Ich mache schon an dieser Stelle darauf aufmerksam: Heute Morgen hat es eine Demonstration vor dem Landtag gegeben, weil der Haushaltsplanentwurf 2003 - entgegen den Wahlversprechungen der CDU und der FDP übrigens - eine Kürzung der Kommunalfinanzen vorsieht. Der Kahlschlag im Sozialbereich kommt noch dazu. Die Probleme werden sich also potenzieren.
Deshalb möchte ich auch beantragen, dass dieser Antrag nicht nur im zeitweiligen Ausschuss Hochwasserfolgen beraten wird, sondern auch und vor allem im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, da es sich aus unserer Sicht um ein wesentlich weitreichenderes Problem handelt als „nur“ um die Beseitigung der Flutfolgen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Dirlich. Welcher Ausschuss soll federführend beraten? - Der zeitweilige Ausschuss.
Meine Damen und Herren! Damit ist die Einbringung abgeschlossen. Wir kommen nun zu der verbundenen Debatte. Die Redezeit je Fraktion beträgt zehn Minuten. Als Erstem erteile ich für die CDU-Fraktion dem Abgeordneten Herrn Madl das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Hochwasser vom August dieses Jahres ist eine wirkliche Katastrophe für die Menschen, für die Kommu
nen und für das Land Sachsen-Anhalt. Das Hochwasser hat neben den Verwüstungen auch viel persönliches Leid mit sich gebracht.
Aber das Hochwasser hat auch gezeigt, welches unvorstellbare Maß an Solidarität, Gemeinsinn und spontanem freiwilligen und ehrenamtlichen Engagement existiert. Uneigennützig, ob durch Spenden oder direkten Hilfseinsatz vor Ort - teilweise bis zur eigenen Erschöpfung -, haben Tausende von Menschen geholfen. Vielfach ist er heute schon ausgesprochen worden: der Dank dafür, dass sich alle in der Not verbunden haben und viel geholfen worden ist. Trotzdem und gerade deshalb möchte ich mich an dieser Stelle nochmals recht herzlich bei all den Menschen bedanken, die hierbei uneigennützig und in einer ausdrucksvollen Art und Weise mitgeholfen haben,
ganz besonders natürlich bei den Kameradinnen und Kameraden der freiwilligen Feuerwehren, dem Technischen Hilfswerk, der Bundeswehr, dem Bundesgrenzschutz, der Polizei und allen anderen Organisationen, Institutionen und Verbänden, die in der Zeit von Not und Gefahr geholfen haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist für Sachsen-Anhalten von eminenter Wichtigkeit, dass die Flutschäden möglichst kurzfristig und umfassend beseitigt werden und dass die Schlussfolgerungen aus dieser Hochwassersituation insbesondere im Hinblick auf die vorbeugenden Hochwasser- und Katastrophenschutzmaßnahmen für das gesamte Land Sachsen-Anhalt gezogen werden.
Deshalb begrüße ich ausdrücklich die Einsetzung eines zeitweiligen Ausschusses Hochwasser, der diese Maßnahmen parlamentarisch begleiten soll. Ich freue mich natürlich auch ganz besonders, dass es gelungen ist, diesen Antrag als gemeinsamen Antrag aller vier Fraktionen in den Landtag einzubringen.
Die Aufgabe des Ausschusses soll es sein, sich mit den Ursachen, den Folgen und den Konsequenzen des Hochwassers zu befassen und über die daraus abzuleitenden Maßnahmen, insbesondere im Hinblick auf den vorbeugenden Hochwasser- und Katastrophenschutz und die Flutfolgenbeseitigung, zu beraten.
Ich denke, es ist wichtig, sich gerade bei den Schlussfolgerungen und Konsequenzen nicht nur auf das Schadensereignis von diesem Jahr zu beschränken, sondern insbesondere Empfehlungen und Schlussfolgerungen für die gesamten Flusslandschaften Sachsen-Anhalts zu formulieren.
Es steht eine Menge Arbeit vor uns, aber ich denke, diese Arbeit im Ausschuss wird interessant und fruchtbringend sein. Erste Anträge liegen bereits heute in den Drs. 4/203, 4/234 und 4/244 sowie in dem CDU-FDPÄnderungsantrag zur der Drs. 4/203 vor.
Erstens zu dem Entwurf eines Gesetzes über die staatlichen Ausgleichsleistungen. - Ein zusätzliches Gesetz über staatliche Ausgleichsleistungen in Sachsen-Anhalt, wie es von der PDS-Fraktion in der vorliegenden Form in den Landtag eingebracht wurde und wie es auch im Punkt 2 des Siebenpunkteprogramms der PDS zur Flutfolgenbekämpfung gefordert wird, bedeutet eigentlich
nicht mehr Hilfe, sondern mehr Bürokratie und wird uns letztlich von dem abhalten, worauf es im eigentlichen Sinne ankommt, nämlich die beschlossenen Wiederaufbauprogramme schnell und entschlossen umzusetzen.
Ich möchte mir an dieser Stelle die Analyse der einzelnen Paragrafen des Gesetzes ersparen; denn aus meiner Sicht ist das Gesetz in Gänze kaum praktikabel und anwendbar. Ich möchte aber trotzdem auf den § 4 - Höhe des Lastenausgleichs und der Regulierungsquote - in Verbindung mit § 8 Abs. 2 und in Verbindung mit den terminlichen Festlegungen in § 4 Abs. 2 und Abs. 4 hinweisen.
Herr Abgeordneter Madl, wären Sie bereit, eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Dr. Weiher zu beantworten?
Ich bin der Meinung, dass das in § 5 beschriebene Verfahren erhebliche Risiken in seiner Anwendbarkeit birgt und, wie bereits ausgeführt, einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand erzeugt. Es ist doch nicht so, Frau Dr. Weiher, dass, wie Sie suggeriert haben, am 30. April 2003 alle Anträge gestellt sind, alles angemeldet ist und bis zum 30. September 2003 alle Ansprüche befriedigt sind.
Sie haben ja selbst gesagt, dass Sie sich bei diesem Gesetz letztlich auch mit dem Mangel abgefunden haben, dass es sich hierbei nur um Entschädigungen aufgrund der Hochwassersituation in diesem Jahr handelt.
Im Übrigen: Die zwischen Bund und Ländern vereinbarten Hilfsprogramme gewährleisten zusammen mit flankierenden Maßnahmen des Landes bereits jetzt eine effektive Unterstützung der betroffenen Haushalte, Unternehmen und Kommunen.
Der Ministerpräsident hat heute Morgen in der Regierungserklärung ausgeführt, wie mit diesen Mitteln in Sachsen-Anhalt effektive Hilfe geleistet wird. Ich will das nicht im Einzelnen wiederholen; ich verweise nur darauf, dass der Bund und die Länder mit dem Flutopfersolidaritätsgesetz den Aufbauhilfefonds auf den Weg gebracht haben, durch den für die geschädigten Länder ein Gesamtvolumen von 7,1 Milliarden € bereitsteht. Darüber hinaus werden zahlreiche weiteren Aufbauhilfen des Landes, des Bundes und der EU zur Verfügung stehen.
All das macht klar, dass in Sachsen-Anhalt gehandelt wird. Die bisher beschlossenen Hilfsangebote sind umfassend und in ihrer Vielzahl auf die jeweilige Gruppe von Betroffenen speziell zugeschnitten.
Selbst wenn man ein zusätzliches Bedürfnis für einen solchen Landesfonds unterstellt, ist in dem Gesetzentwurf der PDS-Fraktion nicht schlüssig dargelegt, wie dieser finanziert werden soll. Die Wege, die die PDS dazu anführt, sind jedenfalls ungeeignet. Die Gelder aus dem Flutopfersolidaritätsfonds werden zur Kofinanzierung der Hilfsprogramme des Bundes benötigt. Auch
Mittel der Europäischen Union kommen dafür nicht infrage. Es stehen keine zusätzlichen freien Mittel zur Verfügung, sondern es besteht lediglich die Möglichkeit, Mittel aus EU-Strukturfonds für Zwecke der Hochwasserschadensbekämpfung einzusetzen, wovon Sachsen-Anhalt natürlich Gebrauch machen wird.
Zusammengefasst heißt das, die Errichtung eines Landesfonds zur Flutopferhilfe, dessen Finanzierung nicht gesichert ist, kann auch nicht wirksam werden. Wenn heute ein noch nicht absehbarer zusätzlicher Bedarf entstehen sollte, ist es sachgerechter, über die Auflegung ergänzender Programme im Rahmen des Flutopfersolidaritätsfonds nachzudenken.
Zweitens. Das Siebenpunkteprogramm zur Flutfolgenbekämpfung. - Die Forderungen des Siebenpunkteprogramms aus dem PDS-Antrag sind letztlich einerseits nur eine detaillierte Beschreibung von Teilen der Gesamtaufgabe an den zeitweiligen Ausschuss Hochwasser - so in den Punkten 1, 3, 5, 6 und 7 - und andererseits in den Punkten 2 und 4 die Wiederholung der Forderung nach einem Schadensausgleichsgesetz.
Die Landesregierung hat die erforderlichen Schritte zur Aufstellung der im ersten Punkt des Programms geforderten Schadensbilanz mit der Einrichtung eines interministeriellen Arbeitsstabes bereits eingeleitet.
Im Rahmen dieser Schadensfeststellung wird die Landesregierung auch ermitteln, wie hoch die Kosten der Kommunen für den Katastropheneinsatz waren, und in Abhängigkeit von den Ergebnissen entscheiden, in welchem Umfang sich das Land an den Kosten beteiligt. Ich weiß von vielen Gesprächen mit Bürgermeistern und Landräten, dass in dieser Hinsicht ein erheblicher Informations- und Gesprächsbedarf besteht und natürlich auch die Kostenfrage entsprechend geregelt werden muss.
Die Landesregierung führt bereits eine gründliche und sachliche Nachbereitung des Katastrophenmanagements durch. Zugleich müssen in einer gründlichen Analyse Möglichkeiten für die Verbesserung des zukünftigen Katastrophenschutzmanagements entwickelt werden. Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird eine der durch den Ausschuss zu begleitenden Maßnahmen sein müssen.
Die von der PDS geforderte Neukonzipierung der Ausgestaltung von Flussläufen und Flusslandschaften läuft bereits auf Hochtouren. Die Landesregierung prüft im Ergebnis laufender Länder übergreifender Untersuchungen Möglichkeiten zur Reaktivierung ehemaliger Überschwemmungsflächen und zur Schaffung zusätzlicher Retentionsräume für die Elbe und die Unterläufe der Nebenflüsse im Land Sachsen-Anhalt. Ebenfalls geprüft wird, welche Auswirkungen sich für die Landesraumordnung, aber auch für die Bauleitplanung durch die Gemeinden ergeben.
Ich habe sehr aufmerksam hingehört, als der Hinweis auf die Bauleitplanung der Gemeinden gefallen ist. Ich warne davor, dass jetzt eine Diskussion aufgemacht wird nach dem Motto, die Kommunen seien selbst daran schuld, wenn sie in solchen Gebieten Bebauungspläne aufgestellt hätten. Ich möchte diejenigen, die mit den Details vertraut sind, daran erinnern, dass jeder B-Plan bis zur Rechtsverbindlichkeit eines Flächennutzungsplans durch das RP genehmigt werden muss. Das RP war und ist im Rahmen seiner Prüfungspflicht gehalten, die entsprechenden Behörden zu beteiligen, was in der
Regel auch passiert ist. Den schwarzen Peter den Kommunen zuzuschieben, halte ich an dieser Stelle für ausgesprochen deplaziert.
Inwieweit in Erwartung einer möglichen nächsten Jahrhundertflut über die bereits eingestellten Mittel zur Hochwasserprävention hinaus zusätzliche Reserven angelegt werden müssen, ist im Ergebnis der laufenden Untersuchungen zu entscheiden und muss dann auch ein wichtiges Thema im Ausschuss werden.
Sie sehen also, dass es angesichts der laufenden Aktivitäten sinnvoller ist, die Landesregierung im Ausschuss Hochwasser kontinuierlich berichten zu lassen, somit auch die Forderungen in dem Siebenpunkteprogramm der PDS-Fraktion sicher erfüllt werden. Aus diesem Grunde haben die Fraktionen der CDU und der FDP den Ihnen vorliegenden Änderungsantrag eingebracht, zu dem wir Sie um Zustimmung bitten.
Zum Punkt 3 - Strukturanpassungsmaßnahmen im sozialen, ökologischen und kulturellen Bereich - nur noch kurz, weil die rote Lampe bereits blinkt: Eigentlich geht der Antrag der PDS hinter den bereits jetzt erreichten Stand in der Arbeitsmarktförderung zurück. Die Landesregierung hat nicht nur zusätzliche Strukturanpassungsmaßnahmen gefördert, sondern darüber hinaus weitere Arbeitsmarktprogramme aufgelegt.
Ich möchte diese in Anbetracht der zu Ende gehenden Redezeit nur kurz nennen: erstens das Sonderprogramm des Landes zur Aufstockung des Arbeitsmarktprogramms „Hochwasserhilfe 2002/2003“- hierfür werden kurzfristig 2,6 Millionen € aus Bundes- und Landesmitteln bereitgestellt werden -, zweitens die Förderung geringfügig Beschäftigter zur Beseitigung der Hochwasserschäden, wofür 150 000 € bereitgestellt wurden, und drittens die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes für landwirtschaftliche Betriebe zur Unterstützung der vom Hochwasser unmittelbar betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe.
Ich komme damit zum Ende. - Aus diesem Grunde können wir den Antrag der PDS-Fraktion nicht mittragen und werden diesen ablehnen.
Abschließend möchte ich noch betonen, dass ich mich auf die Zusammenarbeit im Ausschuss freue. Ich denke, dass diese nicht nur interessant, sondern auch fruchtbringend für das Land sein wird. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich möchte an den Anfang eine Bemerkung stellen, Herr Madl. In den Aufbauhilfefonds des Bundes gehen nach meinen Informationen 7,1 Milliarden €, wovon bisher
4 Milliarden € in Bundesprogrammen gebunden sind. Somit bleiben noch erhebliche Mittel übrig, die frei verfügbar sind bzw. bei einer Kofinanzierung in unterschiedlichen Größenordnungen frei verwendet werden können. Wir rechnen sehr stark damit, dass alle Länder frei verfügbare Mittel erhalten werden.
In diesem Zusammenhang meine Frage: Sie haben gesagt, dass unser Gesetzentwurf, der nur eine Regelung trifft, zusätzliche Bürokratie bedeutet. Können Sie mir erklären, warum es weniger Bürokratie bedeuten soll, wenn das Land frei verfügbare Mittel bekommt und diese statt über ein Gesetz in zehn oder 15 verschiedenen Programmen einsetzt?