Herr Lukowitz hat völlig zu Recht formuliert: Wir können nur mit einer Politik der klaren Linie in diesem Land umsteuern.
Ich will den Kollegen von der PDS und auch von der SPD - wenn das notwendig ist - eines sagen: Zu meinen Nachteilen gehört, dass ich weiß, wie alt ich bin. Zu meinen Vorteilen gehört aber, dass ich die DDR von Anfang bis Ende miterlebt habe. Eine Politik, die aus noch so gut gemeinter Absicht die eigene Existenzgrundlage aufzehrt, wird mit mir nicht zu machen sein.
Ich möchte Sie bitten, Ihre eigenen Argumentationslinien einmal kritisch und selbstkritisch zu überprüfen.
Wir haben ein Kinderbetreuungsgesetz verabschiedet. Ich weiß noch - ich war damals Finanzminister und Werner Schreiber Sozialminister -, wie stolz wir darauf waren, das erste Bundesland mit einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung zu sein. Darauf sind wir heute noch stolz. Das sage ich ganz deutlich. Wir haben den Rechtsanspruch später auf die Krippenplätze ausgedehnt, aber erlebt, dass es damit Probleme gegeben hat.
Ich bin der Meinung - das wird auch in dem neuen Gesetzentwurf stehen -, dass Eltern - jede Mutter und jeder Vater -, die ihren Rechtsanspruch auf Arbeit oder ihren Rechtsanspruch auf Ausbildung wahrnehmen wollen, auch einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz haben sollen. Dies ist unstreitig.
Aber, meine Damen und Herren, wer diesen Rechtsanspruch von sich aus in Anspruch nehmen will, obwohl er nicht durch einen Arbeitsplatz oder durch ein Ausbildungsverhältnis an der Erziehung des eigenen Kleinkindes gehindert ist - ob er arbeiten will oder nicht, unfreiwillig oder freiwillig; da mag es noch soziale Sonderfälle geben, wo die Jugendfürsorge sagt, es ist besser, das Kind in die Krippe zu geben; das wollen wir nicht ausschließen -, wer diesen Rechtsanspruch also nicht in Anspruch nehmen müsste, dem sage ich: Es gibt auch ein Recht des Kleinkindes auf Betreuung durch die Eltern. Dies sollte man nicht übersehen.
Wer das trotzdem will, der soll es tun; er muss dann aber einen höheren Beitrag leisten. Das kann man zu Recht erwarten; denn es gibt keinen Rechtsanspruch auf den Missbrauch von Sozialleistungen der öffentlichen Hand.
(Lebhafter Beifall bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank - Zuruf von Herrn Gal- lert, PDS - Unruhe)
Darüber werden wir uns in der nächsten Zeit noch unterhalten können. Das müssen wir nicht heute machen.
Ich sage lediglich: Wir werden eine ganz klare Linie fahren und uns für manches von Ihnen auch gern beschimpfen lassen; denn wir wissen, wohin die Politik führt, wenn man nicht erst das Land aufbaut, sondern gleich darüber entscheidet, was man sich in diesem Land leisten kann.
Das Gleiche trifft für einige schwierige Entscheidungen der Tarifpolitik zu. Es ist ein Vorzug der Demokratie, dass die parteipolitischen Machtverhältnisse in den einzelnen deutschen Bundesländern unterschiedlich sind. Natürlich hören wir uns die unterschiedlichen Botschaften an, die uns die Opposition zu sagen hat.
Natürlich hören wir uns das an. Solange aber die einzelnen politischen Parteien dort, wo sie selbst in der Verantwortung sind, etwas anderes machen, so lange sage ich Ihnen, dass ich Ihre Kritik recht gelassen ertragen kann.
Der Vorschlag, die Tarife zu öffnen, kommt aus Berlin. Wir haben dem nicht sofort zugestimmt, weil das beamtenrechtliche, finanz- und tarifpolitische Probleme birgt und eine Reihe von Schwierigkeiten damit verbunden sind, sodass wir gesagt haben, wir müssen darüber erst noch einmal reden, bevor darüber entschieden wird.
Es hat uns erstaunt, dass das Land Berlin, ohne diese Klärung abzuwarten - mit der die Innenminister und Justizminister beauftragt waren -, im Bundesrat aktiv geworden ist. Diese Dinge werden weiter besprochen werden müssen. Ich halte das nicht von vornherein für eine völlig falsche Absicht. Wir müssen aber sehr sensibel und differenziert damit umgehen.
Wenn es darum geht, den einzelnen Bundesländern mehr eigene Gestaltungsfreiheit zu geben, dann sollte dies auch im Tarifrecht möglich sein. Es kann dann aber nicht nur bei den Beamten oder nur bei den Angestellten oder nur bei den Arbeitern möglich sein. Es gibt noch viele Probleme, die geklärt werden müssen, bevor das rechtlich umgesetzt werden kann. Den Grundgedanken halte ich aber nicht für verwerflich.
Wenn wir über die Erhöhung der Steuern sprechen, ob das nun die Vermögen- oder die Erbschaftsteuer ist, dann sage ich Ihnen ganz deutlich: Diejenigen, die das wollen, sollen dies mit ihrer Mehrheit tun. Ich habe nichts dagegen, wenn in Nordrhein-Westfalen oder in Niedersachsen die dortigen Mehrheiten solche Steuern einführen.
Diese Diskussion war ganz lustig. Die Erste, die öffentlich gesagt hat, wir werden über Steuererhöhungen nachdenken müssen, war Ministerpräsidentin Simonis, weil Sie mitbekommen hat, wohin die Haushalte in Deutschland steuern. Dann ist sie aber öffentlich vom Herrn Bundeskanzler höchstpersönlich mit dem Satz zurückgepfiffen worden: Niemand hat die Absicht, die Steuern zu erhöhen. - Meine Damen und Herren! Wer schon ein bisschen älter ist, dem fällt dazu ein anderer Satz ein. Den sage ich jetzt nicht. Vergessen haben wir ihn aber nicht.
Die jetzige Diskussion hören sie ja. Die Bundesregierung - die auch in Haushaltszwängen ist - hat vorgeschlagen, im Bereich des Steuerrechts 48 unterschiedliche so genannte Vergünstigungen aufzuheben. Das führt natürlich immer zu Steuererhöhungen. Das weiß doch jeder. Nur das Wort „Steuererhöhungen“ darf nicht benutzt werden.
- Es ist ein Abbau von Subventionen, weil bestimmte Vergünstigungen in bestimmten Bereichen neuerdings eine Subvention sind. Um eine Subvention handelt es sich aber nur dann, wenn jemand Geld bekommen hat. An dieser Stelle hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, mehr abzukassieren. Das sind neuerdings Subventionen.
Man muss aufpassen, wie in der Öffentlichkeit mit Semantik Politik gemacht wird. Ich sage das nur deswegen, weil wir auch in Sachsen-Anhalt in diese Diskussion hineinkommen werden, auch im Zusammenhang mit der gesamten Haushaltssituation bei uns. Ich möchte schon, dass wir untereinander klarstellen, wovon wir reden.
Wir werden über diese Probleme in der nächsten Zeit mittel- und langfristig entscheiden müssen. Wir werden relativ kurzfristig entscheiden müssen, wie wir mit dem Einnahmedefizit umgehen, das wir noch nicht kennen.
Ich habe den Vorschlag von Herrn Püchel gehört: Wir warten darauf, dass Ihre Ergänzungsvorlage kommt. - Mein verehrter Herr Dr. Püchel, in den letzten Jahren habe ich hier mehrfach miterlebt, dass Sie auch die Zahlen der Steuerschätzung vom Mai eingestellt haben - das ist völlig korrekt -, die Steuereinnahmen nach der Novemberschätzung aber niedriger waren, als es nach der Maischätzung geplant gewesen war.
Können Sie sich an eine einzige Ergänzungsvorlage von Ihrer Regierung erinnern? - Darüber müssten wir einmal reden.
Meistens ging der Weg über die so genannten Nachschiebelisten der Fraktionen, wo man abends zusammengesessen und die Anträge entwickelt hat.
Ich sage deshalb nur, dass wir das erst einmal an uns herankommen lassen. Das hängt nämlich nicht nur mit dem methodischen Vorgehen hier zusammen, das hängt auch damit zusammen, wie sehr und in welchem Stadium wir die Kommunen in die Pflicht nehmen. Da wir dabei ohnehin schon in einer schwierigen Situation sind, möchte ich Sie bitten, mit einer solchen Argumentation ganz vorsichtig umzugehen. Man kann manches aus guter Absicht auch verschlimmern, mehr als es uns eigentlich recht ist.
Zu den Kommunalfinanzen: Bundesweit, ob in BadenWürttemberg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen oder Sachsen-Anhalt, ist die Situation der Kommunalfinanzen katastrophal. Das haben Sie alles zu Recht erwähnt. Was Sie nur schamhaft verschwiegen haben, ist, dass der Bundesgesetzgeber zulasten der Kommunen die Abführungsquote bei der Gewerbesteuer von 20 % auf 28 % erhöht hat. Das hätten Sie auch einmal sagen können.
Wie weit in diesem Zusammenhang Regelungsbedarf besteht, vermag ich jetzt noch nicht zu sagen. Eines ist mir aber klar: Die im Prinzip und rein theoretisch richtige Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe, von der alle politischen Parteien reden, wird ohne eine grundlegende Gemeindefinanzreform - die wir in Deutschland brauchen - nicht machbar sein. Dies müssen wir auf dem politischen Parkett erreichen.
Nun zu den Problemen in Sachsen-Anhalt. Wenn wir den Kommunen das geben würden, was sie sich wünschen - und sie haben sogar Recht, es zu fordern; alle diese Gründe sind nachvollziehbar -, müssten wir den Kommunen eine Summe von 94 bis 100 Millionen € an Landesmitteln mehr zur Verfügung stellen. Die müssen wir aber irgendwo anders wegnehmen. Ich bin gespannt, welche Vorschläge Sie dazu machen werden.
Das würde aber mit Sicherheit ein noch größeres Loch in den Haushalt reißen, weil wir dann auf die Einnahmen von außen verzichten müssten. Dies wollten wir nicht. Deshalb sind wir den Weg gegangen - ein wenig von Ihnen abgekupfert, das gebe ich gern zu; wir haben gar keinen Grund, dies zu leugnen -, über die GA-Finanzierung ein zusätzliches Investitionsprogramm für die Kommunen zu machen - das bekommen wir noch hin -, damit wir nicht auf Einnahmen des Bundes verzichten müssen, und die Zweckbindung der Mittel in diesem Bereich festzuschreiben.
Bei den Gesprächen, die ich mit den Landräten geführt habe, haben mir alle gesagt, dass ihnen das nicht gefällt und sie gern mehr hätten. Aber wenn es in der jetzigen Notsituation nicht geht, ist die jetzige schon die vernünftigste Lösung.