Protocol of the Session on May 26, 2005

- Wir sind nicht Baden-Württemberg und hier sitzen auch nicht Schwaben oder Badener.

(Frau Dr. Weiher, PDS: Das ist wahr!)

Aber, meine Damen und Herren, wenn wir uns in diesem Lande die Freiheit nehmen, gerade einmal ein Zehntel davon, also 2,5 Millionen €, von denen übrigens 75 % von der EU kommen und für werbliche Zwecke gebunden sind, in eine Kampagne zu stecken, durch die unser Land in sympathischer Weise bundesweit ein besseres Image bekommen wird, dann ist das nach meiner Überzeugung absolut gerechtfertigt.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Glauben Sie mir - ich kann das sagen, gerade weil ich die schwäbische Mentalität so gut kenne -, die Schwaben hätten noch nicht einmal 2,5 Millionen € bereitgestellt, wenn sie nicht der Überzeugung gewesen wären, dass das Gesamtbild des Landes und auch das WirGefühl im Land durch eine solche Kampagne erheblich befördert würden. Das Entscheidende ist, dass wir auch im eigenen Land die Verzagtheit, die gelegentlich bis in die Opposition hinein wahrnehmbar ist, überwinden und positiv nach vorn denken, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich nicht diejenigen kritisieren, die wegen der 2,5 Millionen €, die, wie gesagt, zu drei Vierteln ohnehin zweckgebunden waren und für andere Zwecke gar nicht hätten ausgegeben werden können, Kritik geübt haben. Denn

was wäre eine solche vorzügliche Kampagne, wenn es nicht auch ein paar Kritiker gäbe?

(Zustimmung von Herrn El-Khalil, CDU)

Ich möchte das hier wirklich nicht zu hoch hängen.

Herr Minister, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Gallert zu beantworten?

Lieber Herr Gallert, ich finde es hervorragend, in Debatten wie der heutigen miteinander zu diskutieren. Es ist das erste Mal, dass ich Sie bitte zu warten, bis ich fertig bin, weil ich die Frage, die Sie stellen wollen, möglicherweise noch beantworten werde. Bei einer Regierungserklärung sollte man erst das sagen dürfen, was man sagen wollte. Anschließend stehe ich Ihnen stundenlang zur Verfügung.

(Heiterkeit - Zuruf von Herrn Gallert, PDS)

- Damit da kein Missverständnis aufkommt: Das betraf jetzt nicht nur Herrn Gallert, es betraf selbstverständlich das Hohe Haus.

(Zuruf von Herrn Czeke, PDS)

Meine Damen und Herren! Der dritte Punkt bei unserer Arbeit im touristischen Bereich ist der weitere Ausbau der Infrastruktur. Rund ein Drittel aller Mittel des von der Landesregierung im Jahr 2003 aufgelegten KommInvest-Programms in Höhe von nahezu 220 Millionen € ging in die touristische Infrastruktur, insbesondere für Vorhaben an der Straße der Romanik, des „Blauen Bandes“, der „Gartenträume“ und der „Himmelswege“.

Wie gut dieses Geld in den meisten Fällen angelegt ist, zeigt exemplarisch der Elberadweg. Im März dieses Jahres wurde er auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin zum beliebtesten Radwanderweg der Bundesrepublik Deutschland gekürt. Meine Damen und Herren, das hat mich gefreut.

(Zustimmung bei der FDP)

Auch die Mittel in Höhe von nahezu 1,2 Milliarden €, die seit 1991 für die Sanierung von Tagebaurestlöchern aufgewendet wurden, dienen in hohem Maße der touristischen Entwicklung Sachsen-Anhalts. Die Bitterfelder Wasserfront, Herr Kollege Wolpert, die in diesen Tagen fertig gestellt wird, ist dafür ein eindrucksvolles Beispiel.

(Zustimmung von Herrn Wolpert, FDP, und von Herrn Kosmehl, FDP)

Meine Damen und Herren! In einem sehr wesentlichen Punkt haben wir in der Tourismusförderung allerdings mit der Politik der Vorgängerregierung Schluss gemacht: Privatwirtschaftliche Großinvestitionen, deren Wirtschaftlichkeit offenkundig nicht gegeben ist, haben keine Chance auf Förderung.

Seit Mitte der 90er-Jahre wurden zig Millionen Fördermittel in Projekte gesteckt, die kurz nach ihrer Fertigstellung insolvent geworden sind. Das Wasserschloss Flechtingen, das Salzland-Center Staßfurt und das Nemo-Freizeitbad Magdeburg lassen grüßen. Nach der Auffassung der Landesregierung ist es nicht zu verantworten, Luftschlösser mit öffentlichen Mitteln zu för

dern und damit im schlimmsten Falle sogar Investruinen zu produzieren, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Für Investoren, die alles außer eigene Finanzmittel in nennenswertem Umfang hatten und die auf Förderankündigungen der Vorgängerregierung vertrauten - ich denke zum Beispiel an Projekte wie die Ski-Tube Hasselfelde oder das Pantheum in Magdeburg -, war dieser Kurswechsel schwer nachvollziehbar. Das bestreite ich nicht. Dennoch werden wir unsere Haltung nicht ändern. Förderpolitik ist volkswirtschaftlich nur dann vertretbar, wenn sie zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse beiträgt. Bei Projekten, deren Scheitern absehbar ist, kann davon keine Rede sein.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Meine Damen und Herren! Eine Schlüsselrolle für die weitere wirtschaftliche Entwicklung von Sachsen-Anhalt wie der Bundesrepublik insgesamt spielt die Frage, inwieweit wir in der Lage sind, mit neuen Produkten und Verfahren unserem Land im globalen Wettbewerb eine technologische Spitzenstellung zu sichern. Darauf ist der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung am 15. April 2005 bereits eingegangen. Ich will das, was Herr Professor Böhmer ausgeführt hat, nicht wiederholen, zumal Herr Krause-Heiber von der EU-Generaldirektion für Regionalpolitik erst vor wenigen Wochen in Magdeburg öffentlich bestätigt hat, dass Sachsen-Anhalt im Vergleich zu anderen Ziel-1-Regionen bei der Berücksichtigung der Lissabon-Ziele im Programm hervorragend abschneidet.

In Ergänzung der Ausführungen des Ministerpräsidenten möchte ich heute lediglich drei Aspekte ansprechen:

Erstens. Angesichts der überragenden Bedeutung neuer Produkte und Verfahren hat die Landesregierung seit 2002 trotz ihrer auf die Rückführung von Haushaltsansätzen orientierten Politik für die Förderung im Bereich der wirtschaftsnahen Forschung und Entwicklung die Mittel drastisch erhöht. Für die Frage, was tatsächlich im FuE-Bereich geschehen ist, sind die erhöhten Ansätze in den Haushaltsplänen und selbst die Gesamthöhe der Förderbescheide allerdings nur von begrenzter Aussagekraft. Die globalen Ansätze in den Haushaltsplänen stehen zunächst im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Papier. Das gilt natürlich auch für Förderbescheide, die nicht umgesetzt werden.

Entschieden aussagekräftiger sind die Zahlen, die über den Abfluss der Gelder, also die tatsächlich erfolgte Inanspruchnahme der FuE-Mittel Auskunft geben. Die Zahlen, die hierzu vorliegen, sprechen eine eindeutige Sprache: Waren es im Jahr 2001 noch knapp 7 Millionen €, die für einzelbetriebliche FuE-Projekte ausgegeben worden sind, stieg der Umfang der eingesetzten Mittel über knapp 11 Millionen € im Jahr 2002, rund 23 Millionen € im Jahr 2003 auf rund 25,6 Millionen € im Jahr 2004. Binnen drei Jahren hat die Landesregierung, haben auch die sie tragenden Fraktionen, ohne die das nie gegangen wäre, die Höhe der FuE-Ausgaben mehr als verdreifacht, meine Damen und Herren. Ich finde, damit müssen wir uns nicht verstecken.

Für das laufende Jahr haben wir übrigens neben den bereits gebundenen Mitteln in Höhe von 46 Millionen € Darlehensmittel in Höhe von bis zu 8 Millionen € sowie

weitere 5 Millionen € durch Umwidmungen von Mitteln bereitstellen können, die wegen eines von der EU eingeleiteten Prüfverfahrens nicht für Ausbaumaßnahmen bei den Technologie- und Gründerzentren eingesetzt werden dürfen. Aus dem gleichen Grund sollen für das Jahr 2006 weitere 12 Millionen € umgewidmet werden. Da die Mittel gegenseitig deckungsfähig sind, können wir fest mit der Zustimmung der EU rechnen.

Der Spielraum für Maßnahmen zur Umsetzung der Lissabon-Strategie in Sachsen-Anhalt wird damit in vollem Umfang genutzt. Dazu besteht auch alle Veranlassung. Nimmt man zum Beispiel die Zahl der angemeldeten Patente als Maßstab für die Innovationskraft und -dichte einer Region, haben wir in Sachsen-Anhalt noch einen großen Nachholbedarf. Von unserem Ziel, Sachsen-Anhalt als besonders innovatives Bundesland zu profilieren, sind wir trotz aller bemerkenswerten Einzelerfolge noch weit entfernt. Aber niemand wird ernsthaft in Abrede stellen können, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Meine Damen und Herren! Ein Schwerpunkt unserer Existenzgründungsoffensive liegt, wie bereits ausgeführt, bei den Gründungen, die neue Verfahren und Produkte zum Gegenstand haben und deshalb in den meisten Fällen aus den Hochschulen heraus zustande kommen. Aber auch unsere Technologie- und Gründerzentren, die im ganzen Land entstanden sind, tragen mit ihrer Arbeit erheblich zu einem innovationsfreundlichen Klima in Sachsen-Anhalt bei. Sie sind umso erfolgreicher, je enger sie mit Universitäten, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen wie der Max-Planck-Gesellschaft, der Leibniz-Gesellschaft und den Fraunhofer-Instituten sowie privaten Forschungseinrichtungen zusammenarbeiten.

Schließlich leistet auch die Innovationsbeteiligungsgesellschaft des Landes wichtige Beiträge, wenn es um die Finanzierung innovativer Betriebe geht. Das Gesamtengagement der IBG ist inzwischen auf ca. 115 Millionen € angewachsen. Gegenüber dem Jahr 2002 beträgt das Plus über 48 Millionen €. Um noch mehr Spielräume zu eröffnen, wird die IBG in Zukunft auch privates Kapital akquirieren. Die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen dafür werden zurzeit geschaffen.

Zweitens. Ein Land mit 2,5 Millionen € Einwohnern, zwei Universitäten, fünf Fachhochschulen und einer Reihe weiterer Forschungseinrichtungen würde sich hoffnungslos übernehmen, wenn es den Versuch machte, sich auf möglichst vielen Gebieten mit Spitzenprodukten und -verfahren zu profilieren.

Im Sinne einer realistischen und gerade deshalb erfolgreichen Cluster-Bildung hat die Landesregierung für ihre Förderpolitik Schwerpunktbereiche definiert. Das sind die Bereiche Chemie und neue Werkstoffe, Maschinen- und Anlagenbau einschließlich Automotive sowie LifeScience, Biotechnologie, Pharmazeutik und Medizin. Hinzu kommen Technologien mit ausgeprägtem Querschnittscharakter, nämlich die Mikrosystemtechnik, die Nanotechnologie sowie die Informations- und Kommunikationstechnologien einschließlich der Logistik.

Dass die Ernährungswirtschaft als umsatz- und beschäftigungsstärkste Branche Sachsen-Anhalts in dieser Aufzählung nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist nur ein scheinbarer Widerspruch; denn die wesentlichen Innovationen in dieser Branche vollziehen sich im Rahmen des Maschinen- und Anlagenbaus einerseits und der Biotechnologie andererseits - beides Schwerpunkte unser FuE-Politik.

Die dank staatlicher Unterstützung gelungene Bildung erfolgreicher Cluster setzt nicht nur eine Konzentration der vom Wirtschaftsministerium auszureichenden Mittel auf Schwerpunktbereiche voraus. Vielmehr ist eine Abstimmung zwischen der innovationsbezogenen und wirtschaftsnahen Förderung durch das Wirtschaftsministerium einerseits und der Konzeption des Kultusministeriums für die Bereitstellung staatlicher Mittel im Bereich der Hochschulen und anderer Forschungsinstitute, also für die Grundlagenforschung, andererseits unabdingbar.

Meine Damen und Herren! Ganz einfach ist eine solche Koordination gewiss nicht; denn die Freiheit der Forschung und die Autonomie der Hochschulen dürfen nicht infrage gestellt werden. Umso dankbarer bin ich dem Kultusminister, meinem Kollegen Olbertz, dass er in den zurückliegenden Monaten in einem intensiven Diskussions- und Abstimmungsprozess entscheidend dazu beigetragen hat, ein Strategiepapier zur Abstimmung der Konzeptionen der beiden Ministerien zur innovationsbezogenen Förderung zu erarbeiten.

Diese Zusammenarbeit ist jetzt auch auf das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt ausgedehnt worden; denn die Landesregierung räumt bei der Erarbeitung ihrer Vorschläge für die EU-Strukturfondsperiode 2007 bis 2012 der ressortübergreifenden Förderung von Forschung und Entwicklung einen besonders hohen Stellenwert ein.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Es wird jetzt entscheidend darauf angekommen - das möchte ich ganz klar sagen -, das gemeinsame Konzept umzusetzen; denn auch hierbei gilt: Es zählen nur die Taten. Ich möchte an dieser Stelle aber auch sagen - das sage ich für die Kollegen, die davon betroffen sind, ganz nachdrücklich -: Wir sind fest entschlossen, die interministerielle Zusammenarbeit bei der Innovationsförderung weiter zu optimieren. Das ist für dieses Land von allergrößter Bedeutung.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Drittens. Zu den Schwerpunktbereichen, die eine nachhaltige Förderung durch die Landesregierung erfahren, gehört bekanntlich die Biotechnologie. Im Koalitionsvertrag wurde eine Biotechnologieoffensive vereinbart. Auch hierbei haben wir eine Menge erreicht.

Meine Damen und Herren! Die Biotechnologie gehört zu jenen Technologien, die die Welt im 21. Jahrhundert grundlegend verändern werden. Das Heilen schwerer Krankheiten wird ohne Gentechnik nicht möglich sein. Gentechnisch veränderte Organismen werden bei der Entgiftung von Böden eine Rolle spielen. Sie werden das Potenzial nachwachsender Rohstoffe wesentlich vergrößern. Schädlingsresistente Pflanzen werden den Kampf gegen den Hunger in der Welt entscheidend voranbringen.

Mitten in Sachsen-Anhalt, in Quedlinburg, steht die Wiege der deutschen Pflanzenzucht. Ohne die großartigen Erfolge in der Pflanzenzucht wären wir in Deutschland nicht mit einer Überproduktion in der Landwirtschaft, sondern, wie viele Generationen vor uns, mit Hungersnöten konfrontiert. Wir sind stolz darauf, dass wir sowohl in Teilbereichen der roten Biotechnologie als auch in Bereichen der grünen Biotechnologie Spitzenergebnisse der Forschung vorweisen können. Allein die grüne Biotechnologie hat in Sachsen-Anhalt rund 2 000 äußerst

anspruchsvolle und gut bezahlte Arbeitsplätze geschaffen.

Meine Damen und Herren! Umso betroffener sind wir deshalb, dass Frau Bundesministerin Künast alles unternimmt, um die grüne Gentechnik in Deutschland zu blockieren. Die von ihr durchgeboxte Novelle zum Gentechnikgesetz, deren eigentliche Aufgabe die Absicherung der Koexistenz unterschiedlicher Anbauformen in der Landwirtschaft sein sollte, ist in Wahrheit ein Gentechnikverhinderungsgesetz.

Als im Jahr 2004 unter der Federführung des Innoplanta e. V. ein bundesweiter Erprobungsanbau von Bt-Mais durchgeführt wurde, hat sie den ihr unterstellten Einrichtungen verboten, das Projekt wissenschaftlich zu begleiten. Auch andere wissenschaftliche Untersuchungen im Bereich der Gentechnik hat sie verboten. Mitarbeiter, die für die Gentechnik plädierten, wurden mit massiven Repressionen verfolgt.

(Herr Gürth, CDU: So sind die Grünen!)