Protocol of the Session on July 8, 2005

Aber mit der Bildung eines Netzwerkes allein ist es noch nicht getan. Das Netzwerk muss auch mit Leben erfüllt werden. Ich habe zuerst die Zahl 75 gehört, nun haben aber 102 Institutionen, Vereine und Verbände ihre Mitarbeit erklärt. Das macht deutlich, dass es sich um ein breites gesellschaftliches Engagement handelt. Wir brauchen ein solches Engagement, das auf breiten Schultern ruht.

Gestern war im Landtag eine Besuchergruppe. Migrationsvereine aus dem Raum Halle wollten mit Abgeordneten reden. Vertreter aller Parteien waren zugegen und haben zwei Stunden lang mit den Ausländern diskutiert und ihre Fragen und ihre Sorgen entgegengenommen. Es ist sehr wohl deutlich geworden, dass in SachsenAnhalt eine Atmosphäre herrscht, die es den Asylbewerbern und den ausländischen Arbeitnehmern oder ausländischen Studierenden schwer macht, und dass sie sich bei uns noch nicht wohl fühlen. Das heißt, das Ziel eines weltoffenen Sachsen-Anhalt ist noch nicht erreicht. Auch das macht die Notwendigkeit des Netzwerkes deutlich. Deshalb haben wir es doch gegründet.

Nun gibt es in Sachsen-Anhalt viele Bündnisse, Vereine, auch runde Tische, Projekte und Initiativen über das ganze Land verstreut, die sich für mehr Demokratie, Weltoffenheit sowie Toleranz einsetzen und engagiert gegen Fremdenfeindlichkeit auftreten.

Frau Abgeordnete, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage zu beantworten?

Am Ende.

Am Ende, Herr El-Khalil.

Es muss das Anliegen des Netzwerkes sein, diese zu Bündeln und eine gemeinsame Plattform zu schaffen. Dazu, so meinen wir, bedarf es eines inhaltlichen Konzeptes, und das soll mit dem vorliegenden Antrag auf den Weg gebracht werden.

Herr Robra, Sie sagten eben, das Netzwerk arbeite schon und Sie brauchten eigentlich kein Konzept. Wir erwarten aber Vorstellungen, die erkennen lassen, wie die Arbeit im Netzwerk strukturiert wird. Es genügt nicht, das Netzwerk irgendwo bei der Landeszentrale für politische Bildung anzusiedeln. Wir meinen schon, es bedarf einer Geschäftsstelle, die sich den Aufgaben widmet, die sich das Netzwerk selbst gestellt hat, nämlich jede Form von Gewalt, Intoleranz und Extremismus zu ächten bzw. ihnen vorzubeugen, demokratische Überzeugungen zu fördern, den Dialog der Kultur zu stärken und die Rechte von Minderheiten zu sichern.

(Herr Tullner, CDU: Die Geschäftsstelle?)

In der Geschäftsstelle soll zum Beispiel die Koordinierung stattfinden. Auch soll das Konzept erarbeitet werden. Ferner soll die Umsetzung unterstützt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass die Arbeit im Sande verläuft. Diese Gefahr und diese Sorge haben auch die Verbände und Vereine. Sie haben sie auch am 11. Mai im Rahmen des Runden Tisches gegen Ausländerfeindlichkeit zum Ausdruck gebracht.

Herr Professor Spotka, wenn ich mich richtig erinnere, haben Sie dort angedeutet, eine Geschäftsstelle einrichten zu wollen. Daher haben wir auch diesen Punkt mit aufgenommen.

Ich fasse zusammen: Wir wollen mithilfe dieses Antrages ein Konzept für das Netzwerk auf den Tisch gelegt bekommen. Wir wollen wissen, wie die Aufgaben umgesetzt werden, wann die Regionalkonferenzen stattfinden, wo sie stattfinden und wer dazu gehört. Wir möchten mehr über das Forum und die Plattform wissen. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Fischer. - Herr El-Khalil, jetzt haben Sie Möglichkeit. Bitte sprechen Sie etwas lauter.

Ich versuche es. - Frau Fischer, Sie sagten eben, das gestrige Gespräch mit den ausländischen Menschen, die hier waren, habe Ihnen das Gefühl vermittelt, man fühle sich unsicher und es gebe eine Stimmung, aufgrund der sich Ausländer in Sachsen-Anhalt nicht sicher fühlen.

(Frau Fischer, Naumburg, SPD: Mitunter, ja!)

Ich kenne die Leute gut, bin mit ihnen in vielen Vereinen zusammen und habe mit ihnen ständig zu tun. Aber dieses Gefühl habe ich an keiner Stelle. Können Sie mir erklären, warum Sie dieses Gefühl bekommen haben? Was hat darauf hingedeutet?

Darauf hingedeutet haben die Berichte der Hallenser in Bezug auf den Umgang mit Behörden. Sie kennen die Ausländerbehörde in Halle. Es gibt dort massive Probleme und Beschwerden. Das ist auch der Ausländer

beauftragten in Halle bekannt. Herr Dr. Karamba Diaby war mit dabei. Es waren auch andere dabei, die wir beide sicherlich sehr gut kennen. Aber das Gefühl ist insgesamt deutlich gemacht worden, auch von einem Studenten an der Uni in Halle, der uns das bestätigt hat. Auch Herr Dr. Schellenberger und Herr Dr. Eckert waren dabei. Meine Wahrnehmung ist wohl die gleiche wie die der anderen Kollegen.

Frau Fischer, sind Sie bereit, eine weitere Frage zu beantworten?

(Herr Tullner, CDU: Eine Intervention!)

Eine Intervention. - Herzlichen Dank, Frau Fischer. - Herr Tullner, sprechen Sie bitte von hier vorn aus.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte die Möglichkeit der Intervention nutzen, um darauf hinzuweisen, dass am letzten Mittwoch das Kuratorium der Landeszentrale für politische Bildung getagt hat. Auch Frau Kollegin Mittendorf war dort. Vielleicht sollten Sie sich einfach einmal kurzschließen, Frau Fischer. Dort ist nämlich der Termin bekannt gegeben worden: Am 20. und 21. September 2005 finden die Regionalkonferenzen statt, und zwar in Halle und im Norden, entweder in Stendal oder Magdeburg. Diese Frage können wir also sehr schnell beantworten.

Herr El-Kahlil, möchten Sie eine Zwischenintervention machen? - Bitte. Ich gebe Ihnen zwei Minuten.

Ich brauche nur 30 Sekunden. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es ganz klar zu sagen: Ich lasse nicht zu, dass irgendjemand - hier im Hohen Hause oder auf der Straße - pauschal sagt, Sachsen-Anhalt sei ein unsicheres Pflaster für Ausländer. Das ist eine unzulässige Pauschalisierung. So etwas dürfen wir nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich bin zwar nicht hier geboren, aber ich fühle mich hier wohl - auch alle die, die ich kenne. Das sind diejenigen, die gestern hier saßen. Ich kenne sie; ich habe mit ihnen viel zu tun. Wir alle fühlen uns hier wohl. Dass es Einzelfälle gibt, bestreite ich in keiner Weise. Das ist aber eher weniger als woanders. Es liegen alle Voraussetzungen vor, dass man sich als Ausländer in Sachsen-Anhalt wohl fühlen und hier gut leben kann. Ich bin dankbar dafür, hier zu sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Wir setzen die Debatte fort mit dem Beitrag der FDP-Fraktion. Dazu erteile ich der Abgeordneten Frau Dr. Hüskens das Wort. Bitte sehr, Frau Dr. Hüskens.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDPFraktion lehnt den Antrag ab. Wir haben im März des Jahres 2005 hier gemeinsam einen Antrag beschlossen,

in dem es darum ging, ein Netzwerk und keine hierarchischen Strukturen für diesen Bereich zu gründen.

Ein Netzwerk - Herr Tullner hat es schon gesagt - zeichnet sich dadurch aus, dass ich versuche, gleichrangig, locker verschiedene Vereine, Verbände, Initiatoren zusammenzuschließen, um ein gemeinsames Ziel dezentral zu erreichen. Dem hat die Landesregierung meiner Meinung nach Rechnung getragen. Auch ich finde es außerordentlich erfreulich, dass der Landtagspräsident und der Ministerpräsident die Schirmherrschaft übernommen haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich bin der Auffassung, dass eine Geschäftsstelle in der Landeszentrale für politische Bildung genau am richtigen Ort ist, um die Aufgaben zwischen den Vereinen und Verbänden gleichberechtigt zu koordinieren, ohne dass es zu neuen Zwischenstufen kommt.

(Zustimmung von Frau Fischer, Merseburg, CDU)

Herr Gallert, eine Bemerkung zu dem Thema, warum die Vereine und Verbände die Sorge hatten, dass ihnen Geld weggenommen würde. Sie haben genau davor Angst gehabt, dass wir das Geld, das sie bisher bekommen, für die Ausstattung einer neuen zusätzlichen Geschäftsstelle in irgendeinem Verein nutzen würden und dass ihnen dieses Geld entgehen würde. Ich muss darauf hinweisen: Sie haben die Erfahrung einmal gemacht und wollen sie nicht noch einmal machen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Zu dem Thema Civitas muss ich ehrlich sagen: Ich finde, es ist fast ein starkes Stück, das in den Antrag hineinzuschreiben. Sachsen-Anhalt gehört zu den Ländern, die hierbei bisher immer kofinanziert haben und die sich in diesem Bereich sehr stark engagiert haben - das muss man einmal ganz klar sagen -, auch unter Ihrer Regierung. Dazu muss ich sagen: alle Achtung! Daraus jetzt aber abzuleiten, dass wir das nachzufinanzieren hätten, wenn die Bundesregierung die Mittel streicht, finde ich, ehrlich gesagt, heftig.

(Frau Liebrecht, CDU: Ja!)

Das ist die gleiche Bundesregierung, die uns ständig vorwirft, dass wir das Geld falsch verwendeten. Jetzt sollen wir Aufgaben, die sie eigentlich hat, bezahlen? Dazu sage ich ganz offen: Wenn die Bundesregierung - noch hat die SPD in der Bundesregierung ein Wörtchen mitzureden - der Auffassung ist, dass dies finanziert ist - - Engagieren Sie sich dort.

(Herr Bischoff, SPD: Das tun wir doch!)

Versuchen Sie, den Kollegen in Berlin ein bisschen auf die Sprünge zu helfen. Tragen Sie dafür Sorge, dass dieser Bereich weiterhin finanziert wird. Ich denke, dann dürfte Sachsen-Anhalt auch in der Lage sein, die Kofinanzierung zu erbringen. - Ich danke Ihnen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Zu- ruf von Herrn El-Khalil, CDU)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Meine Damen und Herren! Die Debatte wird mit dem Beitrag der PDSFraktion geschlossen. Es spricht Herr Gallert. Bitte sehr, Herr Gallert.

Herr Präsident! Werte Kollegen! Ich möchte mit der Geschichte anfangen, mit der Frau Hüskens aufgehört hat. Worum geht es bei dem Netzwerk? - Es geht um die Förderung von Demokratie und Toleranz in unserem Land Sachsen-Anhalt. Es geht um die Realisierung ganz grundsätzlicher Forderungen unserer Landesverfassung. Das sind Grundsätze, die die politische Kultur in diesem Land betreffen, die die soziale und ökonomische Ordnung in diesem Land betreffen.

Vor diesem Hintergrund kann es durchaus sein, dass sich die Bundesregierung möglicherweise - so steht es zu befürchten - aus verschiedenen Finanzierungen zurückzieht. Welche Partei diese Bundesregierung dann trägt, ist für das Jahr 2006 übrigens wahrscheinlich noch völlig offen.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Wenn wir davon ausgehen, dass wir für die politische Kultur und für die Grundsätze der Verfassung in diesem Land verantwortlich sind, dann frage ich: Was soll das für eine Begründung sein, wenn man sagt, man stellt kein Geld dafür zur Verfügung, weil es andere möglicherweise auch nicht tun? Das ist unsere Verantwortung und dafür müssen wir Einsatz zeigen.

(Beifall bei der PDS - Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

- Herr Tullner, ich sage jetzt etwas aus meiner Kenntnis über Haushaltspolitik seit 1994 heraus: Haushaltspolitik ist nicht Finanzpolitik im engeren Sinne, Haushaltspolitik ist Prioritätenpolitik.

(Herr Tullner, CDU: Ja!)