Protocol of the Session on April 27, 2007

Ob wir Gesetze verabschieden, ob wir einzelne Aufgabenstellungen innerhalb der Ministerien im Haushalt festschreiben, ob wir den Stellenplan beschließen - all das sind Fragen, die sich um das Personal drehen. Es dreht sich immer um die Aufgaben, die wir im Land zu erfüllen haben. Das ist erstrangige Pflicht von Landespolitikerinnen und Landpolitikern. Darüber wollen wir mit Ihnen in die Diskussion kommen. Wir hoffen, Sie werden mit uns die Diskussion auch führen.

Es lohnt sich tatsächlich, einmal komplex über die Fragen des Personals nachzudenken. Allein der Finanzausschuss hat seine ganz spezifische Sicht. Es ist uns bisher noch nie gelungen, Fragen von Personalentwicklung sowohl aus innenpolitischer als auch aus ressortspezifischer und fiskalischer Sichtweise zu betrachten.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Deshalb gibt es sehr detaillierte Aussagen zum Beispiel lediglich zur Aus- und Weiterbildung des Personals, zu Fragen von Zielvereinbarungen und Ähnlichem mehr.

Wir wollen - das sage ich - von der Landesregierung dabei auch mitgenommen werden. Ich sage Ihnen auch: Wir als Opposition sind überhaupt nicht daran interessiert, uns in die Enquetekommission zu setzen und die Forderung zu erheben: Wir sind hier die Opposition und am besten bekommen wir wieder so viel Personal, wie wir im Jahr 1990 hatten, als wir angefangen haben. - Nein, das ist nicht unser Ansinnen.

Wir wollen mitdiskutieren und in der Enquetekommission auch sehr viel Kompetenz erwerben. Ich glaube, das haben wir alle nötig; denn von Kompetenz sind wir manchmal - ich sage es jetzt einmal drastisch; und dabei beziehe ich mich ein - Lichtjahre entfernt.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS)

Das kann man nämlich nicht mal eben schnell in einer Haushaltsberatung über die Bühne bringen. Deshalb bitte ich Sie: Unterziehen Sie sich mit uns diesem Abwägungsprozess, und stellen Sie mit uns innerhalb von zwei Jahren fest, dass sich diese Arbeit gelohnt hat. - Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Frau Dr. Paschke. - Nun erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Bullerjahn das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gleich zu Beginn, Frau Dr. Paschke: Ich halte diese Kommission für sehr sinnvoll. Ich finde es auch gut, dass Sie ange

sprochen haben, dass man sich damit offen beschäftigen muss.

Ich saß als Abgeordneter sehr lange im Ausschuss für Finanzen, und ich habe dabei gemerkt - das ist meistens auch ein Effekt in den Kreistagen -, dass man über strukturpolitische Fragen in den Haushaltsberatungen sehr schnell hinweggeht, sich an Kleinigkeiten aber tagelang aufhalten kann. Denn - das darf man nicht verschweigen - das Ganze ist nicht schmerzfrei.

In Zeiten aufwachsender Haushalte und zu verteilender finanzieller Mittel kann man solche Debatten meistens etwas einfacher führen, als wenn man weiß, dass man etwas - was auch immer - tun muss, um bestimmte Einsparvolumina, über die wir zu reden haben, zu erbringen, und das auch beim Personal. Deswegen finde ich es gut.

Ich werde diese Kommission daran messen, wie aktiv sie sich beteiligt, welche Vorschläge sie einbringt und ob sie sich nicht nur darauf beschränkt, Fragen zu stellen und darauf zu warten, dass wir mit Tonnen von Papier antreten. Wir werden das tun und ich werde Ihnen nichts ersparen. Ich werde es so dezidiert tun, wie wir es im Laufe der letzten Monate machen mussten, bis das, was Sie jetzt in den Händen haben, vorgelegt werden konnte. Dahinter versteckt sich sehr viel Arbeit, dahinter stehen noch sehr viel mehr Tabellen. Die 160 Seiten, die Ihnen vorliegen, sind letztlich eine Zusammenfassung.

Ich bin gern bereit und auch offen dafür, in bestimmten Bereichen bessere Ideen aufzunehmen. Es ist ein lernendes System; so ist es angelegt und so steht es auch in dem Papier. Zudem haben wir eine Perspektivplanung für einen Zeitraum erstellt, der weit über diese Wahlperiode hinausgeht. Das heißt, diejenigen, die das - in welcher Form auch immer - umzusetzen haben, können wechseln. Insofern ist es gut und wichtig, dass ein solches Konzept eine breite Mehrheit im Parlament findet. Ein solcher Weg muss über mehrere Wahlperioden hinaus getragen werden.

Ich glaube - das behaupte ich jetzt einmal kühn -, es wird auch keine andere Regierung geben, die das wieder völlig auf den Kopf stellt; denn es gibt bestimmte Zwänge. Wir haben versucht, uns dieser Diskussion sehr offen zu stellen, zuerst mit einem Grundgedanken, anschließend mit einem Leitbild und danach mit einem Konzept.

Eines weiß ich auch: Wenn wir mit dem Auftrag, mit der Bitte an das Parlament sowie an die gesamte Regierung herangetreten wären, man möge uns Vorschläge unterbreiten, wie die zukünftige Personalentwicklung aussehen könnte, dann würde ich darauf heute noch warten. Das ist aber auch nachvollziehbar. Ich würde wahrscheinlich Vorschläge bekommen, die sich mit Blick auf die nächsten zehn Jahre nahe an dem bewegen, was wir heute haben. Auch das darf man niemandem vorwerfen.

Es ist die ureigene Aufgabe des Finanzministers - egal wer ihn stellt -, etwas vorzulegen, an dem sich alle reiben. Denn letztlich ist er gemeinsam mit der Staatskanzlei dafür verantwortlich, die einzelnen Interessen zusammenzuführen und als Gesamtinteresse der Landesregierung zu definieren. Das ist auch keine neue Erfindung; das ist nun einmal so.

Ich - das habe ich schon erwähnt - finde es gut, dass man damit die Möglichkeit schafft, sich kontinuierlich ei

ner der wichtigsten Aufgaben der Landesregierung zu stellen.

Was zwingt uns eigentlich dazu, diese Diskussion in dieser Form zu führen? Mir ist klar, dass es unabhängig von dem, was wir vorschlagen, immer Betroffenheit geben wird. Dass die Betroffenen das nicht besonders gut finden, ist auch nachvollziehbar. In der kurzen Zeit habe ich auf Demonstrationen oder Veranstaltungen schon einige Erfahrungen machen können. Es wird sehr klar herübergebracht, dass man es auf der eine Seite verstehen kann, es aber auf der anderen Seite nicht in der Art und Weise haben möchte und fordert, dass etwas anderes entwickelt werden möge.

Es geht darum, dass wir mit einer Einnahmesituation leben müssen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass wir in den nächsten zehn, 15 Jahren mit Haushalten auskommen müssen, die um etwa 15 % reduziert sind. Der größte Brocken dabei ist das Thema Personalkosten.

Alle, die hier im Parlament sitzen, sagen, dass wir in den nächsten zehn bis 15 Jahren in die Bildung und in die Wirtschaft investieren wollen, weil die Arbeitsplätze das Wichtigste sind. Wenn man sich aber einmal hinsetzt und die Rechnung aufmacht - -

Ich habe das übrigens - das nehme ich für mich in Anspruch - zu einer Zeit getan, zu der man noch sehr offen an diese Dinge herangehen konnte. Nun wird man daran gemessen, und das ist richtig.

Ich habe mich jahrelang mit diesem Thema befasst. Damals habe ich bestimmte Dinge, die nun in diesem Papier niedergeschrieben sind, aufgezeigt, beispielsweise die Zielzahlen und die Bevölkerungsentwicklung. Wenn wir das mit dem Personalbestand von heute fortschreiben, dann kommen wir in eine Situation, in der wir bei einem Haushaltsvolumen von ungefähr 8 Milliarden € Mittel in Höhe von 3,5 Milliarden € bis 4 Milliarden € allein für Personal ausgeben. Dass man damit unweigerlich vor die Wand fährt, das müsste auch der oder die Letzte wissen. Und das wissen auch alle.

Sie haben, glaube ich, auch sehr offen gesagt, dass es nicht darum geht, dass alles so bleibt. Die Frage ist, welcher Weg der richtige ist. Das war mir immer wichtig.

Wenn das stimmt, dann stellt sich die Frage: Wie komme ich zu einer solchen Zielzahl, zu einem solchen Korridor, zu einem solchen Konzept? Diesbezüglich gibt es einige Parameter, die man aufnehmen muss.

Das eine ist die demografische Entwicklung - damit erzähle ich auch nichts Neues. Das ist ein grundlegender Parameter, bei dem es darum geht, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einen bestimmten Anteil der Bevölkerung kommen. Dafür gibt es die so genannte Zielzahl auf 1 000 Einwohner. Wir streben für das Jahr 2020 ein Verhältnis von 20,0 Mitarbeitern auf 1 000 Einwohner an.

Ich sage nun etwas, das immer wieder untergeht: Die Zahl, die wir anstreben, setzen einige wenige Länder schon heute praktisch um. Diese Länder verfügen über eine öffentliche Daseinsvorsorge, die nicht schlechter ist als jede andere. Das hat mich im Prinzip darin bestärkt, eine solche Zielzahl anzugehen. In diesen Ländern denkt man darüber nach - das wird sicherlich kontrovers diskutiert -, diese Zahl durch verschiedene Maßnahmen, zum Beispiel durch Ausgliederung, zu senken. Diese Zielzahl ist - das weiß ich auch - natürlich sehr schwer vergleichbar.

Wenn das kommt, was einige Länder vorhaben, zum Beispiel den Hochschulen und Schulen viel mehr Selbständigkeit zu geben, dann stellt sich die Frage, wie ich dieses Personal innerhalb der Korridore berechne. Wenn ich über Budgets rede, etwa bei den Hochschulen, dann besteht lediglich eine theoretische Möglichkeit, Personal zu vergleichen, aber praktisch verbietet es sich, auch für einen Finanzminister, zu sagen: Baue an dieser Stelle ab.

Man kann nicht einfach sagen: Eine Zielzahl von 20,0 für ganz Deutschland würde dazu führen, dass das im Verhältnis 1 : 1 vergleichbar ist. Man muss schon genauer hinsehen. Wir haben versucht, in unserem Konzept aufzuzeigen, dass wir bei jedem einzelnen Bereich, beispielsweise bei den Lehrern, bei den Hochschulen und bei den Ministerialverwaltungen, darauf achten müssen, wie das dort konkret umgesetzt wird.

Die Zielzahl ist definiert worden. Ich halte sie für vernünftig und auch für in diesem Zeitraum umsetzbar. Wir haben in dem Papier die demografische Entwicklung beschrieben. Wir haben die aktuelle regionalisierte Einwohnerzahl aus dem Statistischen Landesamt berücksichtigt. Wir haben das in Vollzeitäquivalente umgerechnet, also: Wo stehen wir heute und wohin wollen wir?

Es ist wichtig, die Vergleichbarkeit herzustellen. Das ist bei den Stellen nicht mehr so einfach; denn in einigen Ländern gibt es erheblich mehr Teilzeitbeschäftigte als in anderen. Dort sind dann auf einer Stelle mehrere Personen beschäftigt. Es gibt Verfahren über die Bezügestellen usw.

Wir haben gesehen, dass es auch innerhalb der Landesregierung noch Verbesserungen geben kann und muss, damit man mit den gleichen Zahlen arbeitet. Das Thema kenne ich schon aus den Zeiten, in denen die SPD hier die Verantwortung hatte. Das ist gar nicht so einfach. Dieses Konzept soll bewirken, dass wir unsere Diskussion in einigen Monaten auf der Grundlage einer vergleichbaren Datenbasis führen können.

Trotzdem stellt sich die Frage - das ist für die Finanzpolitiker wichtig; manchen mag dies als falscher Ansatz erscheinen -, ob man durch den ganzen Prozess am Ende Geld spart.

In dem Papier ist eine Tabelle enthalten, die aufzeigt, was sich entwickeln würde, wenn es so bliebe, und was unter dem Strich herauskommen würde, wenn wir das so umsetzen, wie wir es uns vorgestellt haben. Dabei rede ich von 1 Milliarde €. Wir rechnen mit 40 000 € bis 45 000 € pro Stelle. Dabei macht es einen Unterschied, ob ich über 60 000 Stellen oder über 40 000 bis 45 000 Stellen spreche.

Ich rede ganz bewusst zuerst über das Geld; denn ich habe gemerkt, dass man dann, wenn ich zuerst über den Inhalt rede, meistens versucht, das ganze Thema auszuhebeln. Die Frage, was man hinsichtlich der öffentlichen Daseinsvorsorge tun möchte, wird natürlich sehr subjektiv beantwortet. Es gibt tausend Gründe dafür.

Auch wir bekommen Schreiben von gesellschaftlichen Gruppen, in denen steht, dass das alles viel zu wenig sei, dass das Vorhaben für den Aufbau des Landes ganz fürchterliche Konsequenzen hätte und dass man mit dieser Frage überhaupt nicht weiterkäme. Ginge es nach diesen Gruppen, müsste man sogar noch etwas draufpacken.

Der von den Finanzpolitikern vorgebrachte Hinweis, dass es in anderen Ländern mit sehr viel weniger gehe, wird meistens mit wenigen Sätzen ausgehebelt, etwa: Wir wollen uns doch wohl nicht an denen messen. Die Diskussionen über die Fragen, ob man dann nicht auch über die Qualität reden sollte, ob es vielleicht mit weniger Personal nicht sogar noch besser gehen kann, werden meistens abgeblockt.

Das heißt, auch eine solche ganz stringent fiskalisch ausgerichtete Diskussion war gewollt, weil sich die Möglichkeit bietet, jetzt auch unter Druck - das sage ich - eine qualitative Diskussion zu führen, eine Diskussion, die nach vorn geht. Der Satz „Es wird alles so bleiben“, wird keinen Bestand haben.

Dabei werden auf einmal ganz kreative Ideen entwickelt. Das wollen wir übrigens auch. Finanzpolitik sollte in Zukunft, wenn sie einmal die Eckpunkte beschlossen hat, auch die Freiräume bieten, qualitativ in den Bereichen Bildung, Wirtschaftsförderung usw., den Ressorts, dem Parlament und denen, die das umsetzen sollen, bestimmte Handlungsmöglichkeiten in die Hand zu geben und ihnen nicht hineinzureden.

Dann muss man aber auch planbare Grundlinien entwickeln und fragen, wie das beispielsweise in fünf Jahren aussieht, damit wir nicht dauernd nach dem Motto „Rinn in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln!“ entscheiden.

Deswegen ist das Konzept zum Teil etwas dröge. Das betrifft auch die Vergleichbarkeit. Das haben wir auch gemerkt. Viele Länder haben in den letzten Jahren auch versucht, die Vergleichbarkeit etwas zu erschweren. Wir haben aber gestern im Finanzausschuss des Bundesrates beschlossen, dass die Transparenz hergestellt werden soll, wie auch immer das gelingt. Dazu soll im Bundesamt für Statistik eine Vorlage erarbeitet werden, damit wir in der Lage sind, in bestimmten Bereichen die Personalkosten, die Stellen und die Struktur vergleichbar zu machen.

Das heißt noch lange nicht - das will ich auch eindeutig sagen -, dass wir danach streben, überall die wenigsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzusetzen. Es ist auch nicht so gedacht, wie ich über mich gelesen habe, dass ich entweder McKinsey ablösen will oder der Mann des Dolchstoßes sein möchte. Ich möchte aber alle hier im Saal zwingen, sich eine solche Prioritätendebatte anzutun.

Ich weiß doch, was kommt, wenn ich im Bildungsausschuss sitzen werde: Wir sind die Wichtigsten! - Dann kommen die Wirtschaftsförderer. Mit denen kann man meistens noch über die Mittel reden. Dann kommen die Kollegen aus den Ministerien und sagen: Das mit dem Abbau geht überhaupt nicht! - Dann rede ich also über jeden Bereich, wobei jeder tausend gute Gründe finden wird, dass er sowieso - ich spreche jetzt gar nicht über die Polizei - für die Sicherheit und für die Zukunft des Landes ganz notwendig sei. Das wird nicht funktionieren.

Ich weiß, dass einzelne Länder, etwa Sachsen, das schon hinter sich haben und andere Länder, etwa Brandenburg, mittendrin sind. Ich weiß, dass sie hinsichtlich der Rückführung viel weiter gehende Überlegungen anstellen. Ich denke schon, dass die Landesregierung es geschafft hat, ein sehr maßvolles Konzept vorzulegen. Sie hat dieses Konzept intern sehr lange und sehr inten

siv mit den Betroffenen diskutiert. Aber ich weiß, dass es auch Interessengruppen gibt, die das natürlich ablehnen.

Wir haben im Koalitionspapier festgelegt, bis 2011 auf 55 000 Stellen zurückzugehen. Wir haben aufgezeigt, dass das geht. Wir haben unser Personalkonzept sehr konservativ gerechnet, nämlich mit einem vollen Abgang erst ab 65 Jahren. Andere Länder sind diesbezüglich etwas großzügiger. Daher glauben wir, dass es noch Möglichkeiten gibt, stärker abzubauen, ohne mit Druck zu arbeiten.

Wir werden verschiedenste Maßnahmen suchen, etwa die Frühpensionierung, und Überlegungen anstellen, um das auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hinzubekommen. Ich glaube, das ist die Aufgabe der nächsten Monate.

Wir haben einen Einstellungskorridor von 250 Stellen gehabt und dann gemerkt, dass wir damit nicht hinkommen. Ich habe mich selbst etwas geärgert. Ich saß mit Herrn Scharf und anderen selbst in der betreffenden Gruppe. Wenn wir damals schon das Datenmaterial von heute gehabt hätten, hätten wir wahrscheinlich auch eine andere Zahl hingeschrieben. Aber es ist besser, das jetzt zu ändern und aufzuzeigen, was notwendig ist, als krampfhaft bei 250 zu bleiben.