Protocol of the Session on October 15, 2004

zentrum mit relativ hohen Fahrgastzahlen auf kurzen Strecken Dienstleistungen anbieten oder ob sie in einem Flächenbereich mit vielleicht geringen Fahrgastzahlen sehr weite Kilometerentfernungen zurückzulegen haben. Das muss sich automatisch in den Kalkulationen eines solchen Unternehmens niederschlagen.

Ich will aber dazu sagen, dass neben der unmittelbaren Finanzierung, die sich auf die Tarife, also auf die Straßenbahn- oder die Busfahrkarte niederschlägt, in diesem Bereich auch andere Ausgleichsinstrumente als eben nur der Finanzausgleich wirken; denn die Verkehrsträger können in diesem Bereich zum Beispiel für das Transportieren der Schüler und auch aus sonstigen Gründen aufgrund anderer Rechtsgrundlagen Zuschüsse und Zuweisungen für die Aufgabenerledigung im ÖPNV verrechnen. Da sind dann Fahrplankilometer wieder eine wichtige Grundlage für einen Ausgleich zur finanziellen Unterstützung von Verkehrsunternehmen.

Vielen Dank, Herr Minister. - Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Doege.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits bei der Verabschiedung des Haushaltsplans 2004 erklärte der finanzpolitische Sprecher der CDUFraktion Herr Tullner gegenüber der Presse, dass die CDU-Fraktion beim Finanzausgleichsgesetz insgesamt Novellierungsbedarf sehe - eine Auffassung, die wir durchaus teilen. Doch nach diesen Äußerungen, die bereits im letzten Jahr gemacht worden sind, tat sich lange nichts.

Im September wurde dann der Doppelhaushalt in den Landtag eingebracht. Deshalb erstaunt es uns umso mehr, dass nun und damit viel zu spät eine Novelle zum FAG vorgelegt wurde. Eigentlich sollte das gültige FAG nach unserer Auffassung auch die Grundlage für den Haushalt des entsprechenden Folgejahres bilden.

Dann - um dem Ganzen noch eines draufzusetzen - wird uns in der Begründung zum FAG mitgeteilt, dass die kommunalen Spitzenverbände nicht einmal ausreichend Zeit hatten, ihre Mitglieder ordentlich zu beteiligen. Eigentlich ein Skandal, doch irgendwie passt es letztlich zu Ihrem Umgang mit den Kommunen.

Meine Damen und Herren! Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang nur an den Versuch des Innenministers, 400 Millionen € zweckgebundener Zuweisungen in die allgemeinen Zuweisungen umzuschichten. Gelänge diese Umschichtung, wäre dies ein Meilenstein zur besseren und bedarfsgerechteren Kommunalfinanzierung - so der Innenminister vollmundig gegenüber der Presse.

Das Ergebnis dieses Versuchs ist hinlänglich bekannt. Der Meilenstein entpuppte sich als Stolperstein, und der Innenminister, als Tiger gesprungen, war letztlich als Bettvorleger gelandet.

(Herr Tullner, CDU: Also!)

In Sachen Stärkung der Kommunalfinanzen, meine Damen und Herren von CDU und FDP, ist Ihre Bilanz eh relativ dürftig. Statt der angekündigten 400 Millionen € mehr

(Unruhe bei der CDU - Zuruf von Frau Weiß, CDU)

mussten die Kommunen Einbußen von rund 400 Millionen € hinnehmen, und das seit der Übernahme der Regierungsverantwortung durch Sie.

Aber was will man schon von einer Landesregierung erwarten, deren zentrales Regierungsmotto Kollege Ruden gestern mit den Worten „Versuch und Irrtum“ so treffend umrissen hat, und einem Ministerpräsidenten, der in der Öffentlichkeit erklärte, die finanzielle Not sei der beste Zuchtmeister der Kommunen?

Herr Minister Jeziorsky, die SPD teilt die Einschätzung, dass sich das FAG im Grundsatz bewährt hat und dass in einzelnen Punkten weiterer Entwicklungsbedarf besteht. Das dürfte Sie allerdings nicht verwundern; denn schließlich wurde das FAG, das Sie jetzt novellieren wollen, unter der SPD-Landesregierung verabschiedet.

(Frau Weiß, CDU: Ach so, deshalb! - Herr Tull- ner, CDU: Also!)

Ihr Gesetzentwurf enthält durchaus positive Ansätze. Einige Änderungen sind weitgehend unstrittig bzw. werden zum Teil seit Jahren in den Fachausschüssen diskutiert. Ich verweise diesbezüglich insbesondere auf die Regelungen zum Spitzausgleich, der künftig im zweiten Folgejahr erfolgen soll und nicht wie bisher spätestens im zweiten Folgejahr.

Des Weiteren wird der Zeitraum der Anrechnung der gemeindlichen Steuereinnahmen von bisher einem auf künftig drei Jahre ausgedehnt, um damit, wie Sie in der Begründung zu dem Gesetzentwurf erklären, die Auswirkungen und Schwankungen etwas abzumildern. Das ist ein Punkt, dem wir durchaus folgen können. Ebenfalls halten wir den Ansatz für richtig, künftig für Grund- und Mittelzentren eine Gewichtungssteigerung aufzunehmen.

(Zustimmung bei der CDU und von Minister Herrn Dr. Daehre)

Allerdings, meine Damen und Herren, enthält Ihr Gesetzentwurf auch einige neue Regelungen, die teilweise erhebliche Auswirkungen auf die Binnenverteilung haben. Ich verweise nur auf die Einführung des Dünnbesiedlungszuschlages, der, wie es Kollege Reck vorhin schon andeutete, zum Teil zu erheblichen Auswirkungen führen wird.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Auch bezüglich der von Ihnen beabsichtigten Einführung einer Finanzausgleichsumlage gibt es aus unserer Sicht noch Diskussionsbedarf im Hinblick darauf, ob diese wirklich zukunftsfähig ist. Das Gleiche gilt für den § 11a, den Vorwegabzug, der zwischen dem Städte- und Gemeindebund und dem Landkreistag mehr als strittig ist.

Vor einer Lösung des Stadt-Umland-Problems drücken Sie sich, indem Sie einfach die Teilmasse für die kreisfreien Städte unverändert belassen.

(Frau Weiß, CDU: Das haben Sie die ganzen Jahre gemacht!)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Abschluss kommen. Die rote Lampe leuchtet schon. - Mit dem FAG ist Ihnen kein großer Wurf gelungen. In der Medizin würde man das als Placebo bezeichnen. Den Not leidenden Kommunen wird letztlich nicht weitergeholfen, denn ein Mehr an Finanzmitteln steht nicht zur Verfügung.

(Zuruf von Frau Weiß, CDU)

Eine abschließende inhaltliche Bewertung werden wir nach erfolgter Anhörung der kommunalen Spitzenverbände abgeben. Wir haben bereits beantragt, im Rahmen der Selbstbefassung eine Anhörung im Innen- und im Finanzausschuss durchzuführen.

Ich beantrage namens der SPD-Fraktion die Überweisung des Gesetzentwurfs zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mitberatung an den Finanzausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Doege. - Als nächste Fraktion ist die CDU-Fraktion an der Reihe. Es spricht Herr Madl.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht gleich zu Ihren Ausführungen, Herr Doege: Ich denke, dass das FAG nicht zu spät gekommen ist. Sie wissen, dass das FAG auch nicht den wesentlichen Einfluss auf den Haushalt hat, weil es eine interne Regelung ist, und dass dann, wenn es bis zum Ende der Haushaltsberatungen parallel mit beraten wird - und es kann mit beraten werden -, auch der Vorwurf der Verspätung nicht gerechtfertigt ist.

Sie sagten, die Anhörung der kommunalen Spitzenverbände war zu knapp und die Mitglieder konnten nicht befragt werden. Ich denke, dass bei der Befragung der Mitglieder der kommunalen Spitzenverbände das Spektrum der unterschiedlichen Auffassungen sicher ganz klar zum Tragen kommen wird. Was die kommunalen Gruppen im Einzelnen an Interessen haben, das wissen Sie selbst. Ich denke, dass die Stellungnahme, die von den kommunalen Spitzenverbänden abgegeben worden ist, repräsentativ sein wird für die Befragung der Mitglieder dann in der Folge.

Zum Gesetz selbst. Der Minister hat die Gründe für die Notwendigkeit der Änderung des FAG im Wesentlichen genannt. Der Bevölkerungsrückgang, die Aufgabenverlagerung, die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung und die Notwendigkeit, das Ausgleichsinstrumentarium weiterzuentwickeln, fordern zwangsläufig eine Anpassung des FAG.

Dass - das habe ich schon gesagt - nicht alle Änderungen auf vorbehaltlose Zustimmung treffen werden, ist selbstredend; denn gerade dann, wenn es um Geld geht, ist es so, dass es nie eine ausgleichende Gerechtigkeit geben wird und dass der eine oder der andere gern mehr hätte, unabhängig davon, ob das nun die kreisangehörigen Gemeinden, die Landkreise oder die kreisfreien Städte sind. Das versteht sich von selbst. Wir haben ja auch schon an den Fragen von Herrn Krause und von Herrn Reck an den Minister gehört, dass diese Annahme wohl berechtigt ist. Dazu sind auch die Interessenlagen in der kommunalen Familie ganz unterschiedlich.

Lassen Sie mich deshalb auf einige wesentliche Punkte eingehen.

Erstens. Ein wesentlicher Punkt ist die in § 6 Abs. 1 geregelte Verteilung der Finanzausgleichsmasse. Ich gebe Ihnen darin Recht, dass sich die demografische Entwicklung in Sachsen-Anhalt in Verbindung mit dem erheblichen Bevölkerungsrückgang nicht prozentual gleichmäßig auf die einzelnen kommunalen Gruppen, die kreis

freien Städte, die Landkreise und die kreisangehörigen Gemeinden, auswirkt.

Dass der Anteil an den allgemeinen Zuweisungen in Höhe von 27 % beibehalten werden soll, rechtfertigt die Tatsache, dass die Oberzentren eine zentralörtliche Bedeutung haben, das heißt, Aufgaben über den eigenen Bedarf hinaus wahrnehmen sollen. Wir wissen, dass die Zahl bereits im Jahr 1993 bei ca. 24 % lag und die Gewichtung der Einwohner oder, um ein anderes Wort zu gebrauchen, der „veredelten“ Einwohner mit 3 % für die Zentralfunktion draufgelegt worden ist. Das soll bei der Gesetzesänderung beibehalten werden.

Dazu muss man aber auch klipp und klar sagen: Da müssen wir langsam einmal zum Ende der Diskussion über die Stadt-Umland-Problematik kommen,

(Herr Dr. Polte, SPD: Zur Lösung, Herr Madl!)

wenn wir bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt wissen, dass real eigentlich nur noch 21 % der zu verteilenden Finanzausgleichsmasse für die kreisfreien Städte notwendig wären und dass wir noch mit zusätzlichen 6 % arbeiten wollen. Wie gesagt, ich denke aber - -

(Herr Bullerjahn, SPD: Ist das Ihre persönliche Meinung oder die Auffassung der CDU, Herr Madl?)

- Das ist die logische Konsequenz aus der Diskussion, die wir sicher auch im Ausschuss noch einmal haben werden und die im Vorfeld schon geführt wurde. Das wissen Sie doch selbst, Herr Bullerjahn.

(Zurufe von Herrn Dr. Köck, PDS, und von Herrn Sachse, SPD)

Die Quotierung - das können Sie jetzt schon an den Einwürfen erkennen - wird im Ausschuss sicher noch für einen erheblichen Gesprächsbedarf sorgen.

Zweitens. Der Dünnbesiedlungszuschlag - das hat der Herr Minister schon entsprechend ausgeführt - wird anstelle des Flächenfaktors eingeführt. Der Auslöser dafür ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zum Länderfinanzausgleich. Der Dünnbesiedlungszuschlag soll eine höhere Rechtssicherheit bieten.

Drittens. Die Gewichtung der Bedeutung der zentralörtlichen Funktionen für die Grund- und Mittelzentren ist ein sinnvolles Instrument, um die zentralörtlichen Funktionen für diese Zentren stärker zu betonen und um eine größere Transparenz bei der Bedarfsermittlung deutlich zu machen.

Viertens. Die Neuverteilung der Investitionszuweisungen wird sicher auch ein Thema sein, das uns im Ausschuss sehr beschäftigen wird. Ich finde, dass der Vorwegabzug von 10 Millionen € bei den GVFG-Mitteln ein sinnvoller und notwendiger Punkt ist, um Infrastrukturmaßnahmen, insbesondere Maßnahmen im Straßenbau, bei Kommunen, die ihre 25-prozentige Kofinanzierung nicht mehr aufbringen können, umsetzen zu können. Im Übrigen bin ich der Auffassung, dass das fast alle Kommunen nicht mehr können. Es sind wahrscheinlich nur noch die 13 Kommunen, die ich nachher noch nennen werde, die über die Ausgleichsumlage herangezogen werden sollen, noch dazu in der Lage. Vor diesem Hintergrund ist das schon eine interessante Geschichte und sinnvoll.

Die Neuquotierungen in Höhe von 25, 20 und 55 % werden sicherlich zu einem Diskussionsbedarf führen, weil sie sich an den statistischen Daten der Bauausgaben in den Jahren von 1994 bis 2003 orientieren.

Nun habe ich vielfach das Argument gehört, dass dann, wenn wir in den kommunalen Gruppen mehr Geld zur Verfügung gehabt hätten, auch mehr gebaut worden wäre. Geht man aber davon aus, dass die prozentuale Verteilung auf die Gruppen gleichmäßig wäre, kann man diese statistischen Daten der Bauausgaben von 1994 bis 2003 durchaus als Beurteilungskriterien heranziehen.

Fünftens die Finanzausgleichsabgabe. Ich habe bereits gesagt: Das ist ein Thema, das bereits jetzt und auch in der Fläche schon sehr heiß diskutiert wird und auf das man als Abgeordneter aus der Region sicher auch schon angesprochen worden ist. Da geht es darum, dass die Kommunen, die eine sehr hohe Finanz- und Steuerkraft haben, einen Teil ihres Überschusses abführen sollen. Dazu hat der Städte- und Gemeindebund eigentlich auch schon gesagt, dass er das für sehr sinnvoll hält, weil es dann dem Ausgleichsstock insgesamt zugeführt wird. Bei der jetzigen Kalkulation trifft es 13 Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt mit einer Summe von ca. 5,9 Millionen €.

Als Letztes: Das Ausgleichsinstrumentarium ist auch schon beschrieben worden. Herr Doege hat das sehr gut gefunden. Wir finden das insgesamt sehr gut, weil damit ein Instrument geschaffen wird, mit dem möglicherweise ein Fallen von Kommunen in ein Liquiditätsloch durch das Strecken über einen Zeitraum von drei Jahren entweder gemildert wird oder vielleicht sogar ausgeschlossen werden kann.