Dass die Entscheidung, wie und in welchem Umfang Kindertagesstätten zu Bildungs- und Fördereinrichtungen werden, nunmehr wohl in den Händen unserer Bevölkerung liegen wird, stimmt mich persönlich froh und zuversichtlich. Die Entscheidung unserer Menschen wird auf einem stabilen demokratischen Fundament stehen. Wir wären töricht, mit dieser Entscheidung zu hadern - egal wie sie letztendlich lauten wird. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Papenroth. - Meine Damen und Herren! Zunächst hat Herr Minister Kley um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Minister.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist dringend geboten, abseits aller Polemik und Parteipolitik darüber nachzudenken, welche Auswirkungen die Änderung des gegenwärtig geltenden Gesetzes hätte; denn wir haben im Lande Sachsen-Anhalt ein Kinderförderungsgesetz, welches national und international durchaus Anerkennung findet.
Erst vor drei Wochen kam wieder in einem Fernsehbeitrag des ZDF eine Würdigung unseres Gesetzes. Ein Vergleich in Europa: Deutschland liegt weit hinten, Sachsen-Anhalt hat nach den Kennzahlen, die dort ausgewertet wurden, die beste Versorgung und das beste Kindertagesstättengesetz. Es wurden Beispiele gezeigt von jungen Müttern, die aus anderen Bundesländern ihre Kinder zu uns bringen, weil sie hier Aufnahme finden, weil sie hier eine ordentliche Betreuung finden und der Bildungsauftrag hier auch eine Heimstatt gefunden hat.
Ich glaube, diese überregionale Bewertung bestärkt uns durchaus auch in unserer Schlussfolgerung, dass das geltende Gesetz sehr wohl ein sehr gutes ist.
Was hätte es jetzt für Folgen, wenn wir den vorgeschlagenen Entwurf in Kraft setzen würden? Eine junge Mutti oder ein junger Vati, der wieder arbeiten möchte, braucht einen Platz im Kindergarten oder in der Kinderkrippe, setzt sich dazu ins Auto, weil vermutlich für den ÖPNV im Kreis nicht mehr so viel Geld da war, und begibt sich zum Kreissitz.
Bisher ist die Gemeinde zuständig, dann wird der Landkreis zuständig sein. Dass heißt, die örtliche Zuständigkeit ist verloren gegangen, die Bürgernähe als solche ist weg. Hier ist wieder eine Stelle in der fernen Kreisstadt zuständig und dies nach dem Willen der den Gesetzentwurf unterstützenden Fraktionen in fünf Großkreisen. Das heißt, der Weg verlängert sich um ein Vielfaches. Die Entscheidung findet weitab vom Wohnort oder Arbeitsort des Hilfe suchenden Bürgers statt.
Dort um Aufnahme in den Kindergarten oder die Kinderkrippe vor Ort ersuchend, erfährt der junge Vati oder die junge Mutti, dass dies leider nicht geht, weil der feststehende Personalschlüssel hier auch nicht vorsieht, dass noch dieses eine Kind aufgenommen wird. Man muss einen anderen Kindergarten suchen, weil man ja wegen des einen Kindes nun nicht noch jemanden einstellen kann. Gut, die Alternative wäre der Kindergarten am Arbeitsort. Aber dieser Kindergarten ist gerade am Ende seiner Raumkapazität angekommen - 5 m² für dieses Kind sind nicht mehr vorhanden und eine andere Lösung lässt das Gesetz auch nicht zu.
Nun kann man natürlich argumentieren, es sind überall Ausnahmen möglich. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren Parlamentarier, wozu macht man ein Gesetz, wenn man sagt, ich brauche unbedingt die Ausnahmen? Dann ist offensichtlich etwas nicht schlüssig und der von uns eingeschlagene Weg der Deregulierung war hierbei sehr wohl hilfreich; denn man hat in letzter Zeit diesbezüglich keine Klagen mehr gehört. Hier konnte dem Willen der Eltern und der Kinder entsprochen werden.
Mit der zunehmenden Ausdünnung der Bevölkerungsdichte im Lande - wir kennen alle die demografischen Zahlen - besteht natürlich auch die Gefahr, dass der Betrieb eines Kindergartens oder einer Kinderkrippe vor Ort nicht mehr sinnvoll möglich ist. Deswegen gilt gegenwärtig, dass auch Tagesmütter unterstützt werden können, die, einer staatlichen Kontrolle unterliegend, Kriterien erfüllen müssen, dafür aber auch staatliche Leistungen erhalten, damit die Eltern finanziell nicht überlastet werden.
Das Land Mecklenburg-Vorpommern mit einer SPDPDS-Regierung deckt gegenwärtig ein Drittel seines Bedarfs über Tagesmütter ab - eine sehr gute Einrichtung. Auch die Bundesministerin Renate Schmidt hat noch einmal deutlich gemacht, dass die Tagesmutter ein wesentlicher Baustein auch in der Kinderbetreuung und Erziehung ist.
Dieses wäre dann nicht mehr zulässig; keine Unterstützung für die Eltern abseits des Ganzen, vielleicht sogar ein Widerspruch zum Bundesgesetz.
Der Bildungsauftrag, den wir gegenwärtig in den Kindertagesstätten haben, wäre dann nur noch ganztags zu erfüllen; so steht es im Gesetz. Die Institutionalisierung würde vonstatten gehen. Die Frage ist, was ist mit jenen 15 % der Eltern, die ihr Kind schon gegenwärtig freiwillig nur halbtags in den Kindergarten bringen möchten? Es werden sicherlich mehr sein - -
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Zu- rufe von Frau Dr. Weiher, PDS, und von Herrn Gallert, PDS)
- Natürlich muss man sie nicht zwingen teilzunehmen. Aber im Gesetzentwurf steht, der Bildungsauftrag ist ganztägig zu erfüllen. Das können Sie nicht wegwischen. Sie können nicht sagen, dann kriegen die Kinder eben nur einen halbtägigen Bildungsauftrag.
In der Schule ist es so, dass die Bildung über vier Stunden erfolgt, aber im Kindergarten soll spielen demnächst wohl ausgeschlossen sein.
Wenn man sich einen weiteren Punkt überlegt, nämlich die Frage der Beschäftigung von Hilfskräften. Viele Funktionen im Kindergarten sind gegenwärtig so, dass sie sehr wohl auch durch Hilfskräfte ausgeführt werden können; nicht überall muss eine Erzieherin tätig sein. Dass die Debatte darüber, dieses auszuschließen oder zu verbieten, ziemlich ins Leere läuft, mögen die Zahlen verdeutlichen: Auf 12 621 Fachkräfte kommen in Sachsen-Anhalt gegenwärtig lediglich 81 Hilfskräfte. Die Thematik, die durch die Gewerkschaften aufgeworfen wurde, geht also völlig an der Sache vorbei.
Aber das gegenwärtige Gesetz ist auch kinderfreundlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil es der nachwachsenden Generation auch Spielräume für die Zukunft gibt. Es geht hierbei sehr wohl um die Frage, inwieweit man eine derartige Regelung finanzieren kann. Und wenn wir hier über ca. 50 Millionen € diskutieren, die das Land zusätzlich aufwenden müsste, dann ist dieses nicht ein einmaliger Kraftakt, sondern ein immer wiederkehrender.
Bei dem gegenwärtigen Zinsniveau macht das gut 1 Million € zusätzliche Ausgaben aus, die wir für diesen Kredit an Zinsen aufwenden müssten. Damit kann man viele andere gute Sachen machen. Wenn man das mal über drei, vier Jahre addiert, dann sind die meisten Programme, die wir gegenwärtig im Bereich der Jugendhilfe haben, damit nicht mehr finanzierbar.
Aber an dieser Stelle muss man sich natürlich auch fragen, wie realistisch lokale Verantwortungsträger die Finanzlage ihres eigenen Kreises einschätzen. Wenn ein
Landrat sagt, er ist stolz darauf, das Kinderbetreuungsgesetz zu unterstützen, dann ist es vielleicht Zeit, den Bürgerinnen und Bürger zu erklären, warum sein Landkreis die zweithöchste Pro-Kopf-Verschuldung hat und warum er im letzten Jahr bei der Kofinanzierung der Jugendpauschale 70 000 € eingespart hat.
Ein anderer Landkreis im Süden des Landes, der das Gesetz unterstützen möchte, hat ganz und gar nur noch 7 000 € verfügbar machen können, um eine Kofinanzierung für die Jugendpauschale darzustellen. Es findet ein Abbau bei freiwilligen Aufgaben statt und die Illusion wird erweckt, man könnte an anderer Stelle zusätzliche Ausgaben generieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich setze auf Ihre Weisheit hier in diesem Hohen Hause, erkennen zu können, wie die einzelnen Gesetzentwürfe sind, und beurteilen und feststellen zu können, dass die gegenwärtige Situation sehr wohl eine Situation ist, die es zu schützen und zu bewahren gilt. - Danke.
Vielen Dank, Herr Minister Kley. - Bevor wir jetzt in die Debatte der Fraktionen eintreten, habe ich die Freude, Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Prettin auf der Tribüne begrüßen zu können.
Die Debatte der Fraktionen beginnt mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Ich erteile Herrn Kurze das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnetenkollegen! Wir haben in den letzten Wochen und Monaten derartig intensiv und häufig über die Frage der Kinderbetreuung in unserem Land - im Plenum und in den Ausschüssen, insbesondere im Ausschuss für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport - diskutiert, dass es nahezu unmöglich ist, heute neue Aspekte in die Diskussion einzubringen. Ich glaube, dass die hierbei zu berücksichtigen Aspekte allumfassend beraten und behandelt worden sind.
Alle im Landtag vertretenen Parteien haben sich an diesem Prozess intensiv beteiligt. Damit ist heute die zu treffende Entscheidung über diesen Gesetzentwurf unabhängig vom Ausgang der am Ende dieser Debatte stattfindenden Abstimmung sehr gut vorbereitet. Jeder Abgeordnete und jede Abgeordnete weiß damit um das Für und Wider der von ihr oder ihm heute zu treffenden Entscheidung.
Ich könnte an dieser Stelle jetzt nochmals in allen Einzelheiten die Argumente meiner Fraktion dafür vortragen, warum wir den Gesetzentwurf des Volksbegehrens ablehnen werden. Sie kennen unseren Standpunkt aber aus früheren Debatten und Ausschussberatungen. Deshalb möchte ich diese Gründe nicht noch einmal vortragen.
Ich möchte aber auf einen Aspekt der Beratung im Ausschuss für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport eingehen, der uns in unserer Einschätzung des vorliegenden Gesetzentwurfes bestätigt hat. Der Ausschuss für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport hat zu den Gesetzentwürfen des Volksbegehrens,
der Landesregierung und der SPD-Fraktion eine Anhörung durchgeführt, in der alle wesentlichen an der Kinderbetreuung im Land Beteiligten angehört worden sind.
Ich weiß, liebe Kolleginnen und Kollegen der PDS-Fraktion, dass Sie jetzt vielleicht aufjaulen werden. Diese Anhörung hat aber mit Ausnahme der von den Vertretern des Volksbegehrens eingeladenen Anzuhörenden eindeutig ergeben, dass keiner dieser Angehörten die Rückkehr zum früheren KiBeG, die in dem Gesetzentwurf des Volksbegehrens gefordert wird, unterstützt.
Vielmehr wurde einhellig die Auffassung geäußert, dass sich das KiFöG zwischenzeitlich in der Praxis bewährt hat und dass zu hoffen ist, dass die teilweise bestehenden Unsicherheiten in der praktischen Anwendung durch die mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung vorgelegten Klarstellungen beseitigt werden.
denn allein die Tatsache, dass Sie als einzige Fraktion eine Pressemitteilung über den Inhalt dieser Anhörung veröffentlicht haben, in der Sie erklärten, dass die Anhörung ein Erfolg für den Gesetzentwurf des Volksbegehrens gewesen sei, macht Ihre Sicht der Dinge nicht zur Wahrheit.