fach als Ergänzungsantrag. Wir würden ihn gern als Punkt 2 in unseren Antrag aufnehmen. Das wäre dann tatsächlich das, was Herr Tullner heute Morgen eingefordert hat, das Beschreiten neuer Wege. Bleibt es bei dem Alternativantrag, dann bleiben Sie in alten, ausgetretenen Gleisen, latschen diese noch tiefer und kommen dann später nicht mehr heraus. - Danke.
Vielen Dank, Herr Dr. Eckert. - Meine Damen und Herren! Wir treten jetzt in eine Debatte mit fünf Minuten Redezeit je Fraktion ein. Diese wird eröffnet durch die CDU-Fraktion. Ich erteile der Abgeordneten Frau Rotzsch das Wort. Bitte sehr, Frau Rotzsch.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Errichtung einer barrierefreien Infrastruktur ist ein wichtiges und richtiges Anliegen. Barrieren behindern nicht nur Menschen mit Mobilitätsstörungen, sondern auch junge Familien mit Kindern. Aus persönlichen Gesprächen habe ich erfahren, wie schwierig es mancherorts ist, mit einem Kinderwagen in bestimmte Häuser zu gelangen oder Bus, Bahn oder Straßenbahn zu benutzen. Wenn wir ein familienfreundliches Land sein wollen, müssen wir gerade diese Anliegen noch ernster nehmen, als wir dies bisher getan haben. Insofern sind wir uns bei der Zielstellung völlig einig.
Aber Sie müssen auch anerkennen, welche Leistungen die Landesregierung bisher erbracht hat, und dies in einer Situation der bundesweiten wirtschaftlichen Stagnation und der leeren Kassen. Obwohl die Verwirklichung eines barrierefreien Lebens einen ganzheitlichen Ansatz erfordert, der alle gesellschaftlichen Bereiche erfasst, und dies primär eine Frage der Sozialpolitik ist, möchte ich an dieser Stelle besonders die Initiativen des Ministeriums für Bau und Verkehr herausstellen.
Das Ministerium für Bau und Verkehr hat im Jahr 2003 erstmals den Wettbewerb „Auf dem Weg zur barrierefreien Kommune“ ausgelobt. Dieser Wettbewerb, der weitere Anstöße für die kontinuierliche und komplexe Entwicklung der Stadtentwicklungskonzepte geben soll, wird auch im Jahr 2005 durchgeführt. Dieser Wettbewerb will die kreativen Potenziale der Verantwortlichen in den Kommunen wecken und fördern. Entsprechend dem Ergebnis ihrer Platzierung beim Wettbewerb wurde den Preisträgern die bevorzugte Einordnung der entsprechenden Fördersumme zur Realisierung der barrierefreien Maßnahmen bzw. Vorhaben im Rahmen des Stadtumbauprogramms, Teil Aufwertung, für eines der nächsten Programmjahre zugesagt.
Dies ist ein vernünftiger Weg; denn wir leben nicht in einem zentralisierten Staat, in dem ein Minister per Ukas Konzepte durchsetzen kann. Vielmehr brauchen wir einen Dialog, eine Vernetzung nicht nur zwischen Land und Kommunen, nein, auch zwischen allen Ebenen der Gesellschaft. Die Wohnungswirtschaft ist ebenso gefordert wie die kommunale Verwaltung, Medien und Verkehrsbetriebe.
Im Bereich des Bau- und Verkehrsministeriums ist schon viel geschehen. Im Rahmen der derzeit geltenden Städtebauförderung des Landes Sachsen-Anhalt müssen die Förderobjekte über einen barrierefreien Zugang ver
fügen, und Wohnumfeldmaßnahmen dürfen keine Barrieren erzeugen. Bei geförderten Baumaßnahmen an Wohnungen müssen diese barrierefrei so erstellt werden, dass die allgemeine Eignung der Wohnung zur Nutzung durch ältere Personen oder Personen mit Mobilitätsbeeinträchtigung gewährleistet ist.
Wir als Koalitionsfraktionen werden natürlich gesetzliche Regelungen zur Förderung der Barrierefreiheit umsetzen, wenn sie möglich und nötig sind,
dies auch vor dem Hintergrund der anstehenden Novellierung der Landesbauordnung. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass die Landesbauordnung bereits jetzt an vielen Stellen der Durchsetzung der Barrierefreiheit Rechnung trägt.
Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Regelungen in § 50 Abs. 2 der Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt. In Satz 2 werden Anforderungen zur Zugänglichkeit von Räumen innerhalb der Wohnungen für Rollstuhlfahrer und Rollstuhlfahrerinnen gestellt. Des Weiteren ergeben sich Regelungen in § 39 Abs. 5 Satz 2 der Bauordnung für Aufzüge und in § 40 Abs. 4 der Bauordnung für die Mindestbreite der Wohnungseingangstür.
Natürlich sind uns auch die Bedürfnisse von Menschen mit Sinnesstörungen ein Anliegen. Auch hierbei gilt es, für diese Menschen konkrete Verbesserungen zu erreichen. Allerdings werden wir uns im Sinne der Deregulierung dagegen verwahren, doppelte Regulierungen zu schaffen,
wenn bereits das Bundesrecht greift. Ich verweise an dieser Stelle auf das Gaststättengesetz des Bundes, in dem der Grundsatz der Barrierefreiheit bereits festgeschrieben ist. Hierzu muss keine entsprechende Regelung in einem Landesgesetz enthalten sein.
Bei allen Bemühungen, die gerade auch im Bereich Bau und Verkehr schon getroffen worden sind, halte ich es durchaus für richtig, die öffentlich-rechtlichen Medien mit ins Boot zu holen. Allerdings sehen die Koalitionsfraktionen davon ab, dies in Rundfunkstaatsverträgen festzuschreiben. Ich warne jedoch davor, über die Köpfe der gewählten Rundfunkräte und der Verantwortlichen des Senders hinweg zu entscheiden. Ihnen muss die Gelegenheit gegeben werden, ihre Ansichten und Einschätzungen im zuständigen Ausschuss für Kultur und Medien darzulegen.
Noch einmal möchte ich an Sie appellieren, dass wir das Thema ernst nehmen und es nicht auf Menschen mit Mobilitätsbehinderungen allein verengen. Wir müssen einen gesellschaftlichen Konsens, einen ganzheitlichen Ansatz finden. Die Barrieren müssen nicht nur in Gebäuden, sondern mancherorts auch in den Köpfen abgebaut werden.
Wir müssen prüfen, was machbar ist, und keine - wenn auch barrierefreien - Luftschlösser bauen. Wir wollen einen gangbaren, realistischen Weg, der unser Land voranbringt und durchaus einen Akzent bei der Familienfreundlichkeit setzt. - Ich bedanke mich und bitte um die Zustimmung zu unserem Alternativantrag.
Vielen Dank, Frau Rotzsch. - Für die SPD-Fraktion erteile ich nun dem Abgeordneten Herrn Sachse das Wort. Bitte sehr, Herr Sachse.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Anbetracht der Behandlung des vorletzten Tagesordnungspunktes kann man sich Punkte verschaffen, wenn man das Thema relativ kurz abarbeitet. Das fällt mir auch recht leicht, da das Anliegen der Barrierefreiheit schon immer auch ein Anliegen der SPD-Fraktion war. Wir setzen uns bereits seit vielen Jahren für die Besonderheiten behinderter und älterer Menschen ein und haben versucht, die Behinderung in die Normalität des Alltags zu integrieren und den Begriff Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen zu verankern.
Es ist von der gesetzlichen Grundlage gesprochen worden. Die existiert. Dass dennoch immer noch Klagen auftreten, ist für uns unverständlich; denn wenn man die Regelungen des Behindertengleichstellungsgesetzes und der Landesbauordnung für neu zu errichtende Anlagen mit Leben erfüllt und kontrolliert und sich ständig diese Dinge vergegenwärtigt, dann dürfte es die in der Einführung zum Antrag genannten Missstände in absehbarer Zeit nicht mehr geben.
Es ist erstaunlich, dass wir dennoch immer wieder darüber sprechen müssen. Dankenswerterweise hat Herr Eckert darauf erneut hingewiesen. Auch Frau Kachel hat in der Vergangenheit im Rahmen der Behandlung von Tourismusfragen die Einbeziehung der Barrierefreiheit formuliert. Sie hat auch entsprechende Fragen zur Realisierung der Bahnhofsprogramme formuliert. Alle diese Dinge sind ressortübergreifend.
Wir sind uns nicht ganz im Klaren darüber, ob wir wirklich ein neues, eigenständiges Programm Barrierefreies Bauen für unser Land benötigen. Ich ahne aber - Herr Eckert hat es etwas relativiert -, es handelt sich um einen Maßnahmenplan, eine Aufzählung von Dingen, die in absehbarer Zeit angegangen werden sollten. Darüber kann man sich sicherlich auch verständigen. Das ist ressortübergreifend.
Ich will dennoch sagen: Wir werden trotz der vielleicht fragwürdigen Einzelformulierungen dem PDS-Antrag unsere Zustimmung geben; denn über ihn wird zuerst abgestimmt. Hinsichtlich der Öffentlichkeitskampagne hat die PDS sicherlich daran gedacht, dass die Deutsche Bahn auch eine Art Marketingprogramm von der Landesregierung bezahlt bekommt, und das Anliegen der Behinderten in unserem Land stärker zum Ausdruck zu bringen, wäre wirklich etwas, was man im Sozialministerium stärker bewerten sollte.
- Gut, es sollte kurz sein. Wir werden dem Antrag der Fraktion der PDS zustimmen. Das Anliegen ist uns aber so wichtig, dass wir, wenn es nicht zur Annahme kommt, dem Alternativantrag ebenfalls unsere Zustimmung geben. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Sachse. - Für die FDPFraktion erhält nun der Abgeordnete Herr Ernst das Wort. Bitte sehr, Herr Ernst.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Sachse, ich werde mich noch kürzer fassen. Ich denke, es ist genügend dazu gesagt worden. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. Herr Präsident, wenn Sie gestatten, möchte ich meine Rede zu Protokoll geben.
Das Thema „Barrierefreiheit“ verfolgt uns seit einiger Zeit und wird von den Damen und Herren der PDS in unregelmäßigen Abständen aufgerufen. Wir sind die Letzten, die sich diesem Thema, diesen Problemen nicht stellen.
„Wir sind nicht behindert, wir werden durch Barrieren behindert“. So argumentieren die Mitglieder der Behindertenverbände mit Recht. Barrieren sind überall zu finden, in den baulichen Gegebenheiten, in den Medien, bei den Kommunikationen und vor allem in den Köpfen unserer Mitmenschen.
Es gibt genügend gesetzliche Grundlagen, die eine Barrierefreiheit im öffentlichen Leben vorschreiben. Eine völlige Barrierefreiheit wird es nicht geben - das müssen wir sehen. Aber wir sollten und wollen uns weiter bemühen, Barrieren abzubauen.
Durch welche Barrieren werden Menschen mit Behinderungen in ihrer persönlichen Entfaltung und der Teilnahme am öffentlichen Leben behindert? Aus vielfältigen Analysen sind nachfolgende Behinderungsfelder abzuleiten:
− das Wohnumfeld und die Wohnungen, − öffentliche Gebäude; dazu gehören Verwaltungsgebäude der Städte und Gemeinden, Amtsgerichte, Landratsämter, Sparkassen, Arbeitsämter, Bahnhöfe, Bushaltestellen, Schulen, Hochschulen und Universitäten, Polizeireviere, Büchereien, Theater, Museen und andere, − Informationsmöglichkeiten wie Internet, Television und Rundfunk für sinnesbehinderte Menschen.
Runde Tische, Verbände und Organisationen haben sich mit Barrierefreiheit beschäftigt, haben diese analysiert und Vorschläge eingebracht. Natürlich hat sich auch die Landesregierung von Sachsen-Anhalt dem Problem gestellt, und gerade im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen wurden viele Initiativen auf den Weg gebracht. So wurde das Baugesetz novelliert, das GVFG geändert, das BGG verabschiedet, die Barrierefreiheit des FRISA wurde hergesellt, das Handbuch „Tourismus für alle - Barrierefeier Tourismus in Sachsen-Anhalt“ wurde erarbeitet, der Wettbewerb „Auf dem Weg
Hierbei sollten wir nicht stehen bleiben. Es sind kurzfristig Barrieren zu beseitigen, in den landeseigenen Gebäuden, in den Beratungsstellen der Kommunen und freien Träger. Weiter sind alle Förderrichtlinien des Landes Sachsen-Anhalt dahin gehend zu ändern, dass künftig das Kriterium der Barrierefreiheit Grundlage für die Vergabe von Fördermitteln sein wird. Der Wettbewerb „Auf dem Weg zur barrierefreien Kommune“ sollte fortgeführt werden.
Ein weiteres Programm sollte zur Herstellung der Barrierefreiheit in allen öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen für sinnesbehinderte Menschen aufgelegt werden. Ein anderes Programm sollte die Förderung einer barrierefreien Internetpräsentation der Städte und Kommunen beinhalten.
Die Landesregierung sollte sich dafür einsetzen, dass der MDR das Angebot für hörbehinderte Menschen ausweitet. Die Kriterien der Barrierefreiheit sind im Stadtumbau Ost durchzusetzen.
Ich freue mich auf die Berichte und die Diskussionen über das Thema „Barrierefreiheit“ in den Ausschüssen und bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag.