Protocol of the Session on July 8, 2005

- Ja, ja. Nur, für vernünftige Arbeit muss man sich etwas Zeit nehmen und nicht so aus der Hüfte schießen, wie Sie das hier mit diesem Antrag getan haben. Ich komme gleich darauf zurück.

Die Veranstaltung am vergangenen Mittwoch war sehr gut. Das heißt nicht, dass dort nur Lob erteilt wurde, sondern dort wurde auch sehr kritisch über ein Arbeitspapier der Koalitionsfraktionen diskutiert, in dem nicht alles stand, was wir dachten erfasst zu haben. Das, denke ich, ist auch gut so, weil dieses Hohe Haus nicht der Hort aller Weisheit ist, sondern weil wir auf aktives Mittätigsein der Gesellschaft angewiesen sind.

Wir haben im Rahmen dieser Veranstaltung zum Beispiel auch über das Thema Versicherung kontrovers

diskutiert. Es gab dort Redner, die es sich verbeten haben, dass von Staats wegen für die ehrenamtlich Tätigen eine Versicherung organisiert wird. Es gab andere, die gesagt haben, dass sie genau eine solche Versicherung brauchten.

Wir werden uns in den weiteren Beratungen, die sicherlich auch das Hohe Haus beschäftigen werden, darüber unterhalten müssen, ob wir die teilweise großen Verbände, wie die Musikverbände und die Sportverbände, zu einer Versicherung zwingen, oder ob wir eine separate Versicherung für noch nicht versicherte Ehrenamtler schaffen. Das ist zu diskutieren. Darüber muss aber in Ruhe diskutiert werden. Deshalb ist Ihr Antrag wie ein Springen auf einen fahrenden Zug. Nur leider war der Sprung etwas zu kurz, Sie haben den Zug leicht verfehlt.

(Zuruf von Frau Dr. Klein, PDS)

So allgemein, wie die Punkte in Ihrem Antrag gefasst sind, lassen sich Ehrenamtler, die engagiert für ihr Ehrenamt und für die Randbedingungen um ihr Ehrenamt kämpfen, nicht abspeisen.

(Zuruf von der PDS)

Da muss mehr Butter bei die Fische getan werden.

(Frau Dr. Klein, PDS: Dann tun Sie es doch! - Herr Höhn, PDS: Machen Sie es doch!)

Wir haben uns gestern durchaus mit konkreten Maßnahmen beschäftigt und konkrete Forderungen entgegengenommen. Eines wurde aber nicht angesprochen: Das Thema Beitritt zum Bundesnetzwerk spielte bei keinem der dort anwesenden Diskutanten - vom Sozialbereich über den Umweltbereich und den Kulturbereich bis hin zum Sportbereich - eine Rolle.

(Zuruf von Frau Dr. Paschke, PDS)

Niemand hat diesen Vorschlag aufgegriffen. Deshalb auch meine Skepsis. Brauchen wir wirklich dieses Bundesnetzwerk? Vor allen Dingen: Brauchen wir die Beteiligung des Landes an diesem Netzwerk?

Herr Dr. Fikentscher hat gerade die Prinzipien für das Ehrenamt aufgezählt. Dazu gehört das Prinzip der Selbstorganisation. Ist es nicht vernünftiger, in dem Bundesnetzwerk ein Landesnetzwerk des Ehrenamtes Mitglied werden zu lassen, das selbständig die Vertretung festlegt? - Stellen Sie sich vor, ein Mitarbeiter der Staatskanzlei nimmt dort an Sitzungen teil - stellvertretend auch noch für Mecklenburg-Vorpommern, für Brandenburg, für Thüringen und andere Länder - und muss eine Entscheidung fällen und dies hinterher mit dem eigenen Haus, aber auch mit anderen Ländern koordinieren. Stellen Sie sich diesen Aufwand vor!

Ich halte ihn nicht für richtig. Ich halte es für richtiger, dass ein Landesnetzwerk mit der Landesregierung korrespondiert und ein Bundesnetzwerk mit der Bundesregierung korrespondiert, um auf den jeweiligen Ebenen die Rahmenbedingungen für das Ehrenamt zu verändern und zu verbessern. Das, denke ich, wäre der richtige Ansatz.

Wir haben auch Vorschläge bekommen, zu denen wir gesagt haben, dass das Sache der Bundesregierung ist. Da muss sich der Bundesverband mit der Bundesregierung auseinander setzen. Über die Parteistrecke kann zwar geholfen werden, aber letztlich muss das auf der anderen Ebene geklärt werden. Deshalb ist noch großer Beratungsbedarf vorhanden.

Die Koalitionsfraktionen werden im September einen eigenen Antrag zur Förderung des Ehrenamtes einbringen. Ich sage Ihnen aber auch, dieser Antrag wird nicht vollständig und allumfassend sein. Auch dieser Antrag wird nur einen Beitrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen leisten können, er wird aber wesentlich konkreter sein als das, was uns heute die PDS als Antrag vorgelegt hat.

Trotzdem möchten wir diesen Antrag nicht pauschal ablehnen, sondern ihn zur Beratung in den Ausschuss für Kultur und Medien überweisen, um im Herbst, wenn der Koalitionsantrag vorliegt, einen vernünftigen Beratungsgegenstand zu haben. Es ist wichtig, konkrete Punkte zur Verbesserung der Randbedingungen des Ehrenamtes auf der Landesebene - das, was wir hier tun können - zu beschließen. Ich lade Sie recht herzlich ein, mit uns gemeinsam dieses Ziel zu verfolgen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schomburg. - Frau Dr. Paschke, Sie haben nunmehr die Möglichkeit, die Debatte mit Ihrem Beitrag zu beschließen.

Den geäußerten Vorwurf, dass das alles ziemlich abstrakt sei, nehme ich für unsere Fraktion gern an. Wir hatten tatsächlich überlegt, ob wir nicht fordern sollten, dass ein „Leitbild Förderung bürgerschaftliches Engagement“ erstellt wird. Das haben wir dann aber nicht gemacht, weil wir a) mit Leitbildern und deren Forderungen schon schlechte Erfahrungen gemacht haben und erst einmal ein solches Leitbild vorliegen haben wollten und b) eine Voraussetzung schaffen wollten, die allgemein gehalten wird, damit sich einige Fraktionen bereit erklären - wie es auch jetzt passiert -, darüber im Ausschuss zu beraten.

Wäre es ein zu komplexer Antrag geworden, wäre er abgelehnt worden. In den Punkten, in denen der Antrag konkret ist, weiß es die Landesregierung nicht genau und die anderen wissen es auch nicht genau. Das betrifft die konkrete Forderung, in das Bundesnetzwerk einzutreten.

Der Vergleich mit dem fahrenden Zug hat eine große Rolle gespielt. Herr Schomburg hat gesagt, wir wären aufgesprungen. Der Staatsminister sagte, er wisse nicht, ob es richtig wäre, auf einen solchen Zug aufzuspringen. Ich sage: Lieber auf einen Zug aufspringen und mit die Weichen stellen, als sich hinter dem Zug als Bedenkenträger auf die Gleise zu setzen.

Ein weiterer Punkt, der hier angesprochen wurde, betraf die Kreisgebietsreform. Wir haben ein Konzept zu den Regionalkreisen. Auf unserer Internetseite kann man den gerade verabschiedeten Parteitagsbeschluss nachlesen; dazu haben alle Fraktionen auch die Unterlagen bekommen. Anlässlich der Konferenz, die wir am 28. Mai 2005 zu den Fragen bürgerschaftliches Engagement, Bürgerkommune und kommunale Politikreform einberufen haben, haben auch die Fragen des kommunalen Ehrenamts eine Rolle gespielt. Der Geschäftsführer des Bundesnetzwerkes war anwesend und hat die Arbeitsweise erklärt. Er hat ausgeführt, wie unkompliziert man zum Beispiel in den Arbeitsgruppen als Land arbeiten kann.

(Zuruf von Herrn Schomburg, CDU)

- Herr Schomburg, ich finde Ihre Initiative mit der Konferenz gut, aber bilden Sie sich nicht ein, dass wir den Antrag deshalb gestellt haben, weil Sie eine Konferenz durchgeführt haben. Uns war Ende Mai klar, dass wir diesen Antrag stellen.

(Beifall bei der PDS)

Ferner wurden Bedenken geäußert, dass es wieder zu einer Verstaatlichung kommen könnte. Auch über solche Dinge muss man diskutieren. Die PDS-Fraktion erkennt an, dass bestimmte Grenzen gesetzt werden müssen; aber es gibt auch neue Herausforderungen wie zum Beispiel die, dass man Gruppen Chancen einräumt, die neben dem Ehrenamt stehen. Darüber muss intensiv diskutiert werden. Das können wir gemeinsam tun.

Wir sind bereit, den Antrag auf Überweisung in den Ausschuss für Kultur und Medien zur federführenden Beratung mitzutragen. Ich bitte Sie nur, den Innenausschuss nicht auszusparen. In diesem Bereich gibt es sehr viel kommunales und anderes ehrenamtliches Engagement.

Was die Überweisung in den Sozialausschuss betrifft, so hat Herr Dr. Fikentscher nach meiner Meinung eine gute Begründung gegeben. Wir müssen uns tatsächlich darüber Gedanken machen, wie wir mit Rahmenvereinbarungen und besseren Rahmenbedingungen umgehen. Dazu wäre dieser Ausschuss am besten geeignet. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Vizepräsidentin. - Meine Damen und Herren! Damit ist die Debatte abgeschlossen. Wir treten in das Abstimmungsverfahren ein. Beantragt wurde eine Überweisung in den Ausschuss für Kultur und Medien zur federführenden Beratung und in den Ausschuss für Soziales.

(Herr Gallert, PDS, meldet sich zu Wort)

- Bitte, Herr Gallert.

Frau Paschke hatte noch den Ausschuss für Inneres genannt.

Aber nicht federführend? - Gut. Kann ich darüber insgesamt abstimmen lassen oder gibt es den Wunsch, darüber einzeln abzustimmen? - Das ist nicht der Fall.

Wer einer Überweisung des Antrages zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Kultur und Medien und zur Mitberatung in den Ausschuss für Soziales und in den Ausschuss für Inneres die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Zeichen mit der Stimmkarte. - Zustimmung bei allen Fraktionen. Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Keine. Damit ist der Überweisung einstimmig zugestimmt worden und der Tagesordnungspunkt 27 somit erledigt.

Meine Damen und Herren! Nun können wir die zunächst zurückgestellten Tagesordnungspunkte 25 und 26 behandeln, da unser verehrter Herr Kultusminister wieder anwesend ist.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 auf:

Erste Beratung

Grundschulen in eingemeindeten Orten

Antrag der Fraktion der PDS - Drs. 4/2247

Der Antrag wird von der Abgeordneten Frau Dr. Hein eingebracht. Bitte sehr, Frau Dr. Hein.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht wieder einmal um Schulstandorte. Es erweist sich einmal mehr, dass die derzeitigen Regelungen der Schulentwicklungsplanung zu starr sind, um eine vernünftige und verlässliche Schulentwicklungsplanung zu gewährleisten. Es betrifft diesmal die Grundschulen, die, wie alle Fraktionen im Hause wohl wollen, möglichst wohnortnah angeboten werden sollen. Ich denke, darüber besteht Konsens.

Weil sie möglichst wohnortnah angeboten werden sollen, gibt es im Gesetz eine entsprechende Formulierung für den Erhalt von Grundschulen. Die entsprechende Verordnung legt fest, dass es Ausnahmen von der Regelgröße von 60 Schülerinnen und Schülern für eine einzügige Grundschule geben kann. Wenn es am Schulstandort keine weitere Grundschule gibt und nur so ein wohnortnahes Schulangebot gesichert werden kann, dann dürfen Grundschulen auch mit mindestens 40 Schülerinnen und Schülern genehmigt werden.

Auf diesen Grundlagen ist die Schulentwicklungsplanung in allen Landkreisen erstellt worden. Das Landesverwaltungsamt hat das auch genehmigt. Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass genau diese Genehmigungen Bestand haben. Es geht nicht darum, neue Schulen zu eröffnen oder irgendetwas rückgängig zu machen, sondern es geht nur darum, die genehmigten Standorte zu erhalten.

Alle Fraktionen werden vor einigen Wochen einen Brief aus Jessen erhalten haben. Für drei Grundschulen im Raum Jessen verändern sich jetzt nämlich die Planungsgrundlagen, ohne dass sich die räumliche Situation ändert, ohne dass die Entfernungen geringer werden und ohne dass sich die Schülerzahlen verändern.

Die Veränderungen ergeben sich allein aufgrund der Eingemeindung der Orte, in denen sich diese Schulen befinden, in die Stadt Jessen. Damit verlieren die Gemeinden ihre kommunalrechtliche Eigenständigkeit und in der Folge die Möglichkeit, die Ausnahmeregelung für Grundschulstandorte gemäß § 4 Abs. 6 des Schulgesetzes in Anspruch zu nehmen.

Für die Schülerinnen und Schüler, die bisher die Grundschulen in den Orten Schweinitz, Seyda und Holzdorf besuchen, ändert sich aber durch die Eingemeindung überhaupt nichts. Die Schulwege werden nicht kürzer, die Besiedlungsdichte wird nicht größer. Die Eingemeindung mag zwar wirtschaftliche Vorteile bringen, aber der ländliche Charakter der Orte bleibt erhalten und die Wege zwischen den eingemeindeten Orten bleiben dieselben wie die Wege zu den umliegenden Gemeinden, die im Einzugsbereich dieser bis jetzt bestandsfähigen Grundschulen existieren.

Alle Grundsätze und Gründe für die Genehmigung der Ausnahme bestehen bis auf einen fort: Diese drei Orte gehören künftig zum Schulstandort Jessen. Damit ergibt sich nach der Verordnungslage nun auch für sie die Not

wendigkeit, mindestens 60 Schülerinnen und Schüler für die Bestandsfähigkeit ihrer Schule nachzuweisen. Das gefährdet die bisher mithilfe einer Ausnahmeregelung bestandsfähigen Schulstandorte, zu denen aus den umliegenden Einzugsbereichen noch Schüler zu den Grundschulen gefahren werden. Das bedeutet, dass neben den in den drei Orten wohnenden Kindern auch die in den umliegenden Ortschaften wohnenden Kinder genauso betroffen sind.