Protocol of the Session on November 14, 2002

Wir haben uns damals, denke ich, einvernehmlich darauf geeinigt, dass die Vermögensteuer in den neuen Bundesländern und damit auch speziell in Sachsen-Anhalt nicht eingeführt werden soll. Übrigens, wenn ich heute Morgen die Nachrichten richtig gehört habe, ist Kanzler Schröder auch weiterhin der Auffassung, dass die Vermögensteuer in Deutschland nicht eingeführt werden sollte. An dieser Stelle haben Sie offensichtlich einen kleinen Dissens, aber das ist ja in der Demokratie durchaus erlaubt. Ich frage Sie aber: Was erhoffen Sie sich von der Einführung der Vermögensteuer in Sachsen-Anhalt?

Zum einen erinnere ich daran, dass wir die Erhebungsgrundlagen nicht haben. Wir müssten erst ein Heer von Finanzbeamten damit beschäftigen, die Erhebungsgrundlagen für die Einführung der Vermögensteuer im Land Sachsen-Anhalt zu schaffen, um dann hinterher bei den auch von Ihnen prognostizierten hohen Freigrenzen festzustellen, dass wir, nachdem wir die erforderlichen Erhebungen vorgenommen haben, die allermeisten der Betroffenen freistellen. Welch riesiges Beschäftigungsprogramm für Finanzbeamte wollen Sie da initiieren mit wahrscheinlich recht mäßigem Ertrag für den Landeshaushalt!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das schlechte Gewissen schaute ja bei Ihnen durch. Sie sagten: Natürlich müssen wir die Abgrenzung zwischen privatem und Betriebsvermögen hinbekommen, um nicht aus Versehen dem Handwerk durch die Einführung der Vermögensteuer zu schaden. - Die fast unmögliche saubere Abgrenzung von Privatvermögen und Betriebsvermögen bei den Handwerkern war doch mit ein Grund dafür, die Finger von diesem Vorhaben wegzunehmen. Unter dem Strich bringt sie nämlich nicht so viel, wie sich die Protagonisten erhoffen.

(Frau Dr. Weiher, PDS: Warten Sie mal ab!)

Sie schadet letztlich der wirtschaftlichen Tätigkeit mehr, als so mancher vermutet.

Sie, Herr Püchel, haben es eigentlich nicht nötig. Die Vermögensteuer ist eigentlich eine linke Kampfparole. Warum setzen Sie auf dieses Pferd, obwohl Sie ganz genau wissen, dass es monetär nicht viel bringt? Offensichtlich macht es sich auf manchen Straßen und Plätzen sehr schön, zu einem Feldzug gegen die Reichen aufzurufen.

Die Vermögensteuer trifft aber in erheblichem Maße den Mittelstand. Wer richtig reich ist, hat so viele legale

steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten, dass er sich dieser Steuer auch entziehen kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Also, lassen wir diese Klamotte in der Kiste. Sie bringt nichts außer Verwirrung und am Schluss wenig Geld.

(Zuruf von Herrn Bullerjahn, SPD)

- Na ja, gut.

Meine Damen und Herren! Wir werden allerdings auch an die Lotto-Toto-Mittel heran müssen. Die vielen Briefe, die uns gesandt worden sind und in denen darauf hingewiesen wird, dass die Lotto-Toto-Mittel bei so manchem Zuwendungsempfänger den Eigenanteil darstellen und dass sie bei einer Kürzung nicht mehr wissen, wie sie den Eigenanteil finanzieren sollen, haben uns schon berührt. Aber ich frage andererseits das Hohe Haus: Wie wollen wir den Blinden erklären, dass wir auch ihnen einen gewissen Konsolidierungsbeitrag abverlangen müssen, wenn wir die Lotto-Toto-Mittel außen vor lassen?

Ich will Folgendes sagen: Wenn wir schon feststellen, dass sich das Land finanzpolitisch in einer dermaßen schwierigen Situation befinden, dass wir bei allen ohne Ansehen der Person nachschauen müssen, bei wem Einsparungen zumutbar sind, kann ich mir nicht vorstellen, dass wir noch zu grundlegenden Korrekturen im Lotto-Toto-Gesetz kommen können. Es wäre einfach ungerecht, einen Bereich zu tabuisieren. Wir müssen leider auch an diesen Bereich heran.

Meine Damen und Herren! Weil Herr Dr. Püchel von Haushaltswahrheit und -klarheit sprach, will ich auf Folgendes eingehen: Die globale Minderausgabe ist in Höhe von, glaube ich, 50 Millionen € etatisiert. Das entspricht allen Beschlüssen, die wir im Landtag von Sachsen-Anhalt gefasst haben. Die Deckung von investiven Ausgabenresten ist mit 50 Millionen € etatisiert. Sie werden sich erinnern, dass Sie dort jahrelang Nullen stehen hatten. Hier ist ein Stückchen Haushaltswahrheit und -klarheit gewonnen worden.

Die Zinsausgaben sind sauber veranschlagt. Daraus ergibt sich die traurige Erkenntnis, dass wir pro Stunde ungefähr 100 000 € an Zinsen zahlen müssen.

Ich will an dieser Stelle aber auf noch etwas anderes Wichtiges hinweisen. Auf der letzten Seite im Einzelplan 13 steht eine ganz bittere Wahrheit, nämlich dass wir für Sonder- und Zusatzversorgungssysteme 461 Millionen € zahlen müssen.

(Herr Schomburg, CDU: Eine Schande!)

Ich gebe gern Folgendes zu: Als wir überlegt haben, wie wir die Anwartschaften aus der ehemaligen DDR vernünftig in bundesdeutsches Recht überführen können, haben wir festgestellt, dass immer wieder nachgebessert werden musste. Wir waren anfangs auch bereit, das als eine Aufgabe anzuerkennen, die im Wesentlichen die neuen Bundesländer zu regeln haben. Aber ich glaube, es hat niemand der damals Verhandelnden und auch niemand in diesem Hause geahnt, dass dieser Weg einmal zu so hohen finanziellen Lasten bei den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen führen würde.

Deshalb kann ich den Finanzminister in seiner Auffassung nur bestärken und unterstützen: Hier muss mit dem Bund nachverhandelt werden. Hier ist eine gesamtdeutsche Aufgabe von einer Dimension entstanden, die

die neuen Bundesländer allein nicht schultern können. Hier muss mit dem Bund nachverhandelt werden. Ich bin richtig erschrocken, als ich diese Zahl gesehen habe.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Kommen wir zum Einzelplan 14 - Bau und Verkehr. Dieser Einzelplan weist eine leichte Steigerung auf. Die Investitionsquote im Einzelplan 14 liegt immerhin bei 41 %. Das heißt, wir werden die Verkehrsbauten im Land Sachsen-Anhalt weiterhin mit hoher Priorität verfolgen.

Herr Abgeordneter Scharf, wären Sie bereit, eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Dirlich zu beantworten?

Bitte sehr, Frau Dirlich.

Es geht auch ganz schnell, dient zur Klarstellung und bezieht sich auf das, was Sie eben zu den Renten gesagt haben.

Herr Scharf, stimmen Sie mir in der Feststellung zu, dass es Sonder- und Zusatzversorgungen im Grunde nicht mehr gibt, weil alle diese Versorgungssysteme - das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass das auch so rechtens war - in die gesetzliche Rente überführt worden sind? Das widerspricht im Übrigen nicht dem, was Sie gerade gesagt haben, dass nämlich mit dem Bund nachverhandelt werden muss, im Gegenteil. Ich möchte nur, dass wir nicht mehr den Eindruck erwecken, es gehe um irgendwelche Sonder- und Zusatzversorgungen. Es geht um gesetzliche Rente. Dorthin sind alle diese Zusatzversorgungen überführt worden.

Darin haben Sie vollkommen recht. Aber die finanziellen Lasten haben wir zu einem erheblichen Teil. Nur das habe ich angesprochen.

Ich will Ihnen aber auch eines dazu sagen, ohne dass ich hier Gerichtsschelte üben möchte: So manche Entscheidungen oberster Gerichte zur Überführung dieser Systeme und dazu, wer alles und in welcher Höhe in den Kreis der Anspruchsberechtigten kommt, habe ich persönlich nicht verstehen können. Das muss ich einmal ganz ehrlich sagen. Aber Recht ist Recht und muss letztlich umgesetzt werden.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Meine Damen und Herren! In den nächsten Jahren - kommen wir zum Einzelplan 14 zurück - wird der Stadtumbau auch uns hier im Parlament in erheblichem Maße beschäftigen, und wir werden, wenn wir den Stadtumbau finanzieren wollen, wahrscheinlich auch zulasten der bisher gewohnten Wohneigentumsförderung den Wohnungsbau mit dem Stadtumbau verknüpfen müssen, um hierzu die notwendigen Finanzvolumina zur Verfügung zu bekommen.

Wir können es uns nicht leisten, Leerstand bei Wohnungen und Leerstand bei Büroflächen in erheblichem Maße weiter zu finanzieren. Wir müssen dort zu Reduzierungen kommen, wo auch in absehbarer Zeit nicht zu sehen ist, dass diese Flächen tatsächlich vernünftig genutzt werden können. Wir müssen es schaffen - -

(Herr Dr. Heyer, SPD: Wollen Sie die Büroräume auch abreißen?)

- Nein. Aber es geht darum, dass - -

(Zuruf von Herrn Dr. Heyer, SPD)

- Nein. Aber wenn Sie für den einen oder anderen Büroraum jemand wüssten, der bereit ist, dort einzuziehen, dann wäre vielleicht vielen geholfen.

(Zurufe von der SPD)

Wir haben zum Teil auch auf diesem Gebiet einen Leerstand, mit dem wir umgehen müssen. Wir müssen es aber schaffen - nur so werden wir wohl das Problem lösen -, dass wir die Innenstädte für Mieter und gewerbliche Investoren attraktiver machen. Das ist der richtige Weg. Deshalb brauchen wir auch den Stadtumbau und deshalb haben wir das Stadtumbauprogramm mit einem Volumen von 38,4 Millionen € dotiert, was auch unbedingt notwendig ist.

Lassen Sie mich nun zu kurzen Ausführungen zu den Sondervermögen kommen.

(Herr Dr. Heyer, SPD: Was ist mit dem Landes- straßenbau?)

- Das habe ich vorhin schon gesagt. Wird auf hohem Niveau fortgeführt.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU)

Lassen Sie mich zu den Sondervermögen kommen. Sondervermögen beinhalten immer die Gefahr von Schattenhaushalten. Deshalb unterstützen wir die Landesregierung darin, den Landesförderfonds mit dem Haushaltssanierungsgesetz mit dem Jahr 2004 als Ziel in den Gesamthaushalt zurückzuführen. Ich selber hätte mich sehr gefreut, wenn das schon mit dem Haushaltsplan 2003 gelungen wäre.

Ich will auch immer wieder daran erinnern, dass die Vorgängerregierung beim Talsperrenbetrieb 102 Millionen € Schulden geparkt hat mit der Drohung, dass sie im Jahr 2004 uns auf die Füße fallen, falls bis dahin keine Lösung gefunden worden ist. Wenn im Rahmen der geplanten Veräußerungserlöse auch diese Frage gelöst werden sollte, würde ich mich nur freuen.

Ich will aber ganz klar sagen: Es gibt auch Sondervermögen, an denen wir nichts herumzudeuteln haben. Dazu gehören die Schwerbehindertenausgleichsabgabe und die Versorgungsrücklage. Über den Grundstock, denke ich, muss im Zusammenhang mit der Neuordnung der Liegenschaftsverwaltung insgesamt noch einmal neu entschieden werden.

Also: Dort, wo Sondervermögen keine besondere Berechtigung haben, müssen sie in den Landeshaushalt zurückgeführt werden. Wir ermuntern den Finanzminister, kräftige Schritte in diese Richtung zu gehen.

Lassen Sie mich nun zur mittelfristigen Finanzplanung kommen. Die Landespolitik steht in den kommenden Jahren vor der Herausforderung, einerseits Verpflichtungen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern nachzukommen, die auch in Zukunft mit einem großen Mittel

einsatz verbunden sein werden, hierbei insbesondere zur Förderung Benachteiligter und im Interesse des sozialen Ausgleichs. Andererseits kann die Frage nach der Zukunftsfähigkeit einer durch 40 Jahre Sozialismus arg gebeutelten Region nur mit einer anhaltend hohen Investitionstätigkeit auch der öffentlichen Hand positiv beantwortet werden. Daher kommt es darauf an, die Balance zwischen angemessenen konsumtiven Ausgaben und einer hohen Investitionstätigkeit durch haushalterische Maßnahmen zu sichern.

Die Frage stellt sich, wo man bei solchen engen Haushalten überhaupt gestalterisch wirken kann. Deshalb wird das Land Sachsen-Anhalt in den nächsten Jahren bei fehlenden Finanzmitteln sehr genau darüber nachdenken müssen, wie die notwendigen Mittel zur Gestaltung des Landes Sachsen-Anhalt erwirtschaftet werden können.