was tun wir dann, wenn plötzlich Konjunktureinbrüche zu verkraften sind bei gleichzeitigem Rückgang der Landeseinnahmen, weil der Solidarpakt in den nächsten Jahren degressiv ausläuft und

weil die Einwohnerzahlen weiter rückläufig sind, was wir ja alles wissen? Dann wäre das ganze Rechenensemble nämlich geplatzt.

Aber gerade weil wir das alles wissen, müssen wir besonnen reagieren und dürfen uns nicht anstecken lassen von einem Neuverschuldung-Null-Wettbewerb. Ich will ja nicht bange machen, aber Sie wissen alle: Die kommenden Haushalte werden trotz Steuermehreinnahmen insgesamt im Haushaltsvolumen sinken und dann muss geschaut werden, was wir uns in welchem Umfang als Land leisten wollen bzw. können, wo wir unsere Prioritäten haben, die politisch gewollt sind. Ich denke dabei zum Beispiel an den Bildungsbereich oder an das Soziale, das durch Landesmittel finanziert werden soll. Die Rechtsverpflichtungen, an denen wir nicht vorbei können, schränken mehr und mehr den eigenen Handlungsspielraum ein. So werden wir noch manche heiße Diskussion in den Ausschüssen führen und zuletzt im Finanzausschuss in Sack und Tüten zu packen haben.

Im vorliegenden Nachtragshaushalt 2007 jedenfalls sehe ich, dass mit Bedacht Vorsorgeinvestitionen und die Rückführung der Neuverschuldung im Einklang stehen.

Ich habe einen zweiten Punkt: Vorsorgemaßnahmen im Entwurf des Nachtragshaushalts. Ich habe eben ausgeführt, dass aus der Sicht der SPD-Fraktion die eingestellten Vorsorgemaßnahmen nicht infrage gestellt werden, weil sie notwendig sind. Sie haben es lesen können.

Für den Pensionsfonds und den Altlastenfonds werden die Leistungen des kommenden Doppelhaushalts 2008/2009 bereits im Nachtragshaushalt 2007 aus den Steuermehreinnahmen geleistet. Das sind 57 Millionen € für den Pensionsfonds und 46,5 Millionen € für den Altlastenfonds. Das entlastet unseren Haushalt 2008/2009. Wie kann so etwas unvernünftig sein?

Manch einer meint, beim Pensionsfonds sehe er das noch ein, aber der Altlastensanierungsfonds, dieses Sondervermögen? Den möchte ich daran erinnern, dass wir zum einen in Sachsen-Anhalt noch viele Flächen haben, die durch diesen Fonds saniert werden und für Investoren und auch für die Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung gestellt werden. Und ich erinnere an die Diskussion im Finanzausschuss der letzten Legislaturperiode, als uns vom Bund die letzte Rate nicht überwiesen wurde, weil wir unter anderem die Kofinanzierungsanteile des Landes nicht aufgebracht hatten.

Die in den letzten Jahren teilweise zu niedrige Zuführung wird nunmehr ausgeglichen, die Versäumnisse der letzten Jahre werden ein Stück weit korrigiert. Ich kann daran nichts Verwerfliches oder Unvernünftiges finden. Dazu vertrete ich eine andere Position und Meinung als andere Kollegen.

Unabhängig von der Steuerschätzung kann durch einen Übertrag höherer Gewinne aus Veräußerungserlösen auch die Zukunftsstiftung des Landes um weitere 10 Millionen € aufgestockt werden. Sie hat damit ein Vermögen von 23 Millionen €. Das war noch zu bemerken.