Protocol of the Session on July 18, 2002

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage des Abgeordneten Thomas Felke beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt.

Seit Dezember 2000 ist die Bundesautobahn A 14 durchgängig befahrbar und hat zu einer spürbaren Entlastung der Städte und Gemeinden insbesondere vom Durchgangsverkehr beigetragen. Bedauerlicherweise hat sich die Schwere des Unfallgeschehens von den Bundesstraßen auf die Bundesautobahn verlagert. Das spiegelte sich in den Unfallanalysen sofort wider. Nicht wenige forderten sofort drastische Maßnahmen zur Veränderung der Verkehrsorganisation auf der BAB 14.

Seitens der zuständigen Ministerien und Behörden wurden deshalb Maßnahmen eingeleitet, die dazu beitragen sollten, sich ein objektives Bild über das Unfallgeschehen zu verschaffen. Eine Arbeitsgruppe unter Leitung meines Hauses trat mehrmals zusammen, um die Lage einzuschätzen und ein streckenspezifisches Verkehrslagebild zu erstellen.

Am 27. Februar 2002 fand ein Expertengespräch statt, in dem Fakten auf den Tisch gelegt wurden. Im Ergebnis der vorgelegten Unterlagen kamen die Experten zu folgendem Schluss:

Erstens. Ein generelles Lkw-Überholverbot auf der A 14 wäre nicht begründet. Die vorgelegten Unfallzahlen liegen im bundesdeutschen Vergleich im unteren Drittel. Für eine dramatische Situationsbeschreibung gibt es keinen Anlass. Die Angaben für die Zeit ein Jahr nach der Freigabe der Autobahn zeigen, dass sich die Zahl der Unfälle im statistischen Mittel bewegt.

Die vom Minister des Innern erarbeiteten statistischen Übersichten für das erste Halbjahr 2002 weisen eine Bilanz für das Unfallgeschehen auf den Bundesautobahnen im Vergleich zum Vorjahr aus, die in der Statistik für den Monat Mai 2002 wie folgt dargestellt wird: Verkehrsunfälle insgesamt zum Vorjahr minus 14,2 %, Verkehrsunfälle mit Personenschäden minus 8,2 %.

Meine Damen und Herren! Die Statistik verlangt es einfach; jetzt nenne ich die Entwicklung der Zahl der Unfallopfer, die im Hinblick auf das Unfallgeschehen zu betrachten ist: Unfalltote minus 29 %, Schwerverletzte minus 12,4 %, Leichtverletzte minus 10,4 %.

Der Anteil der Unfälle, bei denen Lkw beteiligt waren, entspricht etwa dem Anteil der Lkw am Gesamtverkehr in Höhe von ca. 25 %.

Dass dies immer noch viel zu viele Unfälle sind, liegt auf der Hand und trifft leider auch auf andere Autobahnen zu.

Zweitens. Auf den Teilstrecken der BAB 14, auf denen bereits ein Lkw-Überholverbot angeordnet worden ist, sind nach den erarbeiteten Unterlagen die Unfallzahlen bislang nicht zurückgegangen. Vier Lkw-Überholverbote je Richtung bestehen auf einer Teilstrecke zwischen der Anschlussstelle Halle-Peißen und der Anschlussstelle Könnern.

Drittens. Man war sich im Expertenkreis unter den Vertretern des Hauses, der Polizei, des Autobahnamtes, des ADAC, der Landesverkehrswacht und der Wirtschaft aber einig, dass der Versuch mit diesen angeordneten Überholverboten fortgesetzt werden muss, bis ein statistisch aussagekräftiger Beobachtungszeitraum erreicht ist.

Diese Auffassung wird bekräftigt durch die bekannte Auffassung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, das sich gegen ein generelles Überholverbot ausspricht. Die gleiche Auffassung hat auch der 40. Deutsche Verkehrsgerichtstag geäußert, der ebenfalls nur für eine streckenbezogene Anordnung zum Beispiel an Steigungen oder Gefällen eintritt, weil auf diesen Strecken ein zügiges Überholen nicht möglich und risikobehaftet ist.

Nach Meinung der Experten liegen über solche Strecken und bestimmte Kurvenstrecken hinaus auf der BAB 14 die Vorraussetzungen nicht vor, um weitere Lkw-Überholverbote anordnen zu können. Dazu ist weder die Verkehrbelastung von täglich ca. 28 000 Fahrzeugen entsprechend der Prognose, noch die projektierte Leistungsgrenze von 60 000 Fahrzeugen geeignet. Der gegenüber dem Bundesdurchschnitt um etwa 2 % höhere Lkw-Anteil ist dabei nicht von Bedeutung.

Anzumerken ist noch, dass durchgängig längere Überholverbote bei den betroffenen Lkw-Fahrern an Akzeptanz einbüßen und spontane Ausbrüche von Lkw zum unerlaubten Überholen nicht auszuschließen sind und damit zusätzliche Gefahren für schnelle Pkw-Fahrer eintreten können, welche in trügerischer Sicherheit auf die Einhaltung des Überholverbotes vertrauen. Dem könnte man nur mit erhöhter Polizeipräsenz begegnen. Gleiches wäre am Ende einer längeren Überholverbotsstrecke zu beobachten.

Zusammenfassend möchte ich bemerken, dass die bislang angeordneten Überholverbote hinsichtlich der Unfallentwicklung weiter besonders beobachtet werden und dass die Unfallentwicklung auf den Bundesautobahnen insgesamt wie auch auf der BAB 14 eine positive Tendenz aufweist, sodass die Notwendigkeit für neue Anordnungen zur Verkehrsregelung auf der BAB 14 zurzeit nicht zu erkennen ist.

Besten Dank, Herr Minister.

Die Frage 4 zum Thema Verhinderung von neonazistischen Skinheadkonzerten wird durch den Abgeordneten Matthias Höhn gestellt. Bitte, Herr Höhn.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den letzten Tagen und Wochen konnten Neonazis in Sachsen-Anhalt nach meinem Eindruck weitestgehend ungehindert

geplante Nazikonzerte mit jeweils mehreren Hundert Personen aus dem In- und Ausland durchführen. So fand am 29. Juni 2002 eine Veranstaltung in der Nähe von Sangerhausen und am 6. Juli 2002 eine in Schönebeck statt.

Auch wenn die Polizei davon spricht, sie habe die Konzerte aufgelöst, bleibt festzuhalten, dass dies erst immer kurz vor dem geplanten Ende der jeweiligen Konzerte passierte. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte der Großteil der Bands auftreten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie stellt sich aus der Sicht der Landesregierung der Verlauf der Veranstaltungen dar, welche Bands traten bei den Konzerten jeweils auf, zu welchem konkreten Zeitpunkt waren die polizeilichen Einsatzkräfte über die jeweiligen Konzerte informiert und warum wurde die Durchführung der jeweiligen Veranstaltung seitens der Einsatzkräfte so lange geduldet?

2. Wie und mit welchen konkreten Maßnahmen wird die Landesregierung dahin gehend wirken, dass solche neonazistischen Veranstaltungen, die der Neonaziszene zur Verbreitung nationalistischen und rassistischen Gedankengutes dienen, bereits im Vorfeld verhindert werden, gerade angesichts der Einschätzung der Neonaziszene, dass nach dem Regierungswechsel in Sachsen-Anhalt für derartige Veranstaltungen günstige Rahmenbedingungen vorzufinden seien. - Danke schön.

(Oh! bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Frau Bull, PDS)

Meine Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung wird durch den Minister des Innern Klaus Jürgen Jeziorsky erteilt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Frage des Abgeordneten Matthias Höhn namens der Landesregierung wie folgt.

Zunächst eine Vorbemerkung. Gemäß gültigem Runderlass des Ministeriums des Innern zum Umgang mit rechtextremistischen Musikgruppen und -veranstaltungen vom 9. November 1999 haben die Verwaltungsbehörden der Gefahrenabwehr und die Polizei rechtsextremistische Musikveranstaltungen mit allen zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu verhindern und gegebenenfalls zu unterbinden.

Sobald die Gefahrenprognose das Vorliegen von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ergibt, die ein Veranstaltungsverbot rechtfertigen, ist eine Verbotsverfügung zu erlassen. Dabei genügt ein bloßes Auftrittsverbot oder die Erteilung von Auflagen allein nicht; denn es ist davon auszugehen, dass Gefahren nicht allein von den Auftretenden, sondern auch von den Besuchern ausgehen. Ein bloßes Auftrittsverbot ist daher ein zur Gefahrenabwehr ungeeignetes Mittel, sodass die gesamte Veranstaltung zu verbieten ist.

Nach diesem Erlass wurde auch bei den Veranstaltungen am 29. Juni 2002 in Uftrungen und am 6. Juli 2002 in Schönebeck verfahren.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt.

Zu 1: Der Veranstaltungsort Uftrungen konnte nach intensiver polizeilicher Aufklärung um 20.18 Uhr am Veranstaltungstag festgestellt werden. Über das Konzert in Schönebeck waren die Polizeikräfte um 19.20 Uhr am Veranstaltungstag informiert.

Beide Veranstaltungen wurden nach dem Eintreffen ausreichender Polizeikräfte aufgelöst. Der Verlauf beider Veranstaltungen war hinsichtlich der Vorbereitung und der Durchführung konspirativ angelegt. Von einer Duldung der Konzerte durch die Einsatzkräfte kann keine Rede sein.

Welche Bands bei den genannten Veranstaltungen aufgetreten sind, konnte von den polizeilichen Einsatzkräften nicht festgestellt werden. Im Nachhinein wurde bekannt, dass bei der Veranstaltung am 29. Juni 2002 in Uftrungen die Bands „Brigade M“ aus den Niederlanden und „Selection“ aus Sachsen aufgetreten sind.

Zu 2: Die Landesregierung setzt sich für eine konsequente Bekämpfung des Extremismus jeder Couleur ein. Gegen neonazistische Skinheadkonzerte wird nach wie vor nach dem von mir bereits zitierten Runderlass vorgegangen. Die Rahmenbedingungen für derartige Veranstaltungen haben sich also nicht geändert.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Herrn Wolpert, FDP)

Besten Dank, Herr Minister.

Meine Damen und Herren! Der Abgeordnete Wulf Gallert kann die Frage 5 wegen Abwesenheit hier nicht stellen. Die Antwort der Landesregierung durch Herrn Minister für Gesundheit und Soziales Gerry Kley wird deshalb zu Protokoll gegeben.∗

Ich rufe als nächste Rednerin die Abgeordnete Frau Dr. Gerlinde Kuppe auf, damit sie die Frage 6 stellen kann. Sie betrifft die Stadt-Umland-Problematik. Bitte, Frau Dr. Kuppe.

In der Vereinbarung zwischen der CDU und der FDP über die Bildung einer Regierungskoalition für die vierte Legislaturperiode des Landtages sehen die Koalitionspartner hinsichtlich der kommunalen Strukturen Regelungsbedarf allenfalls zwischen den drei kreisfreien Städten, die in ihrer Funktion als Oberzentren gestärkt werden sollen, und ihren Umlandgemeinden. Falls eine interkommunale Zusammenarbeit nicht gewährleistet sei, werde nach Ablauf von zwei Jahren geprüft, ob weiterer Handlungsbedarf bestehe.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist die Landesregierung bereit, in diesen zwei Jahren rückwärtigen Zusammenschlüssen zu Einheitsgemeinden im Umfeld der Oberzentren die Genehmigung zu versagen, soweit Gemeinden teilnehmen wollen, die in der Untersuchung der Arbeitsgemeinschaft Professor Turowski und Dr. Greiving vom 30. November 2001 als Eingemeindungskandidaten benannt werden?

∗ siehe die Anlage zum Stenografischen Bericht

2. Teilt die Landesregierung die Auffassung der Gutachter, dass unabhängig von den darüber hinaus zu ergreifenden Maßnahmen ein Mindestmaß von Eingemeindungen nach Halle (Saale) unerlässlich ist, um das Oberzentrum zu stärken?

Die Antwort der Landesregierung gibt der Minister des Innern Herr Jeziorsky.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Frage der Abgeordneten Dr. Gerlinde Kuppe namens der Landesregierung wie folgt.

Zu 1: Die Landesregierung genehmigt freiwillige gemeindliche Zusammenschlüsse, wenn dem öffentliche Interessen nicht entgegenstehen.

Zu 2: Die Koalitionsvereinbarung sieht vor, zur Stärkung der Oberzentren in den nächsten zwei Jahren zunächst alle Möglichkeiten einer interkommunalen Zusammenarbeit auszuschöpfen. Nach Ablauf von zwei Jahren wird geprüft, ob im Stadtumlandbereich Halle Handlungsbedarf besteht. Dann muss der Gesetzgeber gegebenenfalls handeln. Ziel ist nicht die Eingemeindung nach Halle.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Frau Dr. Kuppe, SPD)

Besten Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Damit ist die Fragestunde abgeschlossen.

Wir kommen nunmehr zum Tagesordnungspunkt 9:

Zweite Beratung