Bei den Mindestlöhnen, die hier besprochen werden, sind die Lohnnebenkosten nicht hinzugerechnet worden, also die Aufteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Es sind Bruttolöhne, auf die, anders als in Deutschland, nichts Bedeutendes weiter draufgesattelt wird.
Dazu gehören auch die Gesamtkosten. Wenn ich den Mindestlohn festlegen würde - ich bin gegen eine Politisierung der Lohnangelegenheiten -, dann müsste ich neben einem Lohn in einer Zahl, die ich vor mir hertrage, auch alles andere an Kosten mitnehmen: Kündigungsschutz, Maschinenlaufzeiten, Wochenarbeitszeiten, gesetzlicher Urlaub - wir sind Weltmeister im Bereich gesetzlicher Urlaub -, Feiertage, Mutterschutz, Minderheitenschutz, Antidiskriminierung und sonstige Bürokratie.
In den Ländern, wo diese Mindestlöhne gelten, muss ein Lebensmitteleinzelhändler, bevor er sich selbständig macht, nicht überlegen, ob er wirklich an jedem Tag die Einhaltung von 250 Gesetzen und Verordnungen gewährleisten kann. Ansonsten wird der Laden dicht gemacht. Das ist Norm in Deutschland. Die Summe dessen muss insgesamt betrachtet werden, bevor man sich einfach hinstellt und sagt: Wir fordern mindestens einen Lohn XY.
Ich garantiere der SPD, meinen sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen in der Koalition: Wenn wir die
6,50 € haben würden, wie sie Müntefering fordert, dann würde die PDS wieder mit einem Antrag kommen: Aber wir wollen 7,50 €.
Im nächsten Wahlkampf geht es dann darum, dass derjenige, der das meiste bietet, gewählt wird. Das ist doch das beste Beispiel dafür, dass man die Lohnfrage nicht politisieren sollte.
Erstens. Die CDU ist gegen Lohndumping und sie war und bleibt es auch. Das ist sie nicht nur in der Aussprache, sondern auch durch konkrete Maßnahmen, die von der Verdingungsordnung bis zu vielen anderen Beispielen reichen. Daran wird sich nichts ändern.
Zweitens. Die CDU ist auch für das Prinzip „gutes Geld für gute Arbeit“. Arbeitnehmer sind angemessen an den erwirtschafteten Betriebsergebnissen zu beteiligen. Dies haben die Tarifparteien in der Regel auch gut hingekriegt. Deswegen ist die Tariffreiheit grundgesetzlich geschützt. Das ist ein hohes Gut, das nicht so leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden sollte.
Drittens. Die CDU - das ist noch nicht einmal in der MIT strittig - ist auch für Flächentarifverträge und für die Tarifautonomie; denn starke Arbeitnehmervertretungen und starke Arbeitgebervertretungen - damit meine ich nicht Arbeitgebervertretungen wie im Metallbereich im Westen der Republik, sondern vernünftige - sind ein Segen für die Republik.
Wir können aber nicht eine Tarifpolitik zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebervertretungen haben, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Ich denke an das Beispiel VW. Ich gehe jetzt nicht auf die Betriebsräte und solche Späße ein.
Ich halte das für grundsätzlich gefährlich, weil das unsere Fundamente erschüttert. Was dort von Gewerkschaften und Arbeitgebern gemacht wurde, ist in höchstem Maße volkswirtschaftlicher Unsinn und unsozial.
Wenn ich mit VW Tarifverträge mit 30, 33 und 35 Arbeitsstunden und einer Lohnsumme in der Höhe abschließe, wie es dort passiert ist, und gleichzeitig im Aufsichtsrat zulasse, dass VW den Mittelständlern, die viel mehr und viel besser als VW ausbilden, aufgrund dieser Tarife die ausgebildeten Leute wegzieht - das ist unsozial und auch unfair gegenüber den mittelständischen Unternehmen -, diesen für weniger Arbeit mehr Geld zahlt und den Mittelständlern, denen die Leute fehlen, Druck macht, und darüber hinaus Leute wie Piëch in der Unternehmensspitze dulde, die dann den schon ausgebeuteten und geknechteten mittelständischen zuliefernden Unternehmen auch noch die Preise drücken, dann ist das nicht fair.
Wir sagen auch: Dort, wo sich der Staat finanziell an Löhnen beteiligt, zum Beispiel bei Kombilöhnen - das ist eine klare Aussage -,
- nein, das ist überhaupt nicht strittig, wir sind schon längst in der Diskussion, es ist nur die Frage, wie das handwerklich am Vernünftigsten gemacht wird - zwischen Arbeitsuchenden, Arbeitnehmern und Arbeitgebern in der Form, dass beide einen Vorteil davon haben, dass der Arbeitgeber schlechter zahlt. Das kann es natürlich auch nicht sein. Das will auch die CDU nicht. Das will ich nur einmal klarstellen, damit dieser Mär einmal ein Ende gemacht wird. Deswegen gibt es auch dazu eine ganz klare Aussage der CDU.
Und last, but not least möchte ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, angesichts von noch immer rund 200 000 registrierten Arbeit suchenden Menschen in Sachsen-Anhalt ganz deutlich Folgendes sagen: Die allermeisten von ihnen können und wollen arbeiten, aber sie haben keine wirkliche Chance auf dem Arbeitsmarkt, weil derzeit nicht genügend Arbeitsstellen zur Verfügung stehen. Es stehen nur ca. 10 000 bis 15 000 gemeldete offene Stellen zur Verfügung. Gott sei Dank steigt die Zahl offener Stellen wieder an.
Deswegen muss die oberste Priorität aller, die politische Verantwortung tragen, darin bestehen, dass wir alles, aber auch wirklich alles unternehmen, damit diejenigen, die Arbeit suchen, eine Chance auf eine vernünftige Beschäftigung erhalten. Das heißt, zur Not sind Programme, wie wir sie mit dem Einstiegsgeld aufgelegt haben, obwohl dort auch nicht gut bezahlt wird, ein ganz wichtiges Scharnier, um Leute, wenn auch zunächst mit geringerer Beschäftigung, aus einem Transfersystem, in dem die Gemeinschaft der Steuerzahler alles bis hin zur Heizung und Wohnungsmiete bezahlt hat, erst einmal in den ersten Arbeitsmarkt hineinzubekommen. In den nächsten Schritten werden sie dann auch mehr und mehr verdienen. Aber sie sind wieder im System drin.
Ich sage Ihnen als allerletzten Satz Folgendes: Gott sei Dank stellen jetzt alle ernst zu nehmenden wirtschaftswissenschaftlichen Institute etwas fest, auf das sicherlich alle Regierungen gleich welcher Partei in jedem Bundesland schon seit Langem gewartet haben: Wir haben mittlerweile einen sich verstetigenden Aufschwung in der Wirtschaft, sodass mehr und mehr Beschäftigung geschaffen wird.
Das bedeutet bei uns, im Osten der Republik, dass sich aufgrund der demografischen Entwicklung ab dem nächsten Jahr die Zahl von jungen Menschen, die aus der Schule in den Arbeitsmarkt hineinkommen, verglichen mit dem Anfang der 90er-Jahre halbieren wird. Zeitgleich mit einer ungesunden Alterspyramide, wo bis zu einem Drittel der Belegschaften in einem Zeitraum von zwei Jahren in den Ruhestand gehen, werden wir auf dem Arbeitsmarkt wieder Marktverhältnisse haben, die sich auch zugunsten der Arbeitnehmer verbessern.
An jeden Betrieb ist daher die Aussage zu richten: Wer heute nicht vernünftig ausbildet und glaubt, dass er sich mit schlechter Bezahlung auf dem Markt Vorteile erwirtschaften kann, der wird aufgrund des Mangels an qualifizierten Leuten vom Markt verschwinden. Das ist eine Marktwirtschaft, die ich gut finde. Ich denke, das muss zum Schluss auch noch einmal deutlich gesagt werden.
Vielen Dank, Herr Gürth. Möchten Sie noch eine Frage beantworten, Herr Gürth? - Bitte schön, Herr Wolpert.
Herr Gürth, wären Sie in der Lage, auch die Position der CDU zu der Frage darzulegen, die die SPD aufgeworfen hat, nämlich dass jeder Mensch von seiner Hände oder Kopf Arbeit leben können soll, unabhängig davon, welche Arbeit verrichtet wird?
Ich weiß nicht, ob der Satz wirklich bis ins Letzte durchdacht ist. Er hört sich immer gut an. Jeder, der ihn sagt, kriegt auf Versammlungen immer Zustimmung. Ich denke, die Verantwortung eines sozialen Staates - das ist Deutschland auf jeden Fall, das ist wohl unbestritten - muss darin bestehen, dass jeder ein Grundeinkommen zur Verfügung hat, von dem er menschenwürdig leben kann. Dieses Grundeinkommen haben wir durch verschiedene Gesetzgebungen bereits in Deutschland hergestellt, von SGB II für Sozialhilfe usw.
Wir haben jetzt eine Situation in Deutschland, von der man sagen kann: Es gibt viele Leute, die mit wenig Geld auskommen müssen, aber die Grundbedürfnisse sind gesetzlich abgesichert, und zwar so abgesichert wie in keinem anderen Land der Erde, am allerwenigsten in den kommunistischen oder sozialistischen Staaten oder in den Staaten, die sich einmal so genannt haben.
Wir haben das Grundeinkommen für die Ernährung, für die Verpflegung, für die Ausbildung der Kinder gesichert. Wir bezahlen die Miete. Wir bezahlen die Heizkosten. Es gibt eine GEZ-Befreiung und vieles andere mehr. Ich wünsche mir, dass ganz wenige davon abhängig sind, aber diese Grundsicherung ist gewährleistet.
Bei den Löhnen gibt es eine ganz klare Regel: Wenn ich einen Job so definiere, dass ein Lohn für eine Tätigkeit gezahlt werden muss, der höher ist als das, was bei dieser Tätigkeit erwirtschaftet wird, dann wird es diesen Job nicht geben. Entweder verschwindet er ersatzlos oder er wird - und das ist viel schlimmer, das haben wir in den letzten Jahren erlebt - in die Schwarzarbeit abgedrängt.
Das bedeutet, wenn jemand für eine ganz einfache Tätigkeit, die wenig Wertschöpfung bringt, mit 6 € oder 5,50 € nach Hause geht und hier und dort noch eine Ergänzung dazu bekommt, aus welcher öffentlichen Kasse auch immer, dann ist das volkswirtschaftlich und für den Betreffenden besser, als wenn ich ihn nach Hause schicke, weil der Mindestlohn 7,50 €, 9 € oder - wie von der PDS gefordert - 8 € beträgt. Dann sitzt der im System zu Hause, kassiert Stütze, ohne etwas zu machen, und man nimmt ihm sozusagen auch etwas, was zur Menschenwürde gehört, nämlich die Chance arbeiten zu können, wenn er etwas kann und arbeiten will. Des
Vielen Dank, Herr Gürth. - Gleich hören wir noch einmal Herrn Gallert. Zunächst haben wir aber wieder die Freude, Gäste zu begrüßen, nämlich Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schulen Quedlinburg auf der Südtribüne und Seniorinnen und Senioren des Rinderzuchtvereins Stendal auf der Nordtribüne.
Die Diskussionsbeiträge haben ja nun doch noch einige Fragen aufgeworfen. Diejenige, über die ich mir am meisten den Kopf zerbreche, ist die des Unterschiedes zwischen emotionslos und emotionsfrei, Herr Haseloff. Das werden Sie mir irgendwann einmal erklären müssen.
Ich will am Anfang noch einmal auf das inhaltliche Problem eingehen und dann zu der Frage kommen, was eine Oppositionspartei in diesem Landtag eigentlich darf und was sie nicht darf.
Noch einmal zu dem inhaltlichen Problem. Erstens. Die große Frage, vor der wir stehen, ist: Wie bilden sich bei uns am Arbeitsmarkt eigentlich die Löhne? Dazu muss man ganz deutlich sagen - deswegen habe ich vorhin noch einmal ausdrücklich darauf orientiert -: Der Arbeitsmarkt ist ein Markt ist ein Markt ist ein Markt. Das bedeutet, das regelt sich nach Angebot und Nachfrage.