Protocol of the Session on April 1, 2004

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der PDS)

Vielen Dank, Frau Mittendorf. - Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Dr. Schellenberger das Wort. Bitte sehr, Herr Dr. Schellenberger.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf die Notwendigkeit der Festlegung von Mindestschülerzahlen in der mittelfristigen Schulentwicklungsplanung aufgrund der Auswirkungen des Geburtenrückganges möchte ich heute nicht noch einmal eingehen. Darauf ist man bereits im Vorfeld bzw. in anderen Landtagssitzungen ausführlich eingegangen.

Ich möchte nur noch einmal die zwei Fakten deutlich benennen.

Der erste wichtige Punkt ist die Schulgröße. Sie ist mit einem angemessenen Spektrum an Wahlfächern, Arbeitsgemeinschaften und Förderkursen verbunden.

Der zweite wichtige Punkt ist: Eine Verantwortung für die Unterrichtsversorgung liegt auch bei uns.

Ich denke, diese Grundsätze sollten jedem klar sein. Wenn man ehrlich ist, muss man diese Argumente auch einmal öffentlich benennen.

Sie haben natürlich völlig Recht. Es geht nicht um eine x-beliebige Schule. Es ist eine Schule mit Tradition in Gefahr, an der das Pflichtfach Schach seit 180 Jahren unterrichtet wird. Wie ich auch aufgrund von Pressemitteilungen noch einmal erfahren habe, hat das Lebendschachensemble hat nicht nur deutschlandweit - sie haben Besuch von ARD, ZDF, die Londoner sind da, und wer nicht alles bei ihnen im Moment ist -, sondern auch international wirklich einen sehr guten Ruf.

Aber ich denke einmal zurück. Ich kann mich an eine Unterredung mit dem Kultusminister erinnern. Ich kann im Moment nicht genau sagen, ob es vielleicht sogar im Ausschuss war. Da war er ganz stolz. Da hat er nämlich darüber berichtet, dass es intelligente Lösungen und Ansätze gibt und dass gerade

(Frau Mittendorf, SPD, unterhält sich mit Frak- tionskollegen)

- hören Sie doch zu, das Gespräch von dort hinten ist an der Stelle nicht wertvoll - dieser intelligente Ansatz, dass sich die beiden Landkreise verständigen wollten, um eine gemeinsame Lösung zu finden, favorisiert wird. Genau diese Lösung haben wir damals angestrebt und haben uns sehr gefreut; denn diesen Prozess hat der Kultusminister nicht nur angeschoben, sondern er hat versucht, ihn auch moderierend zu begleiten.

Dazu haben sicherlich die vielfältigsten Aktivitäten der Gemeinde, der Elterninitiative und natürlich auch der Verwaltungsgemeinschaft beigetragen. Wenn es Probleme gibt, dann werden sie alle mobil. Das ist auch gut so. Aber leider - Frau Mittendorf, da haben Sie vollkommen Recht - haben die für die Schulentwicklungsplanung Verantwortlichen es nicht geschafft, wie Sie das gerade gehört haben.

Diesen Prozess haben wir als Abgeordnete alle in unserem eigenen Landkreis durch, der eine mehr oder weniger. Ich habe das Glück, dank dieser wunderbaren Verordnung, dass Lehrer in ihren eigenen Kreistagen befangen sind. Ich war als Akteur immer hintangestellt. Ich konnte mit den Prozess leider nur von der Seite angucken.

Aber wie schmerzlich und schwer dieser Prozess ist, wissen wir alle, und dass die Decke zu kurz ist, das wissen wir auch alle, egal, wo wir ziehen. Selbst der Bil

dungsausschuss in Wernigerode hat sich für die Zusammenlegung entschieden. Er konnte sich im Kreistag nicht durchsetzen. Der Kreistag hat dann anders entschieden. Das ist natürlich eine Schwierigkeit. Ich hätte mich richtig gefreut, wenn das Ausnahmekriterium der langen Schulwege, das Sie ins Gespräch bringen, greifen würde; denn leider, muss man sagen, greift es an der Stelle nicht.

Aber wie Sie gehört haben, kann aufgrund der gefassten Beschlüsse - der Kultusminister hat es vorhin noch einmal erwähnt - die Schule nicht weitergeführt werden. Das heißt aber nicht, dass die Tradition des Schachspielens und ganz speziell das Lebendschachensemble gefährdet werden würden. Hier müssen - ich komme zum Schluss - die Vereine, die Gemeinde und natürlich auch das Kultusministerium gemeinsam neue Wege gehen. So muss zum Beispiel die Grundschule stärker mit einbezogen werden. Das ist vielleicht eine Lösung.

Andererseits ist eine Projektunterstützung im Rahmen des Programms „Sport in Schule und Verein“ zu prüfen. Man muss natürlich auch auf das Jahr 2006 Rücksicht nehmen; denn alle Beteiligten müssen das Anliegen unterstützen, das Kulturgut Schach zu fördern. Ich bitte Sie, dieses Angebot, das ich jetzt gerade versucht habe zu formulieren, als Eröffnungsvariante zu betrachten, sozusagen als einen ersten Zug für den Gewinn im Ströbecker Königsspiel, welches wir als CDU auf jeden Fall unterstützen und begleiten werden. - Danke.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Schellenberger. - Für die PDSFraktion erhält nochmals der Abgeordnete Herr Dr. Eckert das Wort. Bitte sehr, Herr Dr. Eckert.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die „Volksstimme“ titelte heute in der Halberstädter Ausgabe: Überregionales Interesse am Erhalt der Schachschule, des Schachdorfes. Das heißt, dass sich zurzeit in Ströbeck die nationalen und internationalen Medien tummeln, darunter Reporter aus Großbritannien, Frankreich und Australien. Vor dem Hintergrund dieses Interesses ist die Debatte kleinlich und nicht von Weitblick geprägt.

(Zustimmung bei der PDS)

Zu Ihren Zahlen, Herr Minister: Die Landkreise können nur die Zahlen berücksichtigen, die aufgrund Ihrer Gesetzgebung anzugeben waren. Wenn ich aber das Angebot Herrn Schomburg nehme - das heißt, Derenburg würde eventuell nach Ströbeck gehen können, dann sind die Zahlen folgendermaßen: Schuljahr 2005/06 Eingangsklasse 37 Schüler, Schuljahr 2006/07 42 Schüler, Schuljahr 2007/08 46 Schüler, immer die 5. Klasse; Zügigkeitsrichtwert Schuljahr 2005/06 2,23, Schuljahr 2006/07 1,98, Schuljahr 2007/08 1,92. Da wollen Sie keine Ausnahme genehmigen?

(Herr Schomburg, CDU: Nein!)

Das sind die Zahlen, die ich habe.

(Herr Schomburg, CDU: Nein, die Zahlen stim- men nicht!)

- Entschuldigen Sie bitte, ich kann sie Ihnen geben. Das ist eine Vorlage aus dem Kreistag.

(Minister Herr Prof. Dr. Olbertz: Nehmen Sie ganz Wernigerode dazu, dann sind es dreimal so viel! Dann ist die Schule gerettet!)

- Das ist nur Derenburg.

(Herr Schomburg, CDU: Nein, reicht nicht!)

- Die Sekundarschule in Derenburg.

Deshalb haben wir auch den Antrag gestellt, dass Sie das noch einmal prüfen, dass Sie das Problem erneut gemeinsam mit den Landkreisen erörtern, um einen Weg zu finden. Mehr wollen wir doch gar nicht.

(Beifall bei der PDS - Herr Gürth, CDU: Das liegt daran, dass Sie mit falschen Zahlen argumentie- ren!)

- Sie haben mit Zahlen argumentiert, nicht ich. Ich habe überhaupt keine Zahlen bei der Einführung des Themas genannt. Diese Zahlen sind jetzt vom Minister anders dargestellt worden.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Ich habe jetzt die Zahlen dargestellt, die in einer Vorlage vom Dezember 2003 dargestellt worden sind.

(Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Mehr kann ich auch nicht tun.

(Herr Schomburg, CDU: Da ist Silstedt mit dabei!)

- Da ist Silstedt nicht dabei, meine Damen und Herren. Das ist die Sekundarschule Derenburg, zumindest steht das in der Unterlage so drin.

Dann habe ich noch einen dritten Punkt: Im Lebendschachensemble wirken Schüler der 3. bis 10. Klasse mit. Für einen erfolgreichen Auftritt sind Schachkenntnisse und Freizeit notwendig. Natürlich braucht man Freizeit. Wenn man diese Freizeit beachtet, dann bezweifle ich, dass 35 Schülerinnen und Schüler nach einer Schließung der Sekundarschule ständig bereitstehen, um das zu machen. Deshalb sage ich: Ohne Sekundarschule ist das Lebendschachensemble vom Aus bedroht. Das ist nur eine Frage der Zeit.

Heute Morgen hörten wir die Regierungserklärung. Ich weiß nicht, wo und wie diese Regierungserklärung überregional bekannt gemacht wird. Aber ich weiß, dass Sachsen-Anhalt in Australien, in Großbritannien, in Frankreich und in den Niederlanden durch diese Negativschlagzeilen wahrgenommen wird.

Ich kann Ihnen sagen, auch wenn ich andere Auffassungen habe als der Ministerpräsident: Es hat mir keinen Spaß gemacht, im Europäischen Parlament behinderter Menschen von Menschen aus Dänemark, Schweden und den Niederlanden angesprochen zu werden, ob es wirklich wahr wäre, was der Ministerpräsident zur Eröffnung einer bestimmten Veranstaltung tatsächlich gesagt hat.

Es macht keinen Spaß, aus Sachsen-Anhalt zu kommen. Wenn ich das alles zusammenzähle, dann wird Sachsen-Anhalt wahrgenommen als ein Land, in dem Tradition nichts mehr wert ist.

(Zustimmung bei der PDS - Unruhe bei der CDU - Minister Herr Dr. Daehre: Aber jetzt wird es ver- rückt! - Zurufe von der CDU)

Deshalb kann ich bei Ihnen nur noch einmal für unseren Antrag bzw. für unsere Auffassung werben. Gustav Mahler hat einmal bemerkt: Tradition heißt, das Feuer am Leben zu erhalten und nicht die Asche anzubeten. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS - Minister Herr Dr. Daehre: Jetzt reden die von Tradition hier!)

Vielen Dank, Herr Dr. Eckert. - Meine Damen und Herren! Nun hat noch einmal der Kultusminister Herr Professor Olbertz um das Wort gebeten. Bitte sehr, Herr Kultusminister.

Herr Präsident, vielen Dank für die Möglichkeit. - Ich möchte die Diskussion keineswegs wieder eröffnen, aber drei Fragen stellen. Offensichtlich ist jetzt alles erlaubt und man kann die tollsten Sachen sagen. Ich bedauere, dass der Schachschule damit Schaden zugefügt wird.

(Zustimmung bei der CDU - Minister Herr Dr. Daehre: Richtig!)

Wenn man sie in einen Zusammenhang stellt mit dem Ende der Pflege der Kulturtradition in unserem Kulturland Sachsen-Anhalt, dann kann ich nur sagen:

(Zuruf von der CDU: Übel!)