Protocol of the Session on November 14, 2002

Im Bereich Bau und Verkehr wird die Investitionsquote trotz der notwendigen Einsparungen auch im Jahr 2003 bei rund 40 % liegen. Die sächlichen Verwaltungsausgaben werden um insgesamt 4 Millionen € vermindert. Die Förderprogramme werden neu geordnet und vorhandene Mittel gezielt umgeschichtet. Damit stellen wir die Weichen in Richtung des dringend notwendigen Stadtumbaus.

Zudem planen wir trotz der schwierigen Finanzsituation auch, alle Straßenbauprojekte in Sachsen-Anhalt wie vorgesehen zu realisieren. Allein für die Landesstraßen haben wir knapp 80 Millionen € vorgesehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe es eben schon angekündigt, ich komme jetzt zu einem besonders schwierigen Thema dieses Haushalts, den Kommunen. Ich komme zu der Frage, wie sich die kommunale Finanzsituation nach diesem Haushalt darstellt.

Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, dass die Finanzen der Länder und Gemeinden in Deutschland in eine erhebliche Schieflage geraten sind. Viele Städte haben Schwierigkeiten, ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen. Diese Situation ist auf Dauer nicht haltbar. Um Abhilfe zu schaffen, gibt es verschiedene Bemühungen, die Gemeindefinanzen in Deutschland auf eine geänderte, solidere Grundlage zu stellen.

An dieser Stelle weise ich aber in aller Deutlichkeit auf Folgendes hin: Es mag im Einzelnen in der Gemeindefinanzverfassung Unwuchten geben, die beseitigt werden müssen. Bei der Finanzmisere, wie sie sich aber in der Breite bei den Kommunen in Deutschland zeigt, ist vor allem die rot-grüne Bundesregierung in die Verantwortung zu nehmen.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank - Widerspruch bei der SPD)

Sie hat durch eine völlig verfehlte Wirtschaftspolitik nicht die Wachstumskräfte mobilisieren können, nicht das Wachstum ermöglicht, das es den Kommunen erlaubt, ihre Aufgaben zu finanzieren.

(Herr Kühn, SPD: Schraps hat den Hut verloren! - Zuruf von Frau Theil, PDS)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPDFraktion, würden Sie etwa bestreiten, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Steuerausfällen und fehlender Wirtschaftskraft, fehlender wirtschaftlicher Entwicklung gibt? Würden Sie das bestreiten?

(Herr Dr. Püchel, SPD: Wo bleibt die Verbund- quote? Die Verbundquote fehlt!)

Wir haben doch eine miserable Entwicklung in den letzten beiden Jahren gehabt und werden in den nächsten Jahren wahrscheinlich auch eine sehr schlechte haben.

(Herr Dr. Heyer, SPD: Ausgerechnet die Mölle- männer! Die können mit Geld umgehen! - Unruhe bei der FDP)

Ich kann in dieser Hinsicht nur feststellen: In diesem Land - so geht es auch anderen Ländern - sitzen die Kommunen und das Land im selben Boot. Wir müssen gemeinsam mit der äußerst schwierigen Haushaltslage fertig werden.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Dann dürfen Sie die Ver- bundquote nicht ändern!)

Keiner von uns darf sich auf Kosten der anderen sanieren. Es darf aber auch keinen Zweifel daran geben, dass beide Seiten massive Konsolidierungsanstrengungen unternehmen müssen.

Für das Land kann ich im Namen der Landesregierung sagen: Wir gehen die Sanierung an. Wir nehmen unangenehme Einschnitte vor. Wir haben den Mut zu unpopulären Entscheidungen. Wir erwarten nunmehr das Gleiche von den Kommunen. Auch die Kommunen unseres Landes müssen sich dem Konsolidierungsdruck stellen.

Es kann nicht sein, dass die Kommunen ihren im Durchschnitt deutlich überhöhten Personalbestand unangetastet lassen. Und es kann auch nicht sein, dass sich das Land anstelle der Kommunen verschuldet, um überhöhte Personalbestände und überhöhten Verwaltungsaufwand zu finanzieren.

Meine Damen und Herren! Aus dem Gutachten, das ich zitiert habe, geht ganz klar das Ergebnis hervor, dass es auch bei den Kommunen einen Personalüberhang gibt. Dieses Problem muss angegangen werden.

Natürlich gibt es enorme Unterschiede zwischen den Kommunen, auch in unserem Land. Das ist völlig klar.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Wo ist denn der Innen- minister? Was sagt er denn?)

Es gibt enorme Unterschiede in diesem Land, was die Finanzkraft der einzelnen Kommunen betrifft.

(Zuruf von Herrn Dr. Heyer, SPD)

Der Innenminister hat nichts anderes gesagt, als dass auch die Kommunen ihre Aufgaben überprüfen müssen, ob sich diese nicht effizienter organisieren lassen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Wo ist er denn?)

- Lesen Sie doch bitte den Artikel einmal ganz genau, den gesamten Artikel, der heute in der „Volksstimme“ steht, und nicht nur die Überschrift, Herr Dr. Püchel. Dann werden Sie die Zusammenhänge sehr viel genauer erfassen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Zu- ruf von Frau Theil, PDS)

Ich sage in aller Deutlichkeit: Keine Kommune, die Anpassungen in den letzten Jahren verzögert hat, wird sich in Zukunft aufgrund dieser Verzögerungen beim Land refinanzieren können.

(Herr Dr. Heyer, SPD: Ein Beispiel bitte!)

Wir müssen gemeinsam die Konsolidierung voranbringen.

Dieser Vorgang - das sage ich mit der gleichen Klarheit - ist aber keine Einbahnstraße. Wir verstehen ihn auch nicht so. Wir wollen den Kommunen die Möglichkeit geben, auf die Sparzwänge zu reagieren. Wir werden wie zum Beispiel im Kinderbetreuungsgesetz teure Standards und teure Gängeleien den Gemeinden gegenüber abbauen. Das ist Ihnen nie gelungen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Herr Dr. Püchel, SPD: Beispiel!)

Unter Ihrer Regentschaft haben die Kommunen gestöhnt unter diesen ganzen Standards und Restriktionen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Beispiel! Beispiel!)

- Da brauchen Sie nur in die alte Fassung des Kinderbetreuungsgesetzes zu gucken, Herr Dr. Püchel, darin finden Sie doch die Beispiele.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Dr. Püchel, SPD: Nein, für die Zukunft!)

Wir wollen den Gemeinden mehr Freiraum geben, und das schließt auch die Freiheit ein, über die Verwendung zugewiesener Mittel selbständiger entscheiden zu können.

(Unruhe)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf des Haushaltsplanes legt eine einheitliche Verbundquote von 23 % fest, wie sie in anderen Ländern längst üblich ist.

Zum Ausgleich der Einnahmeausfälle durch das Absenken der Verbundquote wird das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit ein kommunales Investitionsprogramm auflegen, das mit 75 Millionen € aus der Gemeinschaftsaufgabe finanziert und von den Kommunen mit 25 Millionen € gegenfinanziert werden soll. Dafür übernimmt das Land für die Kommunen die nötigen Zinsleistungen und Tilgungen. Damit stellen wir sicher, dass das Investitionsniveau in den Kommunen trotz der äußerst angespannten Haushaltssituation auf einem vertretbaren Niveau bleibt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Zum Ausgleich der geringeren Mittel bei der Bereitstellung sonstiger Leistungen im Bereich der Zweckzuweisungen und der Fördermittelerstattungen werden wir den Gemeinden in Zukunft freiere Hand lassen. Wir streben an, zumindest einen Teil der Mittel in den allgemeinen Finanzausgleich umzuschichten. Die Finanzstrukturkommission, an der auch die Kommunen und die kommunalen Spitzenverbände beteiligt sind, entwickelt dafür unter Beteiligung aller Fachressorts zurzeit ein Konzept.

Dieser Umschichtungsprozess konnte wegen der tiefgreifenden Änderungen, die nötig sind, noch nicht im Entwurf des Haushaltsplanes 2003 berücksichtigt werden. Wir werden dies aber im Haushaltsplanentwurf 2004 nachholen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Land verfügt über Besitz und Beteiligungen, die verzichtbar sind. Nicht nur aus finanziellen, sondern vor allem aus ordnungspolitischen Gründen werden wir uns von diesem Landesbesitz trennen und ihn veräußern. Ebenso werden wir Landesbeteiligungen umstrukturieren und teilweise privatisieren. Dadurch rechnen wir mit zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 115 Millionen €.

Wir werden dabei sorgfältig zwischen hoheitlichen Aufgaben, die natürlich von der öffentlichen Seite gesichert werden müssen, und wirtschaftlicher Tätigkeit, die privatisierbar ist, unterscheiden. Für die Privatisierung sind vorgesehen: die Salus-Gruppe mit Ausnahme des Maßregelvollzugs, die Saleg GmbH, die Landelektrizität GmbH Fallersleben, die staatliche Glasmanufaktur, das Landesweingut Kloster Pforta, der Talsperrenbetrieb sowie Wald- und Forstimmobilien aus dem Landesbesitz.

Ich weise noch einmal mit Nachdruck darauf hin, dass es hierbei nicht nur um Maßnahmen geht, die uns finanziell entlasten, sondern um Maßnahmen, um Veräußerungen, die aus ordnungspolitischer Sicht absolut sinnvoll sind, um auch Folgekosten in den nächsten Jahren zu reduzieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Weitere Einnahmeverbesserungen sind durch ergänzende Vorschriften im Haushaltssanierungsgesetz vorgesehen. Dazu gehört unter anderem die Änderung des Lottogesetzes, des Spielbankgesetzes und des Lotto-Toto-Gesetzes. Infolge dieser Änderungen werden etwa 7 Millionen € an Mehreinnahmen erwartet.

Im Haushaltssanierungsgesetz sind weiterhin Änderungen im Beamtengesetz, im Landesbesoldungsgesetz, im Personalvertretungsgesetz und im Gesetz für die Juristenausbildung vorgesehen, auf die ich nicht weiter eingehen will.

In den Haushaltsplanentwurf ist auch eine globale Minderausgabe in Höhe von 50 Millionen € eingestellt worden, die realistischerweise erwirtschaftbar ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aufstellung dieses Entwurfs eines Sparhaushaltes ist uns, dieser Regierung, nicht leicht gefallen. Ich möchte an dieser Stelle keinen Hehl daraus machen. Und es wird Ihnen als Abgeordnete, die den Entwurf zu verabschieden haben, sicherlich auch nicht leicht fallen, ihm zuzustimmen.

Das anstehende parlamentarische Verfahren wird für uns alles andere als einfach sein. Aber zugleich betone ich noch einmal mit allem Nachdruck: Unser Land Sachsen-Anhalt hat zu diesem Konsolidierungskurs unter schwierigsten Rahmenbedingungen, die wir nicht kontrollieren können und die wir nicht zu verantworten haben, keine Alternative. Wenn wir heute nicht sparen, dann heißt das nichts anderes, als dass wir die Härten unseren Kindern und Enkeln zumuten.

Im Interesse unseres Landes und der künftigen Generationen bitte ich Sie, den eingeschlagenen Sparkurs der Landesregierung zu unterstützen. - Ich bedanke mich ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.