Das macht insgesamt einen Betrag in Höhe von mehr als 350 Millionen € aus. Das reicht Ihnen, Herr Paqué, und der Landesregierung nicht als Grund für einen Nachtragshaushalt?
Es stecken aber noch weitere Risiken im Haushalt 2005, Stichwort Altlastenfonds. Auch dieses Thema beschäftigt uns im Finanzausschuss schon eine ganze Weile. Seit der schwarz-gelben Regierungsübernahme gibt es keine adäquate Kofinanzierung mit Landesmitteln. Bis Ende des Jahres 2006 fehlen 77 Millionen €. Auch aus diesem Grund verweigert die Bundesregierung bisher die Zahlung der letzten ausgehandelten Rate in Höhe von 128 Millionen €.
Außerdem erinnere ich an die schwebenden Klageverfahren in Sachen Weihnachtsgeld für Beamte im Jahr 2004. Je nach Ausgang der Verfahren könnten auf das
Land nicht unerhebliche Nachzahlungen für das Jahr 2004 zukommen. Wie wollen Sie, Herr Paqué, diese Risiken im laufenden Haushaltsjahr ausgleichen?
Sie verweisen im „Generalanzeiger“ vom 22. Mai 2005 darauf, dass Sie bereits mit dem Haushaltführungserlass beschlossen hätten, im Jahr 2005 nur 95 % der Mittel freizugeben; damit hätten Sie Vorsorge getroffen. - Das stimmt so aber nicht. Der Haushaltsvollzug per April lässt eine ganz andere Entwicklung vermuten: unterdurchschnittliche eigene Einnahmen und leider überdurchschnittliche Ausgaben, zum Beispiel bei den sächlichen Verwaltungsausgaben. Damit liegen Sie schon bei 44,6 %, obwohl wir gerade erst einmal vier Monate hinter uns haben.
Wenn sich dieser Trend fortsetzt, wird diese Landesregierung den aufgezeigten Risiken im Vollzug nichts entgegenhalten können. Es droht ein Fehlbetrag am Jahresende.
- Das ist richtig. - Diese Gefahr nehmen Sie, Herr Finanzminister, und die Landesregierung wissentlich in Kauf und hoffen wahrscheinlich darauf, es bis nach der Langtagswahl verbergen zu können.
(Herr Tullner, CDU: Das ist doch billige Polemik! - Herr Gürth, CDU: Wer schreibt denn so was auf? - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)
Es gibt nun zwei Möglichkeiten: erstens laufen lassen und hoffen, bis zur Landtagswahl damit durchzukommen,
und konkret darstellen, welche Ausgaben von den Einsparungen betroffen sein sollen. Das wäre ehrlich. Das braucht Mut. Das dient der Haushaltswahrheit und -klarheit. Das Parlament sollte sich für diesen ehrlichen Weg entscheiden und sollte unserem Antrag zustimmen.
(Zustimmung bei der SPD - Herr Gürth, CDU: Das ist aber sehr spärlicher Applaus bei der SPD! Wenig Unterstützung!)
Lassen Sie mich noch kurz auf den Alternativantrag der PDS eingehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Herbst, nach der Steuerschätzung, würden wir diesem gern zustimmen.
Jetzt wird sich unsere Fraktion bei der Abstimmung über Ihren Alternativantrag der Stimme enthalten. Ich hoffe darauf, dass wir Ihren Antrag vielleicht im Herbst wiedersehen und darüber beraten können. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Fischer. - Bevor die Beiträge der Fraktionen kommen, hat Herr Minister Paqué um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Minister.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Frau Fischer, ich habe Sie im Finanzausschuss über die letzten Jahre als eine außerordentlich sachbezogene Fachpolitikerin kennen gelernt.
Deswegen bin ich ein klein wenig verwundert über diesen doch außerordentlich polemischen Beitrag, den Sie hier vorn geliefert haben.
Ich will nicht auf alle Punkte im Einzelnen eingehen. Lassen Sie mich am Anfang aber doch einen kleinen historischen Rückblick geben. Ich habe mir bei der Gelegenheit der Behandlung der Vollzugssituation, die wir im Moment haben, erlaubt, mir bei meiner Arbeitsebene ein paar Vermerke aus früheren Zeiten zu besorgen. Ich habe festgestellt, dass zu erheblich späteren Zeitpunkten im Jahr Beträge als Risiken von der Arbeitsebene dargestellt wurden. Herr Gallert, Sie erinnern sich vielleicht noch an die damaligen Gespräche mit Herrn Bullerjahn in den Jahren 2000 und 2001.
Im Jahr 2000 wurden erwartete Risiken in Höhe von 523 Millionen DM und im Jahr 2001 in Höhe von sage und schreibe 841 Millionen DM festgestellt, und darunter waren nicht solche Punkte wie NordLB - dazu komme ich nachher noch; dafür ist völlig adäquat haushaltsrechtlich vorgesorgt worden -, sondern das waren wirkliche, ernsthaft zu erwartende Risiken. Im Jahr 2002 schließlich, liebe Frau Fischer, standen 700 Millionen € als Risiken zu Buche.
Das, was Sie sozusagen für das nächste Jahr erwarten oder prognostiziert haben, was wir tun würden, wenn es auf das Ende der Legislaturperiode zugeht, das hat genau Ihre Regierung, die SPD-Regierung, damals getan. Deswegen gibt es an dieser Stelle eigentlich überhaupt keinen Grund zu solch überzogener Polemik.
Wir wollen im Finanzausschuss auch weiterhin konstruktiv zusammenarbeiten. Daher bin ich sicher, dass wir das noch ein bisschen geraderücken können. Dazu will ich doch noch ein paar Interpretationen von meiner Seite nachliefern.
Herr Paqué, Sie müssen mir jetzt einfach nur zustimmen, dass das größte Defizit, das in den acht Jahren der Tolerierung entstanden ist, das des Haushaltsjahres 2001 war in Höhe von etwa 200 Millionen € und dass es seit dieser Zeit bei Ihnen schon erheblich größere Defizite beim Jahresabschluss ergeben hat, nämlich in Höhe von mehr als 300 Millionen €. Wenn wir also Risiken besprechen, müssen wir immer noch sagen, dass wir den größten Teil dieser Risiken immer abgefangen haben.
Ich habe nie bestritten, dass im Jahr 2003 durch die katastrophale Einnahmesituation, die von niemandem in dieser Weise prognostiziert wurde, ein sehr hohes Defizit entstanden ist, aber für die Risiken, die ich eben aufgezählt habe - wir kommen dann wirklich in die finanzpolitische Geschichte der letzten Legislaturperiode, in der Sie, Herr Gallert, ja parlamentarisch auch erhebliche Mitverantwortung getragen haben -, in dieser Schlussphase, in den letzten drei Jahren, sind eben nicht mehr Nachtragshaushalte gemacht worden, die in diesem Fall, wenn die Defizite wirklich da sind, der ehrliche Weg sind. Wir haben deswegen im Jahr 2004 auch einen Nachtragshaushalt gemacht.
Herr Bullerjahn - er ist bei dieser Debatte nicht anwesend - bzw. Herr Gerhards hat damals den Weg beschritten, ausdrücklich keinen Nachtragshaushalt zu machen. Genau das führte dann zur Kumulation der Risiken, die wir dann im Jahr 2002 korrigieren mussten. Für diese Korrektur haben wir von Ihnen nicht unbedingt freundliche Worte erhalten.
Es gibt also gar keinen Grund, so zu tun, als wäre das, was wir im Jahr 2004 gemacht haben, im Gefolge des Defizits des Jahres 2003, nicht der völlig korrekte Weg der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit gewesen. Aber Sie haben ihn damals nicht beschritten.
In der jetzigen Situation - das führe ich jetzt gleich aus - ist ein Nachtragshaushalt nicht nötig. Warum? - Der Doppelhaushalt 2005/2006 stellt weiterhin eine im Wesentlichen grundsolide Basis für den Haushaltsvollzug im Jahr 2005 dar. Die neuen Erkenntnisse hinsichtlich der Einnahmeentwicklung ändern daran nichts. Die in der Begründung des Antrages von der SPD vorgetragene Bewertung der Haushaltslage zeugt vielmehr in wesentlichen Punkten von einer Fehleinschätzung.
Nach der jüngsten Steuerschätzung - ich will es noch einmal wiederholen - sind in diesem Jahr Mindereinnahmen in Höhe von rund 80 Millionen € zu erwarten. Damit erweisen sich die Ausfälle und das daraus folgende Risiko für den Haushaltsvollzug im Vergleich zu den zurückliegenden Jahren, in denen es sich um ganz andere Dimensionen handelte, als bedeutend geringer.
Es spricht vieles dafür, dass die Steuereinnahmen inzwischen den Tiefpunkt erreicht haben und ein weiteres Absinken nicht zu befürchten ist. Hierbei ist, natürlich bei aller Vorsicht, moderater Optimismus angebracht, zumal im ersten Quartal dieses Jahres - übrigens wurde das praktisch am gleichen Tag wie die Steuerschätzung bekannt gegeben - die deutsche Wirtschaft deutlich schneller gewachsen ist, als zuvor zu erwarten war. Insofern sind zumindest von der volkswirtschaftlichen Seite her die Risiken etwas abgefedert. Nach meiner Einschätzung wurde im Rahmen der Steuerschätzung die weitere
Die Landesregierung ist - Frau Fischer, Sie haben es freundlicherweise schon erwähnt - beim Haushaltsvollzug von vornherein nicht untätig geblieben. Wir haben von vornherein nur eine anteilige Freigabe der Ausgabenansätze festgelegt, um bereits von dieser Seite her eine Vorsorge für eventuelle Belastungen auf der Einnahmenseite zu treffen. Die Einsparungen, die durch diese frühzeitige und damit besonders wirksame Vorsichtsmaßnahme erzielt werden, werden das Einnahmenrisiko ein Stück weit auffangen.
Meine Damen und Herren! Das Thema Kapitalerhöhung bei der NordLB wird uns in diesem Hohen Hause bald noch einmal beschäftigen. Eines muss an dieser Stelle aber klar gesagt werden: Dieses Thema eignet sich überhaupt nicht für eine Diskussion über einen Nachtragshaushalt.
Lassen Sie mich zu den haushalterischen Konsequenzen einer Kapitalerhöhung kurz Stellung nehmen. Einsparungen in Höhe von 150 Millionen € lassen sich nicht erzielen; sie waren an dieser Stelle bzw. für den Fall, dass es zu der Kapitalerhöhung kommt, auch von vornherein nicht avisiert. Denn das würde praktisch bedeuten, dass wir massive Einschnitte bei den Investitionsausgaben vornehmen müssten; das ist vollkommen unrealistisch. Im Bereich der konsumtiven Ausgaben besteht ein entsprechendes Einsparpotenzial kurzfristig nicht.
Soweit eine Erhöhung der Neuverschuldung hierfür nötig ist, ist diese Option im Haushaltsgesetz bereits eingeräumt worden. Für den Fall der Kapitalerhöhung wurde damit vom Haushaltsgesetzgeber Vorsorge getroffen. Eines Nachtrages bedarf es hierzu nicht. Zu dieser Frage hat - darauf verweise ich an dieser Stelle - der Landesrechnungshof in den Haushaltsberatungen ausdrücklich Stellung genommen. Es wurde als ein völlig adäquates Verfahren angesehen.
Meine Damen und Herren! Die Einschätzung von Frau Fischer beruht auf der unbegründeten Mutmaßung, die im Haushalt antizipierte Einsparung im Angestelltenbereich ließe sich nicht realisieren und auch hier ergebe sich ein enormes Risiko. Zum einen muss man ganz deutlich sagen, dass eine Korrektur der Haushaltsansätze an dieser Stelle natürlich jegliche Verhandlungsstrategie des Landes und der Länder insgesamt ad absurdum führen würde, wäre doch die Zahlungsbereitschaft gesetzlich dokumentiert.