Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, Kolle
ge Kasten, auf welchem Planeten Harz Sie leben, jedenfalls nicht in dem Harz, den ich kenne und den ich erlebt habe.
- Ja, wahrscheinlich hat er es mit Hartz IV verwechselt. - Wie gesagt, ansonsten möchte ich zu der Rede meines Vorredners nichts weiter ausführen. Ich denke, diese Ausführungen disqualifizieren sich selbst.
Gefreut hat mich die Rede des Kollegen Oleikiewitz. Das muss ich hier sehr deutlich sagen. Ich denke, im Gegensatz zu dem, was wir von Herrn Kasten gehört haben, ist die Gesetzesberatung, zumindest was die Gesetze zum gemeinsamen Nationalpark betrifft, im Umweltausschuss sehr konstruktiv gelaufen und es ist ausführlich diskutiert worden.
„Mit dem Zusammenwachsen der Nationalparke wird nicht nur die künstliche Trennung des Naturraumes überwunden, der gemeinsame Nationalpark ‚Harz’ ist ein Symbol für die Überwindung der deutschen Teilung.“
So Ministerpräsident Wulff und Ministerpräsident Professor Böhmer übereinstimmend bei der Unterzeichnung des Staatsvertrages in Wernigerode. Hier wächst also im wahrsten Sinne des Wortes zusammen, was zusammengehört.
Im Mai 2004 hatten sich die Landesregierungen von Sachsen-Anhalt und Niedersachsen in Wernigerode auf die Errichtung eines gemeinsamen Nationalparks verständigt. Bereits im August 2004 wurde der erste Staatsvertrag zwischen den beiden Ländern unterzeichnet. In der Präambel war dort die Vision eines einheitlichen Nationalparks formuliert. Der Prozess des Zusammenwachsens war geregelt.
Durch die neuen, weitgehend gleich lautenden Nationalparkgesetze und den jetzt unterzeichneten Staatsvertrag wird die Vision nun Realität. Der Staatsvertrag regelt endgültig, dass der gemeinsame Nationalpark die Bezeichnung „Nationalpark Harz“ trägt und dass der Hauptverwaltungssitz Wernigerode ist. Wie viele Arbeitsplätze damit zusammenhängen, hat Frau Ministerin Wernicke schon bei der Beantwortung der Anfrage des Kollegen Kasten klargestellt. Darüber hinaus trifft der Staatsvertrag Regelungen zur Bildung des gemeinsamen Nationalparkbeirats und des wissenschaftlichen Beirats. Es werden Eckpunkte für einen Nationalparkplan und einen Wegeplan vorgegeben.
Es ist nun an uns und insbesondere an den Kollegen des Landtages, die aus der Region Harz kommen, sich vor Ort zu engagieren und diesen Nationalpark mit Leben zu erfüllen. Ich wünsche mir für alle Beteiligten von dieser Stelle aus, dass der Nationalpark Harz eine Erfolgsstory wird, ein Erfolg sowohl für die wunderbare Naturlandschaft Harz als auch für die Wirtschaftsregion Harz. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
- Er möchte nicht. - Dann sind wir mit der Debatte am Ende und es wird abgestimmt über den Antrag auf Überweisung, wenn ich es richtig mitbekommen habe, nur in den Umweltausschuss. Weitere Anträge liegen nicht vor.
Dann stimmen wir darüber ab. Wer stimmt der Überweisung in den Umweltausschuss zu? - Koalitionsfraktionen und SPD. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Linkspartei.PDS. Dann ist die Überweisung so beschlossen und der Tagesordnungspunkt 9 beendet.
Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung der „Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt“ (Gedenkstät- tenstiftungsgesetz - GedenkStiftG LSA)
Ich bitte nun Herrn Minister Jeziorsky, für die Landesregierung das Wort zu nehmen und den Gesetzentwurf einzubringen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ende 2004 hat die Landesregierung vor diesem Hohen Hause angekündigt, dass sie beabsichtige, die landeseigenen Gedenkstätten für die Opfer von Gewaltherrschaft in eine Stiftung des öffentlichen Rechts zu überführen. Diese Ankündigung ist damals von allen Fraktionen mit Zustimmung aufgenommen worden. Dieses einhellige Votum hat die Landesregierung in ihrer Auffassung bestärkt, dass dieser Schritt richtig und notwendig ist.
Mehrere andere Bundesländer sind diesen Schritt bereits gegangen. In Brandenburg und Thüringen kann man schon auf eine mehr als zehnjährige Erfahrung zurückblicken. Der Ihnen jetzt vorliegende Gesetzentwurf orientiert sich in seinen Grundzügen an den Gedenkstättenstiftungsgesetzen dieser Länder.
Das Ziel des Gesetzentwurfs ist wie folgt zu beschreiben. Die „Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt“ soll die gesamte Erinnerungs-, Bildungs- und Forschungsarbeit der Gedenkstätten für die Opfer von Gewaltherrschaft verantworten, die zahlreichen Kontakte zu den Opfern und ihren Organisationen pflegen und nicht zuletzt die historischen Orte der Menschenrechtsverletzungen unterhalten.
Wenn das Land für die landeseigenen Gedenkstätten die Errichtung einer Stiftung beabsichtigt, so bedeutet dies jedoch nicht, dass es sich aus der Verantwortung für unsere gemeinsame Geschichte zurückziehen und diese Dritten auferlegen möchte. Im Gegenteil, ich möchte ausdrücklich betonen, dass die Bewahrung der Erinnerung an die Menschenrechtsverletzungen der Nationalsozialisten, aber auch in der Zeit der sowjetischen Militärtribunale bzw. der SED-Herrschaft eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und bleiben wird. Dieser
In Kenntnis dieses unlösbaren Zusammenhangs hat sich die Landesregierung entschlossen, der künftigen Stiftung die Rechtsform einer Stiftung des öffentlichen Rechts zu geben. Als Stiftung des öffentlichen Rechts bleibt die Stiftung dem Land weiterhin eng verbunden. Das Land wird über einen jährlichen finanziellen Zuschuss sicherstellen, dass die Stiftung ihre Aufgaben erfüllen kann. Gleichzeitig wird das Land durch seine Vertretung in den Stiftungsgremien seinen eigenen Beitrag zu einer positiven Entwicklung der Stiftung leisten und Einfluss auf wesentliche Entscheidungen der Stiftung haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Rechtsform hat sich in Brandenburg, Sachsen, Thüringen, Bayern und Niedersachsen bewährt. Für sie spricht auch, dass eine Stiftung über eine höhere Effizienz bei der Beschaffung von zusätzlichen Finanzmitteln verfügt. Überdies eröffnet die Errichtung der Stiftung die Möglichkeit, dass sich der Bund an der Stiftung finanziell beteiligt. Verhandlungen hierüber sind bereits aufgenommen worden.
In die „Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt“ sollen folgende in Landesträgerschaft befindliche Gedenkstätten überführt werden: die Gedenkstätte für die Opfer der NS-Euthanasie in Bernburg, die Gedenkstätte Langenstein-Zwieberge, die Gedenkstätte Roter Ochse Halle, die Gedenkstätte Moritzplatz Magdeburg und die Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn.
Die Gedenkstätten Moritzplatz Magdeburg und Langenstein-Zwieberge befinden sich gegenwärtig auf der Grundlage von Verwaltungsvereinbarungen aus dem Jahr 1994 in der Verwaltung der Kommune. Das Land hat diese Vereinbarungen fristgemäß zum Ablauf des 31. Dezember 2006 gekündigt.
Zur Deckung der Kosten für den Erhalt und den Betrieb der Gedenkstätten einschließlich der notwendigen Personal- und Sachkosten soll die Stiftung wie die Gedenkstättenstiftungen in den anderen Ländern einen jährlichen Zuschuss aus Landesmitteln erhalten. Dieser wird sich an den schon bisher für die Gedenkstättenarbeit des Landes aufgewendeten Mitteln orientieren, sodass mit der Errichtung der Stiftung keine Mehrausgaben für das Land verbunden sind. Das Land wird auch künftig zusätzlich zu dem jährlichen Zuschuss jene Finanzaufwendungen zu tragen haben, die notwendig sind, um die historischen Orte in ihrer Substanz zu erhalten und die Bildungsarbeit weiter zu qualifizieren.
Im Rahmen der zu dem Gesetzentwurf durchgeführten Anhörung ist der Gesetzentwurf durchgehend begrüßt worden. Die einzelnen Anmerkungen sind umfassend ausgewertet und gegeneinander abgewogen worden. Im Ergebnis hat sich nur die Änderung ergeben, dass der Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR des Landes Sachsen-Anhalt als Mitglied in den Stiftungsrat aufgenommen werden soll.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten Jahren hat das Schicksal der Gedenkstätte Lichtenburg in Prettin dieses Haus mehrfach beschäftigt, sowohl im Plenum als auch im Innenausschuss. Der Landtag hat die Landesregierung wiederholt aufgefordert, alles zu unternehmen, um diese Einrichtung zu erhalten und in die Trägerschaft des Landes zu überführen.
Die Verhandlungen mit dem Bund über die kostenlose Überlassung des Werkstattbereiches im Schloss Lichtenburg, in dem die künftige Gedenkstätte eingerichtet werden soll, sind noch nicht abgeschlossen. Nach dem derzeitigen Stand der Gespräche bin ich aber durchaus optimistisch, dass wir mit dem Bund zu einer tragfähigen Einigung gelangen. Sobald die Übernahme der Gedenkstätte Lichtenburg in Landesträgerschaft erfolgt ist, soll auch sie in die Stiftung überführt werden. Der Gesetzentwurf enthält bereits eine entsprechende Aufnahmeklausel.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein wichtiges Charakteristikum der Stiftung Gedenkstätten SachsenAnhalt wird es sein, dass sie an das Unrechtsgeschehen mehrerer diktatorischer Regime erinnern soll. Ich weiß, dass dies keine einfache Aufgabe ist. Ich kenne auch die Vorbehalte, die mancherorts dagegen bestehen.
Ich darf an dieser Stelle aber daran erinnern, dass bereits heute die Gedenkstätten der Zeit vor und nach 1945 einvernehmlich und konstruktiv zusammenarbeiten. Wenn man sich die Geschichte des Roten Ochsen ansieht, der zwischen 1933 und 1989 durchgehend Ort von Unrechtshandlungen war, dann wird deutlich, dass wir keinen Schrägstrich durch die Geschichte ziehen können.
Die bisherige erfolgreiche Arbeit soll von der Stiftung fortgesetzt werden. Maßgebend hierfür sind aus meiner Sicht folgende inhaltliche Prämissen:
Erstens. Die Auffassung, dass Menschenrechte unteilbar sind, muss die entscheidende Grundlage für die Arbeit der Stiftung sein.
Zweitens. Die Menschenrechtsverletzungen der Nationalsozialisten waren und sind einmalig in unserer Geschichte. Es ist aber ebenso richtig und notwendig, die Menschenrechtsverletzungen in der Zeit nach 1945 darzustellen. Professor Faulenbach, ein renommierter Zeithistoriker und anerkannter Experte für Gedenkkultur in Deutschland, formulierte dies bereits vor einer Reihe von Jahren dahin gehend, dass die Behandlung der NSVerbrechen nicht zur Bagatellisierung der Verbrechen nach 1945 führen darf, der Verweis auf die Verbrechen nach 1945 aber auf der anderen Seite keine Relativierung der NS-Untaten zur Folge haben darf.
Drittens. Um Entwicklungen, wie sie in Sachsen aufgetreten sind, vorzubeugen, sieht der Gesetzentwurf die Errichtung von zwei getrennten Stiftungsbeiräten für die Zeit vor und nach 1945 vor.
Ich bin sehr optimistisch, dass es möglich sein wird, in einer gemeinsamen Stiftung an die Opfer der Zeiten vor und nach 1945 zu erinnern. Das setzt bei den in der Stiftung Verantwortlichen die Fähigkeit zur Differenzierung voraus.
Die Gedenkstätte Roter Ochse in Halle ist ein Beispiel für die Verwobenheit von Geschichte unter einem Dach. Dort wurden ab 1933 Hunderte NS-Gegner eingesperrt. Ab 1942 ließ die NS-Justiz dort mehr als 500 Personen hinrichten. Zwischen Sommer 1945 und 1950 fällten sowjetische Militärtribunale dort nicht nur Urteile gegen NS-Täter, sie schufen auch neues, politisch motiviertes Unrecht. Schließlich fungierte das Haus zwischen 1950 und 1989 als MfS-Untersuchungshaftanstalt.
Diese schwierige Materie haben die Verantwortlichen im Landesverwaltungsamt in langen und aufwendigen Forschungen untersucht. Am 15. Februar dieses Jahres sol
len die Forschungsergebnisse in einer neuen Dauerausstellung präsentiert werden. Das Ausstellungskonzept wurde sowohl im Gedenkstättenbeirat als auch im vor Ort tätigen Arbeitskreis mit allen Opferverbänden diskutiert und beraten. Schließlich konnten sich alle Seiten auf die jetzt umgesetzte Konzeption einigen. Ich darf Sie an dieser Stelle bereits heute zur Einweihung des Hauses, die der Herr Ministerpräsident vornehmen wird, herzlich einladen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Auftrag, den die Landesregierung der Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt mit auf den Weg gibt, heißt: Erinnerung und Gedenken um unserer gemeinsamen Zukunft willen. Die in der Stiftung vereinten Gedenkstätten sollen und müssen ihren Beitrag dazu leisten, dass sich derartige Verbrechen nicht wiederholen können. Es muss eine Gemeinsamkeit aller Demokraten auch dieses Hauses sein, dass wir den Weg des Erinnerns und Gedenkens trotz aller politischen Meinungsverschiedenheiten gemeinsam gehen.
Ich bitte Sie deshalb herzlich, den Gesetzentwurf im Innenausschuss zügig zu beraten und die Stiftung in ihrer Arbeit zu unterstützen. - Herzlichen Dank.