Protocol of the Session on May 26, 2005

Auch wenn es unpopulär ist, es ist richtig, die Staatsverschuldung einzudämmen und dennoch Vorfahrt für In

vestitionen, Innovation und Bildung auch zulasten anderer Ressorts zu gewähren.

(Herr Bullerjahn, SPD: Wo steht das?)

Hierzu gibt es keine Alternative.

(Herr Bullerjahn, SPD: Im Haushalt steht das nicht, Herr Gürth!)

Im Jahr 2002 wurde nicht nur eine andere Regierung gewählt, sondern auch eine andere Politik begonnen. Ausgerechnet im Schlüsselressort Wirtschaft gab es in der Vorgängerregierung von Herrn Dr. Höppner nicht die so dringend benötigte zumindest personelle Kontinuität. Daran muss man einmal erinnern. Wer ist der Ansprechpartner, wenn ich mich für einen Investitionsstandort interessiere? - Normalerweise doch der Wirtschaftsminister.

In den knapp acht Jahren der Regierungszeit gab es vier Wirtschaftsminister. Ich weiß nicht, ob Sie noch alle Namen zusammenbekommen. Hinzu kommt noch ein amtierender kommissarischer Minister, der zugleich Finanzminister war, und der Wirtschaftsministerkandidat Herr Dr. Uhlig aus dem Schattenkabinett der SPD

(Zuruf von Frau Fischer, Leuna, SPD)

- einige werden sich noch an ihn erinnern -, der eine PDS-abhängige rot-grüne Minderheitsregierung für Sachsen-Anhalt für unzumutbar hielt und es deshalb ablehnte, dieses Experiment zu unterstützen. Dies war bereits der Geburtsfehler der Politik des Scheiterns von SPD, PDS und Grünen. Herr Dr. Uhlig hat das in weiser Voraussicht vorhergesehen und hat zumindest das Richtige getan. Wir in Sachsen-Anhalt, alle, die hier lebten, viele Unternehmer und Arbeitnehmer, haben diese Politik des Scheiterns bitter bezahlen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Aber schauen wir nach vorn, ziehen wir Bilanz darüber, wo wir stehen, und überlegen wir, wie wir noch besser werden können; denn Selbstzufriedenheit ist wahrlich nicht angebracht. Das Land Sachsen-Anhalt ist ein Land mit erheblichen Entwicklungspotenzialen und Chancen. Seine zentrale Lage, seine wirtschaftlich-kulturelle Tradition, die Nähe zur Bundeshauptstadt und seine Brückenfunktion zu den ost- und mitteleuropäischen Märkten bieten gute Wettbewerbschancen im Kampf um Investitionen und Arbeitsplätze.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

Auch der Fleiß, die Leistungsbereitschaft, die Flexibilität, der Erfindungsreichtum und vor allem die hohe Technikakzeptanz der hier lebenden 2,5 Millionen Menschen erweisen sich als exzellente Standortbedingungen für deutsche und ausländische Investoren. Wir stehen eben früher auf. Dies war übrigens auch zu SPD-Zeiten so, nur hat man dieses Potenzial nicht genutzt.

Seit dem Regierungswechsel und dem von der CDU und der FDP eingeschlagenen Kurswechsel im April 2002 ist Sachsen-Anhalt auf dem besten Weg hin zu einem noch attraktiveren und zukunftsfähigeren Wirtschaftsstandort. Das Image des Rote-Laterne-Landes, das das Ergebnis von acht Jahren SPD-geführter Landesregierung mit Duldung der PDS war, ist abgestreift.

(Herr Bullerjahn, SPD: Das fünfte Mal jetzt!)

Firmen dehnen sich aus und neue siedeln sich verstärkt an. Das vorrangige Ziel unserer Wirtschaftspolitik ist die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Wirt

schaft. Die Kennziffern belegen, dass Sachsen-Anhalt nach jahrelangem Stillstand nun zu den wirtschaftlich dynamischeren Ländern in Deutschland gehört. Sachsen-Anhalt hat als wirtschaftsfreundliches Bundesland einen Imagewechsel vollzogen und wird überregional zunehmend positiver wahrgenommen.

So ist es auch höchst erfreulich, wenn die „Wirtschaftswoche“ unser Bundesland in einem Wirtschaftsranking in Bezug auf die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung sogar an vierter Stelle sieht, da es im Zeitraum von 2001 bis 2003 die stärksten Produktionszuwächse zu verzeichnen hatte.

Sachsen-Anhalt erreichte im Jahr 2003 mit einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes auf 40,8 Milliarden € das viertbeste Ergebnis unter den deutschen Bundesländern. Der Hauptwachstumsträger war dabei das verarbeitende Gewerbe, dessen Bruttowertschöpfung mit einem Zuwachs von 4,7 % wiederum deutschlandweit im Spitzenbereich lag.

Wir haben hohe Arbeitskosten und hohe Energiepreise. Die vielen Windmühlen sind nicht wirklich ein Ersatz für die fehlenden Rohstoffe wie Erze oder die Primärenergieträger Öl und Gas. Wir wissen, das Land SachsenAnhalt mit seinen Menschen wird nur dann erfolgreich sein und ausreichend Wirtschaftswachstum erreichen, um Jobs zu schaffen, wenn es innovativer ist als andere Regionen.

Anders als zum Beispiel nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges produzieren unsere Unternehmen in einem hart umgekämpften, gesättigten Markt, in einem international verschärften Wettbewerb. Es gibt kaum noch Zollschranken und andere Möglichkeiten des Protektionismus, um die einheimische Wirtschaft besser zu stellen. Das ist vom Prinzip her aber auch richtig so.

Schauen wir uns einmal die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten im Vergleich zu anderen Bundesländern an. Auch wenn dies von der Opposition kritisch angemerkt wird, so ist doch die Feststellung durchaus berechtigt: Lediglich 15 % der Unternehmen in den neuen Bundesländern verfügen über eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Der gesamtdeutsche Durchschnitt der Erwerbstätigen, die im Bereich der Forschung und Entwicklung arbeiten, beträgt 8,2 %. In SachsenAnhalt sind es bis jetzt nur 1,9 %. Auch wenn in den letzten Jahren ein Zuwachs zu verzeichnen war, ist dies zu gering.

Deshalb muss und wird der Schwerpunkt in der nächsten Förderperiode auch bei der Verwendung der EU-Mittel im Bereich der industrienahen Innovationsförderung liegen. Deswegen war es auch eine richtige Entscheidung der CDU-FDP-Koalition, die Innovationsförderung nachhaltig zu stärken und auszubauen.

Der wesentliche Unterschied zwischen unserer Innovationspolitik und der der Vorgängerregierung besteht in der praxisnäheren und effizienteren Förderpolitik. Wir haben die tatsächlich ausgereichten Mittel zur Unterstützung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben von 7 Millionen € im Jahr 2001 auf 25,6 Millionen € im Jahr 2004 aufgestockt.

Hinzu kommt die Umstrukturierung der Innovations- und Beteiligungsgesellschaft unseres Landes, die nunmehr auch privates Kapital für ihr Engagement akquirieren kann. Insbesondere dies hilft vor allem kleinen und mittleren innovativen Unternehmen.

Die Förderung im Bereich der Forschung und Entwicklung liegt trotz angespannter Haushaltslage auch im Doppelhaushalt 2005/2006 auf dem gleichen Niveau wie in den vorangegangenen Jahren, mit Darlehensprogrammen liegt sie sogar auf einem höheren Niveau als in den vorangegangenen Jahren.

Außerdem - dafür könnte man eigentlich etwas mehr Zeit verwenden, aber ich will versuchen, dies konzentriert zu tun - haben wir eines der wichtigsten Innovationsthemen des 21. Jahrhunderts mutig und entschlossen ausgebaut: die Biotechnologie.

Während in den Regierungszeiten der SPD selbst Landtagsanträge abgeschmettert wurden, wenn nur das Wort „Gentechnik“ enthalten war, haben wir die Potenziale unseres Landes genutzt und gefördert. Sowohl in der roten als auch in der grünen Biotechnologie wird erfolgreich geforscht und angesiedelt. Die Forschungsergebnisse, die dazu dienen, Krankheiten zu heilen oder den Gebrauch von Insektiziden und Pestiziden in der Landwirtschaft zu vermeiden, erregen weltweit Aufsehen. Wir können auf das Potenzial im Land stolz sein.

Auch beim Thema der nachwachsenden Rohstoffe spielt die Biotechnologie eine Rolle, um wettbewerbsfähige, umweltfreundlichere Produkte auf den Markt bringen zu können. Mehr als 2 000 Menschen arbeiten bereits in Forschungseinrichtungen und Biotechnologieunternehmen in Sachsen-Anhalt.

Die Biotechnologieoffensive der Landesregierung ist erfolgreich. Man könnte viele Beispiele nennen, die diesen Erfolg verdeutlichen: Der Weinbergcampus in Halle sowie Gatersleben, Quedlinburg und Aschersleben mit der Bundesanstalt für Züchtungsforschung, dem Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung sowie dem Biotech-Gründerzentrum, welches zu einem BiotechPark ausgebaut werden soll, stehen für diesen Erfolg und für das Potenzial, das wir ganz gezielt nutzen und ausbauen.

Im Bereich der Neurowissenschaft wäre Professor Scheich als ein weiteres Beispiel von vielen zu nennen. Im Pharmabereich sind die Städte Halle und Magdeburg mit ihren Potenzialen zu nennen.

Es ist richtig, dass wir - anders als die rot-grüne Bundesregierung in Berlin - diese Potenziale nutzen und nicht die Ansiedlung von entsprechenden Einrichtungen ideologisch verbrämt verhindern und diese ins Ausland treiben. Hier sind neue Jobs entstanden. Das war gut und ist richtig so. Wir werden diesen Weg weitergehen.

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Aufgabenschwerpunkt in der Innovationspolitik besteht darin, wettbewerbsfähige und nachhaltig bestandskräftige Branchen-Cluster herauszubilden, die einen hohen Grad an Wertschöpfung haben. Zukünftig soll es hinsichtlich der Cluster-Bildung eine Ausrichtung auf den Bereich der Mikrosystemtechnik, der Nanotechnik sowie der Informations- und Kommunikationstechnik geben, da diese als Technologien mit ausgeprägtem Querschnittscharakter für die Entwicklung aller anderen Wirtschaftsbranchen erforderlich sind.

Weitere Schwerpunkte stellen die Bereiche Logistik, Life-Science und nachwachsende Rohstoffe dar. Wer die Zeitungen der letzten Monate archiviert hat und darin blättert, wird feststellen, dass kaum eine Woche vergeht, in der in der Presse nicht von Neuansiedlungen zu lesen ist. Der große, wesentliche Unterschied ist, dass es nicht bei den Spatenstichen bleibt.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als in Cochstedt - ich war dort Zaungast - die Spaten nicht ausreichten und man mit sieben Mann in der ersten Reihe stand, um den Spaten zu stechen.

(Zuruf von Frau Budde, SPD - Herr Felke, SPD: Das stimmt!)

Wir brauchen gar nicht darüber zu reden, was daraus geworden ist.

(Unruhe bei der SPD)

Wir müssen jetzt versuchen zu reparieren, was damals in der Zeit der Kohl-Politik falsch gemacht wurde.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

- Frau Budde, sehr verehrte Kollegin, an Ihrer Stelle würde ich rot anlaufen, wenn ich Cochstedt höre.

(Zuruf von Frau Budde, SPD - Unruhe bei der SPD)

Hierfür trägt die Landesregierung maßgeblich Verantwortung. Das ursprünglich sehr kleine Projekt Cochstedt ist auf Betreiben der Landesregierung erheblich aufgeblasen worden. Es sind Millionen hineingesteckt worden.

Die Art und Weise, in der man mit mittelständischen Unternehmen umgegangen ist, ist schlichtweg eine Sauerei gewesen. Am Ende der Begleitung des Projekts Cochstedt durch die Landesregierung, das auf Ihr Betreiben hin aufgeblasen wurde, standen Insolvenzen von Unternehmern, die sich auf das Wort der Landesregierung und auf Ihr persönliches Wort verlassen hatten. Deswegen wäre ich an Ihrer Stelle in Bezug auf Cochstedt ganz kleinlaut.

(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von Herrn Bullerjahn, SPD, und von Herrn Felke, SPD - Un- ruhe bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Zuruf von der SPD)

- Nicht so aufgeregt. Ich verstehe, der Bund wirft seine Schatten voraus.

Das wichtigste Thema in Sachsen-Anhalt ist der Arbeitsmarkt. Wir machen all dies in der Innovationspolitik, in der Wirtschaftspolitik und in der Arbeitsmarktpolitik, um den Anschluss an die internationalen Trends und Entwicklungen nicht zu verpassen und um hochwertige Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt zu schaffen. Dem muss sich alles unterordnen.

Der wesentliche Unterschied zwischen der Politik der Regierung Böhmer und der der Vorgängerregierung ist, dass wir dem Ziel, Arbeitsplätze zu schaffen und Investitionen zu tätigen, alles unterordnen und dass eine Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik betrieben wird, die ressortübergreifend ist.

In Mitteldeutschland wurde durch Weltneuheiten Industriegeschichte geschrieben. Das erste Ganzmetallflugzeug, der erste Farbfilm, der Maschinenbau, die Kaliindustrie und die Chemieindustrie stehen als Zeugen dafür. Wir wollen daran anknüpfen und die Bemühungen weiter verstärken. Dadurch entstanden Beschäftigung und Wohlstand. Wenn wir dies wieder erreichen wollen, müssen wir dem Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten alles unterordnen.