Protocol of the Session on January 19, 2006

Die Folge ist Überforderung, oft auch Demotivation. Deshalb ist das Vor- und Umfeld der Eignungsfeststellung wichtiger als die Eignungsfeststellung selbst. Sie setzt langfristig auf elterliche Vorbereitung und Ermutigung. Wenn sich die Eignungsfeststellung auf diese Weise eines Tages erübrigen würde, wäre das für mich ein willkommenes Resultat ihrer Einführung.

Außerdem ist zu bedenken, dass ein guter Sekundarschulabschluss künftig mehr wert sein wird als ein schlechtes Abitur, insbesondere seitdem sich die Hochschulen einen großen Teil ihrer Studierenden selbst aussuchen können.

Mit der Eignungsfeststellung, die im schriftlichen Teil aus Aufgaben in Deutsch und Mathematik besteht und im mündlichen Teil an die Interessen des Kindes anknüpft, seine besondere Situation berücksichtigt und die vorhandenen Potenziale auslotet, wird keine endgültige Entscheidung über den Schulbesuch gefällt. Noch im laufenden Schulhalbjahr der Grundschule kann die Leistungsentwicklung zu einer neuen Bewertung führen, und sowohl während der Sekundarstufe I als auch an deren Ende bleibt der Wechsel auf das Gymnasium oder auf das Fachgymnasium möglich, wenn die entsprechenden Leistungen vorliegen. Es gilt der Grundsatz: kein Abschluss ohne Anschluss, auf den ich im Gesamtsystem größten Wert lege.

(Zustimmung bei der CDU)

Umso wichtiger muss es sein, neben der Anziehungskraft des Gymnasiums auch die Attraktivität der alternativen Bildungswege zu erhöhen. Nicht ohne Grund - ich wiederhole das - bilden die Sekundarschulen auch den Landesschwerpunkt bei der Umsetzung des Ganztagsschulprogramms des Bundes. Von Anfang an war klar, dass wir nicht möglichst viele Projekte unter Inkaufnahme pädagogischer Beliebigkeit, sondern qualitativ hoch

wertige pädagogische Ansätze fördern wollen, die Referenzcharakter für eine gelingende Ganztagsbetreuung haben können.

Deshalb haben wir einen Wettbewerb um die besten Konzepte initiiert, aus dem 64 Investitionsprojekte mit 70 beteiligten Schulen in allen Landkreisen und kreisfreien Städten hervorgegangen sind. Auch wenn dieses anspruchsvolle Verfahren etwas Zeit gebraucht hat, werden bis zum Ende der vorgesehenen Fristen alle Gelder abgerufen sein.

(Zustimmung bei der CDU)

Im Rahmen der Städtebauprogramme hat das Land im Jahr 2005 rund 11 Millionen € für vorschulische Einrichtungen und Schulen bereitgestellt. Davon wurden über 8 Millionen € in enger Abstimmung mit dem Bauministerium für Schulen eingesetzt.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Herrn Dr. Daehre)

In diesem Jahr kann bei einer Freigabe der Bundes- und kommunalen Eigenmittel erneut eine Summe in ähnlicher Höhe abgerufen werden.

Meine Damen und Herren! Bildung bedeutet auch Wissenschaft und Kultur, ja, Bildung kann man ohne Wissen und ohne Kultur eigentlich gar nicht sinnvoll erklären. Bildung ist immer zugleich kulturelle Bildung. Wer in Bezug auf das Eigene in Kultur und Kunst seiner Heimat kaum Berührung erfahren hat, wird alles Fremde als Bedrohung erleben und nicht als willkommene Bereicherung, die es auch sein kann.

Es würde den Rahmen dieser Regierungserklärung sprengen, würde ich darauf ebenso detailliert eingehen wie auf den Bereich der schulischen Arbeit. Dasselbe gilt für die Erwachsenenbildung und viele weitere Bereiche des Bildungssektors. Deshalb an dieser Stelle und abschließend nur noch ein paar Überlegungen zu den Universitäten und Hochschulen.

Eine der wichtigsten Schnittstellen zwischen dem Schul- und dem Hochschulbereich bildet natürlich die Lehrerausbildung. Auf der Basis der Beschlüsse der KMK, vornehmlich der im Jahr 2004 verabschiedeten Standards für die Bildungswissenschaften, werden in Sachsen-Anhalt derzeit grundlegende Änderungen an der Lehrerausbildung vorgenommen, um wichtige Kompetenzbereiche des Lehrerberufs zu stärken und eine hohe Professionalität des pädagogischen Nachwuchses zu sichern. Auch hierbei gilt der Grundsatz, dass inhaltliche Ansprüche Vorrang vor strukturellen Fragen haben. Mit Fug und Recht können wir sagen, dass Sachsen-Anhalt in der KMK entscheidend an der Reform der Lehrerbildung mitgewirkt hat.

Die von uns entwickelte und mit dem Wintersemester 2006/2007 beginnende Einführung einer modularisierten Studienstruktur hat gegenüber der Einrichtung reiner Bachelor- und Masterstudiengänge in den anderen Ländern mehrere Vorteile: Das Studium wird nicht verlängert und der Übergang von der Universität ins Berufsleben kann reibungslos erfolgen, weil das erste Staatsexamen weiterhin Zulassungsvoraussetzung für den Vorbereitungsdienst ist. Wichtig ist, dass die Anerkennung der in Sachsen-Anhalt erworbenen Abschlüsse in anderen Ländern gewährleistet bleibt. Unseren Universitäten wird durch die Modularisierung der Studiengänge und die Anerkennung von Hochschulprüfungen für die erste Staats

prüfung mehr Verantwortung für die Qualität der Ausbildung übertragen.

Nicht ohne Stolz kann ich feststellen, dass das von Sachsen-Anhalt entwickelte Modell auch in der Kultusministerkonferenz zur Richtschnur für die im Juni 2005 in Quedlinburg gefassten Beschlüsse zur Anerkennung der Bachelor- und Masterabschlüsse in der Lehrerbildung geworden ist.

Für das Lehramt an berufsbildenden Schulen wird aufgrund seiner Spezifik ein BA/MA-Modellversuch hier in Magdeburg durchgeführt, der bereits nach einem Bachelorabschluss ausreichende Berufschancen - außerhalb der staatlichen Berufsschulen allerdings - eröffnet. Dazu soll es auch Kooperationen mit anderen Hochschulen geben, vor allem um gute Anschlussmöglichkeiten in Master-Studiengänge zu gewinnen.

Modularisierte Lehramtsstudiengänge stellen auch neue Anforderungen an das Gesamtspektrum der Studienangebote in unserer Hochschullandschaft. Diese hat sich durch die neue Hochschulstrukturplanung wesentlich verändert und wurde, wie in der Koalitionsvereinbarung vorgesehen, auf die neuen Anforderungen der Zukunft ausgerichtet.

Auf der Grundlage entsprechender Vorarbeiten einer AG „Wissenschaftsstruktur“ des Kultusministeriums vom April 2001, deren Empfehlungen allerdings nie umgesetzt wurden, hat eine von mir eingesetzte Hochschulstrukturkommission unter externer Leitung, jedoch bei intensiver Beteiligung der Hochschulen unseres Landes die Eckdaten der Angebotsstrukturen im Land neu formuliert.

Auf dieser Grundlage wurde der neue Hochschulstrukturplan im Mai 2004 von der Landesregierung beschlossen. Zu seiner Umsetzung haben wir mit den Hochschulen Zielvereinbarungen abgeschlossen und die entsprechenden Budgets im Globalhaushalt langfristig verankert.

Die vereinbarten Ziele für die Jahre 2003 bis 2005 wurden nach erfolgreich abgeschlossener Laufzeit inzwischen durch Anschlusszielvereinbarungen für eine fünfjährige Periode bis zum Jahr 2010 fortgeschrieben. Damit erhalten die Hochschulen eine bisher nicht gekannte mittelfristige strukturelle und ökonomische Planungssicherheit.

(Zustimmung bei der CDU)

Mit den neuen Hochschulstrukturen wurden Doppel- und Mehrfachangebote abgebaut, vor allem aber klare Standortprofile entwickelt und Schwerpunkte gebildet. Diese Konzentrationsprozesse waren notwendig, um die Spielräume zu erhalten und zu nutzen, die durch die Exzellenzinitiativen von Bund und Ländern entstanden sind. Bei alledem geht es um mehr Qualität in Forschung und Lehre, um internationale Vernetzungen im Wettbewerb und darum, diese Ansprüche auch mit dem Gebot der höchstmöglichen Wirtschaftlichkeit zu verbinden.

Einen wichtigen Schwerpunkt muss in Zukunft gerade die Qualität der Lehre an den Hochschulen bilden, zum Beispiel bezüglich der Orientierung der Studienanfängerinnen und Studienanfänger, der Qualität der Lehrveranstaltungen und der Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses.

Übrigens stehen heute solche und weitere Qualitätsmaßstäbe sowohl in der Öffentlichkeit als auch an den Hochschulen selbst außer Frage. Als wir damit anfingen, fanden sie durchaus nicht immer ungeteilte Zustimmung.

Insofern kann die Landesregierung für sich in Anspruch nehmen, an dieser Stelle eine verlässliche, transparente und entscheidungsfreudige Politik gemacht zu haben.

Zugleich entspricht die Hochschulstrukturreform dem Erfordernis einer engeren Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft und folgt damit dem Ziel, Wachstum und Beschäftigung im Land zu fördern. Die Exzellenzoffensive der Landesregierung - sie ist übrigens eine der frühesten im Ländervergleich und wurde direkt durch eine Initiative der Regierungsfraktionen unterstützt - ist unter anderem mit der von der Landesregierung verabschiedeten Innovationsstrategie zur Förderung des Wissenschaftstransfers und des Technologietransfers sowie mit einer gemeinsamen Verbundrichtlinie des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit und des Kultusministeriums zur Förderung von Forschung und Entwicklung verknüpft.

Parallel zu den entstehenden Zentren und Netzwerken der Exzellenz an den Universitäten wird derzeit an den Fachhochschulen ein leistungsfähiges Kompetenznetzwerk für angewandte und transferorientierte Forschung aufgebaut.

Das im Juni 2005 gegründete Wissenschaftszentrum Wittenberg wird alle diese Aktivitäten bündeln und eine gemeinsame Plattform der Hochschulen, der außeruniversitären Forschungsinstitute und der forschenden Unternehmen bilden, Strategien der Schwerpunktförderung entwickeln, wissenschaftliche Projekte initiieren und auch entsprechende Anträge bewerten.

Um für all diese modernen Entwicklungsprozesse im Wissenschaftssystem den Hochschulen des Landes die notwendigen Handlungsspielräume zu eröffnen, wurde am 13. Mai 2004 von Ihnen ein neues Hochschulgesetz beschlossen. Es stärkt vor allem die Selbstverwaltung der Hochschulen, überträgt ihnen aber auch eine wesentlich höhere Verantwortung.

Neben einer maßgeblichen Stärkung der Hochschulleitungen wurde unter anderem das Selbstauswahlrecht der Hochschulen beim Studienzugang neu eingeführt. Die Wiedereinführung der Zustimmungspflicht des Kultusministeriums zu substanziellen Änderungen im Studienangebot erlaubt nach Jahren einer - ich nenne es einmal so - kreativen Unbekümmertheit wieder eine strukturierte und stärker bedarfsgerechte Entwicklung der Hochschullandschaft unseres Landes. Überdies haben die Hochschulen beträchtlich erweiterte Möglichkeiten der Erwirtschaftung von Eigeneinnahmen erhalten.

Ähnliches lässt sich zum kürzlich verabschiedeten Hochschulmedizingesetz sagen, das in seinen wesentlichen Teilen am 1. Januar 2006 in Kraft getreten ist. Aufgrund der Einführung des Fallpauschalensystems und eines zunehmenden Wettbewerbs war eine Neubewertung der Leistungsausrichtung der Universitätskliniken unumgänglich.

So sind die beiden die Universitätsklinika im Land nur zu erhalten und erfolgreich zu entwickeln, wenn sie sich auf ein gemeinsames und komplementäres Kooperationskonzept gründen und auch in wirtschaftlicher Hinsicht jeweils größtmögliche Selbstgestaltungsspielräume erhalten. Mit der Überführung in rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts haben die Universitätsklinika eine Struktur erhalten, in der sie die Spielräume eines wirtschaftlich organisierten Unternehmens mit der öffentlichen Zuständigkeit und Verantwortung für die medizinische Forschung und Lehre verbinden können.

Auf dieser Grundlage werden wir in Kürze die Zielvereinbarungen mit den Medizinischen Fakultäten abschließen, zu denen die Zustimmung der Landesregierung bereits vorliegt.

Auch beim Hochschulbau wurden erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung der Bedingungen von Forschung und Lehre und zur Erhöhung der Attraktivität der Hochschulen unternommen. Für große Bauvorhaben sind seit dem Jahr 2002 Mittel in Höhe von 320 Millionen € eingesetzt worden. An diesen Ausgaben haben sich der Bund mit ca. 130 Millionen €, die Europäische Union mit 20 Millionen € und das Land mit ca. 170 Millionen € beteiligt. Ich finde, das ist ein beträchtlicher Kraftakt.

Zur Realisierung der Ziele des Bologna-Prozesses modularisieren die Hochschulen in Sachsen-Anhalt alle Studiengänge und stellen das Studienangebot für Anfängerinnen und Anfänger, mit Ausnahme der Studiengänge mit staatlichen oder mit kirchlichen Abschlüssen, in zwei Stufen bis zum Jahr 2007 auf das gestufte System um.

Alle diese Themen sollten auch in Zukunft Gegenstand einer öffentlichen, vor allem vorurteilsfreien und qualifizierten Debatte im Land sein. Eine wichtige Rolle wird dabei das partei- und interessenübergreifend besetzte „Podium Bildung“ spielen, das der Landesschulbeirat kürzlich gemeinsam mit dem Kultusministerium ins Leben gerufen hat. Es soll uns bei wichtigen Zukunftsaufgaben in der Gestaltung des Bildungswesens inspirieren.

Meine Damen und Herren! Für eine gedeihliche Entwicklung unseres Schulwesens brauchen wir ein Höchstmaß an gesellschaftlichem Konsens, der am ehesten bei einer tatkräftigen Fortsetzung der inneren Schulreform zu erwarten ist. Deshalb sollte darauf in der nächsten Zeit das Hauptaugenmerk liegen. Für die Schulpolitik wird von der Landesregierung vor allem Konstanz und Verlässlichkeit erwartet.

(Zustimmung bei der CDU)

Dabei ist nach diversen Wechselbädern in der Schulpolitik, unfruchtbaren Strukturexperimenten und einem Übermaß an Ideologie in der schulpolitischen Auseinandersetzung der Wunsch nach Beruhigung allemal verständlich.

(Zustimmung bei der CDU, bei der FDP und von der Regierungsbank)

Deshalb wird die Koalition erneut um das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler werben mit dem Angebot, Kontinuität zu sichern, zugleich aber einen ergebnisoffenen Dialog mit allen ernsthaft an der Bildung interessierten gesellschaftlichen Kräften zu suchen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei der CDU - Beifall bei der FDP und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Minister, für die Abgabe der Regierungserklärung. - Meine sehr geehrten Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir auf der Südtribüne Gäste der Landeszentrale für politische Bildung.

(Beifall im ganzen Hause)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Professor Olbertz hat seine Redezeit geringfügig überschritten. Wir hatten uns aufgrund der angekündigten Re

dezeit auf die Redezeitstruktur E mit einer Debattendauer von 129 Minuten verständigt. Ich schlage Ihnen trotz der Überschreitung vor, bei dieser Debattendauer und Redezeitstruktur zu bleiben. Ich werde bei einer geringfügigen Überschreitung der Redezeit einmal ein Auge zudrücken. - Vielen Dank.

(Herr Bullerjahn, SPD: Endlich einmal!)

Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 1 b:

Aussprache zur Regierungserklärung