Protocol of the Session on March 23, 2007

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der Linkspartei.PDS ist sehr fassettenreich. Ich sehe aber momentan keine Veranlassung, die darin aufgeworfenen Punkte im Innenausschuss näher zu durchleuchten.

Aus diesem Grunde lehnt die CDU-Fraktion die Überweisung dieses Antrags in den Innenausschuss ab. - Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Kolze. - Für die FDP-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Wolpert. Bitte schön, Herr Wolpert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Forderung der PDS unterstützen wir dem Grundsatz nach. Es ist in Anbetracht des bereits gestern diskutierten Wirrwarrs der unterschiedlichen Strukturreformen und angesichts der Entwicklung der kommunalen Haushalte richtig zu versuchen, eine Entwicklung in den Kommunen zu steuern. Dabei ist die Grundvoraussetzung zu wissen, welchen tatsächlichen Aufwand die

Kommunen betreiben müssen. Dazu sind nicht nur die Aufgaben, sondern auch die damit verbundenen Kosten zu analysieren - ganz im Sinne des Urteils des Thüringer Verfassungsgerichts.

Ich gebe Ihnen darin Recht, Herr Innenminister, dass der Zeitaufwand dafür etwas größer ist, als er hierin vorgegeben worden ist. Natürlich ist dabei das FAG ein wichtiges Instrument. Es ist auch richtig, dies mit der zentralörtlichen Bedeutung der Kommunen zu koppeln. Hierbei stellt sich aber die Frage, ob ich nur auf dieses Instrument der Landesentwicklungsplanung zurückgreife.

Die letzten Jahre haben erkennen lassen, dass es dynamische Entwicklungen in Regionen gab, wo keinerlei zentralörtliche Bedeutung besteht. Ich denke dabei zum Beispiel an Thalheim mit dem „Solar-Valley“. Es stellt sich heraus, dass es Entwicklungsachsen gibt, die zumindest aus landesplanerischen Gründen beachtet werden müssen, sodass auch Kommunen in diesen Bereichen in finanzieller Hinsicht Beachtung finden müssen.

Meine Damen und Herren! Dass dabei den kommunalen Spitzenverbänden ein Mitspracherecht gegeben werden soll, ist selbstverständlich. Das muss aber nach unserer Auffassung im normalen Bereich der parlamentarischen Arbeit bleiben. Ein Vetorecht für die kommunalen Spitzenverbände lehnen wir ab. Die kommunalen Spitzenverbände sind nicht der Gesetzgeber. Sie haben auch keine vergleichbare demokratische Legitimation.

(Herr Gürth, CDU: Sehr richtig!)

Diesbezüglich bitte ich die PDS, die Linke, sich doch an ihre Worte von gestern zu erinnern. Sie sagten, dass Sie sich jeder Schwächung der Kompetenzen des Parlaments widersetzen würden.

(Herr Gürth, CDU: Genau! Da sieht man einmal, wie ernst sie das meinen!)

- Na, ja. Die CDU hat sich gerade beschwert und gesagt, dass es unmöglich sei, dass sich das Parlament von Dritten abhängig mache, die nicht demokratisch legitimiert seien. Was ist eigentlich der Koalitionsausschuss?

(Beifall bei der FDP und bei der Linkspartei.PDS)

Einmal abgesehen davon, dass Sie gestern der Verordnungsermächtigung zugunsten der Justizministerin auch zugestimmt haben und damit die Kompetenzen des Parlaments beschnitten haben.

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Das ist doch of- fensichtlich genau dasselbe!)

- Darüber lässt sich juristisch streiten.

(Herr Gürth, CDU: Herr Wolpert weiß, was ein Koalitionsausschuss ist! - Frau Bull, Linkspar- tei.PDS: Sie offensichtlich nicht! - Herr Scharf, CDU: Herr Wolpert, Sie waren doch selbst einmal im Koalitionsausschuss!)

- Ja. Aber wir haben nie gesagt, dass wir die parlamentarische Arbeit unterbrechen, weil der Koalitionsausschuss entscheiden muss. Das ist Ihr Stil.

(Zustimmung bei der FDP - Herr Scharf, CDU: So etwas haben wir nie gemacht und machen wir auch nicht!)

- Kommen wir einmal zurück zum Thema. Dann kann ich auch dem zuhören, was Sie sagen.

(Zuruf von Herrn Scharf, CDU)

- Gehen Sie doch zum Mikrofon und stellen Sie eine Frage. Dann kann ich auch ordentlich antworten und bekomme zusätzliche Redezeit.

Nach unserer Auffassung ist die Forderung nach der Beachtung der Kreissitzregelung auch richtig. Das kann aber nicht bedeuten, dass jede Regelung damit in Übereinstimmung gebracht werden muss. Es wird immer auch fachliche Gründe geben, die es rechtfertigen, von der Grundlinie abzuweichen. Deshalb kann es hierbei nur ein Abstimmungs- und Abwägungsgebot geben. Im Ergebnis einer solchen Gesamtabwägung wäre die Entwicklung in Halberstadt unter Umständen zu vermeiden gewesen.

Meine Damen und Herren! Wir lehnen es auch ab, den Harzkreis als Modellregion für die Funktionalregion darzustellen; denn: Nachtigall, ich hör dir trapsen! Der Harzkreis ist der größte Kreis im Land und für unser Land deshalb nicht modelltauglich, weil er untypisch ist. Der Harzkreis geht schon eher in die Richtung eines Regionalkreises nach Ihren Vorstellungen.

(Zustimmung bei der Linkspartei.PDS - Herr Gal- lert, Linkspartei.PDS: Genau!)

Wenn ich die Aufgaben dorthin übertrage und sage: „Dieser Kreis kann diese Aufgabe übertragen bekommen und deshalb ist es gut für das ganze Land, aber leider sind die anderen Landkreise im Land zu klein für diese Aufgaben“, dann komme ich genau dorthin, wo wir nicht hinwollen, nämlich zur Schmälerung des Ehrenamtes, das Sie gestern noch so richtig groß verteidigt haben.

(Beifall bei der FDP - Herr Gürth, CDU: Die PDS entlarvt sich langsam selbst!)

Meine Damen und Herren! Gegen eine Berichtspflicht ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Das Anliegen ist es allerdings wert, dass wir das im Ausschuss weiter vertiefen. Deswegen werden wir der Ausschussüberweisung zustimmen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Wolpert. - Für die SPD erteile ich jetzt dem Abgeordneten Herrn Rothe das Wort. Bitte schön, Herr Rothe.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landkreise erwarten landespolitische Unterstützung bei der kreislichen Neugliederung insbesondere durch eine Funktionalreform, die den Namen verdient. Im Freistaat Sachsen ist beabsichtigt, staatliche Aufgaben im Umfang von 4 300 Personalstellen auf die Kreise zu übertragen.

Von einem solchen Umfang der Funktionalreform sind wir in Sachsen-Anhalt denkbar weit entfernt. Das hängt zum einen damit zusammen, dass Sachsen bei der Kreisgebietsreform konsequenter vorgeht, also Landkreise mit deutlich größerer Einwohnerzahl schafft. Das hängt aber auch mit der größeren politischen Entschlusskraft in Sachsen zusammen, staatliche Aufgaben auf kreislicher Ebene zu erledigen.

Im Landtag von Sachsen-Anhalt sind die Fachbruder- und -schwesternschaften von den Landwirten bis zu den Schulleuten stärker als die kommunale Familie.

(Frau Bull, Linkspartei.PDS: Na ja!)

Die Landräte wollen die Landratsämter zu Kompetenzzentren für den ländlichen Raum entwickeln. Der Herr Innenminister hat den Vorschlag erwähnt, die Region Altmark in dieser Hinsicht zu einer Modellregion zu entwickeln.

Der Präsident des Landkreistages Herr Dr. Ermrich hat während der Landkreisversammlung in Oschersleben sogar angeboten, dass die Landkreise die Ämter für Landwirtschaft und Flurneuordnung und deren Beschäftigte komplett übernehmen. Ich selbst habe mehrfach vorgeschlagen, die Ämter für Landwirtschaft und Flurneuordnung den regionalen Planungsgemeinschaften zu übertragen, diese also zu Mehrzweckverbänden, zu kommunalen Verwaltungsregionen zu entwickeln.

(Herr Daldrup, CDU: Wird immer doller!)

Aber der für den Agrarbereich zuständige Ausschuss des Landtages - der Frau Ministerin treu ergeben - hat per Beschluss bekundet, dass sich die vorhandene Struktur der Ämter für Landwirtschaft und Flurneuordnung bewährt habe, und sieht deshalb keinen Änderungsbedarf.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Herrn Hauser, FDP)

Ein anderer Vorschlag der Landkreise zielt auf die Kommunalisierung der Schulaufsicht. Wir haben im Land nach dem Stellenplan 70 Schulräte. Warum sollte es nicht möglich sein, diese auf 14 Gebietskörperschaften der Kreisebene zu verteilen, jedenfalls dann, wenn man einzelnen dieser Schulräte eine schulformübergreifende Aufsichtstätigkeit zutraut?

Ich darf daran erinnern, dass es bis 1994 in SachsenAnhalt 37 Landkreise gegeben hat. Überall in diesen Landkreisen saßen Schulräte. Aus aufbauorganisatorischer Sicht war übrigens die Abteilung Volksbildung beim Rat des Kreises keine schlechte Lösung.

Herr Rothe, Herr Scharf, der Vorsitzende der Fraktion der CDU, hat eine Frage an Sie. Würden Sie sie zulassen?

Ja, klar.

Dann bitte schön, Herr Scharf.

Herr Kollege Rothe, würden Sie mir darin zustimmen, dass die Exekutive dort, wo sie gefragt ist, und der Landtag dort, wo er gefragt ist, nicht nach der Stärke der Fachbruderschaften, sondern nach der Angemessenheit der Aufgabenübertragung entscheiden sollten?

Herr Kollege Scharf, das ist selbstverständlich richtig.

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

Trotzdem würde ich mir wünschen, dass die guten Argumente für eine Kommunalisierung gelegentlich auch die Sicht der Fachressorts zu korrigieren vermöchten.

Aber Sie selbst gehören doch auch einer Fachbruderschaft an. Oder?

Ich gehöre der Fachbruderschaft an, die sich der kommunalen Familie besonders verpflichtet fühlt. Das ist richtig.