Protocol of the Session on January 19, 2006

Zur Sicherung der Qualität haben wir außerdem ein Anerkennungsverfahren im Gesetz verankert. Es soll besonders profilierten Musikschulen die Möglichkeit geben, eine Art Gütesiegel auf die Qualität ihrer Angebote zu bekommen und dadurch für sich zu werben. Dass dies auch und gerade im Interesse der Nutzer liegt, wurde im Rahmen der Anhörung zu dem Gesetzentwurf, aber auch in vielen anderen Gesprächen im Vorfeld und Umfeld der Debatte durch die betroffenen Vereine und Verbände - übrigens auch von Eltern und Lehrern - immer wieder bekräftigt.

Aus diesem Grund hat das Kultusministerium einen Vertrag mit der Stadt Magdeburg abgeschlossen, der dem Konservatorium Georg Friedrich Händel Telemann die Aufgaben eines musikalischen Kompetenzzentrums überträgt, das innovative, landesweit wirksame Konzepte und Angebote für die Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer an Musikschulen, für die Früh- und Hochbegabtenförderung und die Förderung der Breitenmusik für das Land entwickeln soll.

(Herr Schomburg, CDU, und Frau von Angern, Linkspartei.PDS, lachen)

- Ich glaube, Sie lachen über meine Ad-hoc-Symbiose, die sich immerhin in der Barockmusik abspielt und insofern fast noch erlaubt gewesen ist. - Stimmt das?

(Herr Schomburg, CDU: Ja!)

Mit dem Gesetz, das neben dem Brandenburger Musikschulgesetz in dieser Form das einzige eigenständige

Gesetz zu den Musikschulen in Deutschland ist, setzt das Land seine Musikschulpolitik und seine Politik der musikalischen Förderung in den letzten Jahren konsequent fort.

Ich freue mich ganz besonders und möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass sich der federführende Ausschuss für Kultur und Medien einstimmig für das Gesetz ausgesprochen hat. Diese breite Zustimmung und die Kontinuität werden nach meinem Eindruck gerade außerhalb des Parlaments - nicht zuletzt als Motivation für die Musikschulen selbst - gewürdigt werden.

Vielleicht können wir mit diesem Gesetz über unsere Landesgrenzen hinaus ein Zeichen für die weitere Entwicklung der Musikschulen setzen, die den Kindern und Jugendlichen mit der Heranführung an das Musizieren immer wieder deutlich machen muss, dass Erfolg und Freude an der Musik Anstrengung und Üben voraussetzen. Auch diese Form der Orientierung kann wohl nicht hoch genug einschätzt werden.

Das Gesetz kann zudem mit dem klar formulierten Landesinteresse die kommunalen Träger auch im Zuge der Umsetzung der Gebietsreform ermutigen, in ihren Gremien Sicherheit für die Musikschulen in ihrem Wirkungskreis zu erreichen.

Ich möchte Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, noch einmal dafür danken, dass Sie gerade am Ende der Legislaturperiode, wo erfahrungsgemäß noch eine Vielzahl von Aufgaben zu erledigen ist, so intensiv an der Vorbereitung der Beschlussfassung zu dem Gesetz gearbeitet haben.

Ich empfehle dem Landtag die Verabschiedung des Musikschulgesetzes und würde mich freuen, wenn wir es als parteiübergreifendes Gemeinschaftsprojekt zur musikalischen Bildung unserer jungen Generation betrachten könnten. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Herrn Dr. Daehre)

Vielen Dank, Herr Minister Olbertz. - Nun beginnt die Debatte der Fraktionen. Es beginnt Herr Schomburg für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von der Kultur sagte George Kennan, dass sie nicht das alleinige Eigentum unserer Generation ist.

„Wir sind nicht ihre Besitzer, wir sind nur ihre Verwalter, und weiter, sie ist nicht unsere Leistung, sie ist die Leistung anderer vor uns. Wir haben sie nicht geschaffen und sie wurde uns mit der stillschweigenden Verpflichtung anvertraut, sie zu hegen, zu bewahren, zu entwickeln, sie weiterzugeben - hoffentlich verbessert, aber auf jeden Fall intakt - an die anderen, die eigentlich nach uns kommen sollen.“

So weit das Zitat.

Eine Kultur bewahren, entwickeln und weitergeben kann man freilich nur, wenn man sie kennt. Wir lügen uns häufig in die eigene Tasche, wenn wir unaufhörlich den Dialog der Kulturen fordern, aber nichts tun, um Schüler und Studenten mit der eigenen Kultur bekannt zu machen.

Auch diesem Zweck dient das heute zu verabschiedende Gesetz zur Förderung und Anerkennung von Musikschulen im Lande Sachsen-Anhalt. Musikschulen sind und bleiben mit diesem Gesetz in ihrer Mehrzahl in kommunaler Trägerschaft befindliche Bildungseinrichtungen, deren Aufgabe die Vermittlung einer musikalischen Grundbildung, die Ausbildung des Nachwuchses für das Laien- und Liebhabermusizieren, die Begabtenfindung und -förderung sowie die mögliche Vorbereitung auf ein Musikstudium sind.

Musikschulen sind neben den allgemeinbildenden Schulen die wichtigste Institution zur Weitergabe und Pflege unserer Musikkultur. Mit dem Gesetz legen wir den Grundstein für eine sichere Zukunft der Musikschulen. Die Träger haben weiterhin die Hauptverantwortung für den Erhalt und die Weiterentwicklung der Musikschulen und natürlich auch für deren finanzielle Sicherung.

Auch die nächsten Landtage werden über die Höhe der Zuschüsse entscheiden müssen. Ich hoffe, sie werden sich an das Vorbild der letzten Landtage erinnern, die in diesem Bereich einen Rückgang der Mittel nie zugelassen haben, auch wenn es von der jeweiligen Landesregierung häufig angedacht war.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU, und von Mi- nister Herrn Dr. Daehre)

Was ist der Vorteil dieses Gesetzes? Wir stellen die Zuschüsse des Landes auf eine gesetzliche Grundlage und geben damit als Landtag ein Bekenntnis zu den Musikschulen ab. Wir definieren, wozu und warum wir Geld in die Musikschulen geben, und wir entwickeln die Qualität der Musikschulen über das Anerkennungsverfahren weiter.

Warum gerade jetzt dieses Gesetz? - Zum einen läuft das alte Gesetz zum Ende dieses Jahres aus, zum anderen wollen wir damit den kommunalen Trägern ein Stück weit mehr Sicherheit bei der Finanzierung geben und sie bei den Aufwendungen für die Musikschulen unterstützen.

Aber es gibt noch einen dritten und, ich finde, wichtigeren Grund. Von kultureller Bildung oder gar von ästhetischer Erziehung ist in der gegenwärtigen Bildungsdiskussion kaum die Rede. Dies gilt bei vielen als verzichtbar, als Relikt aus vergangenen Zeiten, in denen man sich den Luxus praxisferner Bildung noch leisten konnte.

„In der letzten Zeit ist der Ruf nach einer fundierten musischen Erziehung wieder lauter geworden, wenn auch noch nicht laut genug. Das hat bestimmt damit zu tun, dass sich inzwischen herumgesprochen hat, dass die Probleme in unseren Schulen keineswegs bloß mit einem besseren Unterricht in den Wissensfächern behoben werden können.

Es hat sich auch herumgesprochen, dass musische Bildung Intelligenz, Selbstdisziplin und soziale Kompetenz fördert. Weil das so ist, kann man auch die Zukunftsfähigkeit unserer Schulen nicht allein und auch nicht in erster Linie daran messen, mit wie vielen Computern sie ausgestattet sind.

Wenn wir unsere Schulen zukunftsfähig machen wollen, dann brauchen sie mehr. Sie müssen zu Orten werden, an denen unsere Kinder sich in all ihren Fähigkeiten entfalten können - in ihren intellektuellen, kreativen, musischen und sozialen

Fähigkeiten. Musische Bildung ist nicht allein Privatsache und schon gar nicht Nebensache. Zu unserem gesellschaftlichen Selbstverständnis sollte gehören, dass Kultur eines der Güter ist, auf die Kinder genauso Anspruch haben wie darauf, Schreiben, Lesen und Rechnen zu lernen.“

(Beifall bei der CDU)

„Ich weise immer wieder gern darauf hin: Kultur und kulturelle Bildung sind keine Luxusgüter, die wir uns leisten können, wenn es uns finanziell gut geht, und auf die wir verzichten müssen, wenn die finanziellen Verhältnisse schwieriger werden. Kultur und kulturelle Bildung sind ein Grundrecht, auf das alle Anspruch haben.“

Das unterstrich der Altbundespräsident Johannes Rau bei der Eröffnung des Kongresses „Kinder zum Olymp“ im Jahr 2004.

Aber noch einen anderen wichtigen Bezug halte ich für erwähnenswert, wie ihn der jetzige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble im Jahr 1999 in Weimar äußerte:

„Die Kunst trägt zum Nachdenken über Werte bei. Sie dient, ohne dass ihr der Auftrag gegeben worden wäre, der Herausbildung eigener Maßstäbe... Somit kommen wir zur Politik. Christlichdemokratische Politik will eine Gesellschaft, die auf Freiheit gegründet ist.“

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

„Eine Ordnung der Freiheit braucht, will sie stabil bleiben, ein Wertefundament. Sie braucht Bürger, die ihr Tun und Lassen bewusst an sittlichen Maßstäben ausrichten. Das kommt nicht von allein. Jeder muss aus sich selbst heraus den größten Teil dazu leisten. Deswegen ist für mich der Auftrag an den Staat, Kulturstaat zu sein, vor allem anderen der Auftrag, die Garantie auf freie Selbstentfaltung beständig einzulösen.“

In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, bitte ich um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP, von Frau Bull, Linkspartei.PDS, und von Herrn Dr. Thiel, Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Schomburg. - Bevor ich Herrn Reck von der SPD-Fraktion das Wort erteile, habe ich die Freude, auf der Südtribüne Damen und Herren vom Bund der Vertriebenen, Gruppe der Schlesier - meine ehemaligen Landsleute -, aus Aschersleben zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Nun bitte Herr Reck.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß jetzt auch, warum wir zu diesem Tagesordnungspunkt eine Debatte führen. Herr Schomburg, eine solche Rede muss einfach gehalten werden und darf nicht unter den Tisch fallen. Deshalb ist es auch in Ordnung, dass wir darüber reden.

(Zustimmung bei der CDU und von Frau von An- gern, Linkspartei.PDS)

Ich habe keine solche ausgefallene Rede vorbereitet, kann Ihnen aber als erstes mitteilen, dass die SPD-Fraktion diesem Gesetz zustimmen wird.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der Linkspartei.PDS - Herr Gürth, CDU: Bravo!)

Ich will nur auf einen Punkt eingehen, der bei der Anhörung eine Rolle gespielt hat: Neben überwiegender Zustimmung gab es kritische Töne der kommunalen Spitzenverbände. Sie haben dieses Gesetz als einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung bezeichnet und sie haben ja auch Recht damit. Nur, das Land erkauft sich diesen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung, indem es dafür bezahlt. Das ist ein faires Geschäft.

Ich glaube, ohne dieses Gesetz wären nicht alle Kreistagsmitglieder und Landräte - ich weiß, wovon ich spreche - so bestärkt, ihre Musikschulen zu erhalten. Die Kommunen und Träger sollten dieses Gesetz als Hilfe für die Selbstverwaltung betrachten und weniger als Eingriff. Ich weiß, wenn das so auch bei den Trägern ankommt, wird unser Gesetz eine breite Zustimmung im Land finden. Also: Die SPD-Fraktion stimmt diesem Gesetz zu.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wünsche diesem Haus, ich wünsche unserem Land Sachsen-Anhalt und ich wünsche Ihnen alles Gute. Es war eine gute Zeit mit Ihnen. Machen Sie weiter gute Politik! - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei allen Fraktionen und von der Regierungsbank)

Im Protokoll wird an dieser Stelle vermerkt sein: „Beifall bei allen Fraktionen“. Das ist wohl auch richtig so.

(Zuruf von der CDU: Lang anhaltender Beifall!)