Protocol of the Session on June 18, 2004

Diese umfassende Informationspflicht, von der sich die Landesregierung nur in engem Rahmen exkulpieren kann, trägt der Tatsache Rechnung, dass Entscheidungen des Landtages zunehmend durch Vorbereitungshandlungen der Regierung so vorgeprägt sein können, dass das Parlament eine eigenständige Politikgestaltung in vielen Fragen kaum mehr entfalten kann und parlamentarische Entscheidungen mitunter nur noch als Ratifizierung exekutiver Vorentscheidungen erscheinen.

Dem in Absatz 3 enthaltenen Auftrag, das Nähere durch Gesetz zu regeln, ist der Gesetzgeber bisher nicht nachgekommen. Im Rahmen der in der dritten Wahlperiode des Landtages geführten umfassenden Parlamentsreformdiskussionen hatte der Landtag nach dem Vorbild zahlreicher anderer Landesparlamente mit großer Mehrheit den Abschluss einer Parlamentsinformationsvereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung favorisiert. Ich verweise dabei auf den Beschluss des Landtages vom 11. Oktober 2001.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der zentrale Zweck dieses Gesetz ist es, den Landtag und die Landesregierung zu ermächtigen, das Nähere durch eine

Vereinbarung zu regeln. Dies betrifft § 4 des Gesetzentwurfs. Diese Vereinbarung, deren Abschluss für den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetz angestrebt wird, soll durch die Unterzeichnung durch den Präsidenten des Landtages und durch den Ministerpräsidenten des Landes nach vorheriger Genehmigung durch den Landtag und die Landesregierung zustande kommen. Sie ist im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Sachsen-Anhalt bekannt zu machen.

Dabei ist zu betonen, dass durch das Landtagsinformationsgesetz und die Landtagsinformationsvereinbarung keineswegs zunächst die Voraussetzungen zu konstituieren sind, um die Information des Parlaments durch die Regierung zu ermöglichen. Vielmehr ist die Information des Landtages im Wege des Artikels 62 bereits staatspraktischer Alltag.

Analysen, die der Rechtsausschuss der dritten Wahlperiode zum Beispiel für die Fallgruppe der Staatsverträge bei der Landtagsverwaltung in Auftrag gegeben hatte, belegen eine grundsätzlich solide Informationspraxis. Mir ist allerdings auch bewusst, dass man die Informationspraxis der Landesregierungen in diesem Hause und selbst in den die Regierung tragenden Fraktionen stets unterschiedlich beurteilt hat und beurteilt. Diese Meinungsunterschiede sind so alt wie die Partnerschaft von Parlamenten und Regierungen.

Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf und der Entwurf einer Vereinbarung unternehmen nun den Versuch, auf der Grundlage der Informationserfahrungen, die seit 1992 auf dem Boden der Verfassung gesammelt werden konnten, staatspraktisch bereits vereinbarte und durchaus bewährte Verfahren schriftlich verbindlich niederzulegen und für jene Bereiche Regelungen zu vereinbaren, die noch nicht hinreichend in der Informationspraxis berücksichtigt werden.

Dass diese detaillierten Regelungen in der Vereinbarung und nicht, was möglich gewesen wäre, im Gesetz niedergelegt sind, erleichtert die Evaluierbarkeit und das Ändern der Verfahren und lässt uns der Landesregierung nicht als Gesetzgeber, sondern als Partner gegenübertreten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Regelungen des Gesetzes und der Vereinbarung hier nicht im Einzelnen referieren; dafür ist insbesondere der Vereinbarungsentwurf zu komplex und zu detailliert. Ich möchte allerdings auf zwei Grundsatzfragen eingehen.

Zunächst möchte ich darauf verweisen, dass mit § 2 des Gesetzentwurfs das bereits durch die Verfassungsauslegung zu gewinnende Recht des Landtages bekräftigt wird, Stellungnahmen abzugeben und die Landesregierung zu verpflichten, diese zu berücksichtigen bzw. maßgeblich zu berücksichtigen, falls eine Gesetzgebungszuständigkeit des Landes wesentlich berührt oder eine Änderung des Grundgesetzes Gegenstand der Unterrichtung ist.

In den vergangenen Jahren ist in diesem Zusammenhang wiederholt über die Frage der Bindung der Bundesratsmitglieder an Landtagsvoten diskutiert worden. Auch wir haben damit unsere Erfahrungen gesammelt. Dieses Bedürfnis in den Landesparlamenten ist insofern konsequent, als sich der Bundesrat zu einem mächtigen Verfassungsorgan des Bundes entwickelt hat, in dem die Ministerpräsidenten der Länder votieren, ohne durch die Landesparlamente effizient kontrollierbar zu sein.

Auch nach den Erkenntnissen aus der Föderalismuskommission, meine Damen und Herren, muss festgehalten werden, dass den Landesparlamenten nach der herrschenden Meinung gegenwärtig keinerlei Verfahren eröffnet ist, zumindest in den Bundesratsangelegenheiten, die originäre Kompetenzen und Interessen der Landtage berühren, rechtlich bindenden Einfluss auf das Abstimmungsverhalten der Bundesratsmitglieder zu entfalten. Ihr Einfluss reduziert sich auf die Abhängigkeit der Regierung vom Vertrauen der Mehrheit des Parlaments.

Auch in diesem Feld des staatsorganisatorischen Zusammenwirkens bewegen sich der Gesetzentwurf und die Vereinbarung. Uns geht es dabei nicht darum, einen bindenden Einfluss von Landtagsbeschlüssen auf das Abstimmungsverhalten der Bundesratsmitglieder auszugestalten. Dass verfassungsdogmatisch umstritten ist, ob dies eher auf der Ebene des Grundgesetzes geschehen müsse oder ob dies einer landesverfassungsrechtlichen Regelung zugänglich sei, kann daher unberücksichtigt bleiben.

Für eine landesverfassungsrechtliche Verankerung der landesparlamentarischen Beeinflussung und Kontrolle der überwiegend gouvernementalen Kooperation der Länder mit dem Bund sowie des Europaengagements der Landesregierung, wie sie zum Beispiel in Artikel 34a der baden-württembergischen Landesverfassung zumindest versucht worden ist, zeichneten sich in der Arbeitsgruppe allerdings keine Mehrheiten ab.

Wichtig ist jedoch, meine Damen und Herren, dass der Landtag mit dem Gesetz und der Vereinbarung näher an den bundes- und europapolitischen Akteur Landesregierung heranrückt und dass er dem Anspruch seiner Verfassung, dass die Staatsleitung dem Parlament und der Regierung zur gesamten Hand übereignet ist, künftig stärker entsprechen will.

Damit bin ich bei meinem zweiten Schwerpunkt, der eher ein Blick nach innen, in die Ressourcen dieses Hauses, ist. Wenn wir mit diesem Anspruch, durch den das Landtagsinformationsgesetz und ganz zentral die Vereinbarung motiviert sind, Ernst machen wollen, gilt es auch die Frage zu stellen, ob wir mit unseren parlamentarischen Verfahren, die durch die Geschäftsordnung geregelt werden, und unseren personellen und sächlichen Ressourcen hinreichend gut aufgestellt sind, um dieser neuen, größeren Herausforderung im parlamentarischen Alltag gerecht werden zu können.

Sie sehen, meine Damen und Herren, auch in diesem Bereich der Parlamentsreform sind wir lediglich an einer Wegmarke und nicht am Ende der Debatte angekommen. Die Parlamentsreform ist eine permanente Aufgabe. Dies zeigt auch die Vielzahl der offen gebliebenen Fragen, zu denen in der Arbeitsgruppe keine abschließende Meinungsbildung erfolgen konnte und die deshalb im Katalog der weiter zu beratenden Themen verbleiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem Landtag liegt, wie Sie meinen Worten sicherlich nunmehr entnommen haben, ein inhaltsschweres Paket zur Beratung vor. Wir sollten dieses Paket mit der nötigen Sorgfalt, aber zügig behandeln und alsbald beschließen. Weitergehende, von allen Fraktionen für erforderlich gehaltene Änderungen sind sicherlich im weiteren Beratungsgang möglich, eventuell sogar erforderlich. Sie sollten jedoch sorgfältig bedacht werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussionen in der Arbeitsgruppe standen ganz unter dem Eindruck der vom Föderalismuskonvent der Landesparlamente und der Föderalismuskommission ausgemachten Funktionsverluste der Landtage und der damit einhergehenden Entparlamentarisierungstendenzen der Politik. Insofern stand die Frage im Zentrum, wie sich die Entscheidungskraft des Landtages in Wahrnehmung seiner verfassungsrechtlichen Stellung und der daraus abgeleiteten Kompetenzen so behaupten und ausbauen lässt, dass er sich auch künftig als eigenständiges und problemlösungsfähiges Zentrum des demokratischen Willensbildungsprozesses zu erweisen vermag.

Die Ihnen vorliegenden Initiativen sind eine erste Antwort darauf. Sie sind im Zusammenhang zu sehen und bedeuten eine deutliche Stärkung der Rechte des Landtages. Sie könnten ein Startschuss dafür sein - das wünsche ich mir jedenfalls; das wünschen wir uns wohl alle -, dass weitergehende Stärkungen der Landesparlamente und des Subsidiaritätsprinzips vor allem im Ergebnis der Arbeit der Kommission zur Reform der bundesstaatlichen Ordnung nachfolgen.

Wenn wir in dieser Kommission bei dem Vorhaben weiterkommen wollen, die Landesparlamente zu stärken und vom dominierenden Exekutivföderalismus abzukommen, dann müssen wir zeigen, dass wir auch landesintern die Parlamente stärken wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich empfehle Ihnen auf Vorschlag aller Fraktionen, den Gesetzentwurf zur Änderung der Landesverfassung zur federführenden Beratung an den Ältestenrat und zur Mitberatung an den Ausschuss für Recht und Verfassung zu überweisen. Gleichermaßen empfehle ich Ihnen, das Landtagsinformationsgesetz einschließlich der Informationsvereinbarung auf Vorschlag der drei unterzeichnenden Fraktionen SPD, CDU und FDP an den Ältestenrat zu überweisen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei allen Fraktionen und von der Regie- rungsbank)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Bevor wir in die Debatte eintreten, haben wir die Freude, Schülerinnen und Schüler des Altmärkischen Gymnasiums Tangerhütte auf der Südtribüne zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Sie haben das Glück - ich hoffe, Sie empfinden es auch so -, eine Debatte zu erleben, die es zwölf Jahre lang in diesem Landtag nicht gegeben hat. Es ist nämlich eine Debatte über die Landesverfassung.

Meine Damen und Herren! Wir haben vereinbart, eine verbundene Debatte über die Punkte a, b und c zu führen. Es stehen für jede Fraktion 15 Minuten Redezeit zur Verfügung. Diese Zeit kann von einem Redner oder von einer Rednerin verwendet werden oder aufgeteilt werden. Wir beginnen mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. - Ich erteile dem Fraktionsvorsitzenden Herrn Scharf das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Verfassung eines Landes gehört zu seinen wichtigsten Dokumenten. Sie entfaltet ihre Wirksamkeit

in fast allen Lebensbereichen unserer Bürger und Einwohner. Allein ihr Bestehen prägt unser Rechtsbewusstsein. Daher, meine Damen und Herren, ist es angeraten, solange keine besonderen Zwänge vorliegen, die Verfassung nur in größeren Abständen zu ändern.

Die jetzt gültige Verfassung wurde vom Landtag von Sachsen-Anhalt am 16. Juli 1992 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU, der FDP und einer Mehrheit von SPD-Parlamentariern beschlossen. Die Fraktionen des Bündnis 90/Grüne, der DSU und der PDS stimmten damals dagegen.

Auch im Land Sachsen-Anhalt hat die Verfassung im öffentlichen Bewusstsein und auch unter allen im Landtag vertretenen Fraktionen inzwischen einen gewissen Verfassungskonsens erzeugt. Daher, meine Damen und Herren, waren sich die Fraktionen dahin gehend einig, jetzt einen Kanon verfassungsändernder Bestimmungen in den Landtag einzubringen, mit dem gesichert wird, dass unsere Verfassung auch zukünftig von allen im Land Sachsen-Anhalt Verantwortlichen mit großer Mehrheit getragen wird. Wenn es gut geht, dann schaffen wir es vielleicht sogar, diese Verfassungsänderung und damit die Verfassung als Ganzes - ich wünsche mir das - in einigen Monaten einstimmig in diesem Hohen Hause zu beschließen.

Meine Damen und Herren! Die Veränderungen in der Verfassung beinhalten im Wesentlichen eine Verlängerung der Wahlperiode, eine Neugestaltung der Quoren bei plebiszitären Elementen sowie eine Reihe von Maßnahmen zur Stärkung der Rolle des Landtages. Dies betrifft insbesondere die Kreationsfunktionen. Mit dem Landagsinformationsgesetz füllen wir den Verfassungsauftrag des Artikels 62 der Landesverfassung aus.

Nun zu einigen wenigen Bestimmungen im Einzelnen. In den jungen Jahren der Bundesrepublik Deutschland herrschten sowohl auf der Bundesebene als auch in den meisten Bundesländern vierjährige Wahlperioden vor. Inzwischen hat sich mehr und mehr der Wunsch herausgebildet, eine längere Periode ruhiger Parlaments- und Regierungsarbeit mithilfe einer längeren Legislaturperiode zu ermöglichen. Der Landtagspräsident hat erläutert, welche Länder inzwischen alle diesen Weg gegangen sind. Die CDU-Fraktion unterstützt die vorgetragenen Argumente und geht diesen Weg mit.

Mit Blick auf die plebiszitären Elemente ist Folgendes anzumerken. Die Quoren waren seit den Beratungen der Verfassungskommission, die im November 1990 begannen und fast zwei Jahre lang dauerten, lange umstritten. Die jetzt gültigen Quoren stellen daher einen Kompromiss dar. Nach Auffassung der CDU-Fraktion hat der Umgang mit plebiszitären Elementen in den vergangenen Jahren gezeigt, dass bei Anliegen, die die Bevölkerung als wirklich wichtig erachtet hat, diese Quoren regelmäßig überschritten wurden.

Daher haben wir als CDU-Fraktion die Diskussion über die Quoren auch nicht überbewertet. Aber weil das Land Sachsen-Anhalt einem Schrumpfungsprozess unterliegt, macht es durchaus Sinn, von absoluten Zahlen zu Relativzahlen überzugehen. Die CDU-Fraktion trägt vorbehaltlos den jetzt von allen Fraktionen gefundenen Kompromiss mit.

Ich will noch kurz einige Beispiele in Erinnerung rufen, um zu zeigen, welche wichtigen Erfahrungen wir mit direktdemokratischen Verfahren in Sachsen-Anhalt sam

meln konnten. Wir hatten in der ersten Wahlperiode eine Volksinitiative der PDS gegen so genannte unsoziale Mieten. Das für die Behandlung des Anliegens notwendige Quorum von 35 000 Unterschriften wurde damals deutlich überschritten. Der Landtag lehnte aber das Anliegen der Initiatoren ab.

Wir hatten in der zweiten Wahlperiode eine Volksinitiative für den Bau der Südharzautobahn. Dort wurden gut 50 000 Unterschriften gesammelt. Diese war erfolgreich. Allerdings kam nach der Behandlung im Landtag ein negatives Ergebnis zustande.

Eine Volksinitiative gegen die Pflichtförderstufe und das 13. Schuljahr erreichte hingegen nicht das erforderliche Quorum. Gegenwärtig haben wir eine Volksinitiative unter dem Motto „Für die Zukunft unserer Kinder“, bei der das notwendige Quorum deutlich erreicht wurde.

Wir können im Land Sachsen-Anhalt durchaus eine gewisse Erfahrung beim Umgang mit direktdemokratischen Verfahren vorweisen. Ich glaube, wir werden sie nach der Verfassungsänderung auf einer soliden Grundlage fortführen können.

Die PDS-Fraktion möchte, wie schon erläutert, darüber hinaus das Volksabstimmungsgesetz ändern. Auch wir sind der Auffassung, dass dieses Gesetz geändert werden muss. Ich erinnere daran, dass wir während der Behandlung des Volksbegehrens zur Kinderbetreuung im Jahr 1999 eine ganze Reihe von Verfahrensfragen zu klären hatten, die uns in rechtlich unsicheres Gelände geführt haben. Deshalb muss das Volksabstimmungsgesetz novelliert werden. Der Entwurf der PDS-Fraktion ist in unseren Augen aber ein untaugliches Instrument. Darüber wird heute im Laufe der Diskussion im Landtag noch zu verhandeln sein.

Zur Stärkung der Kreationsfunktionen. Bereits heute entscheidet der Landtag bei der Besetzung von zahlreichen wichtigen Ämtern durch eine Wahl. Die Besetzungsrechte sind in den Verfassungen der Landtage in Deutschland recht unterschiedlich ausgestaltet worden, sodass es in diesem Bereich einen gewissen Ermessensspielraum gibt.

Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat durchaus das Recht, seinen Ermessensspielraum neu zu beschreiben. Daher sollen zukünftig die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Landesverfassungsgerichts, der Präsident des Landesrechnungshofes, der Landesbeauftragte für den Datenschutz und der Landeswahlleiter nach im Einzelnen unterschiedlichen Bestimmungen, aber letztlich durch den Landtag gewählt bzw. berufen werden.

Meine Damen und Herren! Nun zu den Informationsrechten. Artikel 62 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt erlegt der Landesregierung die verfassungsrechtliche Pflicht auf, den Landtag über Vorhaben bei bestimmten Angelegenheiten rechtzeitig und umfassend und ohne gesonderte Aufforderung zu unterrichten. Es gilt im Einzelnen abzuwägen zwischen dem Erzeugen einer überflüssigen und auch von uns letztlich nicht zu bewältigenden Papierflut und den unverzichtbaren Informationsrechten, die wir wahrnehmen müssen.

Anhand von einigen wenigen Zahlen soll deutlich werden, was auf uns zukommt, wenn wir diese Aufgabe ernst nehmen. Man mache sich deutlich, dass im Laufe eines Jahres im Bundesrat über knapp 300 Gesetzesvorlagen und sonstige Vorlagen beraten bzw. beschlos

sen wird. Da inzwischen rund 80 % aller Gesetze von der europäischen Ebene maßgeblich geprägt oder beeinflusst werden, dürfte die Anzahl wesentlicher Drucksachen der EU die des Bundesrates noch weit übersteigen. Dies gilt insbesondere dann, wenn man die große Zahl bedeutender EU-Verordnungen mit einbezieht. Der Bund berührt bei ca. 60 % seiner Gesetze wesentlich die Belange des Landes Sachsen-Anhalt, sodass wir zu unseren Mitwirkungsrechten gerufen sind.

Alle diese Vorgänge können unmöglich im Landtag von Sachsen-Anhalt parallel zur Regierungsarbeit behandelt werden. Es muss daher ein Verfahren gefunden werden, mit dem die wesentlichen und für uns wichtigen Vorgänge rechtzeitig, aber dennoch mit einer großen Sicherheit herausgefiltert werden können, damit nichts Wesentliches am Landtag vorbeiläuft oder diesen zu spät erreicht.

Wir meinen daher, mit einem schlanken Landtagsinformationsgesetz die Pflichten zur Unterrichtung des Landtages über die Vorbereitung von Gesetzen, wichtige Angelegenheiten der Landesplanung und den geplanten Abschluss von Staatsverträgen, sowie und soweit sie von grundsätzlichen Bedeutung sind, Bundesratsangelegenheiten, beabsichtigte Verwaltungsabkommen, die Zusammenarbeit mit dem Bund, den Ländern, den Regionen, anderen Staaten und zwischenstaatlichen Einrichtungen und Angelegenheiten der Europäischen Union neu zu regeln. Das genaue Verfahren ist untergesetzlich in einer Vereinbarung zwischen dem Landtag und der Landesregierung zu bestimmen.

Meine Damen und Herren! Das Landtagsinformationsgesetz und die Landtagsinformationsvereinbarung wären einfachgesetzlich bestimmbar. Es ist jedoch so, dass wir im Landtag von Sachsen-Anhalt schon mehrfach die alte Weisheit erlebt haben, dass die Regierung von heute die Opposition von morgen sein kann und umgekehrt. Natürlicherweise haben die regierungstragenden Fraktionen einen - ich sage es deutlich - nach meinen Erfahrungen kleinen Informationsvorsprung gegenüber den Oppositionsfraktionen.

(Herr Dr. Püchel, SPD: Der wird schon sehr groß sein!)

- Ach, Herr Dr. Püchel, zu Ihrer Zeit gab es auch das Verhältnis zwischen der Regierung und der Opposition. Die Informationsrechte müssen sauber austariert werden.