Protocol of the Session on September 8, 2005

Wir sehen aber auch die Chancen, die diese Technologie bietet, und treten deshalb für eine verantwortungsvolle Nutzung der Bio- und Gentechnik ein. Wir können es uns als Landesregierung nicht leisten, Biowissenschaften und Biotechnologie, die weltweit als Schlüsseltechnologie gelten, zu ignorieren.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Sachsen-Anhalt hat sich bewusst für eine Beteiligung am Erprobungsanbau entschieden; denn hier werden wichtige Fragen für die Koexistenz und damit für die Praxis beantwortet. Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind früh aufgestanden, damit wir die Entwicklung nicht rot-grün verschlafen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die von der Bundesregierung bisher vorgelegten Rechtsvorschriften sind zur Lösung der Probleme und auch als Antwort auf die Fragen der Verbraucher völlig ungeeignet. Ich habe deshalb meine Fachleute gebeten, zusammen mit Bayern und Baden-Württemberg einen Gesetzentwurf auszuarbeiten, der einen gangbaren Weg aufzeigt.

In unserem Land habe ich die Erfahrung gemacht, dass es auch anders geht, als nur zu polarisieren. Wir führen seit 2003 mit den unterschiedlichsten Interessenvertretern einen konstruktiven, sehr sachlichen Dialog. Dafür danke ich allen Beteiligten.

Der grundlegende agrarpolitische Systemwechsel bietet für die Betriebe in Sachsen-Anhalt Chancen und Entwicklungsperspektiven, meine Damen und Herren. Allerdings können unsere Betriebe diese Chancen nur dann wirklich nutzen und sich erfolgreich an den Märkten behaupten, wenn sie nicht aufgrund überzogener Vorschriften deutliche Wettbewerbsnachteile gegenüber ihren europäischen Kollegen hinnehmen müssen und dadurch ausgebremst werden. Zahlreiche Vorschriften im Umwelt- und Naturschutz oder auch, wenn ich an die Wasserrahmenrichtlinie denke, im Gewässerschutz müssen die Landwirte beachten, wenn sie Felder und Wiesen bewirtschaften. Besonders betroffen hiervon sind die Bereiche Pflanzenschutz und Düngemittel.

Der Landwirt ist bereit, die besondere Verantwortung für den Umwelt- und Naturschutz und für den Verbraucherschutz zu übernehmen; aber die rot-grüne Bundesregierung, meine Damen und Herren, ist bei der Umsetzung europäischer Vorschriften in den letzten Jahren oftmals über die von der EU gesetzten Standards, das heißt

über eine 1:1-Umsetzung, hinausgegangen. Das führt zu einer Benachteiligung unserer heimischen Betriebe; denn die Nahrungsmittel, die in Europa aufgrund der niedrigeren europäischen Standards erzeugt werden, haben freien Zugang auf den deutschen Markt. Deshalb plädieren wir konsequent für einheitliche Standards und wehren uns gegen die Verfahrensweise, immer noch eins obendrauf zu setzen.

(Beifall bei der CDU)

Eine der aktuellen Herausforderungen ist die Reform der Zuckermarktordnung. Der vorliegende Verordnungsentwurf der EU-Kommission öffnet den bisher abgeschotteten EU-Zuckermarkt für den Weltmarkt und damit für den bei der Erzeugung aufgrund unzureichender ökologischer und sozialer Standards konkurrenzlos billigen Rohrzucker. Das wird auch für unser Land nicht ohne Folgen bleiben. Obwohl die rot-grüne Bundesregierung nicht müde wird zu betonen, wie wichtig ihr Mindeststandards bei internationalen Vereinbarungen seien - beim Rohrzucker aus Südamerika haben diese Mindeststandards anscheinend keine Rolle gespielt. Offensichtlich stehen die brasilianischen Erzeuger Frau Künast näher als die deutschen.

(Beifall bei der CDU)

Auch das Argument, etwas für die Entwicklungsländer tun zu müssen, ist nur ein Teil der Wahrheit. Gerade die schwächsten unter diesen Ländern fallen bei einer starken Liberalisierung schnell hinten runter, da sie mit dem europäischen Zuckermarkt einen stabilen Handelspartner verlieren. Dass diese Länder einer direkten Konkurrenz beispielsweise mit Brasilien standhalten könnten, ist eine der Illusionen von Frau Künast.

Ich möchte aber eines deutlich sagen: Einer Reform des Zuckermarktes an sich stehen wir nicht ablehnend gegenüber. Wir brauchen jedoch Regelungen, die für alle Beteiligten ausgewogen sind und in einem vertretbaren Übergangszeitraum umgesetzt werden. Schließlich haben wir in Sachsen-Anhalt drei moderne Zuckerfabriken, die in ihren Regionen wichtige Arbeitgeber und für die Landwirte in ihren Einzugsgebieten wichtige Handelspartner sind.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Wolpert, FDP)

Maßnahmen, die eine europäische Zuckerproduktion an den klimatisch und strukturell günstigen Standorten auch in Zukunft ermöglichen, finden unsere Unterstützung. Unter diesem Blickwinkel sehen wir das Herauskaufen von Quoten im Zuckersektor als einen positiven Beitrag zur Standortsicherung.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir brauchen eine Bundesregierung, die dies auch vertritt und die ihrer Verantwortung im EU-Agrarrat gerecht wird, da die Kommission im November 2005 die Endfassung der Verordnung beschließen will.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein für die landwirtschaftlichen Betriebe wesentlicher Punkt ist die Verfügbarkeit von Grund und Boden. Hierbei sind neben den privaten Bodeneigentümern auch das Land und der Bund Gesprächspartner für die Betriebe. Mit dem Verkauf landwirtschaftlicher Flächen des Landes an die Landgesellschaft ist es gelungen, eine den Bodenmarkt schonende und für die landwirtschaftlichen Unternehmen erträgliche Privatisierung des Bodens durch einen

maßvollen Verkauf der landwirtschaftlichen Flächen zu gewährleisten. Ich werde mein Augenmerk darauf lenken, dass die weitere Privatisierung der BVVG-Flächen ebenso schonend wie bei den Flächen der Landgesellschaft erfolgt.

(Zustimmung bei der CDU)

Eine Übernahme der Privatisierung durch das Land könnte ich mir gut vorstellen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Um den Boden für die landwirtschaftliche Nutzung zu erhalten und um eine multifunktionale Landwirtschaft in einer umweltgerecht gepflegten Kulturlandschaft erhalten zu können, brauchen wir aber in den kommenden Jahren auch weiterhin die Flurbereinigung, und zwar als Fördergrundsatz in der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“.

Ich gehe davon aus, dass eine neue Bundesregierung im Gegensatz zur jetzigen akzeptiert, dass Flurbereinigung in den neuen Ländern nicht mit Flurbereinigung in den Realteilungsgebieten der alten Bundesländer vergleichbar ist. In den neuen Bundesländern wird der Flächenverbrauch und damit die Versiegelung bei Infrastrukturmaßnahmen minimiert und ausgeglichen. Hier finden Vernetzung und Biotopverbund statt. Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen werden genutzt, um DDR-Altlasten - ich denke an leere LPG-Ställe - zu entsorgen, und es wird Innenentwicklung vor Außenentwicklung zur Stärkung von dörflichen Entwicklungskernen praktiziert. Wir haben also gute Gründe, um den Erhalt dieses Fördergrundsatzes zu kämpfen, und das werden wir tun.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung kümmert sich sehr intensiv um die Tierhaltung. Tierhaltung bindet Arbeitskräfte im ländlichen Raum und schafft Wertschöpfung vor Ort durch Veredlung des Rohstoffes Futter. Wir sehen daher einen Schwerpunkt unserer politischen Bemühungen darin, die im Land vorhandenen Potenziale in diesem Bereich besser zu nutzen.

Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur Agrarreform haben wir uns deshalb für eine Stärkung des Grünlandes eingesetzt. Auf unsere Initiative hin ist es gelungen, Spielraum für die Länder bei der Festsetzung der Prämienhöhe festzuschreiben. Ich werte das als einen besonderen Erfolg für unser Land. Und wir haben diesen Spielraum in Sachsen-Anhalt zur Erhöhung der Grünlandprämie auch genutzt. Der Prämienwert pro Hektar Grünland ist um knapp 50 € angehoben worden und liegt jetzt bei rund 100 €. Damit leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung der Milchvieh- und der Schafhaltung.

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn wir schon beim Thema Agrarreform und Tierhaltung sind, erlauben Sie mir ein paar Sätze zur Milchproduktion. Sicher, die Milchwirtschaft ist von der Öffnung der europäischen Märkte stark betroffen. Sie hatte über einen langen Zeitraum eine starke Schutzhülle. So schwierig die Lage für die Milcherzeuger auch ist, die aktuelle Preissituation ist nicht so schlecht wie vorhergesagt. Die Prognosen sind nicht mehr so düster.

Klar ist aber, dass die Milchproduktion in Zukunft nur noch ein Geschäft für Profis ist, egal in welcher Größenordnung der Betrieb sie betreibt. Denn solange die Über

produktion der Europäischen Union nicht deutlich abgebaut ist, wird der Preisdruck hoch sein. Umso mehr brauchen wir günstige Rahmenbedingungen für die Milcherzeugung im Land und damit auch für die Rohstoffbasis der heimischen Milchindustrie.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sagte es schon: Die Landwirte sind bereit, sich ihrer Verantwortung für die Gesellschaft auch im Bereich des Verbraucherschutzes zu stellen. Aber die einzelnen Maßnahmen sind nur dann sinnvoll, wenn sie wirklich ein Plus im Verbraucherschutz bringen und nicht nur horrende Kosten verursachen.

Ich will das Festhalten der Bundesregierung an einem Testalter von 24 Monaten bei Schlachtrindern zum Schutz vor BSE nennen. Das ist ein Beispiel dafür, wie der gesamten Wirtschaft Kosten auferlegt werden, aber für den Verbraucherschutz keine tatsächliche Verbesserung erreicht wird. Die Risikobewertung durch das Bundesinstitut für Risikobewertung bei einem Testalter von 30 Monaten hat gezeigt, dass es für den Verbraucherschutz keinen Sinn macht, wenn man weiterhin an einem Testalter von 24 Monaten festhält.

Der Tierschutz ist aber eben auch ein Thema, welches sehr stark ideologisch geprägt ist. Leider trifft die Bundesregierung immer wieder Entscheidungen, die über den europäischen Maßstab hinausgehen und damit eher zulasten der einheimischen Wirtschaft gehen; denn die Standards bei der Tierhaltung variieren im internationalen Vergleich sehr stark.

Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt wird sich auch weiterhin mit Nachdruck für europaweit einheitlich geltende Tierschutzanforderungen für landwirtschaftliche Nutztiere einsetzen; denn unsere Landwirtschaft darf im Vergleich zu den anderen Mitgliedstaaten der EU nicht benachteiligt werden.

Meine Damen und Herren! In einem Binnenmarkt sind nationale Alleingänge keine Lösung. Sie behindern die Wettbewerbsfähigkeit einheimischer Landwirte und führen notgedrungen zu einer Abwanderung der Erzeugung in andere Länder. Wertvolle Arbeitsplätze gehen verloren. Damit ist weder den Tieren noch dem Erzeuger und schon gar nicht dem Verbraucher geholfen.

Das beste Beispiel dafür ist die Legehennenhaltung. Wenn die Käfighaltung in Deutschland verboten und in anderen Mitgliedstaaten der EU erlaubt ist, dann ziehen die Käfige mit den Hühnern darin von hier einige Hundert Kilometer weiter ostwärts. Und, meine Damen und Herren, der Käufer sieht den Eiern nicht an, ob sie in Deutschland oder in Polen gelegt wurden.

(Beifall bei der CDU)

Die Diskussion um die Schweinehaltung trägt ähnliche Züge. Der rot-grünen Bundesregierung ist es bisher nicht gelungen, akzeptable Regelungen vorzustellen. Sie riskiert lieber ein EU-Rechtsverfahren, als von ihrer ideologisch verbrämten Anschauung abzugehen.

Dass Investitionsförderprogramme eine echte Unterstützung sein können, zeigt die Entwicklung bei der Schweinehaltung hier im Land. Entgegen dem bundesweiten Trend des Bestandsabbaus hat sich der Schweinebestand in Sachsen-Anhalt positiv entwickelt. Mit 915 000 Tieren haben wir die Größenordnung des Jahres 1991 wieder erreicht. Ich freue mich darüber natürlich besonders, weil dieses Programm, welches nun Wir

kung zeigt, während meiner ersten Amtszeit als Landwirtschaftsministerin ins Leben gerufen wurde.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Staats- minister Herrn Robra)

Eine Investitionsförderung kann aber nur dann unterstützend wirken, wenn investitionswillige Betrieben da sind; und nur unter Rahmenbedingungen, die eine konkurrenzfähige Produktion ermöglichen, entsteht ein Klima für Investitionen.

Mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen zu verbessern, hat die Landesregierung Anfang des Jahres 2003 die Veredlungsinitiative gestartet. Sie setzt stark auf eine Entschlackung eines sehr breiten Komplexes verschiedener Rechtsbereiche, die auf Tierhaltungsanlagen einwirken. So sollen zum Beispiel mithilfe eines Stall- und Standortkatasters begründete Standortempfehlungen für Investoren gegeben werden können, woraus finanzielle, aber auch zeitliche Einsparungen bei Genehmigungsverfahren resultieren können. So verstehen wir Investitionserleichterung.

In diesem Zusammenhang will ich das Thema Großanlagen ansprechen. Wir können aus rechtlichen Erwägungen die Errichtung und das Betreiben von größeren Anlagen nicht ausschließen. Entgegen der Auffassung vieler auch emotional agierender Verbraucher gelingt es gerade in modernen Großanlagen, den gegenwärtigen und künftigen Anforderungen an den Tier-, Seuchen-, Umwelt- und Verbraucherschutz gerecht zu werden.

Aber auch über Investitionen hinaus gilt es, verschiedene Möglichkeiten auszuloten, die für bestimmte Wirtschaftsbereiche unterstützend wirken können. So haben wir zum Beispiel Schafhaltungsbetriebe mit zusätzlichen Flächen ausgestattet; denn Schafhaltungsbetriebe haben mit den schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen besonders zu kämpfen. Hierbei kann nur ein Maßnahmenbündel helfen. Neben der Bereitstellung von Flächen hilft der Abschluss von Verträgen zur Deichpflege mit Schafen. Diese Möglichkeit wollen wir weiterhin ausschöpfen; denn bei der Deichpflege schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe:

(Zustimmung von Herrn Czeke, PDS)

Zum einen ist die Deichpflege mit Schafen gut für die Schafe, zum anderen gut für die Deiche.

(Zustimmung von Herrn Daldrup, CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf der Suche nach neuen Einkommensquellen und -alternativen haben die Landwirte Sachsen-Anhalts die nachwachsenden Rohstoffe als Produktionsalternative angenommen. Sie belegen jährlich beim Anbau im Bundesvergleich einen Spitzenplatz. Wie bei anderen Produkten ist auch der Anbau nachwachsender Rohstoffe für den Landwirt dann wirtschaftlich interessant, wenn ein gesicherter Absatz zu einem entsprechenden Preis vorhanden ist. Damit spielt die Weiterverarbeitung der Rohware und der Absatz des Endprodukts eine wesentliche Rolle.

Um den gesamten Bereich zu befördern, hat die Landesregierung die Koordinierungsstelle nachwachsende Rohstoffe - kurz „Konaro“ genannt - eingerichtet. Sie ist Ansprechpartner für alle Akteure rund um das Thema und hat sich im Land fest etabliert.