Protocol of the Session on July 9, 2004

Lassen Sie mich also in diesem Sinn versuchen, die Intentionen des § 12 Abs. 2 zu erläutern. Eine Flurstücksneubildung ohne Vermessung kann investitionserleichternd und für den Bürger Kosten sparend wirken. Eine Flurstücksneubildung ohne Vermessung muss aber auch Rechtssicherheit für den Bürger bieten. Der Bürger, der ein neues Flurstück durch Sonderung, also durch Flurstücksneubildung ohne Vermessung, erwirbt, muss eben diese Sonderung auch dann noch gegen sich gelten lassen, wenn er bei der späteren Bebauung des Grundstückes feststellt, dass sein Grundstück gar nicht der Lage in der Karte entspricht.

Wer die digitale Liegenschaftskarte Sachsen-Anhalts kennt und weiß, wie diese zustande gekommen ist, wird berechtigte Zweifel haben, dass eine Flurstücksneubildung ohne Vermessung ohne weitere Prüfkriterien zugelassen werden kann. Genau diese Prüfkriterien sind mit der Beschlussempfehlung des Innenausschusses aufgestellt worden.

Das geschah im Übrigen nach sehr intensiven Beratungen, bei denen es uns - darin muss ich Ihnen widersprechen, Frau Kollegin Dr. Paschke - immer in erster Linie um die Rechtssicherheit ging. Denn es nützt uns nichts, dass wir unter dem Vorwand Erleichterungen für den Bürger etwas schaffen, der Bürger am Ende aber vielleicht doch noch vermessen muss, weil es eben doch nicht geht. Deshalb muss die Rechtssicherheit an erster Stelle stehen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich bin froh, dass die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion diesem Kompromiss, den wir gemeinsam gefunden haben, zugestimmt haben. Ich glaube, dass es uns nach hartem Ringen wirklich gelungen ist, einen weitestgehenden Ausgleich zwischen Investitionserleichterung und Rechtssicherheit zu finden. Deshalb bitte ich Sie, in diesem Punkt der Beschlussempfehlung zuzustimmen.

Lassen Sie mich aber diesen Gedanken noch etwas weiter fortführen. Es ist jetzt notwendig, dass im Anschluss an die Novellierung des Vermessungs- und Katastergesetzes auch die Kostenverordnung geändert wird.

Dabei sollten aus der Sicht der FDP-Fraktion die Transparenz und die Ausgewogenheit deutlich verbessert werden, und zwar möglichst unter Einbeziehung aller Beteiligten. Dazu gehört aus unserer Sicht auch, dass wir es in der praktischen Ausgestaltung des § 12 Abs. 2 Satz 2, der Flurstücksneubildung ohne Vermessung, allen Aufgabenträgern, die diese Aufgabe übernehmen können, ermöglichen, die Entscheidung über die Möglichkeit einer Flurstücksneubildung ohne Vermessung dem Bürger schnell mitzuteilen.

Deshalb ist sicherzustellen, dass alle Aufgabenträger dem Antragsteller gegenüber in gleicher Weise auskunftsfähig sind. Dafür haben wir mit der Regelung in § 21 ein neues Verfahren gefunden, die einen Online

Zugriff ermöglicht. Danach werden also die anderen staatlichen Vermessungsbehörden, die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, das Katasteramt und auch die Gemeinden einen Online-Zugriff haben. Aber bis das tatsächlich realisiert ist, müssen wir sicherstellen, dass von allen Aufgabenträgern beispielsweise bei telefonischen Anfragen kurzfristig Auskunft gegeben werden kann, sodass dieses Instrument der Flurstücksneubildung ohne Vermessung tatsächlich auch genutzt werden kann.

Insgesamt bleibt also aus der Sicht der FDP-Fraktion festzustellen, dass dies ein gutes Gesetz ist, dem wir zustimmen werden.

Dem Änderungsantrag - Herr Kollege Rothe, das wird Sie nicht verwundern - werden wir nicht zustimmen können, weil wir der Auffassung sind, Aufgabenverzicht kann man nicht erst betreiben, wenn das Personal bereits weg ist; vielmehr muss zunächst der Aufgabenverzicht erfolgen und erst dann kann man sich um einen kontinuierlichen Personalrückgang bemühen.

(Zustimmung bei der FDP)

Auf Ihre Zahlen kann ich aufgrund der abgelaufenen Redezeit leider nicht mehr eingehen. Ich würde Sie herzlichst bitten, sich die Zahlen im Haushaltsabschluss 2003 und im Haushaltsplan 2004 noch einmal anzusehen und zu überlegen, ob die großen Einnahmeposten, auf die wir - so unterstellen Sie uns - verzichten würden, tatsächlich vorhanden sind oder ob es nicht realistischer ist, diesbezüglich mit anderen Zahlen zu hantieren. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und von der Regierungsbank)

Vielen Dank, Herr Kosmehl. Möchten Sie eine Frage von Frau Dr. Paschke beantworten?

Sehr gern.

Bitte fragen Sie.

Herr Kosmehl, Sie haben eben gesagt, dass man erst auf die Aufgabe verzichten und dann das mit dem Personal klären sollte.

Stimmen Sie mit mir darin überein, dass man im Haushaltsplan - das bezieht sich darauf, wie er angelegt ist und wie es auch in den Erläuterungen steht - nicht so an die Angelegenheit herangegangen ist? In den Erläuterungen im Haushaltsplan steht nämlich, dass das frei werdende Personal von den öffentlich Bestellten übernommen wird. Jeder von uns weiß, dass das nicht so erfolgt ist. Ich habe bereits im Rahmen der ersten Beratung hier angemahnt, dass der vorliegende Haushaltsplan in dieser Frage nicht die Realität widerspiegelt.

Darin kann ich Ihnen nicht zustimmen. Der Haushaltsplan - das belegen die Zahlen; Ihre Frage gibt mir die Möglichkeit, doch noch auf die Zahlen einzugehen -

zeigt gerade, dass der Rückgang der Einnahmen im Katasterwesen auf eine konjunkturelle Schwäche zurückzuführen ist. Ich erläutere das an einem Beispiel. - Herr Gallert, Sie gucken nicht gerade begeistert.

(Herr Gallert, PDS: Ich gucke so wegen der „kon- junkturellen Schwäche“! Erzählen Sie das einmal dem Finanzminister!)

- Er ist gerade nicht anwesend.

(Herr Gallert, PDS: Eben!)

Wir hatten am 31. Mai 2004 Isteinnahmen in Höhe von 5,95 Millionen € und zum gleichen Zeitpunkt im Jahr 2003 Isteinnahmen in Höhe von 8,67 Millionen € zu verzeichnen. Wohlgemerkt: Ohne eine Änderung des Verhältnisses bei der Aufgabenwahrnehmung von 80 % : 20 % auf 90 % : 10 % ist bei den Isteinnahmen eine Differenz in Höhe von 2,7 Millionen € zu verzeichnen. Diese Differenz ist allein wegen der konjunkturellen Schwäche zustande gekommen, ohne dass wir die Aufgaben verschoben haben.

(Frau Dr. Paschke, PDS: Das ist nicht die Antwort auf meine Frage!)

- Moment, ich komme gleich dazu. - Die Äußerung, dem Land würden Einnahmen durch die Lappen gehen, weil wir jetzt beschließen, dass Aufgaben in verstärktem Maße privat wahrgenommen werden,

(Herr Gallert, PDS: Das ist allgemeine Logik, Herr Kosmehl!)

kann ich nicht nachvollziehen, weil diese Annahme rein spekulativ ist.

(Herr Gallert, PDS: Das ist Ihr Problem!)

- Herr Gallert, Sie können gleich eine Frage stellen. Ich habe nämlich Ihren Zwischenruf nicht verstanden.

(Zuruf von Herrn Gallert, PDS)

Frau Dr. Paschke, nun zu Ihrer Aussage, dass im jetzigen Haushaltsplan bereits davon ausgegangen wird, dass das Personal von den ÖbVI übernommen wird. Das habe ich so im Haushaltsplan nicht gelesen. Die ÖbVI haben jedoch in den Gesprächen immer deutlich gemacht, dass sie dazu bereit sind, zwar nicht das gesamte Personal, aber Teile des Personals zu übernehmen, sofern das wirtschaftlich möglich ist.

(Zuruf von Frau Dr. Paschke, PDS)

Wer sich jedoch die Zahlen ansieht, der kann doch nicht davon ausgehen, dass die ÖbVI sagen, sie übernähmen jetzt das gesamte Personal; denn sie bemühen sich selbst gerade, ihr eigenes Personal zu behalten.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Das ist einfach der Situation geschuldet.

Bitte, Herr Gallert, wenn Sie eine Frage stellen wollen.

Ja. - Herr Kosmehl, sozusagen formal logisch: Die Tatsache, dass wir einen Einnahmerückgang im Jahr 2004 gegenüber dem Jahr 2003, der substanziell ist - er beträgt 30, 40 % -, zu verzeichnen haben, mag möglicherweise zum Teil mit der konjunkturellen Situation in

Sachsen-Anhalt zu tun haben. Aber selbst Sie als Jurist müssten mit Zahlen so weit klarkommen und feststellen, dass wir im Jahr 2004 gegenüber dem Jahr 2003 keinen konjunkturellen Einbruch von 40 % zu verzeichnen haben. Es muss also noch einen anderen Faktor geben.

Zweitens. Herr Kosmehl, unabhängig davon, wie hoch der Einnahmerückengang bei gleicher Rechtslage ist, müssen doch auch Sie zugeben, dass, wenn eine weitere Verlagerung der Aufgaben von der öffentlichen Hand auf die öffentlich Bestellten erfolgt, der Prozess beschleunigt und auf weitere Einnahmen verzichtet wird. Dabei ist es vollkommen unerheblich, welche Datengrundlage vorher gegeben gewesen ist. Das ist eine formal logische Operation und hat mit der Einnahmegröße überhaupt nichts zu tun. Auch das müssten Sie als Jurist mir bestätigen können. Oder?

Herr Gallert, zu Ihrem ersten Punkt kann ich aus der nüchternen Betrachtung der Zahlen heraus einfach nur sagen: Da es keine Änderung der Rechtslage gegeben hat, kann ich den Rückgang der Einnahmen nur - ich sehe keine anderen Einflüsse - auf die konjunkturelle Schwäche zurückführen.

(Zuruf von der CDU)

Ich sage es noch einmal: Mit Stand vom 31. Mai 2003 waren Isteinnahmen in Höhe von 8,67 Millionen € und mit Stand vom 31. Mai 2004 Isteinnahmen in Höhe von 5,95 Millionen € zu verzeichnen. In dieser Zeit ist keine Änderung der Rechtslage erfolgt. Es kann nur ein konjunktureller Rückgang sein.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Dabei sind im Jahr 2003 Mittel in Höhe von 17,5 Millionen € und im Jahr 2004 Mittel in Höhe von 13,6 Millionen € in Ansatz gebracht worden. Ich kann keine weiteren Einflüsse erkennen, auch wenn Sie das unter Umständen anders sehen.

(Zuruf von Herrn Gallert, PDS)

Für mich bleibt das bei nüchterner Betrachtung so stehen. Aber Sie haben deutlich mehr Erfahrung im Umgang mit Zahlen. Daher überlasse ich Ihnen das Feld.

(Herr Gallert, PDS: Oh!)

Vielen Dank.

(Zustimmung bei der FDP)