Protocol of the Session on November 14, 2002

Meine Damen und Herren! Es ist absolut gerechtfertigt, das zu machen. Das ist ein Weg, zu dem wir uns bekennen. Dass er haushaltstechnisch die Konsequenz hat, dass wir in der Hauptgruppe 4 die entsprechenden Aus

gaben um einen Betrag in Höhe von 118 Millionen € senken, ist nicht zu bestreiten und das ist korrekte Buchhaltung.

Wie hoch der Einsparbetrag im Bereich der Personalausgaben am Schluss genau ausfallen wird, lässt sich zum heutigen Zeitpunkt jedoch noch nicht eindeutig sagen. Das wird auch davon abhängen, zu welchem Ergebnis die Verhandlungen zum Lehrertarifvertrag führen werden und wie stark Altersteilzeit- und Abfindungsangebote der Landesregierung angenommen werden.

Zu diesen Angeboten muss ich sagen, dass wir sie aktiv vertreten werden und die Dienststellenleiter über die genauen Möglichkeiten dieser Abfindungsangebote und Altersteilzeitregelungen aufklären werden, damit davon möglichst umfassend und im Sinne einer langfristigen Haushaltsentlastung Gebrauch gemacht wird.

Wir haben für die gesamten Personalausgaben einen Betrag von 2,63 Milliarden € in den Haushalt eingestellt. Darin sind auch Vorsorgebeträge für Tarifveränderungen wie für zu zahlende Abfindungen und Zahlungen für den Altersteilzeitausgleich enthalten.

Meine Damen und Herren! Es ist klar: Wenn man solche personalwirtschaftlichen Maßnahmen wie Abfindungen und Altersteilzeit ergreift, dann verursacht dies im laufenden Haushalt nun einmal Kosten. Die Einsparungen werden erst längerfristig durch die sinkenden Personalkosten realisiert werden können.

Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang eine Bemerkung zu den Tarifverhandlungen, die in Kürze beginnen. Den Arbeitnehmervertretern muss eines klar sein: Je höher der Abschluss dieser Tarifverhandlungen ausfallen wird, desto mehr sind wir gezwungen, an anderer Stelle einzusparen, auch und gerade im Bereich des Personals.

(Zustimmung von Herrn Schomburg, CDU, und von Herrn Daldrup, CDU)

Die überhöhten Personalkosten sind eine große Last für den Haushalt. Weitere Tariferhöhungen werden diese Last noch vergrößern und unweigerlich zu einem noch größeren Einsparungsdruck führen.

Meine sehr verehrten Herren und Damen! Bei aller Wahrung der Tarifautonomie appelliere ich an die Gewerkschaften, über diese Zusammenhänge sehr gründlich nachzudenken, wenn es in die anstehenden Tarifverhandlungen geht; denn wie die Finanzlage bei uns und auch anderswo ist, steht heute in allen Zeitungen. Wir können keine aggressiven Lohnrunden gebrauchen. Wir brauchen vernünftige Lösungen, die uns die Konsolidierung der öffentliche Haushalte nachhaltig erlauben.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Wir gehen den größten Ausgabenposten im Haushaltsplan - das sind nun einmal die Ausgaben für Personal - konsequent an. Aber uns ist auch klar, dass es sich hierbei um Weichenstellungen handelt, die erst auf mittlere Sicht zum Tragen kommen. Ein Personalüberbesatz ist nicht binnen kurzer Frist abzubauen. Aber genau aus diesem Grund muss man ihn endlich anpacken. Ich bin froh darüber und dankbar dafür, dass diese Regierung gleich zu Beginn ihrer Amtszeit diese Herausforderung konsequent und mutig angeht.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle eine Anmerkung zu dem gelegentlich geäußerten Vorwurf, dass wir nicht

mehr Stellen einsparen würden, als es die Vorgängerregierung bereits vorgehabt bzw. getan hätte. Zuerst muss ich gestehen, dass ich die Proteste gegen Stellenkürzungen nur schwer verstehen würde, wenn wir tatsächlich keine Stellen abbauen würden. Aber es ist schon so: Wir bauen Stellen ab, und zwar mehr als unsere Vorgänger.

Die alte Regierung hat im Jahr 2002 gegenüber dem Jahr 2001 angeblich 1 841 Stellen abgebaut. Davon wurden jedoch mindestens 900 Stellen in Landesbetriebe überführt. Außerdem war eine Vielzahl von Stellen noch nicht oder nicht mehr besetzt. Damit waren sie finanziell gar nicht unterlegt und ihr Abbau hat in keiner Weise zu finanziell wirksamen Einsparungen geführt.

Unser Ziel ist es dagegen, im Haushaltsjahr 2003 mindestens 2 000 Stellen abzubauen, wenn möglich mehr, und zwar besetzte Stellen und Stellen, die sich umgerechnet in mindestens 2 000 vollzeitäquivalenten Stellen niederschlagen. Das werden wir konsequent mit allen uns zur Verfügung stehenden personalwirtschaftlichen Instrumenten durchzusetzen versuchen. Das ist nicht leicht. Wir wissen, Personalabbau ist generell nicht leicht, im öffentlichen Dienst schon gar nicht bei den relativ rigiden verwaltungs- und arbeitsrechtlichen Vorschriften, die wir haben. Aber wir werden an dieser Stelle mit allem Nachdruck arbeiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich nun zu den einzelnen Bereichen des Haushalts einige ausgewählte Punkte vortragen, die von der Gesamtstruktur des Haushalts her von besonderer Bedeutung sind.

Zunächst zum Ressort Wirtschaft und Arbeit. Im Bereich Wirtschaft und Arbeit haben wir einzelne Förderprogramme gestrafft oder ganz gestrichen. Den Schwerpunkt der Förderungen legen wir zukünftig konsequent auf die Qualifizierung von Existenzgründern und die Ausbildung besonders gefragter Berufsgruppen. Hierfür stellen wir im Rahmen des Europäischen Sozialfonds rund 54 Millionen € bereit. Daneben fördern wir die berufliche Erstausbildung. Mit 16 Millionen € kofinanzieren wir Bund-Länder-Programme für mehr als 10 000 Ausbildungsplätze.

Die Mittel für die Investitionsförderung werden nicht gekürzt. Die Schaffung neuer Arbeitsplätze ist eines der wichtigsten Ziele dieser Landesregierung.

Die Mittel der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ werden durch unsere Kofinanzierung vollständig gebunden. Dadurch stehen im Jahr 2003 insgesamt 284,2 Millionen € zur Verfügung. Damit ist die Finanzierung aller wichtigen Investitionsprojekte gesichert.

Neben der Gemeinschaftsaufgabe werden Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, des so genannten EFRE III, zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur eingesetzt. Insgesamt erreichen wir für 2003 ein Ausgabenvolumen von 321,6 Millionen € in diesem Bereich.

Dabei setzen wir vier klare Schwerpunkte: erstens Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur, zweitens Unterstützung produktiver Investitionen für Forschung und Entwicklung, drittens Maßnahmen zur beruflichen Qualifikation und viertens Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in den ländlichen Räumen.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle kurz auf die Folgen der Flutkatastrophe einzugehen. Die durch das Hochwasser

verursachten unmittelbaren Schäden liegen wohl in Milliardenhöhe. Dabei handelt es sich um Schäden im Bereich der gewerblichen Wirtschaft mit ca. 1 250 betroffenen Unternehmen, um Schäden an der Infrastruktur, um Schäden in der Landwirtschaft und um Schäden in Privathaushalten. Entgültig werden wir die Höhe der Kosten erst mit Abschluss der Wiederherstellungsarbeiten kennen.

Die Hochwasserschäden und weitere notwendige präventive Maßnahmen haben eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung des Landeshaushaltes zur Folge. Aus diesem Grunde sind wir sehr erfreut und erleichtert, dass es uns in Gesprächen mit der Europäischen Kommission gelungen ist, die Kofinanzierungssätze der Strukturfondsmittel seitens der EU auf nunmehr 75 % zu erhöhen und damit den Landesanteil bei neuen Projekten auf 25 % zu senken.

Dabei werden wir Strukturfondsmittel im operationellen Programm in zweierlei Hinsicht konzentrieren: Erstens werden wir Maßnahmen und Aktionen zur Beseitigung von Hochwasserschäden finanziell verstärken und zweitens werden wir Maßnahmen und Aktionen dort, wo möglich, inhaltlich so erweitern, dass wir sie hochwasserbezogen anwenden können. Im Übrigen haben wir auch sichergestellt, dass durch Hochwasser zerstörte bereits geförderte Projekte nochmals gefördert werden können.

Meine Damen und Herren! Die nationale Kofinanzierung des operationellen Programms der EU lag bisher in Sachsen-Anhalt mit 55,1 % erheblich über dem Durchschnitt der neuen Länder mit 37,1 %. Dies gilt auch für die Finanzierungsbeiträge des Landes Sachsen-Anhalt an seine Kommunen. Diese Kofinanzierungsquote ist angesichts der äußerst schwierigen Haushaltssituation und eines vergleichsweise schleppend verlaufenden Mittelabflusses in den letzten Jahren völlig unrealistisch. Auch vor dem Hintergrund des zusätzlichen hochwasserbedingten Investitionsbedarfs ist sie schlicht nicht zu finanzieren.

Die alte Landesregierung hat es aus meiner Sicht versäumt, frühzeitig die Weichen in die Richtung einer höheren Kofinanzierung seitens der EU zu stellen. Es wurde an der Fiktion festgehalten, dass man mit einem niedrigeren Kofinanzierungsanteil auch in Zukunft noch Projekte mit großem Volumen durchführen kann, insgesamt also ein größeres Volumen realisiert. Aber die Haushaltslage im Land hat das letztlich nicht erlaubt, sodass man eine Bugwelle von Projekten vor sich herschob. Diese Bugwelle darf bei der Finanzlage, die wir jetzt haben, so nicht weiter bestehen.

Wir müssen realistisch sein. Wir müssen die Möglichkeiten, die eine EU-Finanzierung erlaubt, gerade im Investitionsbereich wirklich ausnutzen. Heute und in den nächsten Jahren dürfen Investitionen nicht daran scheitern, dass wir die entsprechenden Kofinanzierungsmittel nicht aufbringen. Wir müssen alle Möglichkeiten, die Brüssel in dieser Hinsicht bietet, nutzen und produktiv einsetzen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die rechnerisch für den Gesamtzeitraum des operationellen Programms von 2000 bis 2006 ermittelten Einsparbeträge sagen letztlich noch nichts darüber aus, wie viel Mittel tatsächlich für die Haushaltssanierung verfügbar sind. Wir gehen davon aus, dass dieser Nettobetrag

eher bescheiden ausfallen wird, und wir müssen - das muss ganz klar sein - auch noch mit längerfristigen Folgen des Hochwassers rechnen. Diese werden wir nicht oder zumindest nicht in voller Höhe durch Mittel des Bundes und der EU finanzieren können.

Durch die Änderung des operationellen Programms gewinnen wir eine größere finanzielle Handlungsfähigkeit. Damit stärken wir Investitionen und wir vermeiden das Absinken der Investitionsquote unter 20 % in diesem Haushalt.

Mein Dank gilt deshalb des EU-Kommission, die unseren Kurs, den Kurs dieser Regierung, trotz harter Konsolidierung möglichst nicht bei den Investitionen zu sparen, nicht nur verstanden und nachvollzogen, sondern durch ihre Entscheidung auch tatkräftig unterstützt hat. Dafür sind wir der EU und insbesondere der Kommissarin Schreyer und dem Kommissar Barnier zu Dank verpflichtet.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus dem Bereich Gesundheit und Soziales wurde, wie Sie wissen, der Arbeitsmarkt ausgegliedert und in das Wirtschaftsministerium überführt. Ich habe mich gefreut und war positiv überrascht, als die Bundesregierung eine ähnliche Entscheidung traf und sich wenigstens in einer einzigen Sache ein Beispiel an Sachsen-Anhalt genommen hat,

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Herrn Dr. Püchel, SPD)

an der richtungweisenden Entscheidung, dass Arbeit, Beschäftigung nicht mehr nur eine soziale Frage ist, sondern vor allem eben auch eine wirtschaftliche Frage, Schaffen von Arbeitsplätzen. Das hat die Bundesregierung zumindest formal verwirklicht, wenn bisher auch noch nicht allzu viel erkennbar ist.

(Herr Dr. Polte, SPD: Es sind doch erst vier Wo- chen vergangen!)

- Nun ja, in vier Wochen kann man schon Konzeptionelles auf den Weg bringen.

(Unruhe bei der SPD)

Wir haben mit dieser Regierung gezeigt, wie schnell man handeln kann.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Lachen bei der SPD)

Bei der Bundesregierung sieht das ganz anders aus. Aber gut, man freut sich, wenn unser Beispiel aufgenommen wird.

Das hat natürlich von der Struktur der Ausgaben her die Folge, dass der Sozialetat um den betreffenden Betrag schrumpft. Darauf brauche ich nicht näher einzugehen. Etwa 280 Millionen €, ein Drittel des gesamten Sozialetats, sind im verbleibenden Ressort Gesundheit und Soziales durch Bundesgesetze für Sozialhilfe gebunden. Das sind letztlich Positionen, in denen Veränderungen auf Landesebene gar nicht leicht möglich sind.

Die Sportförderung bleibt mit 29 Millionen € nahezu konstant, weil die gesamten Mittel aus Oddsett-Sportwetten in Sachsen-Anhalt in die Sportförderung fließen. Das ist für uns sehr wichtig. In dieser Situation knapper Kassen

wollen wir die Sportförderung möglichst hoch halten, weil sie auch sozial eine enorme Bedeutung hat in diesem Land, in dem es eine hohe Arbeitslosigkeit gibt und Sport eine verbindende, eine erzieherische Funktion hat, auf die wir trotz knapper Kassen nicht verzichten wollen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Pauschalförderung der Krankenhäuser wird auf 34,5 Millionen € erhöht. Insgesamt stehen für Krankenhausinvestitionen 155,3 Millionen € und damit etwa 10 Millionen € mehr als im Vorjahr zur Verfügung.

Gestatten Sie mir, an dieser Stelle auf einen Punkt unseres Sparprogramms im sozialen Bereich etwas ausführlicher einzugehen, weil er uns besonders schwer gefallen ist. Wir werden das Landesblindengeld im Rahmen des Haushaltssanierungsgesetzes an die Standards von Sachsen, Bremen und Brandenburg anpassen.

(Zurufe von der PDS)