Protocol of the Session on July 7, 2005

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Wenn DHL eine Erfolgsgeschichte werden soll - es soll eine werden, weil der Logistikstandort Sachsen-Anhalt so hervorragend ist -, dann müssen wir die Menschen in der Region mitnehmen. Wenn Sie aber wissen, dass nachts die Maschinen starten und landen und morgens der regionale Verkehr auf der Straße und gleichzeitig der normale Flugverkehr einsetzt, dann können Sie ermessen, wie hoch die Belastung ist. Deshalb müssen wir alles ausschöpfen, damit es in dieser Region nicht zu Verzögerungen kommt, weil die Bürgerinnen und Bürger teilweise berechtigt unzufrieden sind.

Meine Damen und Herren! In einer Logistikregion sind durchschnittlich 10 % der Erwerbstätigen im Bereich der Logistik beschäftigt. Es ist nicht unrealistisch, dass bei der Weiterentwicklung Mitteldeutschlands zu einem europäischen Verkehrs- und Logistikkompetenzzentrum bis zum Jahr 2005 rund 100 000 Arbeitsplätze entstehen. Das sind keine Zahlen der Landesregierung, sondern das sagen uns Gutachten. Begründet wird das zum einen mit einem überdurchschnittlichen jährlichen Wachstum in Höhe von 6 % in der Logistik, zum anderen mit der Tatsache, dass die EU-Osterweiterung die Region im Umkreis von 100 km um das Schkeuditzer Kreuz in das Zentrum des europäischen Wirtschaftsraumes - man kann auch sagen: in das Zentrum der Metropolregion Mitteldeutschland - rückt.

Meine Damen und Herren! Zur Verkehrsinfrastruktur gehören nicht nur die Bauwerke, sondern gehört auch die Steuerung des Verkehrs für eine effiziente Auslastung.

Die Landesregierung will diesem Prozess einen Rahmen geben und unterstützt Forschungsprojekte im Bereich der Logistik. Ich nenne hier die Forschungsinitiative des Bundes mit den Ländern Sachsen-Anhalt und Sachsen „Verkehrsmanagement 2010“ mit dem Forschungs- und Entwicklungsvorhaben „Mosaique“. Die Abkürzung „Mosaique“ heißt, meine Damen und Herren: Mitteldeutsche Offensive für ein strategisches anwendungsübergreifendes intermodales Verkehrsmanagementnetzwerk mit Qualitätsausrichtung und Effizienzorientierung.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung von der Regierungsbank)

Ich wiederhole es nachher noch einmal, meine Damen und Herren.

Der Bund stellt mehr als 15 Millionen € zur Verfügung. Wir sind als Modellregion in Deutschland gemeinsam mit

Sachsen ausgewählt worden. Dieses ist nicht nur ernst zu nehmen, sondern es zeigt, dass auch in Berlin und in anderen Bereichen in Deutschland erkannt wird, dass Mitteldeutschland ein Logistikzentrum werden kann und werden wird.

Deshalb sind die Forschungsergebnisse im Rahmen des Projektes „Mosaique“ - ich wiederhole es jetzt doch nicht mehr, Herr Daldrup - natürlich wichtig für uns. So wird die Qualität der Verkehrssysteme erhöht, werden innovative Mobilitätsdienste angeboten und wird die Wahrnehmung der Verkehrsqualität aus Nutzersicht Eingang in die Angebotsgestaltung finden.

Allerdings - das hat jetzt auch Ihre Reaktion gezeigt - können Umfragen zufolge derzeit nur 5 % der Menschen etwas mit dem Begriff „Telematik“ anfangen. Ziel von „Mosaique“ ist es nun, in der Region Mitteldeutschland ein Verkehrsmanagementnetzwerk zu entwickeln. Um es vereinfacht auszudrücken: Die aus der Telematik gewonnenen Erkenntnisse sollen über intelligente Anwendungen unter die Leute, an den Mann und an die Frau gebracht werden. In Fortführung der Logistikkonferenz haben wir am 16. Juni 2005 einen Verkehrstelematikkongress durchgeführt, um diesem Prozess weiter Schwung zu verleihen und den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Sachsen-Anhalt weiter zu profilieren.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf das größte Forschungsvorhaben in Europa mit dem Namen „Galileo“ eingehen. Besonders im Verkehrswesen werden mit „Galileo“ bahnbrechende neue Steuerungssysteme ermöglicht. Mithilfe der Satellitennavigation können Verkehrsströme gesteuert und gelenkt, Transportketten überwacht und Straßendaten aufgenommen werden.

Im Land Sachsen-Anhalt wird das System Galileo durch einen eigens gegründeten Verein, an dem die Industrie, das Gewerbe, die Forschung und die Verwaltung beteiligt sind, begleitet. Der Verein Sanasa - Satellitennavigation Sachsen-Anhalt e. V. - hat sich zum Ziel gesetzt, mögliche Anwendungen der Satellitennavigation in den Bereichen Verkehr, Landwirtschaft und Umwelt zu unterstützen.

Meine Damen und Herren! Ich weiß, dass Mobilfunktelefone im Plenarsaal nicht benutzt werden sollen. Würden Sie es dennoch tun, könnten Sie „Domplatz“ und die gewünschte Abfahrtszeit in die Tastatur tippen und dies per SMS an eine Nummer der Magdeburger Verkehrsbetriebe senden. Sie würden in kürzester Zeit die gewünschte Verbindung zu ihrem Zielort zugesandt bekommen. - Das nur als kleine Dienstleistung, die schon jetzt möglich ist.

Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Situation in Sachsen-Anhalt und in Deutschland anschaut, dann wird einem deutlich, dass inzwischen die Lkws die Läger in Deutschland geworden sind. Lkw an Lkw kann man an den Raststätten entlang der Wegstrecke bestaunen. Jeder kann das täglich erleben. Ich frage mich, wie stark die internationalen Verkehre noch zunehmen können, bis unsere Straßen an den Grenzen ihrer Aufnahmefähigkeit angelangt sein werden.

Doppelstöckige Autobahnen, wie man sie aus ScienceFiction-Romanen und aus den USA kennt, halte ich für unser dicht besiedeltes Land für eine zu kühne Vision. Ich plädiere daher eher dafür, schon jetzt die Weichen für einen stärkeren Mix der Verkehrsträger zu stellen. Ich bin mir sicher, Schiene und Binnenschifffahrt werden in Europa eine Wiedergeburt erfahren.

Angesichts der Lage der öffentlichen Haushalte werden wir in den nächsten Jahren eine immer stärker werdende Nutzerfinanzierung auch im Straßenbereich erleben. Ich weiß, dass es bei der EU-Kommission bereits solche Überlegungen gibt. Das hat mein letzter Besuch in Brüssel deutlich gemacht. Die nächsten Änderungen der Eurovignetten-Verordnung und der Wegekostenrichtlinie werden die Preise für Straßentransporte mittel- bis langfristig ansteigen lassen.

Darüber hinaus machen wir dieser Tage doch alle Erfahrungen mit den hohen Benzinpreisen. Ich will das nicht ausklammern, meine Damen und Herren. Als die Grünen einmal einen Bundesparteitag in Magdeburg hatten, haben sie von einem Preis von 5 DM je Liter gesprochen. Der Benzinpreis ist mittlerweile bei der Hälfte angelangt. Die Schmerzgrenze ist damit mehr als erreicht, und zwar nicht nur für das Transportgewerbe, sondern für jeden Einzelnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb - das sage ich in Richtung meiner eigenen Partei, der Union - können wir die Position, die wir in den vergangenen Jahren zum Thema Ökosteuer hatten, nicht aufgeben. Diese Haltung darf nicht nur für Zeiten der gesicherten Opposition gelten. Vielmehr müssen wir die Ökosteuer im Zusammenhang mit einer großen Steuerreform mit auf den Prüfstand stellen. Wir brauchen in Europa wettbewerbsfähige Benzinpreise.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deutsche Spediteure und Kraftfahrer dürfen im europäischen Wettbewerb nicht weiter benachteiligt werden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Immer mehr Menschen nutzen die Gelegenheit, in Polen, in Luxemburg oder auch in Tschechien Benzin zu kaufen. Ich denke, es kann nicht der Weg für die Zukunft sein, dass inzwischen schon Firmen gegründet werden, die nur Benzin transportieren und damit den Wettbewerb verzerren.

Meine Damen und Herren! Mit der Gründung des Landesbetriebes Bau haben wir die Straßenbauverwaltung und die Staatshochbauverwaltung zusammengelegt. Ich denke, mit dem Landesbetrieb ist ein effizienter Dienstleister entstanden. Wir werden, wie anfänglich gesagt, die Hardware vom Landesbetrieb Bau weiter entwickeln lassen, während sich das Ministerium, die oberste Behörde, für die Zukunft stärker mit dem Thema „Software“ beschäftigen muss.

Dazu gehört auch die Einführung und die Umsetzung von PPP-Modellen. PPP wird sicherlich kein Allheilmittel sein. In Deutschland werden Gesetze geändert werden müssen, damit wir endlich PPP-Projekte umsetzen können. Wir sind hierbei mit dem Finanzministerium, mit Finanzminister Paqué auf einem guten Weg. Wir wollen ein PPP-Modell im Bereich des Justizvollzugs umsetzen. Im Bereich der Straßenbauverwaltung wollen wir den Tunnel in Wernigerode auf den Prüfstand stellen; ob es möglich ist, hierbei ein PPP-Projekt zu realisieren, wird sich zeigen. Für die Zukunft wird vor dem Hintergrund der Lage der öffentlichen Haushalte die Aufgabe darin bestehen, mit dem Bund die Variante PPP zu erörtern.

Meine Damen und Herren! Ich komme zu meinen Schlussbemerkungen. Ich hoffe, dass ich unser Ziel, Mobilität als menschliches Grundbedürfnis zu sichern und sie gleichzeitig als wichtigen Baustein für künftiges

Wachstum nutzbar zu machen, anschaulich darstellen konnte. Ich will aber auch betonen, dass wir es strikt ablehnen, wenn Vertreter grüner Ideologien das Bedürfnis der Menschen nach Mobilität negieren und Treibstoffpreise durch Zwangsabgaben wie die Ökosteuer auch noch künstlich erhöhen. Ich bin deshalb froh, in den Landtagsdebatten und in den Sitzungen der Fachausschüsse sachkundige und faire Gespräche führen zu können.

Ich bedanke mich bei den Mitarbeitern meines Hauses, des Landesverwaltungsamtes, des Landesbetriebes Bau und bei der Nasa, die jeden Tag an ihrem Platz dafür Sorge tragen, dass Mobilität in unserem Land reibungslos und effizient stattfinden kann.

Ich danke darüber hinaus der Ministerin für Umwelt und Landwirtschaft Frau Wernicke, dem Minister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Rehberger und dem Finanzminister, die in ihren Bereichen des ländlichen Wegebaus und der GA-Förderung ebenfalls für die Finanzierung der Verkehrswege Sorge tragen.

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass wir die schwierigen Aufgaben couragiert anpacken und die sich bietenden Chancen nutzen. - Jetzt blinkt die rote Lampe.

Wir haben Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren bereits zu einem der modernsten Logistikstandorte in Deutschland gemacht. Lassen Sie uns die Aufgaben auch künftig mutig anpacken, getreu dem Motto von Erich Kästner: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. - Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine Zugabe gibt es nicht, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit)

Herzlichen Dank, Herr Minister Dr. Daehre. - Meine Damen und Herren! Jetzt ist unser Geburtstagskind anwesend. Ich darf Frau Christel Vogel im Namen des Hohen Hauses sowie persönlich zu ihrem heutigen Geburtstag sehr herzlich gratulieren. Ich wünsche Ihnen alles Gute, beste Gesundheit und die Erfüllung aller Ihrer bescheidenen Wünsche.

(Heiterkeit und Beifall im ganzen Hause)

Meine Damen und Herren! Begrüßen Sie mit mir auf der Südtribüne Gäste der Landeszentrale für politische Bildung.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 1 b:

Aussprache zur Regierungserklärung

Der Ältestenrat schlägt die Redezeitstruktur E und damit eine Debattendauer von 129 Minuten vor. Die Reihenfolge und die Redezeiten sind wie folgt festgelegt: SPDFraktion 20 Minuten, FDP-Fraktion 13 Minuten, PDSFraktion 20 Minuten und CDU-Fraktion 38 Minuten.

Die Debatte wird durch die SPD-Fraktion eröffnet. Dazu erteile ich dem Abgeordneten Herrn Sachse das Wort. Bitte sehr, Herr Sachse.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wer lange redet, sagt manchmal nicht viel.

(Widerspruch bei der CDU)

Jeder wird sich hierzu sein eigenes Bild machen.

Die Landesregierung hat uns wieder einmal eine Regierungserklärung vorgelegt, dieses Mal zum Thema „Mobilität für Sachsen-Anhalt - Herausforderungen an eine moderne Verkehrsinfrastruktur“. Das ist ein sehr komplexes Thema. Auch wenn die Rede des Verkehrsministers länger als 50 Minuten dauerte, werde ich mich nicht so lange bei diesem Thema aufhalten,

(Beifall bei der CDU)

vielmehr werde ich versuchen, die Dinge etwas zu straffen.

Mit einer Regierungserklärung werden in der Regel große Erwartungen verbunden. Nach den Erfahrungen mit den vergangenen Regierungserklärungen hatten wir aber nicht die Erwartung, dass besondere Aussagen getroffen würden. In der Tat ist es in Fortsetzung des bisherigen Fließbandverfahrens wieder eine Art detaillierter Bilanz bzw. detaillierten Rechenschaftsberichtes geworden, und dann auch nur zu einem Teilbereich des Ministeriums, das ja auch noch Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung bearbeitet.

Zum Teil hatte man den Eindruck, dass das, was vorgetragen wurde, auch in ein Parteiprogramm passen würde. Bekannte Aussagen sind wiederholt worden; konkret auf die Zukunft ausgerichtete Aussagen sind für uns nicht oder nur zum Teil erkennbar gewesen. Dazu müsste man sich über Grunddaten in unserem Land verständigen, die - nach Möglichkeit in Abstimmung mit den Nachbarländern - positiv oder negativ einfließen. Diesbezüglich gibt es aber anscheinend noch erhebliche Defizite, obwohl die statistischen Werte und die Hochrechnungen für die Zukunft alarmierend sind.