Protocol of the Session on July 9, 2004

(Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kosmehl. - Zwischendurch eine Ansage: Im Raucherbereich vor dem Plenarsaal wurde ein herrenloses, möglicherweise auch damenloses Handy der Marke Nokia gefunden. Wir haben es ausgestellt. Wer die richtige Pin-Nummer weiß, der kann es bei Frau Pachulski abholen.

(Heiterkeit und Zustimmung)

Die Debatte wird fortgesetzt. Es spricht Herr Rothe für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses sollte laut Ankündigung eigentlich von Herrn Kolze erläu

tert werden. Aber in einer solchen Lage muss wohl Hauptmann Schulz nach vorn.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD und bei der PDS)

Herr Innenminister, die Frage an Herrn Kosmehl, wie dieser Einnahmerückgang motiviert ist, würde ich gern im Innenausschuss noch einmal stellen; denn es drängt sich schon der Verdacht auf, dass neben konjunkturellen Einflüssen möglicherweise auch ein gewisser Vorgriff auf eine beabsichtigte Gesetzesänderung hier hineinspielt. Ich will das nicht behaupten. Ich will das nur als Frage stellen, weil das im Gesamtzusammenhang wenig plausibel ist.

(Zuruf von Herrn Kolze, CDU - Unruhe)

Lassen Sie mich zu dem Änderungsantrag der SPDFraktion, der Ihnen in der Drs. 4/1648 vorliegt, sagen - er ist bereits mit einer schriftlichen Begründung versehen -: Wir stellen damit, wie schon im Innenausschuss, nochmals zur Abstimmung, dass die Änderung des § 1 erst zum 1. Januar 2010 in Kraft treten soll, weil es eben nicht sein kann - Frau Dr. Paschke hat dies ausgeführt -, dass das Land auf eine Aufgabe und auf die damit verbundenen Einnahmen verzichtet, solange es tarifvertraglich an das zugehörige Personal gebunden ist.

Man kann unter vernünftigen Leuten unterschiedlicher Meinung darüber sein, ob und in welchem Umfang Landespersonal Vermessungsaufgaben erledigen soll. Aus der Sicht meiner Fraktion hat sich die Regelung durchaus bewährt, wonach 80 % der amtlichen Vermessungen von den öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren und 20 % von den staatlichen Vermessern geleistet werden. Das Personal wäre also aus unserer Sicht weiterhin beim Land zu beschäftigen.

Wenn man demgegenüber mit den Koalitionsfraktionen der Auffassung ist, das Land solle die Aufgabe in noch stärkerem Maße den öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren übertragen, dann hätte man die Tarifverträge entsprechend gestalten müssen. Es kann nicht sein, dass das Land auf eine Aufgabe verzichtet, das Personal aber behalten muss. Genau dies ist in dem Tarifvertrag festgelegt, weil Sie diese Beschäftigten anders als andere Teile des Personalkörpers nicht von der Beschäftigungssicherung ausgenommen haben. Man hat - auch das wurde schon gesagt - es versäumt, einen Personalübergang zu den öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren zu verhandeln. Es ist bisher auch nicht gelungen, für die Betroffenen neue Tätigkeitsfelder in der Landesverwaltung zu finden.

Der mit dem Aufgabenverzicht verbundene Einnahmenverzicht des Landes - wie gesagt, es steht in der Begründung des Regierungsentwurfs, dass es sich um 3 Millionen € im Jahr handelt - ist vor diesem Hintergrund unvertretbar. Wir haben das auch im Finanzausschuss diskutiert, und der Herr Finanzminister blickte stumm auf dem ganzen Tisch herum. So habe ich das in Erinnerung.

(Herr Gallert, PDS: Er hat gesagt, das sei ein un- tergeordneter Aspekt!)

Zumindest, Herr Innenminister, hat es jedoch an der gebotenen Ressortabstimmung gefehlt, wenn man das in dem Beschäftigungssicherungstarifvertrag nicht berücksichtigt.

(Herr Gallert, PDS: Nein, wir verstehen das nicht!)

Unser Änderungsantrag zielt nun nicht darauf ab, es bei der 80:20-Regelung zu belassen, die wir nach wie vor für richtig halten, sondern wir beschränken uns auf den Versuch einer Schadensbegrenzung. Der Aufgabenverzicht soll demzufolge erst zum 1. Januar 2010 in Kraft treten, also mit dem Ablauf des Beschäftigungssicherungstarifvertrages.

Meine Damen und Herren! Neben dieser Aufgabenverlagerung, die wir ablehnen, enthält das Gesetz Bestimmungen, denen wir zustimmen können. Was sich aber in den letzten Wochen im Innenausschuss abgespielt hat, kann man nur als ein Stück aus dem Tollhaus beschreiben.

(Beifall bei der SPD)

Ich werfe den öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren ihre Lobbyarbeit nicht vor. Ich werfe der CDUFraktion vor, dass sie sich zum willenlosen Werkzeug einer Lobby gemacht hat.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Wenn man mit Interessenvertretern spricht - mit seriösen Interessenvertretungen wie dem BDVI rede ich gern -, muss man doch einen kühlen Kopf bewahren. Das Gegenteil war bei der CDU-Fraktion und bei Teilen der FDP der Fall.

(Widerspruch bei der CDU)

- Wenn Sie mir dieses Urteil nicht abnehmen wollen, meine Damen und Herren, lesen Sie bitte nach, was der Kommentator der „Volksstimme“ am 17. Juni 2004 geschrieben hat. Ich zitiere:

„Offensichtlich blockiert eine kleine, aber einflussreiche Lobbyistenschar in der CDU-Landtagsfraktion bürgerfreundliche Regelungen. Fintenreich verkehrt sie den ursprünglichen Ansatz, den Bürger zu entlasten, ins Gegenteil.“

So weit die „Volksstimme“. Das besagt, dass Sie sich leider ins Abseits begeben haben,

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

wohingegen wir in dieser Frage in Treue fest an der Seite des Innenministers stehen. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der SPD - Oho! bei der CDU)

Wenn Sie mir diese Bemerkung noch gestatten: Es ist den Abgeordneten der Regierungsfraktionen nicht untersagt, sich des Sachverstandes der Ministerialbürokratie zu bedienen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Am Ende musste der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Herr Kollege Scharf, ein Rechtsgutachten in Auftrag geben, um die von Herrn Kosmehl so betonte Rechtssicherheit in den eigenen Reihen wiederherzustellen. Nachdem sich die CDU-Fraktion nun mithilfe eines Gutachters der Regierungslinie wieder angenähert hat, können wir das beschließen, was der Innenausschuss als Beschlussempfehlung schon für die letzte Plenarsitzung vorbereitet hatte.

Meine Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf insgesamt werden wir uns der Stimme enthalten, weil er neben Teilen, die wir ablehnen,

auch edle Absichten des Innenministers enthält, die wir durchaus begrüßen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der PDS)

Vielen Dank, Herr Rothe. - Nun zum Abschluss der Debatte bitte Herr Kolze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werter Kollege Rothe, wer mich kennt, weiß es: Ich habe einen verdammt starken Willen.

(Zurufe: Oh!)

Ich werde Ihnen das bei der nächstbesten Gelegenheit auch gern beweisen, Herr Rothe.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetz wird das Vorhaben zur weiteren Modernisierung der Vermessungs- und Katasterverwaltung in SachsenAnhalt umgesetzt. Es greift die Grundsätze der Verwaltungsmodernisierung nach dem Verwaltungsmodernisierungsgrundsätzegesetz auf und berücksichtigt die Neustrukturierung der Vermessungs- und Katasterverwaltung.

Zum Wesen eines modernen Staates gehört es, raumbezogene Informationen über das Staatsgebiet und seine Ressourcen öffentlich zu machen. Die Bedeutung der Geoinformation für die Informations- und Wissenschaftsgesellschaft ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Dem muss sich auch die Vermessungs- und Katasterverwaltung im Lande Sachsen-Anhalt anpassen.

Bürger und Wirtschaft sollen die Möglichkeit erhalten, die gebündelten Informationen des Landes auf diesem Gebiet zu nutzen. Zu diesem Zweck soll eine entsprechende Geodateninfrastruktur geschaffen werden, damit ein problemloser Zugriff auf die Geobasisdaten möglich ist. Künftig muss dies schnell und unbürokratisch über das Internet realisiert werden können.

Wir befinden uns mittlerweile im modernen Informationszeitalter. Dementsprechend muss auch die Verwaltung angepasst werden. Es kann nicht sein, dass wir technisch hinterherhinken. Mit diesem Gesetz schaffen wir die Voraussetzungen für ein modernes Geoinformatiksystem, das es dem Bürger in Zukunft ermöglichen wird, die entsprechenden Daten bequem von zu Hause abzurufen. Dadurch werden Kosten gespart, das Verfahren wird vereinfacht und die Verwaltung wird zum modernen Geodatendienstleister.

Darüber hinaus verfolgen wir mit diesem Gesetz auch das Ziel, die öffentliche Verwaltung zu verschlanken und überflüssige Bürokratie abzubauen. Dabei werden zur Förderung des Mittelstandes sowohl die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure als auch private Vermessungsstellen stärker beteiligt.

Durch die Übertragung eines noch größeren Anteils der Liegenschaftsvermessungen auf die öffentlich bestellen Vermessungsingenieure und die Möglichkeit, Gebäudevermessungen privater Vermesser ins Kataster zu übernehmen, werden staatliche Leistungen privatisiert. Für den Bürger werden unnötige Mehrfachvermessungen vermieden. Dies bedeutet finanzielle Erleichterungen für private Bauherren und Investoren, also eine echte Investitionserleichterung.

Daneben enthält das Gesetz weitere Verfahrenserleichterungen, die ebenfalls zur Entbürokratisierung beitragen sollen. Zu nennen wären in diesem Zusammenhang die neuen Möglichkeiten der Flurstücksbildung.

Damit passt auch dieses Gesetz in den Gesamtkontext der Verwaltungsmodernisierung und Deregulierung. Auch auf diesem Gebiet muss gelten: So viel Staat wie nötig, so wenig Staat wie möglich. Indem wir mehr Verantwortung auf Private übertragen und hier Erleichterungen schaffen, eröffnen wir Handlungsspielräume für unsere Bürger. Dies entspricht unserem Bild vom modernen Staat, den wir in jedem Bereich der öffentlichen Verwaltung so weit wie möglich verwirklichen wollen. Ich bitte daher, diesem Gesetz zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kolze.

Wir stimmen jetzt ab. Da ein differenziertes Abstimmungsverhalten angekündigt wurde, fasse ich nicht alles zusammen, sondern lasse über die Paragrafen einzeln abstimmen. Beschlussgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses.

Zunächst § 1 in veränderter Fassung. Wer stimmt zu? - Die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Die PDS-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? - Die SPDFraktion. So beschlossen.