Protocol of the Session on April 2, 2004

Neuntens. Um demokratische Prozesse zu fördern und Personalentscheidungen an den Hochschulen transparent zu gestalten, sollen die Personalräte vor Entscheidungen zu Veränderungen im Stellenplan eine Stellungnahme abgeben können. Auch das haben die CDU- und die FDP-Fraktion abgelehnt. Wir geben Ihnen heute nochmals die Gelegenheit, den entsprechenden Hinweisen aus der Anhörung zu folgen.

Meine Herren, meine Damen! Ich will ganz klar feststellen, dass die SPD-Fraktion damit einverstanden ist, den ursprünglichen Artikel 1 zu streichen. Das so genannte vierte Hochschulstrukturgesetz beschrieb ohnehin keine Strukturen und war verfassungsrechtlich bedenklich.

(Frau Mittendorf, SPD: Richtig!)

Sein inhaltlicher Übergang in die §§ 124 und 125 löst dieses Problem allerdings nicht. Es bleiben die Gängelungsmöglichkeiten durch das Ministerium. Mit diesen Paragrafen wird vor allem das vor einem Jahr vor die

Strukturdebatte gesetzte Finanzdiktat gegenüber den Hochschulen legitimiert. Das lehnen wir ab.

(Beifall bei der SPD)

Empörend finden wir Ihren buchstäblich in letzter Minute gestarteten Angriff auf die Gleichstellung der Geschlechter.

(Widerspruch bei der CDU)

Plötzlich sollten alle weiblichen Bezeichnungen angeblich wegen der notwendigen Vereinfachung im Gesetz gestrichen werden.

(Herr Tullner, CDU: Also, jetzt reicht es!)

Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, Sie hatten an vielen Stellen die Möglichkeit, das Gesetz von Überregulierungen zu entschlacken. Sie haben die Möglichkeit nicht genutzt.

(Beifall bei der SPD)

Dann aber die Streichungen bei den Studentinnen, bei den Mitarbeiterinnen und den Professorinnen vorzunehmen ist entlarvend. Sprache und Denken gehen Hand in Hand.

(Zustimmung bei der SPD - Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Offensichtlich!)

Es war aufschlussreich, Ihre Interpretation des Begriffes „Gender-Mainstreaming“ zu erfahren. Dem Kultusminister ist dafür zu danken,

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Echt!)

dass er mit seiner persönlichen Intervention einen solchen kapitalen Rückschritt verhindert hat.

(Zustimmung bei der SPD - Herr Dr. Püchel, SPD: Da kann man ruhig einmal klopfen! - Herr Tullner, CDU: Quatsch! - Weitere Zurufe)

Meine Herren, meine Damen Abgeordneten! Das neue Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt ist kein gutes Gesetz. Die Chance, es zu einem solchen zu machen, war gegeben. Die Regierungsfraktionen haben diese Chance vertan. Vielleicht brechen sie trotzdem in Jubelstürme aus.

Beschädigt werden die Hochschulen, beschädigt wird der Wissenschaftsstandort Sachsen-Anhalt. Zu hoffen bleibt, dass diesem Gesetz keine lange Halbwertszeit beschieden ist.

Wir stellen 21 Änderungsanträge. Da wir aber davon ausgehen müssen, dass sie bei Ihnen keine Mehrheit finden werden, wird die SPD-Fraktion dieses Gesetz ablehnen. Herr Minister Olbertz, Herr Tullner, Herr Volk - das war kein Meisterstück.

(Beifall bei der SPD - Minister Herr Prof. Dr. Ol- bertz: Die Rede aber auch nicht!)

Vielen Dank, Frau Dr. Kuppe. - Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Tullner.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ehe ich zu dem eigentlichen Redebeitrag komme, möchte ich noch drei Vorbemerkungen machen.

Frau Kuppe, ich finde es außerordentlich schade, da wir - ich werde in der Rede noch darauf eingehen - in einer durchaus sachorientierten Debatte im Ausschuss um die beste Lösung gerungen haben.

(Frau Dr. Kuppe, SPD: Eben leider nicht, Herr Tullner!)

Sie wissen auch ganz genau, dass wir auch sehr viele Anregungen aus der Anhörung übernommen haben. Wir haben sehr viele Anregungen von Ihnen übernommen und wir haben Anregungen von der PDS-Fraktion übernommen. Ich finde es wirklich außerordentlich schade, dass Sie der Versuchung nicht widerstehen konnten, hier eine populistische Rede zu halten, die Ihnen vielleicht persönlich irgendwelche Reputationen bringt, aber der Sache, den Hochschulen nun wirklich überhaupt nicht weiterhilft.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Dr. Püchel, SPD: Was soll denn das? Es war eine seriöse Rede! Wenn Sie halb so seriös wären, wäre es gut! - Zurufe von Herrn Reck, SPD, von Frau Mitten- dorf, SPD, und von Herrn Dr. Höppner, SPD)

Ich war vielleicht etwas naiv, aber ich habe an diesen Konsens in der Hochschulpolitik eigentlich geglaubt

(Herr Dr. Püchel, SPD: Wenn Sie halb so seriös wären, wäre es gut!)

und fühlte mich auch durch die Diskussion im Ausschuss darin bestärkt.

(Herr Dr. Höppner, SPD: Ihnen sagt man Popu- lismus nach!)

Aber das, was Sie hier soeben artikuliert haben - das muss ich sagen -, stimmt mich traurig und bedenklich. Ich denke, das wird auch seinen Niederschlag in der Öffentlichkeit finden.

(Frau Mittendorf, SPD: Denken Sie einmal an gestern Abend!)

Ich will nur schnell noch auf drei Punkte eingehen. Frau Dr. Kuppe, Ihr Konzept der Stiftungsuniversität - Sie wissen es doch ganz genau; wir waren auch in Niedersachsen und haben uns kundig gemacht - findet nicht einmal dort Akzeptanz. Nicht einmal dort findet es Akzeptanz. Deshalb müssen wir doch nicht diese Dinge, die sich anderswo nicht bewährt haben, hier noch einmal einbringen. Das ist einfach nicht förderlich.

(Zustimmung von Herrn Schomburg, CDU, und von Frau Feußner, CDU)

Ein Zweites. Der Landeshochschulrat. Sie wissen ganz genau, dass wir gesagt haben: Die Verantwortung liegt im Parlament. Es ist die ureigene Sache des Parlaments, gemeinsam mit der Exekutive darüber zu beraten. Ein externes Gremium, von dem wir nicht wissen, wer Mitglied sein soll, welche Kompetenzen es hat und wie es sich überhaupt legitimiert, können wir nicht befürworten. Das ist die ureigene Aufgabe des Parlaments.

(Zustimmung bei der CDU)

Ein Drittes. Die Zahl der Anträge. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, Frau Dr. Kuppe, ich habe selten - ich bin erst zwei Jahre dabei, deshalb ist es nicht ganz so bedeutungsschwer - eine Gesetzesberatung erlebt, die von so viel Offenheit und Sachorientiertheit geprägt war.

(Zustimmung bei der CDU)

Dass wir so viele Änderungsanträge eingebracht haben, zeigt doch, dass wir unseren Ankündigungen bei der Einbringung des Gesetzentwurfs gerecht geworden sind. Wir haben uns die Meinungen angehört und versucht, ein bestmögliches Gesetz zu machen.

(Zurufe von der SPD)

Das ist doch auch ein Stück weit gelungen. Sie werfen uns vor, dass wir 80 Änderungsanträge eingebracht haben. Was wäre die Alternative? Dass wir unser Gesetz hier stur durchstimmen? Das wäre dann besser gewesen, oder was? Ich verstehe Ihre Logik überhaupt nicht.

(Zustimmung bei der CDU - Frau Mittendorf, SPD: Bessere Vorlagen! Bessere Vorlagen!)

Meine Damen und Herren! Eine lange Beratung des Projektes kommt heute zum Ende. Wir haben eine große Diskussion mit breiter Partizipation geführt. Ich hatte eigentlich bisher die Hoffnung - ich sagte es auch schon -, dass sich dies fortsetzt.

Auch was die Beteiligung der Studierenden angeht, kann man nur hoffen, dass sich der Wille, sich einzubringen, auch im Nachgang des Gesetzes weiter ausprägt. Die Beteiligung an den Gremienwahlen im Frühjahr wird es dokumentieren.

Wir haben seit November intensiv im Hause beraten. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich für die zahlreichen Gespräche, Anregungen und auch für die Kritik, die zu unserem Gesetzentwurf geäußert wurde, bedanken. Ich denke, in dem Sinne, ein bestmögliches Gesetz vorzulegen, haben wir viel davon aufnehmen können. Unsere Offenheit zeigt sich auch anhand der Anträge.

(Zustimmung bei der CDU)

Natürlich ist nicht alles umgesetzt worden. Ich möchte exemplarisch an ein Gespräch erinnern, das ich mit Frau Stude vom Sprachzentrum der Martin-Luther-Universität geführt habe. Sie hat gesagt: Zentrale Einrichtungen werden nicht mehr aufgeführt. Was bedeutet das für uns?

Ich denke, wir sollten viel stärker dazu kommen, zwischen Staat und Hochschulen die Aufgaben zu vereinbaren und nicht mehr die Strukturen festzulegen. Deswegen sind wir an dieser Stelle auch dazu übergegangen, Aufgaben auch über Zielvereinbarungen zu definieren, statt die Strukturen vorzugeben.

Es war auch einer der Kerngedanken der Reform, dass wir den Hochschulen möglichst viel Freiheit lassen, diese Dinge praxisnah umzusetzen und nicht starr in Strukturen leben zu müssen, die wir ihnen vorgeben.