Protocol of the Session on March 22, 2007

(Beifall bei der SPD - Frau Fischer, SPD: Hört, hört!)

In dem Ortsteil Schleibnitz, einem Ortsteil der Stadt Wanzleben, in dem ich bis vor kurzem Bürgermeisterin war - dieser Ortsteil gehört seit dem Jahr 1992 zu Wanzleben -, hat sich durch die engagierte Arbeit vor Ort eine Ortsfeuerwehr wieder neu gegründet, sodass diese jetzt wieder leistungsfähig und einsatzbereit ist.

(Frau Weiß, CDU: Das Geschenk von Wanzle- ben!)

Man sieht, dass es möglich ist. Diese Beispiele lassen sich fortsetzen. Es sind immer die Menschen vor Ort, die entscheiden, wie stark sie sich in das gemeindliche Leben einbringen.

(Zustimmung bei der SPD)

Das Ehrenamt soll nun auch eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts im Bund stärken. Ich bin der Meinung, dass den vermeintlichen Sonntagsreden nun auch Taten folgen. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Minister Herrn Hövelmann)

Vielen Dank, Frau Schindler. - Nun hören wir zum Abschluss der Debatte noch einmal Herrn Wolpert. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde versuchen, auf die an mich gestellten Fragen einzugehen.

Ja, Herr Innenminister, wir haben das Gutachten gefordert. Sie wollen Zwang ausüben, um ein Verfassungsrecht auszuhebeln; dafür brauchen Sie eine Rechtfertigung. Natürlich hoffen wir, dass Ihnen anhand des Gutachtens nachgewiesen wird, dass Sie keine Rechtfertigung finden werden.

Das ist auch ein Ergebnis, das das Gutachten erbringen könnte, wenn der Auftrag wertneutral wäre. Dass er nicht wertneutral ist, haben Sie schon bewiesen, indem Sie gesagt haben, dass es völlig außerhalb Ihrer Vorstellungskraft liege, dass so etwas das Ergebnis sein könnte.

Ja, ich finde Einheitsgemeinden gut - das habe ich immer gesagt -, aber auf freiwilliger Basis. Ich halte es durchaus für möglich, dass Synergieeffekte realisiert werden, wenn Nachbarn gegenseitig Verantwortung für sich übernehmen wollen und sich gegenseitig vertreten wollen. Wenn Sie aber jemanden zwingen, dann haben Sie durch die Reibungsverluste allein so viele Negativeffekte, dass die Synergieeffekte, die durch die Einheitsgemeinde zu erwarten sind, nicht mehr vorhanden sein werden.

(Beifall bei der FDP)

Ja, auch wir haben bei der Kreisgebietsreform in gewissem Umfang das Ehrenamt abgeschafft, aber eben nicht in dem Umfang, wie Sie das bei fünf Regionalkreisen tun wollten. Das ist der große Unterschied. Wir haben - das ist auch hier das Argument - nachzuweisen, was eigentlich passiert, wenn ich dies oder jenes tue, um prüfen zu können, ob das, was ich tue, noch verhältnismäßig ist.

(Zuruf von Ministern Herrn Hövelmann)

Ist der Verlust an demokratischer Teilhabe den vermeintlichen Effizienzgewinn tatsächlich wert? - Das ist die entscheidende Frage. Deswegen hilft es uns wenig, wenn Sie als Unterpunkt unter „Effizienz“ die politische Teilhabe prüfen wollen. Das müssen Sie gesondert prüfen, damit Sie das vergleichen können und dann sagen können, dass diese Reform auch der Verhältnismäßigkeit entspricht. Wenn Sie das nicht tun, dann werden Sie spätestens vor dem Verfassungsgericht Schiffbruch erleiden.

Herr Madl, Busch hilft hier leider nicht weiter. Das haben Sie selbst erkannt. Ansonsten müsste man Sie fragen, warum Sie noch ehrenamtlicher Bürgermeister sind.

(Herr Madl, CDU: Gerade deshalb!)

Um noch einmal auf Ihre alten Griechen zu sprechen zu kommen, Herr Madl: Die Polis war selbständig - es ging nicht um eine Zwangseingemeindung.

(Herr Scharf, CDU: Die haben sogar Kriege geführt!)

- Das war vielleicht eine andere Form. Und das war auch ehrenamtlich.

(Zuruf von Minister Herrn Hövelmann)

Herr Innenminister, das Argument, dass allein die Schuldenverwaltung so wenig Spaß mache, dass man sich am Ehrenamt nicht mehr beteilige, birgt zwei Probleme: Wenn es so ist, dass man nichts zu verwalten hat, dann frage ich mich, wozu es einen Ortschaftsrat geben soll. Das ist das Argument, weshalb ist sage, das ist ein Placebo.

Der andere Punkt ist - Herr Madl hat Ihnen eben selbst widersprochen -: Gerade weil es ehrenamtliches Engagement gibt, kommt es auf das Geld nicht so sehr an, weil die Arbeit unentgeltlich erledigt wird. Das ist ein Vorteil.

Ein letztes Wort zu Ihnen, Frau Schindler. Das, was Sie gesagt haben, war ja sehr nett, aber die Botschaft kann wohl nicht lauten: Raus aus dem Gemeinderat, rein in den Heimatverein!

(Herr Miesterfeldt, SPD: Warum nicht?)

- Ich will es Ihnen sagen. In meiner Gemeinde, in der Gemeinde Rösa, in der ich im Gemeinderat sitze, gibt es die FDP, die mit 56,9 % vertreten ist.

(Oh! bei der CDU)

Es gibt keine SPD, es gibt keine CDU - es gibt einen Heimatverein; dieser hält den übrigen Anteil. Das heißt, diejenigen, die im Heimatverein sind, wollen wieder in den Gemeinderat, damit sie dort endlich demokratisch arbeiten können. Das ist der Grund, warum wir diesen Antrag gestellt haben. - Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Wolpert. - Wir stimmen jetzt zunächst über den Antrag der Fraktion der FDP in der Drs. 5/578 ab. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Die antragstellende Fraktion, die PDS-Fraktion und der Abgeordnete Herr Harms. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen mit der genannten Ausnahme. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir stimmen jetzt über den Alternativantrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drs. 5/601 ab. Wer stimmt diesem zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Die PDS-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? - Die FDP-Fraktion und der Abgeordnete Herr Harms.

(Herr Miesterfeldt, SPD: Herr Sturm auch!)

- Des Weiteren enthält sich der Abgeordnete Herr Sturm der Stimme. - Es hat aber trotzdem nicht ausgereicht. Die Mehrheit hat sich für den Alternativantrag entschieden; dieser ist somit beschlossen worden. Damit ist der Tagesordnungspunkt 12 beendet.

Ich rufe nun vereinbarungsgemäß den Tagesordnungspunkt 14 - der Tagesordnungspunkt 13 steht auf der Tagesordnung für die morgige Sitzung - auf:

Beratung

Zukunftsfähigkeit der gemeindlichen Strukturreform sichern

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drs. 5/580

Ich bitte zunächst den Vorsitzenden der antragstellenden Fraktion, Herrn Gallert, den Antrag einzubringen. Bitte schön.

Werter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag zur späten Stunde birgt die Gefahr, dass dieselbe Diskussion, die wir eben geführt haben, wieder aufgemacht wird. Möglicherweise hätten wir eine verbundene Debatte durchführen können, aber ich glaube, der Gegenstand dieses Antrages hat eine andere Abstraktionsebene als das Thema, über das wir gerade gesprochen haben.

Der Antrag der Linkspartei.PDS, der jetzt zur Beratung ansteht, ist das logische Resultat der Auseinandersetzungen innerhalb der Koalition zu diesem Thema. Er stellt gleichzeitig eine neue Einschätzung der Diskussion aus unserer Position dar.

Ich habe vor fünf Monaten hier gestanden und einen Antrag eingebracht, aus dem hervorgeht, dass wir eine Abstimmung in diesem Landtag darüber haben wollen, ob der Landtag nun für ein Modell ist, bei dem es neben der Einheitsgemeinde auch die Verwaltungsgemeinschaft geben soll. Dieser Antrag ist von der Koalition durch die Bank weg abgelehnt worden.

Aber - und das ist die entscheidende Situation - diese Diskussion haben wir heute nach wie vor. Wir schätzen heute, fünf Monate nach dieser Abstimmung, ein, dass die politische Diskussion in diesem Land Sachsen-Anhalt inzwischen an einem Punkt angelangt ist, an dem sie nicht mehr zu einem vernünftigen Ende geführt werden kann.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich möchte diese Einschätzung begründen. Ich habe mich insofern kundig gemacht, als ich den Auftrag in meine Fraktion hineingegeben habe, alle Positionen und Statements von Vertretern der Koalitionsfraktionen oder von Vertretern der Koalitionsparteien der letzten Wochen dazu zusammenzutragen, was man in dieser Frage zur Sache und übereinander gesagt hat. Wenn ich das jetzt zehn Minuten lang vorlesen würde, würde selbst der Hartgesottenste meine Einschätzung teilen. Aber da wir alle selbst Zeitung lesen können, möchte ich versuchen, diese Ebene zu verlassen und auf eine generalisierende politische Ebene zu kommen.

Beginnen wir mit dem Koalitionsvertrag. Ich habe bei dem Redebeitrag von Herrn Madl eben darauf geachtet, ob er von den Griechen auch noch auf den Koalitionsvertrag kommt - das habe ich eigenartigerweise nicht gehört. Aber das ist vielleicht kein Zufall.

(Herr Tullner, CDU: Den kennen wir doch alle!)

- Diesbezüglich bin ich mir gerade bei der CDU überhaupt nicht sicher, Herr Tullner.

(Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS)

Im Koalitionsvertrag - den haben die Landesvorsitzenden der CDU und der SPD unterzeichnet - steht bekanntlich, dass man gesetzlich, das heißt zwangsweise, zu einer Einführung von Einheitsgemeinden im ganzen Land im Laufe dieser Legislaturperiode kommen will, nachdem es vorher eine freiwillige Phase gegeben hat. Diese Position war von vornherein heiß umstritten und bekam schon in dieser Phase eine politische Aufmerksamkeit, die fast alle anderen Themen verdrängte.

(Herr Schröder, CDU: Eben!)