Wer wie Sie ein Zwangssystem will, der wird überhaupt nichts bewirken. Da wird pro forma viel gemacht, in Wahrheit sind es potemkinsche Dörfer.
Nein, lassen Sie uns dafür sorgen, dass sich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Zukunft so gestaltet, dass genügend Betriebe an Lehrlingen interessiert sind. Ich sage in diesem Zusammenhang in aller Deutlichkeit: Wer als Betrieb, der auf qualifizierten Nachwuchs angewiesen ist, die demografische Entwicklung nicht bedenkt und nicht erkennt, dass es in wenigen Jahren auch in Ostdeutschland wesentlich weniger potenzielle Auszubildende geben wird, der ist sehr schlecht beraten. Deswegen werde ich gemeinsam mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften auch in diesem Jahr wieder eine Kampagne starten, um zu erreichen, dass möglichst viele Betriebe möglichst gut ausbilden. Das ist es. Freiwilligkeit ist da, glaube ich, das Entscheidende, wenn wir vorankommen wollen.
(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Frau Ferchland, PDS: Wir hatten jedes Jahr ei- ne Kampagne! Die wird gar nichts! - Weitere Zu- rufe von der PDS)
Lassen Sie mich auch zum Thema Arbeitsplätze noch ein paar Bemerkungen machen. - Ich sehe, dass die Zeit verfliegt. - Es ist natürlich ein Thema, über das man viel länger als nur eine Stunde oder als Einzelner zehn Minuten reden kann.
Meine Damen und Herren! Wir haben im Bereich der Beschäftigung der jungen Generation, also der bis 25Jährigen, in den zurückliegenden beiden Jahren eine Vielzahl von zusätzlichen Initiativen ergriffen, um den jungen Menschen eine Chance zu geben. Ich finde, es ist angesichts der Arbeitslosenquote von über 20 %, die wir im Land Sachsen-Anhalt haben und die bedrückend ist, relativ erfreulich, dass wir immerhin bei den bis zu 25-Jährigen mit 15,7 % fast den ostdeutschen Durchschnitt erreichen. Das heißt, da haben wir aus guten Gründen eine niedrige Arbeitslosenquote,
die immer noch zu hoch ist - damit wir uns nicht missverstehen. Aber wir haben eine ganze Reihe von Initiativen ergriffen: das Programm gegen Abwanderung junger Landeskinder, abgekürzt „Gajl plus“, die Einstellungshilfen für ausgebildete Jugendliche, das Projekt Junge Karriere Mitteldeutschland „Jukam“, das Projekt „Enterprise“ für Jugendliche Existenzgründer und außerdem eine Beteiligung am Bundesprogramm „Jump-plus“.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir die relativ guten Zahlen bei der Beschäftigung junger Leute durch diese zusätzlichen Initiativen erreicht haben. Ich sage nicht, dass damit alles erledigt wäre, meine Damen und Herren, ich sage nur: Im Rahmen dessen, was ein Land kann - nebenbei gesagt, ein Land, das so verschuldet ist wie Sachsen-Anhalt -, haben wir doch erstaunlich gute Ergebnisse und wir wollen in den nächsten Jahren dafür sorgen, dass diese Ergebnisse weiter verbessert werden. Wir wollen dafür sorgen, dass in Zukunft zwar die Wanderung in Deutschland nicht unterbleibt, aber dass mindestens genauso viel junge Leute nach SachsenAnhalt kommen wie andererseits junge Leute aus Sachsen-Anhalt abwandern.
Entscheidend dafür ist, dass wir auf dem Weg weitergehen, den wir insbesondere im Bereich der Industrie Gott sei Dank zu verzeichnen haben. Während bundesweit im vergangenen Jahr 156 000 Arbeitsplätze per Saldo in der Industrie weggefallen sind, haben wir einen Aufwuchs von 1 500 gehabt. Das ist nicht die Lösung des Problems, aber wir sind auf dem richtigen Weg und werden uns dabei auch nicht beirren lassen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. - Meine Damen und Herren! Die Debatte wird fortgesetzt mit dem Beitrag der FDPFraktion. Es spricht Frau Röder. Bitte sehr, Frau Röder.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute Morgen über die Berufs- und Ausbildungschancen junger Menschen in Sachsen-Anhalt. Am Dienstag hat die Landesregierung den Berufsbildungsbericht für das Jahr 2003 verabschiedet. Dieser enthält im Wesentlichen folgende Feststellungen, die wir teilweise schon kennen:
Im Berufsjahr 2002/2003 hatten sich ca. 34 400 Jugendliche für einen Ausbildungsplatz interessiert. Diese Zahl ist im Laufe des Jahres aufgrund der Orientierung auf ein Studium oder aufgrund des Antritts eines Ausbildungsplatzes in einem anderen Bundesland auf etwa 19 800 gesunken. Dem standen tatsächlich nur etwa 14 000 betriebliche Ausbildungsplätze gegenüber. Nur durch umfangreiche außerbetriebliche Maßnahmen ist es gelungen, insgesamt 19 300 Ausbildungsplätze anzubieten. Mit einem Versorgungsstand von über 97 % weist das Land Sachsen-Anhalt das beste Vermittlungsergebnis unter allen neuen Bundesländern auf.
Diese Situation ist natürlich, wie der Minister schon gesagt hat, noch nicht zufrieden stellend, sollte aber trotzdem als positives Signal gewertet werden und sollte auf keinen Fall Anlass zu weiterem Draufhauen auf die Landesregierung bieten. Die Landesregierung tut auf diesem Gebiet das, was sie kann, das, was ihr mit Mitteln des Landes möglich ist, und erreicht hierbei maximale Erfolge.
Die Gründe für die mangelnde Ausbildungsbereitschaft in den Betrieben liegen in erster Linie in deren weitgehend unsicheren Zukunftsaussichten. Im vergangenen Jahr hat es ca. 40 000 Insolvenzen bei deutschen Unternehmen gegeben. Es macht für ein Unternehmen
aber nur dann Sinn auszubilden, wenn es für sich selbst mittel- und langfristig eine Zukunftsperspektive sieht.
Deshalb braucht die Wirtschaft von uns, von der Politik, keine Drohungen mit Zwangsabgaben oder weiteren Steuererhöhungen oder Sonstiges, sondern die Unternehmen brauchen Motivation und Unterstützung. Sie brauchen das, was wir schon seit Jahren fordern: Sie brauchen geringere Lohnnebenkosten, ein einfaches Steuersystem, flexiblere Arbeitsgesetze und weniger Bürokratie.
Doch das sind Probleme, die in allererster Linie auf Bundesebene gelöst werden müssen. Bevor die SPD widerspricht: An eine Modellregion Sachsen-Anhalts wollte der Bund derartige Befugnisse ja nicht abgeben. Das haben wir schon vor einem Jahr gefordert. Wir hätten das getan.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Berufsbildungsbericht bringt aber auch folgende Fakten zutage:
Im Land Sachsen-Anhalt ist nur etwas mehr als die Hälfte aller Betriebe überhaupt ausbildungsberechtigt und von diesen bildet nur die Hälfte tatsächlich aus. Das sind diese etwa 25 %, von denen gesprochen wurde. Ein großer Teil der ausbildungsberechtigten Betriebe, die nicht ausbilden, sind kleine und Kleinstbetriebe, die es sich zum einen organisatorisch nicht leisten können, einen Azubi einzustellen, und die es sich teilweise auch finanziell nicht leisten können, einen Azubi einzustellen.
An diesem Punkt setzt auch die Förderung der Landesregierung ein. Um die organisatorischen Probleme zumindest teilweise zu überbrücken, wird die Verbundausbildung gefördert. Diese Möglichkeit wird von Unternehmen auch durchaus wahrgenommen.
Zum anderen muss man in diesem Zusammenhang die Initiative der Landesregierung sehen, einen Mindestlohn für Berufsausbildung einzuführen. Dadurch können es sich möglicherweise einige Betriebe mehr leisten, überhaupt auszubilden oder mehr auszubilden. Für die jungen Menschen ist es auf jeden Fall besser, für einen geringeren Betrag eine betriebliche Ausbildung zu erhalten, als für denselben Betrag, nämlich 150 €, wahlweise 180 €, in einer außerbetrieblichen Ausbildung zu landen. Ersteres ist für die Jugendlichen die bessere Alternative.
Neben dieser Aktivität der Landesregierung gibt es aber noch weitere. Einige wurden schon genannt, zum Beispiel die Förderung der Grundausbildung, das Programm „Gegen Abwanderung junger Landeskinder“, das Programm „Junge Karriere Mitteldeutschland“, die Förderung der Ausbildung von benachteiligten Jugendlichen oder Einstellungshilfen für ausgebildete Jugendliche an
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, dass in wenigen Jahren die Zahl der Schulabgänger in Deutschland stark zurückgehen wird. Gleichzeitig ist die Altersstruktur in den ostdeutschen Firmen so, dass viele Fachkräfte in den nächsten zehn Jahren ausscheiden werden. Das legt die Vermutung nahe, dass in einigen Jahren die Nachfrage nach Fachkräften ansteigen wird. Dieses Problem haben einige Unternehmen im Land schon erkannt und bilden über ihren eigenen Bedarf aus, werben auch Hochschulabsolventen an und unterstützen diese schon während des Studiums.
Ein weiteres Problem, das aber auch erkannt werden muss, liegt in der schon heute vorliegenden Diskrepanz zwischen der Qualifikation von Ausbildungsplatzbewerbern und den Erwartungen der Betriebe. Im Jahr 2003 hatten 19 % aller Jungen, die sich im Land um eine Lehrstelle bewarben, keinen Hauptschulabschluss. Bei den Mädchen waren es 9,1 %. Aber auch bei den Bewerbern mit einem Schulabschluss attestieren die Unternehmen oft gravierende Mängel.
An dieser Stelle zeigen sich auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Jugendlichen. Einige bekommen mehrere Lehrstellen angeboten und können sich die besten herauspicken. Viele bekommen aber nur Absagen. Diese Tatsache ist aus meiner Sicht sehr wichtig; denn daran zeigt sich, was der Einzelne schon in der Schule, aber auch durch gezielte Praktika oder andere Aktivitäten für seine Zukunft tun kann.
Leider hat nicht jeder Jugendliche das Umfeld, das einer positiven Entwicklung in diese Richtung förderlich ist. Auch diese Jugendlichen dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren.
Das Problem muss zum einen mit einer qualifizierten Berufsvorbereitung gelöst werden. Vorgestern fand im Sozialministerium eine Veranstaltung des Kinder- und Jugendrings zur Problematik der Berufsvorbereitung statt. Während dieser Veranstaltung sind einige sehr interessante Aspekte genannt worden.
Eine qualifizierte Berufsvorbereitung fand bisher teilweise statt. Die verschiedenen Maßnahmen in diesem Bereich haben eine sehr unterschiedliche Qualität. Erfolg versprechend sind vor allem Maßnahmen, die zum einen an Betriebe angebunden sind und zum anderen ein qualifiziertes pädagogisches Konzept haben. Bei der Veranstaltung des Kinder- und Jugendrings sind große Zweifel dahin gehend geäußert worden, dass die einzelnen guten Maßnahmen, die existieren, so fortgeführt werden können oder dass die Qualität überhaupt verbessert werden könnte, da diese Aufgabe demnächst an die Bundesagentur für Arbeit übergehen soll und dadurch einige gewachsene Strukturen möglicherweise kaputtgehen.
Zum anderen muss das Problem der Diskrepanz zwischen der Qualifikation und den Ansprüchen der Unternehmen durch eine Modernisierung der Berufsausbildung angegangen werden. Wir brauchen zum Beispiel eine modularisierte Berufsausbildung,
- doch, die brauchen wir - mit der auch weniger begabte Jugendliche einzelne abgeschlossene Module, die richtig abgeschlossene Qualifikationen darstellen, erwerben
können. Auch mit diesen Qualifikationen kann man sich bewerben und hat eine abgeschlossene Ausbildung.
Die Modularisierung ermöglicht darüber hinaus eine flexible, an einzelne Betriebe angepasste Aus- und Weiterbildung und ist auch ein wichtiger Baustein für ein lebenslanges Lernen, das in Zukunft Bestandteil eines jeden Arbeitslebens sein muss. Das ist die Richtung, in die es in Zukunft gehen muss und gehen wird. Dabei wird das Land auch Unterstützung leisten. - Ich danke Ihnen insofern für Ihre Aufmerksamkeit und warte auf Ihre Fragen.
Sehr geehrte Frau Kollegin, ist Ihnen bekannt, dass die Ausbildungseignungsverordnung, auf deren Grundlage man ausbilden kann, seit 1. August des letzten Jahres für einen Zeitraum von fünf Jahren ausgesetzt wurde? Ist Ihnen bekannt, dass somit jeder Betrieb ausbilden kann?
Ich weiß auch nicht, wie die Statistiken geführt werden. Ich weiß, dass etwa 55 % aller Betriebe in SachsenAnhalt als ausbildungsberechtigt geführt werden.