Protocol of the Session on October 15, 2004

Lassen Sie uns deshalb dieses Problem gemeinsam im Rahmen der Stadt-Umland-Debatte lösen.

Wie ist die Situation, die wir vorfinden? - Die zunehmende Verflechtung ist mit Ordnungs- und Verteilungsproblemen verbunden, die die Zuständigkeit einzelner Verwaltungsträger übersteigen.

Ich sehe, die Lampe blinkt, meine Damen und Herren. Aber Herr Polte hat auch etwas länger gesprochen. Vielleicht, Herr Präsident, gestatten Sie mir noch einige Ausführungen.

(Herr Bullerjahn, SPD: Rot blinkt! - Unruhe)

Ich möchte die Punkte zusammenfassen: Erstens. Wir brauchen eine ausgewogene Arbeitsteilung zwischen Kernstadt und Umland. Deshalb muss die Flächennutzungsplanung besser als bisher aufeinander abgestimmt werden. Das bedeutet, dass ein ausgewogenes Verhältnis von Standorten für Wohnraum, für Gewerbe und für Dienstleistungen entwickelt werden muss.

Zweitens. Wir müssen die Rolle der Kernstädte als Motoren der Regionalentwicklung stärken. Wir müssen die Infrastruktur so ausbauen und erhalten, dass die Leistungsfähigkeit des Gesamtraumes optimal erschlossen wird. Wir brauchen ein System des finanziellen KostenNutzen-Ausgleichs zwischen den Kernstädten und ihrem Umland. Die wirtschaftlichen Ansiedlungserfolge des Umlandes der Großstädte sind nur in engem Zusammenhang mit der jeweiligen Kernstadt und ihrer Leistungsfähigkeit zu sehen.

Drittens. Wir wollen transparente, handlungsfähige administrative Strukturen. Deshalb sollten im Stadt-UmlandBereich entsprechende Kooperationsformen für das notwendige Maß gefunden werden.

Meine Damen und Herren! Die langfristige Neugliederung der Landkreise - - Der Innenminister hat sein Modell auf dem Landkreistag vorgestellt. Ich sagte schon, dass es bereits jetzt zu 90 % eine Übereinstimmung gibt. Ich möchte deshalb sagen: Auf der Grundlage des Gesetzes, das wir vorlegen werden, wird federführend der Innenminister das Gesetz zur Kreisgebietsreform in diesem Hohen Hause vorlegen.

(Herr Bullerjahn, SPD: Wann?)

Damit ist die Arbeitsteilung gegeben. Wir werden - Kollege Bullerjahn, um die Zeitabfolge noch zu nennen - den Entwurf des Grundsätzegesetzes zur Raumordnung dem Kabinett bis Ende November vorlegen. Dann geht er in die Anhörung und danach zur endgültigen Entscheidung ins Kabinett. Dann bekommt der Landtag diesen Gesetzentwurf. Ich denke, dass wir Ihnen dieses Gesetz im Januar im Landtag präsentieren können. Dann liegt es an Ihnen, wie schnell Sie dieses Gesetz verabschieden werden. Danach wird der Innenminister - wie eben gesagt: federführend - die Kreisgebietsreform durchführen.

Eine letzte Anmerkung. Meine Damen und Herren! Für Sie in der Opposition wird es sicherlich ein Genuss sein, darüber zu diskutieren, ob es dazu unterschiedliche Auffassungen gibt. Diese gibt es überhaupt nicht.

(Herr Bullerjahn, SPD: Es gibt gar keine Auffas- sungen!)

- Herr Bullerjahn, hören Sie noch zu. - Ich hätte mir gewünscht, dass Sie in den vergangenen acht Jahren mit Ihrer für Raumordnung zuständigen Umweltministerin, die jetzt Oberbürgermeisterin der Stadt Halle ist, das Thema „Stadt-Umland-Probleme“ überhaupt einmal auf die Tagesordnung gesetzt hätten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das haben Sie nie getan, meine Damen und Herren. Werfen Sie uns jetzt nicht vor, dass wir diese Reihenfolge einhalten. Dann ist alles aus einem Guss. Dafür stehen wir. Wir wissen, dass wir Heimatverbundenheit in den Landkreisen sichern müssen; wir wissen, dass wir die Oberzentren stärken müssen, um das Land Sachsen-Anhalt zukunftsfähig zu machen.

Liebe Willi Polte - ich darf das einmal so sagen -, der Blick nach Bayern ist richtig, aber oft verklärt er das eine oder andere; denn Bayern hat kleine Landkreise. In diesem Punkt sollten wir uns wirklich nicht an den Bayern messen. - Herzlichen Dank.

Herr Minister, es gibt eine erfreuliche Entwicklung. Frau Dr. Paschke möchte Ihnen eine Frage stellen.

Herr Präsident, ich bin Ihnen dankbar und werde versuchen, die Frage kurz zu beantworten, weil ich schon etwas überzogen habe.

Gut.

Herr Minister, Sie haben sehr forsch vorgetragen, wie engagiert und auf welchem festen Fundament, nämlich

auf der Grundlage eines Konzeptes, dieser gesamte Reformprozess vonstatten geht.

Könnten Sie mir bitte die Frage beantworten, warum dem zuständigen Minister, der diesen Prozess so lange begleitet hat, sein Kernbereich, die kommunalen Strukturen, sozusagen entzogen wurde und Sie jetzt eingesetzt worden sind? Liegt dies vielleicht daran, dass jedes Kabinettsmitglied einmal die Chance haben soll, so gut zu sein?

(Heiterkeit bei der PDS)

Ich habe noch eine zweite Frage. Welcher Ausschuss wird dafür aus Ihrer Sicht der zuständige Ausschuss sein? Wird das der Ausschuss für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr sein oder wird es der Innenausschuss sein? Wie sehen Sie die Sache?

Ich habe auf diese Frage schon gewartet.

(Zuruf von Frau Bull, PDS)

Aber ich habe mich darauf noch nicht einmal vorbereitet, weil ich mich darauf nicht vorzubereiten brauchte. Zwischen den Raumordnungsminister und den Innenminister - ich habe das schon in den Medien gesagt - passt kein Blatt Papier. Ich sage das nur, damit das einmal deutlich wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die schwierige Arbeit, die der Innenminister geleistet hat, indem er die Verwaltungsreform und den Aufbau des Landesverwaltungsamtes ohne größere Schwierigkeiten auf dem Weg gebracht hat, verdient unser aller Respekt. Das ist das Erste.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Zweite ist, dass wir auch über die Verwaltungsstrukturen auf der gemeindlichen Ebene geredet haben. Jetzt sind wir an dem Punkt, dass er sein Leitbild bei - ich sagte das schon - 90 % Übereinstimmung mit dem Landkreistag auf den Weg gebracht hat, das mit den Regierungsfraktionen schon diskutiert und abgestimmt worden ist. Eine solche Übereinstimmung mit dem Landkreistag, meine Damen und Herren, hätten Sie sich im Jahr 1999 wahrscheinlich auch gewünscht. Deshalb herzlichen Dank an den Innenminister.

Jetzt zu der Frage, warum ich ins Spiel komme. Meine Damen und Herren! Wir haben vielleicht den Fehler gemacht, dass wir in der Bezeichnung des Ministeriums für Bau und Verkehr das Wort „Raumordnung“ vergessen haben. Hätten wir das nicht, dann hätte sich diese Frage wahrscheinlich erübrigt.

Die Reform, die wir durchführen, meine Damen und Herren, ist auch eine raumordnerische, eine landesplanerische Reform. Wenn Sie das abstreiten, dann ist das Ihr Problem. Aber wir wollen als erste Landesregierung die Stadt-Umland-Problematik lösen - Sie haben es nicht geschafft. Deshalb ist der Raumordnungsminister federführend. Das wird später richtig übergeben und dann bekommen wir das auf den Weg. Das geht nicht nach dem Motto, dass jeder einmal darf, wann er will oder wie es auch aussieht. Sie können sich darauf verlassen, dass das bei uns alles - in enger Abstimmung mit den Fraktionen - so abläuft, dass wir es auf den Weg bringen.

Wie lautete die zweite Frage?

(Frau Dr. Paschke, PDS: Welcher Ausschuss fe- derführend sein soll!)

- Damit das deutlich wird: Wenn ich hier stehe, dann wird der Raumordnungsausschuss federführend sein und der Innenausschuss wird mitarbeiten. Nachher wird es umgekehrt sein. Das kann doch gar nicht anders sein. Das Stadt-Umland-Problem ist ein raumordnerisches Problem und deshalb werden wir das so machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister, sind Sie bereit, zwei weitere Fragen zu beantworten?

Bitte sehr, erst einmal Herr Rothe und dann Herr Dr. Köck.

Herr Minister, wenn ich einmal nachfragen darf.

Sie dürfen.

Waren auch Ihre Ausführungen zur Stadt-Umland-Problematik eben Gegenstand der engen Abstimmung mit dem Innenressort? Ist Ihnen im Rahmen dieser engen Abstimmung die Studie zugegangen, die der frühere Geschäftsführer des Landkreistages Herr Gertler als Geschäftsführer der Agentur zur Verwaltungsunterstützung GmbH im Auftrag des Innenministers erstellt hat? Sie trägt die Überschrift „Aspekte eines Leitbildes zur weiteren Kreisgebietsreform in Sachsen-Anhalt“ und ist auch in der Liste der abgeschlossenen Beraterverträge erwähnt.

Herr Gertler war auch in der Sitzung des Landkreistages, in der ich war. Ich habe das Glück, dass ich den zweiten Hut aufsetzen konnte und das ist der Hut des Kreistagsvorsitzenden. Deshalb hatte ich sogar die Gelegenheit, dort mit Herrn Gertler darüber zu reden. Wir werden selbstverständlich im Rahmen der Erarbeitung des Grundsätzegesetzes mit Herrn Gertler über dieses Gutachten sprechen und es auswerten.

Da ich aber ein Naturwissenschaftler bin, muss ich es erst einmal in Ruhe lesen, bevor ich dazu Sprüche loslasse. Deshalb werde ich es erst einmal lesen. Dann werden wir uns im Ausschuss darüber unterhalten, ob das eine oder andere mit einfließt.

Aber, Herr Rothe, ich kann nur sagen: Suchen Sie in Ihren Dokumenten, wo Sie das Thema Stadt-Umland in irgendeiner Weise einmal vorgeschlagen haben.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Es gibt ein detailliertes Gutachten! Das wissen Sie ganz genau! Da sind auch zehn Orte benannte worden! Fragen Sie Herrn Jeziorsky! Nehmen Sie das zur Kenntnis!)

- Weil es Dr. Manfred Püchel ist, antworte ich vielleicht gleich, ohne dass der Präsident mir das Wort erteilt.

(Unruhe)

Lieber Manfred Püchel, die Gutachten sind uns wohl bekannt. Aber ich frage mich, warum von Ihnen dann die Aussage getätigt wurde:

„Ein zwingender, grundlegender staatlicher Handlungsbedarf ist derzeit nicht zu erkennen.“