Protocol of the Session on June 17, 2004

Das Gesetz enthält als zweite Säule Regelungen zur Arbeitsmigration. Danach ist der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt für Nicht-EU-Ausländer nur gegeben, wenn für die Stelle bundesweit kein Bewerber zur Verfügung steht. Hierüber sollten auch keine Unwahrheiten verbreitet und Ressentiments gegen Ausländer geschürt werden, dass diese Arbeitsplätze wegnehmen würden.

Hoch qualifizierte Akademiker erhalten zukünftig die Möglichkeit eines Daueraufenthaltes. Ausländischen Studienabsolventen soll es erleichtert werden, eine Arbeit in Deutschland aufzunehmen. Von daher erhalten

sie nach Studienabschluss zukünftig eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr zur Arbeitsplatzsuche. Auch die Zuwanderung von Selbständigen soll ermöglicht werden.

Die dritte Säule beinhaltet die Regelungen zur Integration. Erstmals wird in Deutschland ein Anspruch auf Integration festgeschrieben. Es wird also ein gewisser Mindestrahmen festgelegt, der unter anderem Sprachkurse und die Einführung in die Rechtsordnung, die Kultur und die Geschichte Deutschlands beinhaltet. Dabei hat sich der Bund in den Kompromissverhandlungen bereit erklärt, die Kosten für die Sprachkurse zu 100 % zu tragen, da eine Integration ohne Sprachqualifikation nicht gelingen kann. Die Länder werden dafür die Kosten für die Begleitprogramme übernehmen. Diese Regelung gilt allerdings nur für die Zuwanderung derjenigen, die zukünftig in unser Land kommen werden.

Ein Punkt, der in den vergangenen Tagen und Wochen für Diskussionsstoff sorgte, war die Frage, wie die Integration der hier bereits lebenden Ausländer gestaltet wird. Der nun gefundene Kompromiss besteht darin, dass die Behörden Integrationskurse anordnen können und der Bund - verteilt über sechs Jahre - 300 000 Kurse finanzieren wird. Der Bund hat sich in dieser Frage sehr weit auf die Forderung der Bundesländer zu bewegt.

Dass Integration von Ausländern auch Kosten verursacht, muss jedem klar sein. Man kann nicht auf der einen Seite die Integration befürworten und sich auf der anderen Seite dieses nichts kosten lassen wollen. Wie bereits gesagt, Sprachkompetenz und Kenntnisse über das System in Deutschland sind wesentliche Schritte zu einer erfolgreichen Integration.

Ergänzend wurden in den Gesetzentwurf Regelungen zu Sicherheitsfragen aufgenommen. Der Gesetzentwurf enthält nun auch verschärfte Regelungen zur Einreise und Ausweisung von Ausländern sowie bessere Möglichkeiten für die Überwachung gefährlicher Ausländer. Es kann eine Abschiebungsanordnung aufgrund einer tatsachengestützten Gefahrenprognose verfügt werden. Der Rechtsschutz gegen dieses Mittel liegt in erster Instanz beim Bundesverwaltungsgericht.

Bei einem Einbürgerungsverfahren sind Ausländer zukünftig verpflichtet, Vorstrafen im Ausland bekannt zu geben. Vor der Entscheidung über eine Einbürgerung oder der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis als zeitlich unbefristetem Aufenthaltstitel wird eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz gesetzlich festgeschrieben.

Vom Tisch ist die Forderung nach einer Sicherungshaft, die verfassungsrechtlich bedenklich ist, so wie es auch die FDP in den vergangenen Tagen wiederholt äußerte.

So viel zu dem Inhalt des Gesetzes. Man kann natürlich in einer solchen Diskussion nicht alle Aspekte eines so umfangreichen Gesetzes beleuchten.

Wie wir im Innenausschuss des Landtages erfahren haben, wird bereits seit dem Jahr 2001 an einem Leitbild für Migrantinnen und Migranten in Sachsen-Anhalt gearbeitet. Uns wurde dazu von dem zuständigen Fachbeamten versichert, dass dieses Leitbild auch im Kabinett beraten werde, sobald das Zuwanderungsgesetz verabschiedet sei.

Nun hoffen wir, die Landesregierung hält ihr Wort. Wir werden natürlich weiter an dem Thema dranbleiben. Dieses Thema in Sachsen-Anhalt wird auch das Integra

tionskonzept für hier lebende Ausländer beinhalten. Ich hoffe, dass bei der Erarbeitung auch das Bündnis für Zuwanderung und Integration Sachsen-Anhalt, dem die Verbände der freien Wohlfahrtspflege, Parteien, Kirchen, Gewerkschaften usw. angehören, mit einbezogen wird, dessen Mitglieder durch ihre umfangreichen Erfahrungen in diesem Bereich die Diskussionen nur bereichern können.

Noch ein paar Worte zum Agieren von Innenminister Herrn Jeziorsky in dieser Frage. Herr Jeziorsky, leider war bis zum heutigen Tag kein Wort von Ihnen zu diesem Thema Zuwanderung zu hören. Sie haben sich weder in die Diskussion auf Bundesebene eingebracht noch in unserem Land Stellung bezogen. Selbst in der Aktuellen Debatte vor einem Jahr haben wir von Ihnen leider nichts gehört. Damals äußerte sich der Wirtschaftsminister, dessen Sachkompetenz in dieser Frage ich natürlich nicht in Abrede stellen will.

(Herr Kosmehl, FDP: Es ging um die Wirtschaft! Für die Wirtschaft ist doch der Wirtschaftsminister zuständig!)

Es wäre aber schon interessant zu erfahren, wie die Haltung des eigentlich zuständigen Innenministers zu diesem Thema ist. Ich bin gespannt, Herr Jeziorsky, ob wir heute von Ihnen etwas hören werden.

Abschließend bleibt festzustellen, dass das Zuwanderungsgesetz einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit Deutschlands darstellt und von uns in SachsenAnhalt begrüßt wird. Vorurteile gegen Ausländer, wie zum Beispiel die, dass Zuwanderer eine Bedrohung oder ein potenzielles Sicherheitsrisiko seien, und die Angst vor Überfremdung gilt es abzubauen und in der politischen Diskussion nicht noch weiter zu schüren. Ich will hier nur an den unsäglichen Landtagswahlkampf in Hessen im Jahr 1999 erinnern, bei dem eine Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft stattgefunden hat.

Wir gehen davon aus, dass die Landesregierung den Kompromiss und den nun vorliegenden Gesetzentwurf im Bundesrat unterstützen wird, und bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.

Zum Änderungsantrag der PDS-Fraktion. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Ihre Wunschliste - so möchte ich Sie benennen - kommt ein wenig zu spät. Der Kompromiss, der Gesetzentwurf ist da. Man hat sich geeinigt.

(Herr Gärtner, PDS: Ohne uns!)

Wir werden diesen Änderungsantrag ablehnen, weil wir meinen, dieses Paket kann nicht noch einmal aufgemacht werden. Ich bin froh, dass das Paket geschnürt ist und dass wir nun endlich zu Potte gekommen sind. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Fischer. - Meine Damen und Herren! Wir treten in eine Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion ein. Zunächst hat für die Landesregierung der Minister des Innern Herr Jeziorsky um das Wort gebeten. Bitte sehr, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Fischer, eigentlich hätten Sie Ihren Antrag zu

dieser Stunde auch zurückziehen können, weil heute Mittag - Sie haben es gesagt - in Berlin die Einigung erzielt worden ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zum vergangenen Jahr: Es ging um Arbeitsmigration. Für diesen Bereich ist wohl das Wirtschaftsministerium zuständig. Wir haben uns deshalb im vergangenen Jahr für einen Debattenbeitrag durch das Wirtschaftsministerium entschieden. Das war auch richtig so.

Zu der Frage, ob ich mich eingebracht habe oder nicht: Frau Fischer, das können Sie nicht bewerten - das muss ich einfach einmal sagen. Wie oft ich mit Herrn Beckstein oder mit den anderen Kollegen der CDU aus dem Innenressort oder auch mit den Kollegen der CDU/CSU aus dem Innenausschuss des Bundestages gesprochen habe, das wissen Sie nicht. Also lassen Sie solche Unterstellungen, ich hätte mich auf Bundesebene nicht mit eingebracht.

(Zuruf von Frau Fischer, Naumburg, SPD)

Um eines zu sagen: Sachsen-Anhalt hat in diesem Zusammenhang einen Antrag in den Bundesrat eingebracht, über den mitverhandelt worden ist, in dem es um die Veränderung des Schlüssels zur Aufteilung der Zuwanderer auf die deutschen Länder geht, nämlich weg von der Einwohnerzahl des Jahres 1992 als Berechnungsgrundlage hin zu dem aktuellen Bevölkerungsstand. Das wird auch Sachsen-Anhalt Geld sparen. Das war ein Antrag des Landes Sachsen-Anhalt. So viel nur dazu.

(Frau Fischer, Naumburg, SPD: Ist ja schön, dass man das in dieser Debatte einmal erfährt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt - das wird Sie nicht verwundern -, dass es zu einer gesetzlichen Regelungen, wie sie heute vereinbart wurde, gekommen ist. Ich kann es gleich am Anfang sagen: Wir werden dieser jetzt zwischen Herrn Bundesminister Schily, Herrn Ministerpräsident Müller und Herrn Innenminister Beckstein ausgehandelten Regelung zustimmen.

Frau Fischer, weil Sie bereits sehr vieles, was in dem Verhandlungspaket enthalten ist, genannt haben, will ich nur auf ganz wenige Aspekte hinweisen. Sicher ist es richtig, dass die Frage der Zuwanderung für den Staat und die Gesellschaft von einer ganz großen Tragweite ist. Nur selten hat die Politik eine so bedeutsame Gestaltungsmöglichkeit wie im Bereich der Zuwanderung, da dabei über die künftige Zusammensetzung der Bevölkerung und damit über die Identität unseres Landes mit entschieden wird. Selten wird so deutlich, welche Verantwortung Politik auch für zukünftige Generationen trägt. Insofern benötigt Deutschland eine zukunftsfähige gesetzliche Regelung zur Begrenzung und Steuerung der Zuwanderung und für mehr Sicherheit im Land.

Zum Verfahrensstand ist schon einiges gesagt worden. Aber zum Inhalt etwas Zusätzliches und vielleicht auch Klarstellendes zu dem, was Frau Fischer gesagt hat: Wichtig in dieser Verständigung sind einige Punkte und wichtig ist es auch, darauf hinzuweisen - gestatten Sie mir, dass ich es dann auch so sage -, dass einiges, was jetzt in dem Kompromisspapier steht, die klare und deutliche Handschrift der CDU trägt.

Arbeitsmigration: Es ist gelungen, Zuwanderungsmöglichkeiten nur aus demografischen Gründen ohne kon

kreten Arbeitsplatznachweis, also dieses so genannte Punktesystem, ersatzlos zu streichen. Auch der Anwerbestopp wird grundsätzlich beibehalten. Diese Begrenzung des Arbeitsmarktzuganges ist sehr zu begrüßen, da für eine zusätzliche Einwanderung kein Bedarf besteht. Wir haben in Deutschland rund 4,5 Millionen Arbeitslose. Auf absehbare Zeit wird es also keinen Arbeitskräftemangel in Deutschland geben.

Aber wir haben auch nationale Interessen, was den Arbeitsmarkt betrifft, und zwar an hoch qualifizierten Selbständigen und Studenten. Hierbei wird in dem Kompromiss die Öffnung gemacht. Diese enge, aber qualifizierte Öffnung des Arbeitsmarktes wird unserer Volkswirtschaft helfen, im weltweiten Wettbewerb auch weiterhin zu bestehen.

Zu der Frage der Kostenübernahme für Integrationsmaßnahmen - das ist insoweit vielleicht auch wichtig -: Die CDU hat sich durchgesetzt; denn ursprünglich hatte der Bund geplant, die Kosten für die Integration den Ländern aufzubürden. Das Angebot des Bundes, die Aufbausprachkurse für die nächsten sechs Jahre zu übernehmen, ist insoweit für uns ein Erfolg. Auch das spart letztlich für den Landeshaushalt Sachsen-Anhalts Geld. Wenn die eigentlichen gesetzlichen Regelungen dazu vorliegen, werden wir wohl in der Frage, wer in diese Angebote einbezogen wird, auch für die, die schon länger hier sind, vernünftige Lösungen finden.

Wichtig ist aber auch, dass es Sanktionen gibt für all diejenigen, die diese Angebote nicht annehmen wollen. Es ist wichtig, dass das nicht in das freie Ermessen gestellt wird. Wer hier wohnt und hier wohnen bleiben will, muss vielmehr auch bereit sein, zur Integration selbst etwas beizutragen.

Zur Frage der inneren Sicherheit: Es waren nicht nur die Ereignisse von Madrid. Die haben das aber noch einmal sehr verdeutlicht. Es ist auch insbesondere der Fall Kaplan, der uns zeigt, dass wir auch bei dem Thema Zuwanderung aufpassen müssen, dass die innere Sicherheit dadurch nicht gefährdet wird.

Die Regelung, die wir jetzt haben, dass zum Beispiel solche Hassprediger oder Extremisten ausgewiesen werden können, und zwar zügig, dass Schleuser, die eine Freiheitsstrafe bekommen haben, ausgewiesen werden können, die ist wichtig. Die Regelanfrage beim Verfassungsschutz ist bei uns in Sachsen-Anhalt schon lange auf Erlassbasis geregelt worden. Wenn dies jetzt auch noch gesetzlich und bundeseinheitlich geregelt wird, ist das nur zu begrüßen.

Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Diese Veränderungen und Regelungen in dem Kompromisspaket, das wahrscheinlich im Juli zum Gesetz wird, tragen eine ganz deutliche Handschrift des Kollegen Beckstein, und zwar in Abstimmung mit den CDU-Innenministern in Deutschland. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Als erster Redner in der Debatte spricht für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Herr Kolze. Bitte sehr, Herr Kolze.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zuwanderung ist ein Thema, das uns alle betrifft und immer aktuell ist. Die Frage, wie wir sie regeln, ist daher von großer Bedeutung. Es geht um so zentrale Punkte wie die eigene Identität und die Integrationsfähigkeit unserer Gesellschaft und damit letztlich darum, wie die Lebensbedingungen in unserem Staat künftig aussehen werden.

Der Innenminister hat bereits über die aktuelle Entwicklung in Sachen Zuwanderungsgesetz informiert.

Ich begrüße, dass es nunmehr den Verhandlungsführern gelungen ist, eine umfassende Einigung zum Zuwanderungsgesetz zu erzielen. Lassen Sie mich zur Frage der Zuwanderung folgendes Grundsätzliches ausführen:

Die grenzüberschreitende Migration hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem globalen Problem entwickelt. Aus der Perspektive der Zielländer, zu denen auch wir gehören, wird Zuwanderung zum Teil akzeptiert und ist sogar erwünscht, zum Teil ist sie aber eher oder gänzlich unerwünscht. Allein in der EU leben gegenwärtig ca. 20 Millionen Ausländer mit legalem bzw. geduldetem Aufenthaltsstatus, abgesehen von jenen zahlreichen Zuwanderern, die bereits eingebürgert worden sind. Die Zahl der in der EU illegal lebenden Ausländer ist nicht bekannt, dürfte aber erheblich sein.

Selbstverständlich ist nicht jede Art von Zuwanderung problematisch. Wird die Erwerbsbevölkerung aus demografischen Gründen kleiner und deren Altersaufbau immer ungünstiger, kann ein objektives Interesse an der Zuwanderung bestehen. Allerdings besteht unser Problem mehr darin, dass die Mehrzahl der Zuwanderer nicht in die Arbeit, sondern in unsere Soziasysteme zuwandert; denn trotz des hohen Anstiegs der Zahl der Ausländer bleibt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten unter den Ausländern nahezu konstant.

Es besteht logischerweise ein Interesse daran, erwünschte Immigration zu fördern und unerwünschte einzudämmen. Für Deutschland dürfte angesichts der derzeitigen Lage auf dem Arbeitsmarkt gelten: Wir brauchen mehr Integration und weniger Zuwanderung. Zu einer Politik der wirklichen Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung gibt es daher keine Alternative.

Daneben müssen wir - schon aus eigenem Interesse - die Integration vorantreiben. Hierfür gilt: Wer auf Dauer in Deutschland leben will, der muss unsere rechtlichen, politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten akzeptieren und - das ist das Wichtige - die deutsche Sprache beherrschen. Unerlässlich ist auch die Bereitschaft des Ausländers, sich selbst zu integrieren. Das soll im Zuwanderungsgesetz auch seinen Niederschlag finden.