Zur Gewährleistung der finanzverfassungsrechtlich gesicherten kommunalen Selbstverwaltung liegt der Schwerpunkt des Finanztransfers bei den allgemeinen Zuweisungen. Den kommunalen Handlungsspielraum begrenzende gesonderte Zuweisungen für bestimmte Zwecke werden auf ein Mindestmaß beschränkt. Diese konzeptionelle Ausrichtung des Gesetzes hat sich bewährt und soll beibehalten werden.
Den Anstoß für die Novellierungsüberlegungen geben der Bevölkerungsrückgang, die Aufgabenverlagerungen, die Verfassungsrechtsprechung und die Notwendigkeit, das Ausgleichsinstrumentarium weiterzuentwickeln. Nicht zuletzt dient die Überarbeitung einzelner Vorschriften der Vereinfachung bzw. der besseren Lesbarkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir einen kurzen Überblick über die wesentlichen Änderungen.
Das Land Sachsen-Anhalt hat seit dem Jahr 1990 einen jährlichen Bevölkerungsrückgang in der Größenordnung von jeweils 20 000 bis 30 000 Einwohnern zu verzeichnen. Diese Entwicklung wirkt sich jedoch nicht gleichmäßig in den kommunalen Gruppen aus. Da sich das Zuweisungssystem des FAG an den kommunalen Gruppen und an den Einwohnerzahlen als Hauptbemessungsfaktoren für den Finanzbedarf orientiert, wäre an sich eine Anpassung zulasten der kreisfreien Städte erforderlich. Um jedoch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die kreisfreien Städte als Oberzentren ein breites Angebot an Leistungen auch für das Umland anbieten, soll ihr Anteil an den allgemeinen Zuweisungen auch zukünftig bei 27 % angesetzt werden.
Bei den beiden anderen genannten Gruppen ergeben sich aus verfassungsrechtlichen Gründen geringfügige Änderungen bei der Quote. Das Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit bewirkt eine interkommunale Aufgabenverlagerung von den Landkreisen auf die kreisangehörigen Gemeinden. Da die Aufgabenlasten Finanzlasten nach sich ziehen, ist ein Ausgleich geboten, auch wenn er sich nur im Bereich eines Zehntelprozentpunktes bewegt.
Das Landesverfassungsgericht hat bereits mehrfach, zuletzt in seiner Entscheidung vom 14. September 2004 zu Artikel 4 des Ersten Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen, darauf hingewiesen, dass einer Aufgabenzuweisung im Sinne des Artikels 87 Abs. 3 Satz 1 der Landesverfassung eine Kostendeckungsregelung folgen muss.
Ausgelöst durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Länderfinanzausgleich soll die bislang auch auf Flächenanteilen beruhende Bemessung der allgemeinen Zuweisungen für Landkreise durch den in dem oben genannten Verfahren anerkannten Dünnbesiedelungsfaktor ersetzt werden. Zwar haben der Flächenfaktor und der Dünnbesiedelungszuschlag ähnliche Wirkungen. Beide berücksichtigen, dass dünn besiedelte kommunale Körperschaften aufgrund dieser Struktureigenschaft in zahlreichen Aufgabenfeldern höhere Aufwendungen zu erbringen haben.
Der Dünnbesiedlungszuschlag bietet aber gegenüber dem bisherigen Flächenfaktor den Vorteil der größeren Rechtssicherheit. Dabei ist im Entwurf der Faktor so bemessen, dass es nicht zu Verwerfungen kommt. Zur stufenweisen Anpassung wurde dennoch entsprechend
Mit der Überarbeitung der Vorschrift zur Berechnung der Bedarfsmesszahl wurde die Größenklassenstaffel für die kreisangehörigen Gemeinden an die durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit neu festgesetzten Leitgrößen angepasst. Für die aus der Zentralitätsfunktion - also Grund- und Mittelzentrum - erwachsenden weiteren Aufgaben sieht der Gesetzentwurf gesondert eine Gewichtungssteigerung für die betreffenden Gemeinden vor. Diese Regelung erhöht die Transparenz der Bedarfsermittlung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den inhaltlichen Schwerpunkten zählt die Neuverteilung der Investitionszuweisungen. Neu ist der Vorwegabzug in Höhe von 10 Millionen € jährlich zur Kofinanzierung von kommunalen Eigenanteilen bei nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz geförderten Straßenbaumaßnahmen. Der Straßenbau gehört zu den elementaren Infrastrukturmaßnahmen und ist für den weiteren Ausbau der Infrastruktur in vielerlei Hinsicht eine Grundvoraussetzung.
Der Bedarf ist nach wie vor groß. Leider ist eine zunehmende Anzahl kommunaler Antragsteller wegen der ausgeprägten kommunalen Finanzschwäche nicht mehr in der Lage, den 25-prozentigen Eigenanteil aufzubringen. Daher drohen Fördermittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz zu verfallen. Um zu verhindern, dass diese Mittel für nicht bedürftige Antragsteller verwendet werden, sollen sie nur auf Antrag und nach einer Einzelfallprüfung in Anlehnung an die Bedarfszuweisungskriterien zur Auszahlung kommen.
Der Betrag von 10 Millionen € ist so bemessen, dass die jährlich anfallenden Kofinanzierungsverpflichtungen sämtlich erfüllt werden könnten. Sofern die für die Kofinanzierung reservierten Mittelkontingente im Laufe eines Jahres nicht benötigt werden, fließen sie im Folgejahr in die pauschalen Investitionshilfen zurück. Mit diesem Verfahren wird sichergestellt, dass nur die wirklich benötigten Mittel zur Kofinanzierung der GVFG-geförderten Maßnahmen eingesetzt werden.
Meine Damen und Herren! Neu ist auch die Aufteilung der dann verbleibenden Mittel zu regeln. Die Aufteilung der Investitionshilfemittel auf die kommunalen Gruppen orientierte sich an den nach der amtlichen Statistik für Bauinvestitionen getätigten Ausgaben zum Zeitpunkt der Umstellung der jährlichen Gemeindefinanzierungsgesetze zum heutigen Finanzausgleichsgesetz. In den Jahren seit der Verabschiedung des Finanzausgleichsgesetzes haben sich die Anteile der einzelnen kommunalen Gruppen verändert.
Nach der Auswertung der statistischen Daten über die Bauausgaben im Zeitraum 1994 bis 2003 entfiel ein Anteil von knapp 17 % der Gesamtbautätigkeit auf die Landkreise. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Umfang der zugewiesenen Investitionsmittel das Ausmaß
der tatsächlichen Bautätigkeit wesentlich vorbestimmt. Der Umfang der Bauinvestitionen ist daher nicht gleichzusetzen mit dem Aufgabenbestand und dem Baubedarf.
Besonders augenfällig wird dies bei den Landkreisen; denn diese erhalten lediglich 10 % der investiven Zuweisungen, bestreiten aber rund 17 % der kommunalen Bauausgaben. Insbesondere bei der Sanierung und dem Bau von Schulen wird von den Landkreisen ein erheblicher Nachholbedarf geltend gemacht. Um eventuelle Fehlinvestitionen zu vermeiden, wurden in den letzten Jahren notwendige bauliche Maßnahmen zurückgestellt. Mit dem Abschluss der Schulentwicklungsplanung kann dieser Investitionsstau jetzt abgebaut werden.
Die Gemeinden als Träger der Grundschulen sind hiervon weit weniger betroffen. Als Empfänger des weitaus größten Anteils der vom Bund im Rahmen des Investitionsförderungsgesetzes Aufbau Ost bereitgestellten Mittel haben sie nach einer Lockerung der Verwendungsbeschränkungen zumindest in den letzten Jahren der Mittelbereitstellung in die Schulsanierung investieren können. Die Änderung kompensiert die von den Landkreisen beklagte zu geringe Beteiligung an den investiven Zuweisungen und trägt gleichzeitig der bildungspolitischen Schwerpunktsetzung des Landes Rechnung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den vorgeschlagenen Neuregelungen zählt auch die Einführung einer Finanzausgleichsabgabe. Einige Gemeinden sind so steuerstark, dass ihre Finanzkraft den Finanzbedarf übersteigt. In diesen Fällen müssen wir einen verträglichen Ausgleich zwischen diesen herausragend steuerstarken Gemeinden und besonders finanzschwachen Kommunen schaffen. Dies gebietet die interkommunale Solidarität.
Wenn die Steuerkraftmesszahl mehr als 150 % der Bedarfsmesszahl beträgt, sollen 30 % des über diesem Schwellenwert liegenden Betrages zugunsten besonders bedürftiger Kommunen abgeführt werden. Auf der Basis von Modellrechnungen sind derzeit etwa ein Dutzend Gemeinden von dieser Regelung betroffen. Die Mittel aus der Finanzausgleichsumlage werden dem Ausgleichsstock zugeführt, sodass das Geld den besonders bedürftigen Gemeinden zukommt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unter der Überschrift „Weiterentwicklung des Ausgleichsinstrumentariums“ lässt sich auch subsumieren, dass künftig bei der Berechnung der Steuerkraftzahl auf einen Dreijahresdurchschnitt abgestellt werden soll. Diese Maßnahme soll dazu dienen, starke Schwankungen im Gewerbesteueraufkommen in ihren Auswirkungen auf die Finanzausgleichsleistungen abzumildern.
Derzeit führt der Umstand, dass im laufenden Jahr Finanzausgleichsleistungen auf der Basis des vorvergangenen Jahres mit zum Beispiel sehr guten Gewerbesteuereinnahmen geleistet werden, zu erheblichen Finanzproblemen, wenn aktuell die Gewerbesteuereinnahmen stark sinken oder Rückzahlungen zu leisten sind. Niedrige Finanzausgleichsleistungen treffen dann mit niedrigen eigenen Steuereinnahmen zusammen. Durch die Ausdehnung des Anrechnungszeitraums können diese Schwankungen gemildert werden und die kommunalen Haushalte lassen sich leichter ausgleichen.
Die Umstellung auf den Dreijahreszeitraum stellt für die Mehrzahl der von der Einführung der FAG-Umlage betroffenen Gemeinden eine besondere Form einer Über
gangsregelung dar, weil die Belastungen aus der Finanzausgleichsumlage im Vergleich zum geltenden Recht deutlich gemindert werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am heutigen Tage möchte ich es bei diesem kurzen Abriss belassen. Ich wünsche uns eine zügige und erfolgreiche Beratung, gerade auch im wohl verstandenen Interesse unserer Kommunen. - Herzlichen Dank.
Herr Minister, ich habe eine Frage zum Wegfall des Flächenfaktors und zur Einführung des Dünnbesiedlungszuschlags. Sie schreiben in Ihrem Gesetzentwurf:
„Der Dünnbesiedlungszuschlag ist so zu bemessen, dass es nicht zu unverhältnismäßigen Verwerfungen gegenüber dem bisherigen System kommt.“
Das heißt, dass es Verwerfungen gibt. - Der Landkreistag hat für den Altmarkkreis Salzwedel, der am stärksten betroffen ist, berechnet, dass es aufgrund der neuen Berechnungsgrundlage zu Mindereinnahmen in Höhe von ca. 3 Millionen € im Jahr kommt.
Sind das nicht schon Verwerfungen, die dem angeführten Satz in der Begründung zu dem Gesetzentwurf widersprechen?
Herr Kollege Reck, die Berechnung des Landkreistages kann ich bestätigen. Das hat auch dazu geführt, dass wegen dieser Problematik vom Landkreistag eine Übergangsregelung mit Blick auf das Jahr 2006 eingefordert wurde.
Sie haben es ganz gut beschrieben: Der Landkreis Salzwedel, ein dünn besiedelter Landkreis, aber mit einer riesigen Fläche, hatte nach der bisherigen Regelung einen erheblich größeren Finanzzuweisungsbetrag als ein Landkreis mit gleicher Einwohnerzahl, aber deutlich geringerer Fläche.
Sie haben den Betrag von 3 Millionen € genannt, der aufgrund der Umstellung beim Landkreis Salzwedel als Mindereinnahme zu Buche schlägt. Dann müssen Sie aber auch sehen, dass der Landkreis Salzwedel in den letzten zehn Jahren in jedem Jahr deutlich mehr Geld bekommen hat als ein Landkreis mit einer vergleichbaren Einwohnerzahl. Wir vernachlässigen die Fläche nicht, sondern haben jetzt einen Flächenfaktor, der zwischen den Landkreisen eine den Verhältnissen besser entsprechende Ausgleichsleistung bewirkt.
Herr Minister, das verstehe ich nun nicht; denn Sie schreiben doch im Gesetzentwurf, dass dünn besiedelte kommunale Körperschaften aufgrund dieser anderen Struktur höhere Aufwendungen für bestimmte Bereiche haben, wie auch im Gesetzentwurf festgeschrieben. Das heißt, wir haben das Geld nicht bekommen, weil wir eine so große Fläche haben, sondern weil aufgrund der großen Fläche ein Mehrbedarf an Aufwendungen bestand.
Teilen Sie die Ansicht, dass wir vorher nicht zu viel bekommen haben, sondern erst jetzt aufgrund der Umstellung benachteiligt sind, und zwar benachteiligt entgegen Ihrer Zusage, dass es keine unverhältnismäßigen Verwerfungen geben wird? 3 Millionen € sind für den Haushalt des Altmarkkreises Salzwedel eine ganze Menge Kohle.
3 Millionen € sind in jedem Haushalt eine ganze Menge Geld. Es bleiben aber immer 3 Millionen €, Herr Kollege Reck. Wir können uns trefflich darüber streiten. Es ist auch, wenn Sie so wollen, eine Ausgleichsproblematik innerhalb der Landkreise. Wenn man von der bisherigen Regelung der Fläche auf eine aus meiner Sicht moderatere, aber immer noch die dünne Besiedlung berücksichtigende Regelung umsteigt, führt das dazu, dass einige Landkreise eine geringere Zuweisung bekommen als vorher, andere Landkreise ein Stück weit mehr. Das ist ein Interessenausgleich und auch ein Stück weit Gerechtigkeit.
Herr Minister, in der Begründung schreiben Sie unter anderem, dass entsprechend der Daseinsvorsorge auch den Dienstleistungen in den kreisfreien Städten, also den Oberzentren, Rechnung getragen wird, also dem Mehraufwand. Nun erklären Sie mir bitte einmal, Bezug nehmend auf eine Anfrage der Kollegin Paschke in der gestrigen Sitzung zu den Tarifen im ÖPNV: Wie konnten sich und können sich auch gegenwärtig die Oberzentren ganz andere Tarife im ÖPNV leisten als zum Beispiel der Altmarkkreis Salzwedel und erst recht Stendal? Selbst der Minister für Verkehr musste die Erhöhung der Tarife in den Gebieten bestätigen, die nicht zu den Oberzentren gehören.
Es ist für die Träger des ÖPNV natürlich ein Unterschied, ob sie in einem Ballungsraum, in einem Ober
zentrum mit relativ hohen Fahrgastzahlen auf kurzen Strecken Dienstleistungen anbieten oder ob sie in einem Flächenbereich mit vielleicht geringen Fahrgastzahlen sehr weite Kilometerentfernungen zurückzulegen haben. Das muss sich automatisch in den Kalkulationen eines solchen Unternehmens niederschlagen.