Protocol of the Session on June 21, 2002

Da ich diese Gesetzmäßigkeiten und die Entwicklung kenne, warne ich an dieser Stelle davor, an die Arbeitszeit der pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Hand anzulegen. Wenn Sie es nicht vorhaben, dann ist das in Ordnung.

(Zurufe von der CDU)

Ich möchte es nur an dieser Stelle ausgesprochen haben, damit mir niemand den Vorwurf macht: Das hätten Sie schon früher einmal sagen können.

(Beifall bei der PDS)

Frau Dr. Hein, möchten Sie eine Frage der Abgeordneten Frau Feußner beantworten?

(Zuruf von der CDU: Das war klar!)

Wir haben schon sehr lange über diese Probleme diskutiert und wir werden es ganz sicher im Ausschuss und noch viel öfter wieder tun.

Ich glaube auch, dass es hier immer noch eine Illusion darüber gibt, was die Grundschule mit festen Öffnungszeiten sein soll, nämlich nicht Unterricht plus Betreuung, sondern eine andere Form von Lernen, von angestrengtem Lernen und nicht einfach nur von anstrengendem Lernen.

(Beifall bei der PDS und bei der SPD)

Dazu muss ich auch sagen: Ich verstehe die Aussagen des Kultusministers nicht, die er der Presse und den Medien gegenüber macht. Ich glaube, dass das spielerische Lernen die intensivste Form ist, in der Kinder lernen können.

(Beifall bei der PDS - Zustimmung bei der SPD)

Das ist kein „Flitz“, den man einfach so im Kopf hat. Spielerisches Lernen muss man auch können.

(Herr Schomburg, CDU: Da haben wir grundsätz- lich andere Ansichten!)

- Eben, da haben wir grundsätzlich andere Ansichten. Ich muss Sie aber auch bitten, doch einmal die Ausführungen der Erziehungswissenschaftler zu lesen, die Ihrer Partei weniger fern stehen.

Ich möchte Sie des Weiteren auf Äußerungen der Ministerin Frau Schavan verweisen. Es gibt auch CDU-Politiker, vor denen ich Hochachtung habe. Sie gehört dazu. Ich zitiere aus einem Artikel im Spiegel:

„Noch immer sehen viele Eltern, wie Kultusministerin Schavan erfahren hat, in der Schule“

- jetzt folgt das Zitat der Ministerin -

„einen Angriff auf die Kindheit, vor dem es den Nachwuchs möglichst lange zu bewahren gelte.“

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Das ist doch ganz in unserem Sinne gemeint!)

Ich glaube, dass die Meinungen, die hier dahin gehen, die Grundschule mit festen Öffnungszeiten - -

(Zuruf von Frau Feußner, CDU)

- Ja, Sie sagen aber, die Grundschule mit festen Öffnungszeiten greift in das Elternrecht ein. Hierin findet sich genau der gleiche Denkansatz, dass man Kinder so lange wie möglich vor der fürchterlichen Schule bewahren muss und dass man sie schnell wieder nach Hause an den häuslichen Herd holen soll.

(Beifall bei der PDS - Unruhe bei der CDU - Frau Feußner, CDU: Also, Frau Hein, das ist jetzt eine bodenlose Unterstellung!)

- Das ist überhaupt keine Unterstellung. Das sind genau die Argumente, mit denen wir uns hier auseinander gesetzt haben, als Sie gegen die Grundschule mit festen Öffnungszeiten votiert haben.

(Zuruf von Frau Feußner, CDU)

Ich kenne die Äußerungen von Frau von Beverförde und von anderen Eltern, die genau dieser Minderheit angehören. Wir haben mit ihnen mehr als einmal diskutiert.

Ich glaube, wenn Sie das jetzt mit diesem Gesetz umsetzen möchten, obwohl Sie die Gestaltungsspielräume beispielsweise über die Verordnungsermächtigung, über die Entscheidung der Gesamtkonferenzen und andere untergesetzliche Möglichkeiten hätten, dann machen Sie eben nicht das, was der Kultusminister hier gerade angekündigt hat. Vielmehr machen Sie genau den Rahmen kaputt, in dem sich ein anderes Lernen in der Grundschule entwickeln kann.

(Zustimmung bei der PDS - Frau Feußner, CDU: So ein Quatsch!)

Die Grundschulen sind in diesem Land in Bezug auf die Innovation der pädagogischen Arbeit am weitesten von allen Schulformen. Das möchten wir bewahren. Deshalb lehnen wir die Überweisung in den Ausschuss ab. Da Sie das allein können und uns dazu nicht brauchen, erklären wir jetzt schon: Wir wollen im Ausschuss eine Anhörung. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Vielen Dank. - Frau Feußner, ich erteile Ihnen jetzt das Wort zu einer Zwischenbemerkung.

Ich hätte das auch in meinem Redebeitrag machen können, da das jedoch von meiner Redezeit abgeht, möchte ich an dieser Stelle nur noch einmal Frau Hein sagen: Auch wenn ich hier in der ersten Legislaturperiode nicht anwesend war, war ich aber vor Ort in der Schule. Ich war in der Praxis und weiß, was damals geschehen ist.

Es ist richtig, wenn Sie sagen, dass es damals die Überlegung gab, Horte zu kommunalisieren. Im Übrigen hat man das vor kurzem erst gemacht. Es gab diese Überlegung. Das heißt nicht, dass wir - unabhängig davon, ob es die FDP oder die CDU war - die Horte damals abschaffen wollten.

Was haben Sie denn jetzt gemacht? Sie müssen auch einmal der Realität ins Auge schauen. Sie haben durch die Grundschule mit festen Öffnungszeiten im Prinzip ein solides, gutes Betreuungsangebot, das wir hier in Sachsen-Anhalt hatten, mehr oder weniger zerstört.

(Zustimmung bei der CDU)

Es ist nämlich so, dass die Horte jetzt kaum noch eine Daseinsberechtigung haben. Schauen Sie sich bitte einmal vor Ort an, wie viele Eltern noch von dem eigentlichen Hortangebot Gebrauch machen, weil es die Grundschule mit festen Öffnungszeiten gibt. Es lohnt sich nicht. Das Kind kann nämlich die Grundschule mit festen Öffnungszeiten kostenlos besuchen. Die Eltern fragen sich, wozu sie Elternbeiträge für eineinhalb Stunden Kinderbetreuung im Hort bezahlen sollen. Das rentiert sich für sie nicht mehr.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie haben im Prinzip das gute Betreuungsangebot, das es hier im Land Sachsen-Anhalt gab, mehr oder weniger mit der Grundschule mit festen Öffnungszeiten kaputtgemacht.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Dr. Volk, FDP)

Frau Dr. Hein, möchten Sie darauf antworten? - Bitte schön.

Ich werde von hier aus antworten. - Frau Feußner, in dieser Hinsicht sind Sie schlecht informiert. Wir hatten diese Sorge durchaus auch. Wir haben in den Schulen nachgefragt. Die Zahl derjenigen, die noch in den Hort gehen, ist nach der Einführung der Grundschule mit festen Öffnungszeiten marginal zurückgegangen.

(Zustimmung bei der PDS - Unruhe bei der CDU - Zuruf von der CDU: Das stimmt doch gar nicht! - Frau Feußner, CDU, meldet sich zu Wort)

Frau Feußner, Sie hätten jetzt ohnehin das Wort für Ihren Redebeitrag. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sage es am Anfang: Frau Hein, in Bezug auf meine Kommune kann ich Ihnen sagen, wir hatten anfänglich 17 Kinder im Hort. Jetzt haben wir dort noch drei

Kinder. Das ist mir Beispiel genug. Schauen Sie bitte wirklich einmal in die Kommunen hinein.

(Zustimmung von Herrn Koch, CDU)

Ich komme zu unserem Grundschulgesetz. Herr Volk hat es bereits gesagt und der Kultusminister hat es ebenfalls getan: Die CDU ist für ein verlässliches Betreuungsangebot auf freiwilliger Ebene. Dazu stehen wir und das haben wir im Vorfeld der Diskussionen immer gesagt und das werden wir jetzt auch mit unserem Gesetzentwurf entsprechend umsetzen.

Nun hat die alte Landesregierung mit der Mehrheit aus SPD und PDS Tatsachen geschaffen, die wir auch schon während der Beratungen als Opposition massiv kritisierten und auch damals schon ablehnten. Für uns ist es eben ein erheblicher Unterschied, ob man eine Grundschule mit festen Öffnungszeiten als Angebot ermöglicht oder ob man sie als Zwang vorschreibt.

(Beifall bei der CDU)

Dies werden wir mit unserem Gesetz jetzt ändern. Wir werden es ermöglichen, dass Eltern, sofern sie es wünschen, ihre Kinder in der freiwilligen Eingangs- bzw. Ausgangsphase abholen können, um ihre häusliche Erziehung und Betreuung wahrnehmen zu können.