Protocol of the Session on April 1, 2004

Hierin liegt das eigentliche Problem, liebe Vorgängerregierung. Sie wollten natürlich einen Erfolg. Das kann ich durchaus verstehen. Aber was Sie versäumt haben, ist die Durchführung einer komplexen Technikfolgenabschätzung. Deshalb haben wir heute genau dieses Problem.

Die Koalitionsfraktionen sehen daher Handlungsbedarf, um die Nutzung der Windkraft zukünftig zu erhalten. Der Zuwachs installierter Anlagen muss an die Siedlungs- und Raumstruktur unseres Landes angepasst werden. Wildwuchs muss verhindert werden. Diesem Ziel diente auch die im März vorgenommene Gesetzesänderung und die Novellierung der Bauordnung.

Darüber hinaus müssen die Windanlagenbauer dahin gehend unterstützt werden, dass Windenergieanlagen wettbewerbsfähig gegenüber herkömmlichen Energieträgern werden und in noch stärkerem Umfang als bisher exportiert werden können. Darin sehe ich auch für die Firma Enercon in Magdeburg und andere Windkrafthersteller die große Chance. Das wollen und werden wir auch unterstützen.

Deutschland ist bei der Anzahl der installierten Windkraftanlagen einsame Spitze. Ein Drittel der Leistungen auf dem weltweiten Windenergiemarkt wird heute in Deutschland erbracht. Wenn man zusammenrechnet, dann erzeugen Dänemark, Spanien und die USA genauso viel Windenergie wie Deutschland; von den Nachbarländern, wie Frankreich, Großbritannien und Polen, ganz zu schweigen.

Es wäre der Sache nicht angemessen, erneuerbare Energien nur auf das Feld der Windenergie beschränken zu wollen. Alternative Energien sind nicht nur Windkraft und Solartechnik, sondern zur regenerierbaren Energie gehört auch, meine Damen und Herren, die Biomasse mit den Arbeitsfeldern der Biogastechnologie, der synthetischen Kraftstoffe auf Pflanzenbasis, der nachwachsenden Rohstoffe, der Biotechnologie und der Gentechnik. Die Landesregierung hat dieses Potenzial frühzeitig erkannt und Vorbereitungen getroffen, um hierbei eine führende Rolle in Deutschland einzunehmen.

An dieser Stelle möchte ich mich nicht in die laufende Diskussion über die Gentechnik oder die Emissionsminderungen einmischen, sondern auf die Untersuchungen der Landesregierung zum Biomassenpotenzial im Land eingehen. Aufbauend auf dem Biomassekatalog des Jahres 2002 wurden und werden im Lande differenzierte Untersuchungen in den Regionen Anhalt und Altmark durchgeführt, um beispielsweise die Nutzungspotenziale bei den Tierhaltungsanlagen festzustellen. Insbesondere für die Region Anhalt liegen derzeit aktuelle Werte und Nutzungskonzepte vor, die beispielhaft in Sachsen-Anhalt sind.

Allein in dieser Region unseres Landes könnten aus den dort vorhandenen Tierhaltungsanlagen ca. 40 Millionen m³ Biogas erzeugt werden - eine riesige Menge, die zur Stromerzeugung genutzt werden kann. Diese Potenziale gilt es zukünftig zu erschließen und zu nutzen.

Fügt man den vorhandenen Kapazitäten noch die Potenziale der nachwachsenden Rohstoffe zur energe

tischen Nutzung hinzu, wird dieses Arbeitsfeld immer interessanter und attraktiver.

Die Landesregierung hat, wie Sie sehen können, die Zukunftsfähigkeit nicht nur an einem Standortfaktor festgemacht, sondern betrachtet die Entwicklung des Landes als eine komplexe Symbiose aller beteiligten Wirtschaftsbereiche und berücksichtigt dabei die Entwicklung des ländlichen Raumes.

Herr Abgeordneter, Sie haben Ihre Redezeit bereits um eine Minute überzogen. Kommen Sie bitte zum Ende.

Ja. - Meine Damen und Herren! Wir können uns sicherlich nicht ausruhen auf unseren Lorbeeren. Schön, dass Deutschland bei der Windenergie Weltmeister ist. Doch der deutschen Energiepolitik fehlt ein Gesamtkonzept für die nachhaltige Versorgung. Hier müssen wir dafür sorgen, dass auch vom Bund ein Gesamtkonzept erarbeitet wird.

Für die Energieforschung sind in Deutschland fünf Ministerien zuständig. Eine solche Meisterleistung an Organisationskunst erlauben sich keine anderen Länder - so stellte der „Spiegel“ treffend fest. Wir haben auch darauf hingewiesen.

Die Diskussion über die Vor- und Nachteile von Windkraft ist oft nicht mehr

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Ende. Sie haben Ihre Redezeit bereits um zwei Minuten überzogen.

als ein ideologischer Glaubenskampf. Also, meine Damen und Herren, wir sollten im Ausschuss sachlich und fachlich darüber diskutieren. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Wir werden sicherlich gemeinsam darüber diskutieren. Wir sind auf einem guten Weg. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Entschuldigen Sie, dass ich meine Redezeit überzogen habe.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Steinecke. - Für die PDS-Fraktion erhält jetzt Herr Dr. Thiel das Wort. Bitte, Herr Dr. Thiel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Minister Rehberger, ich bewundere immer wieder Ihre Gabe, über Dinge zu reden, die eigentlich gar nicht Gegenstand der heutigen Debatte sind.

(Heiterkeit bei der PDS)

Es halte es durchaus für wichtig, dass Sie gesagt haben, die Themen EEG, Ökosteuer und KWK sind auf Prüfstand zu stellen. Aber wir reden heute über einen Antrag, dessen Notwendigkeit damit begründet wird, dass

im vorgelegten Landesenergiekonzept die Entwicklung erneuerbarer Energieträger zu wenig Beachtung gefunden hat

(Minister Herr Dr. Rehberger: Aber das ist genau das Thema!)

und5 dass die Landesregierung ihre Energiepolitik am magischen Dreieck Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Umweltverträglichkeit festmacht. Den Kollegen von der SPD-Fraktion fehlt noch die Komponente der Innovationsfähigkeit. Damit wären wir beim Quadrat.

Dem ist eigentlich nur zuzustimmen. Wir als PDS-Fraktion möchten aber auch die Komponente Bezahlbarkeit mit ins Kalkül ziehen. Damit wären wir beim Pentagramm angelangt, das im finsteren Mittelalter als Symbol für Hexerei und Teufelszeug diente. Aber ich denke einmal, die Zeiten des Aberglaubens sind hoffentlich vorbei.

(Minister Herr Dr. Rehberger: Die Bezahlbarkeit und die Wettbewerbsfähigkeit sind identisch! Das ist das Problem!)

- Das ist das Problem? - Aber in diesem Zusammenhang sollte man mit dem Aberglauben aufräumen, dass eine neoliberale Wirtschaftspolitik zu mehr Wettbewerb und zu sinkenden Kosten führt. Die Liberalisierung der Strommärkte in den letzten Jahren hat zwar einen entsprechenden Anfangseffekt gebracht, aber die im Januar 2004 veröffentlichte Studie des Bremer Energieinstituts zu Investitionen in diesem Markt in naher Zukunft lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.

Um es mit wenigen Worten zu sagen: Erstens. Die Bereitstellung von Ersatzkapazitäten bei traditionellen Kraftwerken erfordert in den nächsten 20 Jahren Investitionen in Höhe eines zweistelligen Milliardenbetrages.

Zweitens. Aufgrund knapper werdender Kapazitäten am Großhandelsmarkt für Strom werden Preiserhöhungen einsetzen, uns zwar so lange, bis sich die neuen Anlagen rechnen.

Drittens. Der Markt kann grundsätzlich dieses Investitionsproblem lösen - vorausgesetzt, dass keine regulierenden Eingriffe zur Einschränkung der Preisbewegungen durch den Staat erfolgten.

Dazu kann man nur feststellen: Der Verbraucher wird wieder einmal Opfer der Politik, wenn man sie widerstandslos über sich ergehen lässt. Dabei besteht die Gefahr, dass wir in den neuen Bundesländern wieder zweimal zur Kasse gebeten werden, einmal durch die in den 90er-Jahren bereits getätigten Investitionen, die sich in entsprechend höheren Preisen gegenüber den alten Bundesländern widerspiegeln, und ein zweites Mal, wenn in den Jahren 2010 bis 2020 die Ersatzinvestitionen auf uns zukommen werden.

Meine Damen und Herren! Regionale Wirtschaftskreisläufe und ein vernünftiger Mix aus lokaler Energieerzeugung und Großerzeugung sollten als Ziel haben, langfristig eine stabile Eigenenergieversorgung zu gewährleisten. Die Chancen stehen nicht schlecht, eine „energetische Autonomie“ für Sachsen-Anhalt zu erreichen. Mit der Braunkohle, die zu 90 % den Energiebedarf bis 2010 decken kann, und den erneuerbaren Energien mit knapp 9 % stehen wichtige einheimische Ressourcen zur Verfügung.

Im Bereich der regenerativen Energien wird in SachsenAnhalt in dem Zeitraum von 2002 bis 2010 eine deutliche Nutzungssteigerung eintreten. Verantwortlich dafür sind insbesondere die Anwendung der Windenergie und die Ansiedlung von Stromerzeugungsanlagen auf der Basis von Gebrauchtholz. Bei der Wasserkraft und bei sonstigen erneuerbaren Energien kommt es im Zeitrahmen bis 2010 auf geringem Niveau ebenfalls zu Einsatzsteigerungen.

Insgesamt wird Sachsen-Anhalt über die Zielstellung der EU, die Nutzung erneuerbarer Energien bis zum Jahr 2010 zu verdoppeln, weit hinausgehen. Das ist durchaus positiv, wird aber offensichtlich nicht ausreichen, um die gestellten Ziele für die CO2-Emissionen nach den jüngsten Kompromissen zu realisieren. Doch dazu morgen mehr.

Auf der Basis der prognostizierten Entwicklungsverläufe und Randbedingungen ergeben sich folgende Anteile der einzelnen erneuerbaren Energieträger im Jahr 2010: nachwachsende Rohstoffe mit 64 % und Windenergie mit 28 % zum Gesamtaufkommen, und nicht umgekehrt, wie es manche „Windmühlenritter“ vermuten.

Grobe Entwicklungsszenarien werden für einzelne regenerative Energiearten im Landesenergiekonzept zwar entwickelt, aber es fehlt ein Feinkonzept. Fragen, wie zum Beispiel mit innovativen Technologien und Lösungen hinsichtlich der Erzeugung und der Speicherung die Ziele erreicht werden sollen, was in welchen Regionen schwerpunktmäßig passieren soll, welche Arbeitsplätze damit verbunden sind, bis hin zu Fragen der Forschung und der Entwicklung sind offen geblieben.

Dass die Einführung innovativer Technologien sich in der Anfangsphase am Markt nicht rechnen kann, ist sonnenklar. Obwohl die regenerativen Energien noch keine Lobby bei der Cluster-Förderung haben, ist ihre Förderung nicht aus dem Blick zu verlieren.

Wenn es Sachsen-Anhalt gelingt, die Exportfähigkeit seiner Erzeugnisse zu steigern, die Wirtschaftskraft zu stärken und damit ein neues Arbeitskräftepotenzial zu erschließen, ist das deutlich innovativer als die Vision unseres jetzigen Wirtschaftsministers, den Atomstrom weiter zu nutzen. Dazu sagen wir: Nein danke, Herr Rehberger.

(Zustimmung bei der PDS und bei der SPD)

In diesem Sinne unterstützen wir den Antrag der Fraktion der SPD, dass sich der Wirtschaftsausschuss sowohl in einer Anhörung als auch später auf der Grundlage eines Konzepts der Landesregierung mit diesem Thema beschäftigen soll. Den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen, dies auch im Umweltausschuss zu tun, halten wir für sinnvoll. Deshalb möchten wir auch den Antrag der SPD-Fraktion unterstützen. Ich empfehle also, dem Antrag die Zustimmung zu erteilen. - Danke schön.

(Zustimmung bei der PDS und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Thiel. - Für die FDP-Fraktion erteile ich nun dem Abgeordneten Herrn Kehl das Wort. Bitte sehr, Herr Kehl.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP steht zu der Notwendigkeit von regenera

tiven Energietechnologien. Das ist nichts Neues, Frau Budde hat es zutreffend gesagt: Die fossilen Energieträger Kohle, Öl und Erdgas sind endlich und werden uns irgendwann nicht mehr zur Verfügung stehen.

Außerdem haben sie weitere Folgen. Der Schadstoffausstoß bei der Veredlung oder beim Verbrauch verursacht gesundheitliche Probleme. Aber auch das Interesse kommender Generationen an einer intakten Natur und an einer Technologie, die erforscht worden ist, ist nachvollziehbar und wichtig. Deshalb sagen wir, die Forschung ist notwendig.

Häufig wird die Frage nach regenerativer Energie in Sachsen-Anhalt auf die Windkraftanlagen beschränkt, was, so meine ich, eine unzulässige Reduktion darstellt, aber nachvollziehbar ist. Zum einen - das wurde auch schon häufig gesagt - stellt ein großer Hersteller in der Region Magdeburg einen deutlichen Wirtschaftsfaktor dar. Zum anderen bringen diese Anlagen in weiten Teilen des Landes aber mehr Probleme, als sie einen direkten Nutzen für unser Land haben.

Mit den Zielen des Landschaftsschutzes ist eine übermäßige Ansiedlung von Windkraftanlagen sicherlich nicht vereinbar. Das hat auch einen direkten Einfluss auf den Tourismus, aber auch auf die Lebensqualität der Bürger in unserem Land.

(Zustimmung bei der FDP)

Aus verschiedenen Gründen, auch des Naturschutzes, sind diese Anlagen fragwürdig. Auch wenn das langfristige Ziel, von fossilen Brennstoffen und Atomenergie wegzukommen, naturschutzfachlich sicherlich positiv zu bewerten ist, sind aber doch die Anlagen selber aus verschiedensten Gründen schwierig. Wirtschaftspolitisch - das wurde auch schon angesprochen - sind sie besonders problematisch, da durch dieses Einspeisegesetz des Bundes letztlich eine Verteuerung der Strompreise herbeigeführt wird und im Prinzip bisher - in SachsenAnhalt zumindest - die Entsorgung der Anlagen, sollte das Gesetz einmal auslaufen, nicht sichergestellt war.

Meine Damen und Herren! Wir haben mit der Änderung der Bauordnung den ersten Schritt gemacht, die Zahl dieser Anlagen einzudämmen, und dazu steht auch die Koalition.