Protocol of the Session on April 27, 2007

Daraus kann ich jetzt schließen: Die Landesregierung weiß tatsächlich noch nicht, was sie will, oder hat sich noch nicht auf das geeinigt, was sie wollen darf. Ich

kann mir jetzt überlegen, ob der Streit zwischen dem MS und dem MI oder zwischen der CDU und der SPD läuft. Oder die Landesregierung hat den Vorgang auf einen Termin nach den Kommunalwahlen gezogen, um Ärger zu vermeiden. Dann müssten wir heute etwas Substanzielles hören können. Oder aber die verfassungsrechtlichen Bedenken, von denen ich vorhin gesprochen habe, sind so gravierend, dass der eingeschlagene Weg nicht fortgesetzt werden kann.

Meine Damen und Herren! Um noch einmal in Erinnerung zu rufen, worum es eigentlich geht: Die alte Sportstättenverordnung soll aufgehoben werden, um eine Kostenbeteiligung der Vereine am Unterhalt der von ihnen genutzten Sportstätten zu ermöglichen. Korrekterweise müsste es an dieser Stelle heißen, um eine stärke Kostenbeteiligung zu ermöglichen; denn auch heute schon beteiligen sich die meisten Nutzer von Sportstätten an den Betriebskosten, sei es durch Zahlungen oder durch Eigenleistungen.

Der Sportentwicklungsbericht des Deutschen Sportbundes aus den Jahren 2005/2006 weist aus, dass deutschlandweit 67 % der Vereine kommunale Anlage nutzen, von denen im Schnitt 30 % die Anlagen ohne eine Gegenleistung nutzen können. Das Spektrum der Vereine, die einen finanziellen Beitrag leisten, reicht von 5 % in Sachsen bis zu über 60 % in Bremen. Der Rest erbringt Sachleistungen. Sachsen-Anhalt liegt überall im Mittelfeld.

Das heißt, auch heute schon haben sich die Kommunen und die Sportvereine überall dort, wo ein vernünftiges Miteinander möglich ist, auf eine Beteiligung der Vereine an den Kosten der Unterhaltung der Anlagen geeinigt. Eine materielle Notwendigkeit, die derzeit geltende Verordnung zu ändern, gibt es nicht.

Herr Rothe, es reicht meines Erachtens nicht aus, eine Verordnung aufzuheben, nur weil sie aus DDR-Zeiten stammt. Ich glaube, dass man einen inhaltlichen Grund benötigt. Sie haben in Ihrer Einbringungsrede im Dezember aber nur darauf abgehoben.

Meine Damen und Herren! Ich bin auch überzeugt davon, nachdem diese Diskussion schon wieder aufgeflammt ist, dass wir es den vielen Sportlerinnen und Sportlern in unserem Land schulden, dass wir die Diskussion endlich einmal beenden.

Meines Erachtens können wir dies am besten mit einem Gesetz. Deshalb haben wir einen Entwurf eingebracht. Über die darin enthaltenen Regelungen können wir im Einzelnen gern diskutieren, aber jede Verordnung oder jedes Gesetz muss aus unserer Sicht sicherstellen, dass keine Kommune durch die Kommunalaufsicht dazu gezwungen werden kann, ihre Förderung im Bereich des Breitensports einzustellen, indem sie von Vereinen Gebühren für die Nutzung von Sportstätten verlangen muss.

(Beifall bei der FDP)

Wie dies aussehen könnte, wenn sich die SPD mit ihren Vorstellungen durchsetzt, die Herr Rothe immer wieder durchblicken lässt, können Sie derzeit die Stadträte der Stadt Magdeburg und deren Oberbürgermeister fragen.

Es ist sicherlich schön, die Verordnung aufzuheben und auf die Eigenverantwortung der Kommunalpolitik zu setzen. Aber wenn die Kommunalaufsicht aufgrund der kommunalen Verschuldung sofort eingreifen muss, dann ist ganz schnell Schluss mit der Eigenverantwortung. Die

Verschuldung unserer Kommunen ist nun einmal Realität. Dass es nicht reicht, wenn der Innenminister einen Erlass ankündigt, um den Gemeinden auch künftig die Möglichkeit zu geben, auf Gebühren zu verzichten, brauche ich, glaube ich, keinem Kommunalpolitiker zu erläutern.

Herr Schwenke bringt es in seiner Pressemitteilung auf den Punkt: Eine Abschaffung der Verordnung würde Kommunen und Sportvereine gleichermaßen in Schwierigkeiten bringen. Kommunen müssten Mieten für ihre Sportstätten verlangen, weil sie anderenfalls von der Kommunalaufsicht gerügt würden. Vereine könnten sich die Mieten zum Teil nicht leisten und würden damit in ihrer Vereinstätigkeit bedroht. - So ist es.

Deshalb haben wir es durchaus begrüßt, dass im Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften zumindest eine Verordnungsermächtigung, wenn eben auch ohne inhaltliche Ausgestaltung, enthalten ist.

Angesichts der durchaus differenzierten Position der Regierungskoalition zum Thema und angesichts der Verzögerungspolitik der Verwaltung bei der Vorlage der oftmals zugesagten Eckpunkte einer Verordnung sind wir der Auffassung, dass 372 239 Sportlerinnen und Sportler in unserem Land einfach das Recht haben, endlich zu erfahren, was in nächster Zeit auf ihre Vereine an zusätzlichen Belastungen zukommt. Deshalb stellen wir den Antrag, endlich Eckpunkte, wenn schon nicht den Entwurf einer Verordnung, vorzulegen.

Sollte der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst dann doch zu dem Ergebnis kommen, dass das mit der Verordnungsermächtigung verfassungswidrig ist, stellen wir nach wie vor gern unseren Gesetzentwurf als Diskussionsgrundlage zur Verfügung. Denn ansonsten diskutieren wir die Sportstättenverordnung wahrscheinlich noch am Ende der Legislaturperiode. Dann müsste ich mit dem Ministerpräsidenten sagen: Das Tempo der Regierungsarbeit wundert mich schon sehr. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Frau Dr. Hüskens, sind Sie bereit, eine Frage von Herrn Gürth zu beantworten?

Bitte sehr, Herr Gürth.

Sehr geehrte Frau Kollegin, können Sie sich vorstellen, dass sich die 400 000 Sportler - ich bin Präsident des zweitgrößten Kreissportbundes; deshalb kann Ihnen das versichern - bei der von Ihnen aufgeworfenen Frage eher für eine gute als für eine schnelle Verordnung aussprechen? Glauben Sie nicht, dass es viel wichtiger ist, sorgfältig zu überlegen, ob das rechtssicher ist, ob es dem Sport auch wirklich dient und ob es praktikabel ist, und dass das durchaus zwei bis drei Monate länger dauern kann, anstatt jetzt auf Wunsch der FDP ein halbes Gedankengebäude präsentiert zu bekommen?

Die Sportler müssen sich im Frühjahr um ihre Sportwettkämpfe kümmern und nicht um irgendwelche Theorien.

Ich glaube, die wollen eher eine gute Verordnung. Sie warten gern. Selbst wenn das zwei Jahre dauert, wären die meisten Sportbünde gar nicht traurig.

Herr Kollege, ich beantworte Ihre Frage mit einer Gegenfrage. Wir sind uns doch sicherlich darin einig, dass es gut gewesen wäre, wenn die Landesregierung mit ihren Überlegungen so lange gewartet hätte, bis sie gewusst hätte, wohin sie will,

(Beifall bei der FDP)

oder zumindest ausgelotet hätte, wohin sie wollen darf. Ich habe ganz offen den Eindruck - das haben wir auch bei anderen Gesetzen; gestern habe ich es für das Landesplanungsvorschaltgesetz gelernt -, dass diese Verzögerung, dass es überhaupt nichts Substanzielles gibt, darauf zurückzuführen ist, dass zwischen Ihnen keine Einigkeit darüber besteht, in welche Richtung gerannt werden soll. Das hätte ich mir gewünscht.

Wenn das so gewesen wäre und es dann darum gegangen wäre, eine ordentliche Verordnung auf den Weg zu bringen, hätte ich das sicherlich mitgemacht. Aber Ihre Regierung hat eine Verordnungsermächtigung eingebracht, in der nichts steht. Ihre Regierung ist im letzten Jahr ohne Not an die Presse gegangen und hat erzählt, dass wir alles ändern müssen, weil es eine Verordnung aus DDR-Zeiten ist.

An dieser Stelle endet mein Verständnis, so wie es auch endet, wenn man mir und Herrn Schwenke im Ausschuss dreimal verspricht, dass wir problemlos solche Verordnungsentwürfe bekommen könnten, und wir dann nach Monaten feststellen müssen, dass ganz offensichtlich überhaupt nichts vorliegt.

(Beifall bei der FDP)

Danke sehr, Frau Dr. Hüskens, für die Einbringung. - Für die Landesregierung wird Ministerin Frau Dr. Kuppe sprechen. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Frau Dr. Hüskens, wir leben nicht in einem rechtsfreien Raum. Es gilt die Sportstättensicherungsverordnung aus DDR-Zeiten. Das ist geltende Praxis in Sachsen-Anhalt.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Die kann auch weiter gelten!)

Sie soll nach den Vorstellungen der Landesregierung durch eine Sportstättennutzungsverordnung abgelöst werden. Dazu soll die rechtliche Grundlage in Form von Verordnungsermächtigungen erstellt werden. Sie wollen schon jetzt die Entwürfe der neuen Verordnung vorgelegt haben, obwohl sich diese Gesetzesermächtigung, also die rechtliche Grundlage für die neue Verordnung, noch im Gesetzgebungsgang befindet.

Es hat eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung über die Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften stattgefunden und die Ausschüsse beraten über diesen Gesetzentwurf. Die Ausschüsse des Landtages sind darin frei, den Gesetzentwurf der Landes

regierung noch zu verändern. Deswegen bleibt es abzuwarten, welche Regelung dann den Landtag, auch in Bezug auf diese Verordnungsermächtigung, verlassen wird.

Frau Dr. Hüskens, trotzdem gibt es in meinem Haus selbstverständlich Vorstellungen über den Inhalt der zukünftigen Verordnung. Allerdings wurde diese auf der Grundlage des Gesetzentwurfes der Landesregierung zu diesen Verordnungsermächtigungen entwickelt.

Diese Formulierungen im Gesetzesentwurf können sich allerdings im Laufe der Beratung im Landtag verändern. Deswegen wird sich die gesamte Landesregierung, also nicht nur das Sportministerium, erst mit Verordnungsentwürfen befassen, wenn der Landtag die Bestimmtheit der Verordnung festgelegt hat. An dieser Stelle wird das Kabinett dem Hohen Haus nicht vorgreifen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Ich denke, das ist auch in Ihrem Interesse.

Frau Dr. Hüskens, wenn Sie sich erinnern: Ich habe im Sozialausschuss zugesagt, dass ich Ihnen die Vorstellungen meines Hauses darlegen kann. Das ist nicht die Frage. Ich habe dem Kurzprotokoll der entsprechenden Ausschusssitzung entnommen, dass Sie ein Eckpunktepapier der gesamten Landesregierung haben wollen. Die Landesregierung wird sich aber erst mit diesen Eckpunkten befassen, wenn die Vorgaben des Landtages klar sind. Diese Reihenfolge müssen wir einhalten. Deswegen kann ich die Notwendigkeit Ihres Antrages tatsächlich nicht nachvollziehen.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Wolpert möchte eine Zwischenfrage stellen.

Frau Ministerin, wenn Sie so vornehm darauf warten wollen, was das Hohe Haus in seiner Verordnungsermächtigung grundsätzlich festlegt, frage ich mich, warum der Innenminister seine Eckpunkte, was die Einheitsgemeinden betrifft, bereits herausbrachte, ohne dass die Koalition jemals darüber gesprochen hat. Was ist jetzt der normale Gang in Ihrer Regierung?

(Beifall bei der FDP)

Dazu hat es einen Kabinettsbeschluss gegeben und es ist eine andere Verfahrensweise gewählt worden. In diesem Falle haben wir schon einen Gesetzentwurf in der Landtagsdebatte. Der Gesetzentwurf hat seinen normalen parlamentarischen Gang genommen. Das ist ein ganz anderes Verfahren. Es liegt noch kein Gesetzentwurf zu den Einheitsgemeinden im Landtag zur Beratung vor. Deswegen sind die Verfahren nicht vergleichbar.

Es gibt noch eine weitere Nachfrage, Frau Ministerin, und zwar vom Abgeordneten Herrn Grünert. - Bitte sehr.

Frau Ministerin, Sie haben gerade ausgeführt, dass Sie darauf warten, dass das Hohe Haus die Bestimmtheit

der Verordnungsermächtigung prüft. Das Artikelgesetz setzt voraus, dass es eine Ermächtigung geben soll. Wenn ich eine Ermächtigung haben will, muss ich das vonseiten der Landesregierung begründen. Ich kann doch nicht warten, bis irgendwann der Landtag sagt, er sei mit ihr zufrieden oder nicht. Das heißt, es muss in Ihrem Hause doch Überlegungen gegeben haben, dass es überhaupt zu einer Verordnungsermächtigung kommen soll. Dann macht es auch Sinn, dass Sie zugleich eine Verordnung erarbeiten. Ich kann doch nicht sagen, ich will eine Verordnungsermächtigung haben, aber die Bestimmungen lasse ich offen. Sie haben als Landesregierung diesen Gesetzentwurf eingebracht.

Deswegen noch einmal meine Frage: Welche Grundlagen waren eigentlich für Sie ausschlaggebend, diese Verordnungsermächtigung in das Artikelgesetz hineinzuschreiben?

Die Landesregierung ist davon ausgegangen, dass wir, um eine DDR-Verordnung durch eine neue Verordnung, eine Sportstättennutzungsverordnung, ablösen zu können, eine rechtliche Grundlage, eine Ermächtigungsgrundlage durch ein Gesetz haben müssen. Deshalb haben wir diese beiden Artikel 1 und 2 in den Gesetzentwurf zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften eingebaut mit Begründung.

In der Anhörung zu diesem Gesetzentwurf im Landtag ist deutlich geworden, dass zumindest vonseiten des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes des Landtages die Begründung und die von der Landesregierung für ausreichend erachtete Bestimmtheit in der Begründung und im Gesetzestext nicht als ausreichend angesehen werden. Deswegen wird - so ist verabredet worden - der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst eine Stellungnahme zur erweiterten Bestimmtheit vorlegen. Das ist dann ein Vorschlag für den Landtag.