Herzlichen Dank für die Beantwortung. - Herr Harms hat das Wort zu einer weiteren Frage. Frau Dr. Paschke möchte ebenfalls noch eine Frage stellen.
Herr Minister, Sie haben bestimmt Verständnis für die Schwierigkeiten eines Abgeordneten, der nicht ganz so viel Vorbereitungsmaterial und Zeit hatte und deshalb nicht die Endfassung und Vorfassung und Langfassung und Kurzfassung so im Detail hoch- und herunterbeten kann.
Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang eine Frage. Die Landesregierung hat sich bei dieser Problematik dahin gehend geäußert, dass es den kommunalen Mandatsträgern in dieser Diskussion vorrangig um die Aufwandsentschädigung gehe. Auch Sie persönlich haben sich so geäußert. Ich kann das entsprechende Zitat gerne heraussuchen. Wie sehen Sie diese Äußerung heute unter den neuen Erkenntnissen, die Sie haben aufgrund der Endfassung, Vorfassung, Langfassung, Kurzfassung und dergleichen mehr? Vielleicht machen Sie mich da etwas klüger. - Danke.
So wie Sie, Herr Harms, es dargestellt haben, habe ich mich absolut nicht geäußert. Dann möchte ich das Zitat sehen.
Ich habe immer darauf hingewiesen, dass es - dies wird in diesem Hause sicherlich niemand bestreiten - einen Zusammenhang zwischen der Aufwandsentschädigung und dem Engagement und zwischen den Kosten für die Gemeindeorgane und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Gemeinde gibt. Diese Zusammenhänge wird niemand infrage stellen.
Ich habe in den zurückliegenden Monaten - wir haben ja manche, auch harte, Diskussion vor Ort geführt - niemals - dies möchte ich ausdrücklich betonen - in Abrede gestellt - dies können Sie in den Protokollen der Landtagssitzungen nachlesen -, dass diejenigen, die sich vor Ort ehrenamtlich kommunalpolitisch engagieren, dies aus der Überzeugung tun, dass sie sich vor Ort einmischen und die Entwicklung der Gemeinde, in der sie leben, positiv beeinflussen wollen. Dies habe ich nie in Abrede gestellt und dies werde ich auch in Zukunft nicht in Abrede stellen.
Unter uns gesagt: Ich wäre ja blöd. Ich selbst bin viele Jahre lang kommunalpolitisch ehrenamtlich aktiv gewesen und würde das natürlich auch hinterfragen. Eine solche Lesart wäre gegenüber allen, die sich engagieren, nicht fair und sie ist auch nicht sachgerecht.
Herr Innenminister, zum Teil ist die Beantwortung der Frage schon durch die Antwort auf die Frage von Herrn Wolpert erfolgt. Ich muss aber trotzdem noch einmal
nachfragen, weil ich das für unwahrscheinlich wichtig halte; denn wir geben ja sehr viel Geld für Gutachten aus. Wie wird methodisch mit Gutachten umgegangen?
Ich habe das aus Ihrer Antwort auf die Anfrage von Herrn Wolpert so verstanden: Zunächst wird ein Gutachten vorgelegt. Das ist der Entwurf, aus dem zitiert wurde. Anschließend befasst sich die Landesregierung mit den Gutachtern. Dann gehen die Gutachter sozusagen wieder nach Hause und schreiben einiges in das Gutachten hinein und einiges nicht. Ich sage das jetzt einmal so provokant, weil ich das ob der Objektivität von Gutachten für sehr wichtig halte. Stellen Sie bitte noch einmal den Werdegang dar. Wir haben im Innenausschuss ja noch die Möglichkeit, zum Inhalt zu reden.
Frau Dr. Paschke, ich bin Ihnen für die nochmalige Nachfrage sehr dankbar. Ich glaube, dass das ganz wichtig ist. Da darf kein falscher Eindruck zurückbleiben.
Die Gutachter - dies ist wohl bei allen Gutachten der Fall - sind in dem, was sie in das Gutachten schreiben, wie sie es hineinschreiben und in der Art und Weise, wie sie es veröffentlichen, völlig frei. Es gibt niemanden - weder einen Mitarbeiter der Landesverwaltung noch ein Mitglied der Landesregierung -, der sagt, das müsse so oder so formuliert werden oder das dürfe nur so oder so gemacht werden. Das gibt es nicht. Das würde der Unabhängigkeit des Gutachters auch völlig entgegenstehen.
Es läuft folgendermaßen: Es gibt einen Gutachtenentwurf. Dieser Entwurf wird mit dem jeweiligen Auftraggeber - in diesem Fall war es das Ministerium des Innern - in einer Art Besprechung beraten. Bei dieser Besprechung war übrigens nicht ich, sondern es waren Fachleute des Referats und der Abteilung des Innenministeriums zugegen. In dieser Besprechung werden aus dem Entwurf sich ergebende Nachfragen, Widersprüche, Dinge, die sich nicht eindeutig erklären lassen, und auch Übertragungsfehler - es gibt ja sehr viel Zahlenmaterial und bei den statistischen Zahlen können Übertragungsfehler vorkommen - geklärt. Das alles wird miteinander besprochen. Daraufhin erstellt der Gutachter sein Abschlussgutachten. Das ist hier passiert.
In dem konkreten Fall gibt es noch eine Differenz. Das werden Sie am Umfang des Gutachtens sehen. Der Entwurf des Gutachtens ist wesentlich dicker. Es gibt jetzt das Abschlussgutachten, das wesentlich dünner ist. Nun gibt es - die Gutachter haben uns gesagt, dass das erst zum Ende dieser Woche fertig ist - einen umfangreichen Zahlen- und Anlagenteil. Das Gutachten besteht dann aus zwei Teilen und nicht, wie in der Entwurfsfassung, nur aus einem Teil. Ich sage das deshalb, damit es nicht wieder zu Diskussionen kommt und gesagt wird, dass wir die Hälfte weggelassen hätten. Die andere Hälfte kommt also noch. Die Gutachter haben aber gesagt, dass sie noch ein paar Tage dafür brauchen, um die Statistiken zu kontrollieren, ob sie jede Zahl richtig aufgenommen haben. Das wird Ende dieser Woche vorliegen.
Vielen Dank. Jetzt gibt es noch eine letzte Nachfrage. - Herr Abgeordneter Wolpert, ausnahmsweise noch eine Nachfrage. Bitte schön.
Danke schön, Herr Präsident. - Ich bin jetzt etwas verwirrt. Wenn es so ist, dass man bei der Besprechung mit den Gutachtern Nachfragen stellt, diese dann nach Hause gehen und das Gutachten, das sie abgeben, völlig frei zusammenstellen, und wenn Sie den Entwurf des Gutachtens nicht mit veröffentlichen wollen, weil das nicht Ihr Auftrag war, sondern nur den Anhang mit der Zahlenstatistik, dann verstehe ich den Satz nicht, der heute in der „Mitteldeutschen Zeitung“ von einem der Gutachter zitiert worden ist:
„Das Innenministerium hat Wert darauf gelegt, dass vor allem die Ergebnisse unserer Analyse und weniger die Handlungsempfehlungen in der Kurzfassung stehen.“
Wenn Sie jetzt die Langfassung nicht hergeben, dann wird von den Gutachtern dem Wunsch des Innenministeriums gefolgt, Dinge wegzulassen. Die Teile, die nicht weggelassen worden sind, geben Sie nicht her. Das ist ein Eindruck, den Sie nicht erwecken wollen, haben Sie gerade gesagt. Bitte klären Sie das auf.
Das ist ganz einfach aufklärbar. Wenn Sie den Anlagenband bekommen, dann werden Sie zufrieden sein, weil alles darin stehen wird. Ich war genauso überrascht wie Sie, als ich diesen Satz heute gelesen habe; denn es kann wirklich nicht angehen, dass der Auftraggeber sagt, wie der Inhalt des Gutachtens auszusehen hat. Der Auftraggeber stellt vielmehr eine Frage, und der Gutachter sagt, welche Meinung er dazu hat.
Wie es dargestellt wird, ist eine Frage, die man diskutieren kann. Das ist in dem Abschlussgespräch mit den Gutachtern besprochen worden. Alle Ihre Fragen - das hoffe ich zumindest -, die Sie jetzt gestellt haben, werden dann beantwortet sein. Sie haben die Antworten ja schon, weil Sie den Entwurf haben. Ich weiß zwar nicht, woher Sie den Entwurf haben, aber es ist nicht meine Aufgabe, das herauszubekommen. Sie werden Ihre Fragen in dem entsprechenden Anhang, der noch kommt, ein zweites Mal beantwortet bekommen. Das weicht natürlich nicht von dem ab, was im Entwurf steht.
Herzlichen Dank. - Wir kommen dann zu den Debattenbeiträgen. Ich bitte ein bisschen auf die Uhr zu schauen. Aber was sein muss, muss sein.
Als erstem Debattenredner erteile ich jetzt Herrn Kolze von der CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön, Herr Kolze.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich erstmals die Tagesordnung für die heutige Landtagssitzung las, war ich schon erstaunt darüber, wie viele Tagesordnungspunkte es abzuarbeiten gilt. Dazu kamen zunächst noch zwei Aktuelle Debatten, die wir schon gehört haben. Dann kam - ich glaubte es kaum - vorgestern noch diese dritte Aktuelle Debatte dazu, beantragt von der FDP-Fraktion mit dem Titel: „Konsequenzen der Gutachten zur Wirtschaftlichkeit von Einheitsgemeinden und Verwaltungsgemeinschaften in Sachsen-Anhalt“. - Schön.
Da stellt sich mir direkt die Frage: Warum muss das heute debattiert werden? - Eine Vorstellung der Gutachten hätte ich noch verstanden. Aber direkt Konsequenzen daraus ziehen zu wollen und zu erwarten, dass hierzu schon etwas von uns gesagt werden könnte, ist meines Erachtens sehr weit hergeholt.
Im Juli wäre für diese Aktuelle Debatte der richtige Zeitpunkt gewesen. Bis dahin hätte jeder Zeit gehabt, sich in Ruhe sowohl mit dem einen als auch mit dem anderen Gutachten auseinander zu setzen. Das Gutachten von Dr. Wiegand und Dr. Grimberg mit dem Titel „Ist die Einheitsgemeinde wirtschaftlicher als die Verwaltungsgemeinschaft oder die Verbandsgemeinde?“ ist interessant zu lesen. Ich möchte diesbezüglich jedoch zu bedenken geben, dass es sehr theoretisch gehalten ist und daher für weitere Beratungen nur einen begrenzten Wert haben kann.
In der Landtagssitzung im Januar dieses Jahres hat der Landtag beschlossen, die Landesregierung zu beauftragen, ein unabhängiges Gutachten zur Wirtschaftlichkeit von Einheitsgemeinden und Verwaltungsgemeinschaften erstellen zu lassen. Dieser Beauftragung ist die Landesregierung nachgekommen. Das Innenministerium hat eine Ausschreibung zur Erstellung des Gutachtens gemacht und sich für dessen Fertigstellung für das Institut für Wirtschaftsforschung Halle entschieden.
Ich möchte betonen: Nur dieses Gutachten, das wir alle mittelbar in Auftrag gegeben haben, ist für weitere Diskussionen die wesentliche Grundlage. Das bedeutet nicht, dass man nicht auch auf das andere Gutachten schielt. Auch ich werde in meinem Redebeitrag sicherlich auf das eine oder andere der von den Dres. Wiegand und Grimberg Ausgeführte eingehen.
Wie Sie alle wissen, hat es zwischen den Koalitionspartnern viele lange, intensive Gespräche und Diskussionsrunden gegeben. Jeder hatte genaue Vorstellungen davon, wie das Land Sachsen-Anhalt in Zukunft gegliedert sein soll. Sogar der Koalitionsausschuss musste mehrfach wegen dieser Problemstellung einberufen werden. Viele der im Saal Anwesenden nehmen dieses Thema immer wieder gern, um zu versuchen, die Gemüter aufzuheizen. Aber das wird Ihnen auch dieses Mal, sehr geehrte Fraktion der FDP, nicht gelingen.
Jetzt nehme ich noch einmal Bezug auf den vorhin genannten und meines Erachtens zu früh angesetzten Zeitpunkt für diese Debatte. Ich möchte nicht behaupten, dass bis jetzt keiner der Anwesenden das Gutachten des IWH zur Wirtschaftlichkeit gemeindlicher Verwaltungsstrukturen in Sachsen-Anhalt gelesen hat. Das, meine Damen und Herren, kann ich nicht beurteilen. Richtig liege ich sicherlich jedoch mit der Feststellung, dass das Gutachten zumindest den wenigsten im Saal komplett bekannt ist.
Mir liegt bisher nur eine so genannte Endversion der Kurzfassung der Studie vom 9. Juni 2007 vor. Der heutigen Presse musste ich allerdings entnehmen, dass zumindest der „MZ“ eine Langfassung des Gutachtens vorliegt. Darin steht geschrieben - ich zitiere -:
„Keines der drei Modelle ist dazu in der Lage, allen Effizienz- und Effektivitätsmaßstäben vollständig zu entsprechen."
„... die Entscheidung über das Verwaltungsmodell grundsätzlich in das Ermessen der lokalen Akteure zu stellen.“
Herr Professor Winfried Kluth als einer der Autoren des Gutachtens soll sogar bestätigt haben - ich zitiere erneut -, dass es „Unterschiede zwischen Lang- und Kurzfassung“ gebe.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! An dieser Stelle hatte ich ursprünglich vor, einige Ausführungen zu den mir bisher bekannten so genannten Ergebnissen der Gutachten zu machen. Außerdem wollte ich auf der Grundlage des mir Bekannten den guten und hart erarbeiteten Kompromiss näher erläutern.
Aber da diese Darlegungen gegebenenfalls obsolet werden, möchte ich Sie damit nicht langweilen. Insbesondere möchte ich meine eigene Glaubwürdigkeit nicht dadurch erschüttern, dass ich hier im Saal Ausführungen auf der Basis von Halbwissen tätige, die dann gegebenenfalls falsch sind. Ich bitte daher um Verständnis, dass ich zuerst das komplette Gutachten lesen und danach nähere Einlassungen dazu tätigen werde.
Sie sehen, meine Damen und Herren, es ist noch zu früh, um heute Konsequenzen aus dem Gutachten zu ziehen. Wir werden aber weiterhin mit Akribie an einer guten, zukunftsorientierten Lösung für das Land arbeiten. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank dem Abgeordneten Herrn Kolze. - Für die Fraktion der Linkspartei.PDS erteile ich jetzt Herrn Grünert das Wort. Bitte schön, Herr Grünert.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Linkspartei.PDS hat den Antrag der FDP-Fraktion zur Durchführung der Aktuellen Debatte am heutigen Tag erstaunt zur Kenntnis genommen. Erstaunt deswegen, weil sowohl das Gutachten von Dr. Wiegand und Dr. Grimberg als auch das Gutachten der Landesregierung den Fraktionen erst seit Anfang dieser Woche zugänglich sind, zumindest in der Kurzfassung. Zu dem anderen sage ich noch etwas.
Eine hinreichende inhaltliche Bewertung der Ergebnisse und eine fachliche Beurteilung des Gutachtens benötigt ein bisschen mehr Zeit, als den Abgeordneten des Landtages hier zugestanden wurde.
Was uns bei der FDP-Fraktion lediglich in Erstaunen versetzte, verwandelt sich beim Blick auf das Verhalten der Koalitionsfraktionen in reines Unverständnis. Meine Damen und Herren der Fraktionen der CDU und der SPD, das Anliegen der Volksinitiative Angersdorf haben Sie doch schon zu einem Zeitpunkt verworfen, als Sie weder das eine noch das andere Gutachten kannten.
Das halten wir angesichts des Engagements von 38 000 Bürgerinnen und Bürgern schlicht und ergreifend für nicht tragfähig.