Protocol of the Session on July 8, 2004

(Herr Bullerjahn, SPD: Das kann ich Ihnen sagen! Der Landesvorsitzende hat eine Meinung!)

Ich beantrage neben den bereits genannten Überweisungen noch eine Überweisung in den Bildungsausschuss. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei der PDS)

Vielen Dank, Frau von Angern. Sie haben sich bereit erklärt, eine Frage des Abgeordneten Herrn Kosmehl zu beantworten? - Herr Kosmehl, bitte.

Frau Kollegin von Angern, Sie haben wie auch einige Ihrer Vorredner darauf hingewiesen, dass den Kindern mit der Novelle des KiFöG der Zugang zu Bildungsangeboten verwehrt wird. Ich möchte Sie gern fragen, an welcher Stelle im Gesetz geregelt ist, dass Kinder nicht an Bildungsangeboten im Kindergarten teilnehmen können.

(Frau Budde, SPD: Durch die zeitliche Eingren- zung! Stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind!)

Schön, dass Frau Budde gleich antwortet. - Durch die zeitliche Eingrenzung. Genau das ist das Problem. Sie haben nicht die Möglichkeit, wahlweise an der Entfaltung durch einen Ganztagsplatz teilzunehmen.

(Beifall bei der PDS und bei der Bürgerinitiative)

Lassen Sie eine weitere Frage des Abgeordneten zu? - Bitte sehr, Herr Kosmehl.

Frau von Angern, stimmen Sie mit mir darin überein, dass der Rechtsanspruch, den ein Kind hat, nicht bedeutet, dass das Kind darüber hinaus nicht auch im Kindergarten betreut werden kann?

Da kann ich jetzt an die Ausführungen meiner Kollegin Frau Bull anschließen. Selbst wenn wir die Tatsache momentan noch nicht zu verzeichnen haben, dass die arbeitslose Sozialhilfeempfängerin 331 € im Monat bekommt,

(Frau Budde, SPD: Es ist schon jetzt dramatisch!)

so ist das finanzielle Limit bei vielen Familien jetzt schon erreicht.

(Frau Budde, SPD: Richtig!)

Gerade diese 40 €, so wenig es für einen Abgeordneten oder eine Abgeordnete wie uns sein mag, sind für viele eben doch zu viel und sie können es sich nicht leisten, diese Förderung für ihre Kinder in Anspruch zu nehmen.

(Starker Beifall bei der PDS - Zustimmung bei der SPD - Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)

- Nein, es ist eben nicht möglich. Es ist für eine Familie, die in der Armutssituation lebt, objektiv nicht möglich, Herr Kosmehl.

(Beifall bei der PDS und von den Vertrauensper- sonen des Volksbegehrens „Für ein kinder- und jugendfreundliches Sachsen-Anhalt“)

Frau von Angern, sind Sie bereit, noch eine Frage von Herrn Schulz und eine Frage von Frau Dr. Hüskens zu beantworten?

Ja.

Bitte sehr, Herr Schulz, und dann Frau Dr. Hüskens.

Herr Präsident, keine Frage, eine Zwischenbemerkung. Ich habe selber zwei Kinder, die in eine Kindertagesstätte gehen. Meine große Tochter kommt in diesem Jahr zur Schule, sie hat also die Kindertagesstätte, wenn man das so sagen kann, erfolgreich absolviert. Meine Kinder gehen auch nur den halben Tag in den Kindergarten, aber ich kann nicht feststellen, dass sie dadurch in ihrem Bildungsanspruch eingeschränkt oder schlechter gestellt sind als andere Kinder in der Kindertagesstätte.

(Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU)

Was ich auf jeden Fall nicht tun werde: auch noch mein Kind hier zu zitieren. Denn ich finde, es ist eine Instrumentalisierung von Kindern, die hier vorgenommen wird.

(Widerspruch bei der CDU)

Frau Dr. Hüskens, bitte sehr.

(Zurufe von der CDU und von der FDP)

- Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, Frau Dr. Hüskens die Möglichkeit zu geben, ihre Frage zu stellen. - Bitte sehr, Frau Dr. Hüskens.

Frau von Angern, Sie haben gerade das Programm „Bildung elementar“ zitiert. Ich gehe davon aus, dass Sie auch in den Kindertageseinrichtungen gewesen sind, die das Pilotprojekt durchgeführt haben. Dann werden Sie dort auch gehört haben, dass die Einrichtungen - nicht nur diese Kindertagesstätten, sondern auch eine Reihe von anderen - den Eltern die Möglichkeit bieten, die Einrichtungen nachmittags kostenlos zu besuchen, wenn die Eltern dort ihre Kinder in entsprechend kleinen Gruppen selber betreuen. Können Sie mir bei der Logik, die Sie uns gerade vorgetragen haben, erklären, warum die Eltern von diesem Angebot fast keinen Gebrauch machen?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich würde vorschlagen, dazu die Eltern zu fragen.

(Herr Tullner, CDU: Das war ja eine Antwort! - Weitere Zurufe von der CDU)

Danke sehr, Frau von Angern. - Meine Damen und Herren!

(Unruhe bei der CDU)

Als letzter Redner erhält noch einmal der Vertrauensmann des Volksbegehrens das Wort. Herr Papenroth, Sie haben jetzt das Wort für eine zehnminütige Replik. Bitte sehr.

Herr Papenroth:

Ich möchte der Aufforderung folgen und noch einmal die Punkte herausarbeiten, die unseren Gesetzentwurf und das KiFöG voneinander unterscheiden. Ich hätte das vorhin vielleicht auch geschafft, aber die Zeit der Unterbrechungen war zu lang. Voran jedoch ein Wort zu Erzieherinnen:

Ich kann mir nicht erklären, wie man über Förderung und Bildung von Kindern reden kann, wenn man nicht im selben Atemzug erklärt, wie man dies personell untersetzt. Für mich sind das völlig zusammenhängende Dinge. Wenn ich also sage, dass ich hier auch die Interessen der Erzieherinnen vertrete, dann genau deshalb, weil es nur mit diesen Erzieherinnen möglich ist, etwas für die Kinder zu tun.

(Beifall bei der PDS und von den Vertrauensper- sonen des Volksbegehrens „Für ein kinder- und jugendfreundliches Sachsen-Anhalt“)

Gerade deshalb haben wir den Bildungsauftrag, der in der Tat zu begrüßen ist, übernommen, haben ihn aber im Gegensatz zum KiFöG personell untersetzt. Wir haben also pädagogisch angemessene Personalschlüssel gerade im Kindergartenbereich, dort, wo die Vorbereitung auf die Schule stattfindet.

Wir haben die Leitungsstunden aus den genannten Gründen wieder eingeführt. Wir haben Qualifikationsanforderungen vereinheitlicht, weil es für uns keine Tagesbetreuung zweiter Klasse, zum Beispiel in der Tagespflege, gibt. Wir haben den Fortbildungsanspruch genauso geregelt wie die Pflicht des Trägers zur Freistellung dieser Mitarbeiter zur Fortbildung. Das sind für

uns Grundvoraussetzungen, Fundamente, um Qualitätsansprüche auch durchsetzen zu können. Wir denken, dass wir mit dem Gesetzentwurf auch bildungspolitische Voraussetzungen schaffen, die den Ergebnissen von Pisa gerecht werden.

Ich weiß nicht - die Debatte ging in diese Richtung -, wo in unserem Gesetzentwurf der Passus steht, dass wir die familiäre Erziehung übernehmen wollen oder dass wir Eltern das Recht nehmen wollen, sich um ihre Kinder zu kümmern. Ich will das auch nicht haben. Ich finde das auch nicht in unserem Gesetzentwurf. Wir wollen kein Kind zwingen, in die Einrichtung zu gehen.

(Beifall bei der PDS und von den Vertrauensper- sonen des Volksbegehrens „Für ein kinder- und jugendfreundliches Sachsen-Anhalt“)

Wir wollen stattdessen Möglichkeiten schaffen, die es allen Kindern erlauben, an den Angeboten der Kindertagesstätte zur frühkindlichen Bildung, Förderung und Erziehung teilzuhaben - und das nicht nur am Vormittag, sondern auch in dem freizeitorientierten Spiel am Nachmittag möchten wir den uneingeschränkten Zugang zu den Kompetenzen, die die Kinder dort erwerben können. Dabei spielt es für uns keine Rolle, ob die Eltern Arbeit haben. Ausschlaggebend ist vielmehr der Punkt, welche individuellen Fähigkeiten, aber auch Bedürfnisse das Kind hat. Wenn zum Beispiel ein erweiterter Förderbedarf besteht, warum soll es dann nicht möglich sein, dass das Kind auch Angebote am Nachmittag wahrnimmt?

(Frau Feußner, CDU: Kann es doch!)

Die Diskussion um „Bildung hinzukaufen“, die ich vorhin gehört habe, belegt doch eigentlich den Satz, den Sie vorhin protestierend abgelehnt haben: Wer etwas hat, bekommt auch etwas, und wer nichts hat, bekommt auch nichts!

(Lebhafter Beifall bei der PDS und von den Ver- trauenspersonen des Volksbegehrens „Für ein kinder- und jugendfreundliches Sachsen-Anhalt“ - Zustimmung bei der SPD)

Unser Gesetzentwurf fördert Integration und gleicht soziale Herkunftsunterschiede dort aus, wo das KiFöG Kinder ausgrenzt.

(Beifall bei der PDS und von den Vertrauensper- sonen des Volksbegehrens „Für ein kinder- und jugendfreundliches Sachsen-Anhalt“ - Zustim- mung bei der SPD)

Wir stellen durch den uneingeschränkten Rechtsanspruch Chancengleichheit her, und wir sorgen durch familien- und kindgerechte Öffnungszeiten für familiengerechte Bedingungen, also dafür, Beruf und Familie miteinander vereinbaren zu können.