Ich bin froh, dass es Einvernehmen mit dem Finanzministerium gibt, den benötigten Einstellungskorridor nicht infrage zu stellen. Es geht um die Altersstruktur, es geht um die Fächerstruktur und es geht um viele Dinge mehr, sodass man von einem Personalüberhang nicht einfach linear ableiten kann, es bestünde kein Handlungsbedarf.
Ich begrüße den Antrag der Koalitionsfraktionen ausdrücklich. Er nimmt einen für die nächsten Jahre sehr
wichtigen Arbeitsschwerpunkt der Landesregierung auf. Nicht ohne Grund habe ich sogar das Haus umbauen lassen, um diesen Schwerpunkt Berufsausbildung wesentlich stärker in den Mittelpunkt der Arbeit zu stellen. Wir haben eine eigene Abteilung, die darauf spezialisiert ist, diese Probleme zu bearbeiten und auch zu lösen.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Wir treten in die Fünfminutendebatte ein. Als erstem Debattenredner erteile ich dem Abgeordneten Herrn Kley von der FDP das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die klassischen Anträge der Koalition, der Minister möge einmal berichten, lassen einen immer aufhorchen. Gerade an dieser Stelle will das Kabinett ihm nicht zuhören, muss er den Bericht im Landtag geben oder, wie ich eben den Debattenbeiträgen entnommen habe, ist das ein Thema, auf das man sich gegenseitig noch einmal aufmerksam machen muss.
Ich freue mich, dass die Berufsbildung im Ausschuss einen breiten Raum einnimmt und dass die CDU doch erkennt, dass die Kammern einen wesentlichen Teil des dualen Ausbildungssystems mit wahrnehmen. Der gestrige Tag erschien uns noch in einem anderen Licht, aber so ist es ja: Einmal darüber geschlafen und schon hat der eine oder andere die Chance, dass ihn die Weisheit ereilt.
Die Frage für mich ist, ob der Antragsteller in einem realistischen Rahmen gehandelt hat. Wenn wir dort lesen, dass das Ministerium bis Ende Juni 2007 die Inhalte und das Konzept vorstellen soll und der Minister eben sehr wohl darauf hinwies, dass es viele Fragen zu klären gilt, dann staune ich doch. Er hat zwar gestern gesagt, dass sein Haus sehr schnell in der Umsetzung seiner Denkvorgänge sei, aber ein Konzept bis Ende Juni für diesen diffizilen Bereich - das ist mutig angesetzt.
Wir werden uns als Opposition überraschen lassen, inwieweit dort etwas erfolgt. Ich muss aber auch sagen, dass die eben gehaltene Rede des Ministers schon vieles vorwegnahm und er die Chance hatte, in der Fünfminutendebatte länger sprechen zu dürfen, was sich an dieser Stelle sehr positiv auf die Zuhörerschaft ausgewirkt hat.
Nichtsdestotrotz, meine sehr geehrten Damen und Herren, stellt sich die Frage, ob der Antragsteller die gegenwärtige Entwicklung realistisch einschätzt. Wenn ich dort lese, dass mit dem Schuljahr 2007/2008 ein Rückgang an Schülerinnen und Schülern zu verzeichnen ist, dann frage ich mich, ob Sie ernsthaft meinen, dass der
doppelte Abiturjahrgang nicht auch zu einem verstärkten Ansturm auf die Ausbildungsplätze führen wird.
Ich gehe davon aus, dass unsere Unternehmen im Rahmen des Aufschwungs mehr Lehrstellen zur Verfügung stellen werden und damit der Druck auf die berufsbildenden Schulen in diesem Jahr etwas zunehmen wird. Wenn man sich einmal anschaut, wie es im vorigen Jahr war, dann stellt man fest, dass es damals einen Rückgang um 1 500 Schülerinnen und Schüler gab. Dieser kann in diesem Jahr auf jeden Fall ausgeglichen werden.
Ich hätte mich gefreut, wenn wir heute in diesem Zusammenhang noch etwas über eine Konzeption zum Umgang mit dem doppelten Abiturjahrgang im dualen System gehört hätten. Das ist bisher ignoriert worden. Man hat sich um die Hochschulen gekümmert, jedenfalls teilweise. Aber was ist mit den Sekundarschülern, die jetzt dem Druck ausgesetzt werden könnten, dass die Abiturienten ihnen eventuell die Stellen wegnehmen? Ich hoffe, auch dieses wird durch die heutige Debatte wieder in den Fokus der Gesamtbefassung zwischen Wirtschafts- und Kultusministerium kommen.
Im Anschluss, bitte. - Dies wird wohl auch bei der Koordination zwischen Wirtschafts- und Kultusministerium ein wesentlicher Punkt sein. Hat der Wirtschaftsminister über all die Jahre die Bauten der berufsbildenden Schulen intensiv gefördert, so wird der Kultusminister jetzt ein Konzept entwickeln müssen, wie man zukünftig diese doch nutzungsbestimmten Bauten nutzen kann. Ich wünsche Ihnen, Herr Minister, viel Erfolg dabei.
Hoffentlich gelingt es uns hierbei, dass auch andere Schulen von diesen Bauten profitieren können, denn die äußeren Zustände sind hervorragend.
Wir haben mit den neuen Konzepten immer wieder auch die Frage des Ausgleichs des Lehrpersonals angesprochen, die verschärft in die Diskussion eingebracht wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Insgesamt sind wir interessiert an dem Konzept, das uns kurzfristig vorgestellt werden wird. Wir sind im Gespräch mit vielen berufsbildenden Schulen und sehen sehr wohl die Probleme, die sich hierbei stellen. Wir erwarten, dass an dieser Stelle auch die Kammern einbezogen werden. Wir brauchen neue Profile und neue Ausbildungsberufe, die nicht in einer weiteren Spezialisierung gipfeln, sondern darin, dass die jungen Menschen heutzutage bereit sind, der ständigen Veränderung des Arbeitsmarktes zu folgen.
Herzlichen Dank, Herr Kley. Sie haben versprochen, noch eine Frage von Frau Feußner zu beantworten. - Bitte schön, Frau Feußner.
Herr Kley, Sie versuchen uns seit gestern zu suggerieren, dass wir nichts für die Kammern im Land übrig hätten. Ich glaube, das gelingt Ihnen nicht.
Ich möchte Sie fragen: Was meinen Sie, warum sich im Land Sachsen-Anhalt die Kammern so stur stellen und sozusagen die vollzeitschulischen Bildungsgänge nicht zur Kammerprüfung zulassen wollen? In anderen Bundesländern gelingt das wesentlich besser. Sie sind wesentlich weiter als wir.
Gerade für die neuen Bundesländer ist das eine Chance. Deshalb ist das Berufsbildungsgesetz des Bundes verändert worden. Weil wir eine Vielzahl vollzeitschulischer Bildungsgänge haben und der Ausbildungsmarkt für den dualen Bereich sich so schwierig gestaltet und noch relativ klein ist, hat man diese Öffnung in das Berufsbildungsgesetz des Bundes hineingeschrieben, um den Ländern neue Chancen zu eröffnen. Im Land Sachsen-Anhalt sind die Kammern nicht bereit, das zu unterstützen. Können Sie sich erklären, warum die Kammern in Sachsen-Anhalt so handeln?
Herzlichen Dank für den Debattenbeitrag. - Als nächstem Debattenredner erteile ich dem Abgeordneten Herrn Graner von der SPD das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kley, Sie haben angesprochen, dass die Frist vielleicht ein wenig zu kurz sei, die wir dem Kultusminister gesetzt haben. Sie haben doch aber selbst festgestellt, dass er bereits in seiner Rede vieles von dem, was hier diskutiert wird, vorweggenommen hat. Das heißt also, das Kultusministerium fängt nicht bei null an, sondern es ist bereits einiges an Vorarbeiten geleistet worden.
Das wird auch durch die breite Zustimmung deutlich, die dieser Antrag bisher erfahren hat. Insofern bin ich sehr zuversichtlich, dass dem Ausschuss bis zum Sommer vom Kultusminister ein gutes Konzept vorgelegt werden kann.
Lassen Sie mich noch auf einen zweiten Punkt Ihrer Rede eingehen. Sie kritisieren, die geburtenschwachen Jahrgänge seien durch den doppelten Abiturjahrgang sozusagen ausgeglichen. In der Begründung steht lediglich, dass wir uns ab dem Jahr 2007/2008 auf geburtenschwache Jahrgänge einstellen müssen. Das ist so und das können Sie auch durch einen doppelten Abiturjahrgang nicht wegdiskutieren.
Es wurde in der gestrigen Debatte bereits festgestellt, dass bei aller Kritik am Bildungssystem in Deutschland - von Pisa bis zum aktuell durch das Land reisenden UN-Sonderberichterstatter - unser System der beruflichen Bildung erstaunlich gut eingeschätzt wird, zumin
Theorie in der Berufsschule kombiniert mit der Praxis im Betrieb als Schlüssel zum Arbeitsleben - so lautet der Anspruch, und damit kann sich Deutschland sehen lassen. Das gilt trotz der Probleme, vor denen wir stehen. Die demografische Entwicklung ist bereits angesprochen worden. Wir wissen, dass das Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen immer noch niedriger ist als die Nachfrage nach dualer Ausbildung. Das wird in den nächsten Jahren nicht wesentlich besser werden.
Wenngleich unser Berufsausbildungssystem Anerkennung genießt, ist das kein Grund, sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Wir müssen die berufliche Bildung ständig weiterentwickeln. Das wollen wir mit dem heutigen Antrag tun.
Ich möchte auf die einzelnen Punkte bzw. auf die Faktoren, die uns dazu bewegen, diesen Antrag heute zu stellen, nicht weiter eingehen. Aber ich möchte zwei oder drei Aspekte zusätzlich erwähnen.
Wir haben im Vorfeld der Arbeit an diesem Antrag ein Gespräch mit Vertretern des Berufsschullehrerverbandes geführt, die uns ihre Sicht der Situation geschildert haben. Vor allen Dingen wurde von ihnen immer wieder hervorgehoben, dass der Wunsch nach mehr Eigenständigkeit an den berufsbildenden Schulen besteht. Das heißt, sie wollen nicht allzu stark vom Land gegängelt werden, sondern im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben selbst Entscheidungen treffen. Deswegen wollen wir für sie ein eigenes Sach- und Personalkostenbudget, die schrittweise Übertragung der Personalhoheit und auch die entsprechenden Gremien schaffen, in denen das stattfinden kann.
Ein weiterer Punkt, über den heute noch nicht gesprochen worden ist, ist die europäische Komponente. Auch dabei ist in den vergangenen Jahren vieles geschehen. Der Bologna-Prozess für die Zukunft der Hochschulen ist in aller Munde. Es gibt aber auch einen KopenhagenProzess, der sich mit der beruflichen Bildung beschäftigt. Damit wird ein europäischer Qualifikationsrahmen geschaffen, mit dem Inhalte und Strukturen der Berufsbildung in den einzelnen Ländern besser aufeinander abgestimmt werden sollen.
Warum ist das notwendig? - Die Berufsausbildung differenziert sich immer stärker aus. Es gibt Qualifikationen, es gibt Kompetenzen, die auch in einem nicht formalen Ausbildungsgang erworben werden können. Wie wollen wir das kompatibel machen? Wie können wir die Anerkennung der Berufsabschlüsse von Menschen schaffen, die über die Grenze kommen oder über die Grenze gehen? Das sind Fragen, vor denen wir auch hier, in Sachsen-Anhalt, stehen. Deswegen ist auch der europäische Qualifikationsrahmen in diesem Zusammenhang so wichtig.
Der doppelt qualifizierende Abschluss ist bereits angesprochen worden. Es gab auch früher schon einmal eine Berufsausbildung mit Abitur. Das war nicht das allerschlechteste Modell. Ähnliches können wir uns auch jetzt wieder vorstellen.
Auch die Abdeckung des Lehrkräftebedarfs ist ganz wichtig. Ich habe jetzt ein wenig die Befürchtung, ich werde wieder zur Fachbrüderschaft Schulen oder Bil
dung gezählt; aber wir müssen tatsächlich darauf achten, dass in diesem Bereich ausreichend Personal vorhanden ist, dass ein Einstellungskorridor da ist. Die Zahlen sind bereits genannt worden. Auch die Abordnung von Lehrern von den allgemeinbildenden Schulen ist genannt worden.
Ganz wichtig ist aber auch, dass hierfür eine Fort- und Weiterbildung durchgeführt wird. Wer von einer allgemeinbildenden Schule an eine Berufsschule geht, der muss in diesem Prozess entsprechend fort- und weitergebildet werden.