Protocol of the Session on May 26, 2005

Auch in der Landesgesetzgebung, meine Damen und Herren, wurden zunächst Regelungen westdeutscher Länder unkritisch übernommen oder gar Vorgaben des Bundes und der EU in verschärfter Form in Landesrecht transformiert.

Mit den Investitionserleichterungsgesetzen, aber auch der sonstigen Gesetzgebung hat die Landesregierung einen anderen Kurs eingeschlagen - zum Vorteil des Landes und seiner Wirtschaft. Ein Paradebeispiel ist die Aufhebung des von der Vorgängerregierung verhängten Verbotes, Müll über die Landesgrenzen ein- oder auszuführen. Nur dank der Korrektur war es möglich, in Magdeburg-Rothensee mit einem Investitionsvolumen von 250 Millionen € das thermisch größte Müllheizkraftwerk Deutschlands zu errichten. Schon deswegen, meine Damen und Herren, hat sich die Korrektur gelohnt.

Ein anderes Beispiel ist die Aufhebung der Regelungen des Denkmalschutzgesetzes, nach denen die Sicherung von Bodendenkmalen eine staatliche Pflichtaufgabe war. Da unter diesen Umständen der Einsatz von ABMKräften nicht zulässig war, hatte die frühere Regelung hohe Kosten für Investoren zur Folge. Heute lassen sich diese Arbeiten in gleicher Qualität wesentlich preisgünstiger realisieren - ein Sieg der Vernunft.

Vernünftig ist es auch, Vorgaben der EU und des Bundes im Verhältnis 1 : 1 und nicht in verschärfter Form umzusetzen. Eine Verschärfung bedeutet in aller Regel mehr Kosten und mehr Bürokratie und damit einen Standortnachteil für das Land Sachsen-Anhalt. Die aktuelle Novelle zum Wassergesetz ist eines von mehreren Beispielen, wie man europäisches Recht umsetzen kann, ohne das Land Sachsen-Anhalt ins Hintertreffen zu bringen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Einen klaren Kurs steuert die Landesregierung auch im Bereich der Infrastrukturpolitik. Zu den Voraussetzungen einer guten wirtschaftlichen Entwicklung gehören zuallererst leistungsfähige Verkehrswege. Da mein Kollege Dr. Daehre in einer der nächsten Landtagssitzungen dazu ausführlich Stellung nehmen wird, möchte ich mich auf einige wenige für die ökonomischen Perspektiven unseres Landes besonders bedeutsame Punkte beschränken.

Meine Damen und Herren! Das Land Sachsen-Anhalt - wir wissen das natürlich - hat innerhalb der EU eine logistisch optimale Lage. Das ist mir gerade gestern von den führenden Repräsentanten der Rossmann GmbH wieder bestätigt worden, die sich nach Prüfung vieler Standorte dazu entschlossen haben, in Landsberg bei Halle mit 50 Millionen € das größte Investitionsprojekt ihrer Firmengeschichte zu realisieren und dabei mehr als 500 Arbeitsplätze zu schaffen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Kein relevanter Standort der Europäischen Union ist von uns weiter entfernt als rund 1 000 km. Um diese zentrale Lage umfassend zu nutzen, muss das Autobahnnetz weiter ausgebaut werden. Dies gilt für die A 14 zwischen Magdeburg und Schwerin genauso wie für eine Querspange zwischen der A 38 und der A 14, die Halle von Westen her erschließt und insbesondere dem Mansfelder Land bessere Entwicklungsperspektiven eröffnet.

Aber auch unsere Wasserstraßen, die ein großer Standortvorteil des Landes Sachsen-Anhalt sind, müssen weiter ausgebaut werden. Dies gilt für den Kanal im Mün

dungsbereich der Saale sowie für die Ertüchtigung der Elbe vor allem zwischen der Saalemündung und dem Wasserstraßenkreuz Magdeburg.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dass es mit vereinten Kräften gelungen ist, in letzter Minute beim Bundesverkehrsministerium den alsbaldigen Beginn der Baumaßnahmen für die Niedrigwasserschleuse des Magdeburger Hafens durchzusetzen, ist ein Sieg der Vernunft.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich möchte mich bei allen Beteiligten, insbesondere bei dem Bundestagsabgeordneten Küster, für ihren erfolgreichen Einsatz zugunsten dieses Projektes bedanken. Jetzt können Sie von der SPD-Fraktion auch einmal klatschen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren! Es wäre doch ein Schildbürgerstreich, wenn die Landeshauptstadt Magdeburg mit Mitteln des Wirtschaftsministeriums in Höhe von rund 20 Millionen € den Hafen ausbauen würde, dieser aber wegen der fehlenden Niedrigwasserschleuse nur eingeschränkt nutzbar wäre.

Ein unverzeihlicher Schildbürgerstreich wäre es auch, wenn im Raum Magdeburg, wie in der Vergangenheit geschehen, zwei Flugplätze mit öffentlichen Mitteln ausgebaut würden. Das Luftverkehrskonzept, auf das man unter der früheren Landesregierung acht Jahre lang vergeblich gewartet hatte, hat für Klarheit gesorgt.

Cochstedt, dessen großräumige straßenseitige Erschließung energisch vorangetrieben wird, soll in Zukunft den Großraum Magdeburg einschließlich des Nordharzes an den Luftverkehr anbinden. Einfach, meine Damen und Herren, ist diese Aufgabe nicht zu bewerkstelligen, aber sie ist lösbar. Gehen Sie davon aus, dass wir alles in unseren Kräften Stehende tun werden, um dieses Ziel zu erreichen - im Interesse dieses Landes und des Großraums Magdeburg.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Bei allen Verkehrsprojekten sind ökonomische, ökologische und raumordnerische Aspekte zu berücksichtigen und auf einen Nenner zu bringen. Das erfordert ein hohes Maß an Kooperations- und Kompromissbereitschaft unter den beteiligten Ministerien, also zwischen dem Verkehrs-, dem Umwelt- und dem Wirtschaftsministerium. Mit Genugtuung und Dankbarkeit kann ich heute feststellen, dass die Zusammenarbeit der drei Ministerien seit dem Jahr 2002 hervorragend funktioniert.

(Zustimmung bei der FDP)

Selbstverständlich ist das nicht, meine Damen und Herren, wie ein Blick in die Jahre vor dem Regierungswechsel oder auch ein Blick nach Berlin deutlich machen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ein zentrales Anliegen der Wirtschaftspolitik der Landesregierung, meine Damen und Herren, ist neben dem Ausbau der Infrastruktur die Verbreiterung und die Ertüchtigung der industriellen Basis unseres Landes sowie der industrienahen und logistischen Dienstleistungen. Heute, drei Jahre nachdem wir die Ansiedlungs- und Investitionsoffensive eröffnet haben, kann sich unsere Zwischenbilanz sehen lassen.

Seit dem Jahr 2002 wurden Investitionen im verarbeitenden Gewerbe, in der wirtschaftsnahen Infrastruktur sowie für logistisch und touristisch bedeutsame Vorhaben mit einem Volumen von über 7 Milliarden € in Angriff genommen und zu einem beträchtlichen Teil schon umgesetzt.

Auch in diesen Tagen wurde eine Reihe von wichtigen Ansiedlungen perfekt gemacht. Dies gilt für das ServiceZentrum von Dell in Halle ebenso wie für die Flachglasfabrik von E-Glass in Osterweddingen und für die Papierfabrik von Delipapier in Arneburg. Das Investitionsvolumen der beiden zuletzt genannten Projekte liegt bei jeweils über 100 Millionen €.

Die Vorbereitungen für die DHL-Ansiedlung auf dem Flughafen Leipzig/Halle laufen ebenfalls auf Hochtouren. Gleiches gilt für die in der Region Halle/Leipzig zu erwartenden DHL-Partner, die rund zwei Drittel der auf ca. 10 000 geschätzten neuen Arbeitsplätze schaffen werden. Da die meisten noch verfügbaren Ansiedlungsflächen in sachsen-anhaltinischen Gemeinden liegen, wird die DHL-Ansiedlung spürbare Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt unseres Landes haben.

Unabhängig von diesen und anderen bereits in Angriff genommenen Projekten liegen bei der Investitionsbank inzwischen wieder Förderanträge mit einem Investitionsvolumen von 2,9 Milliarden € vor. Der überwiegende Teil davon ist förderfähig und förderwürdig.

Entgegen den Forderungen der Opposition werden wir auch weiterhin die beantragten Fördermaßnahmen in allen Teilen des Landes mit gleich hohen Sätzen durchführen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Konzentration der Investitionsförderung auf wenige, besonders erfolgreiche Wirtschaftsstandorte in SachsenAnhalt wird es mit uns nicht geben. Zum einen verstößt ein solches Vorgehen gegen elementare Grundsätze der Europäischen Union, die mit ihrer Förderpolitik Regionen mit Nachholbedarf voranbringen und nicht besonders erfolgreiche Regionen - in Deutschland wären das zum Beispiel Regionen wie München, Stuttgart oder Frankfurt - zusätzlich unterstützen will.

Zum anderen teilen wir die nach unserer Auffassung fatale Position einiger Oppositionspolitiker nicht, die angesichts der von ihnen erwarteten Schrumpfung der Bevölkerung in Sachsen-Anhalt auf zwei Millionen Menschen bis zum Jahr 2020 alles auf die Verdichtungsräume Magdeburg, Nordharz und Halle/Bitterfeld konzentrieren wollen.

Um es klipp und klar zu sagen: Die Landesregierung wird auch in Zukunft industrielle Investitionen in Arneburg und in Zeitz, in Salzwedel und in Sangerhausen, in Genthin und in Wittenberg mit gleich hohen Fördersätzen unterstützen wie in den Verdichtungsräumen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Meine Damen und Herren! Dass sich die Ergebnisse der Ansiedlungs- und Investitionsoffensive sehen lassen können, zeigt auch der Vergleich zwischen den Bundesländern. Unter den zehn ost- und westdeutschen Ländern, die Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ einsetzen können, haben es in den vergangenen drei Jahren nur zwei geschafft, alle vom Bund bereitgestellten Fördermit

tel durch entsprechende Ansiedlungsprojekte in Anspruch zu nehmen: Sachsen-Anhalt und Sachsen.

Durch die Unternehmen, deren Investitionen seit 2002 gefördert worden sind oder noch gefördert werden, wurden bzw. werden rund 20 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. In der Arbeitsmarktbilanz unseres Landes schlägt sich dies allerdings nur mit einem jährlichen Zuwachs von 1 500 bis 2 000 Arbeitsplätzen im verarbeitenden Gewerbe nieder.

Dem Aufwuchs an Arbeitsplätzen auf der einen Seite stehen erhebliche Verluste auf der anderen Seite gegenüber. Ein Paradebeispiel ist der Fahrzeugbau. Während in Sachsen-Anhalt nach der Wende mehr als 15 000 Arbeitsplätze in der Automobilzulieferindustrie neu entstanden sind, hat der Waggonbau einen dramatischen Schrumpfungsprozess hinnehmen und viele tausend Arbeitsplätze abbauen müssen.

Beide Entwicklungen, die volkswirtschaftlich betrachtet in einem inneren Zusammenhang stehen, sind noch nicht abgeschlossen. Deshalb wird es wichtig sein, dass wir es auch weiterhin schaffen, entgegen dem Bundestrend, der durch einen erheblichen Rückgang der industriellen Arbeitsplätze gekennzeichnet ist, auch in den nächsten Jahren per saldo einen Zuwachs bei den industriellen Arbeitsplätzen sicherzustellen.

Zu den erfreulichen Fakten der Industrieentwicklung Sachsen-Anhalts zählt, dass sich unser Land ca. 40 % aller in den neuen Bundesländern getätigten ausländischen Investitionen sichern konnte. Ohne das großartige Engagement von amerikanischen, französischen, belgischen, italienischen, schweizerischen und vielen anderen ausländischen Unternehmen wäre Sachsen-Anhalt heute industriell unterentwickelt.

Der Prozess der Internationalisierung unserer Industrie schreitet weiter voran. Die Firma Hexal in Barleben wurde von einem Schweizer Konzern übernommen, die Rautenbach AG in Wernigerode von Mexikanern, die Schiess AG Aschersleben von Chinesen, das Flanschenwerk Bebitz von Indern und die Mansfelder Kupfer- und Messing GmbH von Kasachen.

Meine Damen und Herren! Das macht mich stolz, weil es deutlich zeigt, dass diejenigen, die unser Land näher untersuchen und global oder zumindest deutschland- und europaweit betrachten, erkennen: Das ist die richtige Lage, wenn man in Deutschland investieren will.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustim- mung von der Regierungsbank)

Mit Betroffenheit, ja mit Empörung habe ich deshalb zur Kenntnis nehmen müssen, dass der SPD-Bundesvorsitzende Müntefering eine Grundsatzdebatte über den Kapitalismus und über die Globalisierung vom Zaun gebrochen hat, die angesichts seiner Wortwahl in höchstem Maße schädlich ist.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Wer in- und ausländische Investoren mit Heuschrecken gleichsetzt, der braucht sich nicht darüber zu wundern, dass er beispielsweise in der „Financial Times“ als „dreist und dumm“ abqualifiziert wird. „Wer soll denn“ - so heißt es in dieser Zeitung - „in einem solchen Land mit einem solchen politisch vergifteten Klima investieren, vor allem wenn man die anderen Investitionsmöglichkeiten in der Europäischen Union in Betracht zieht?“

Wohlgemerkt, meine Damen und Herren: Ich sehe es auch so, dass der Kapitalismus ebenso wie die Globalisierung Medaillen mit zwei Seiten sind, dass es Fehlentwicklungen gibt, die nicht einfach hingenommen werden dürfen, dass beispielsweise bei der Höhe von Managergehältern nicht nur die Belange der Aktionäre, also der Eigentümer, sondern in gleicher Weise auch die Belange der Beschäftigten des Unternehmens berücksichtigt werden sollten. Entscheidend ist aber, wie man die Auseinandersetzung führt.

Wenn sich dann noch herausstellt, dass es ausgerechnet der zeitweilige Verkehrsminister Müntefering war, der mit einem in der schwarzen Liste der SPD-Bundestagsfraktion aufgeführten Private-Equity-Fonds Geschäfte gemacht hat, wird die ganze Verlogenheit dieser Kampagne deutlich.

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zustimmung von der Regierungsbank)

Ich bin sehr stolz darauf - Glückwunsch an NordrheinWestfalen -, dass die Bürgerinnen und Bürger auf diesen Trick nicht hereingefallen sind.