Für den einen oder anderen sind solche Dinge immer überraschend, wenn ich davon ausgehe, dass Juristen bzw. Rechtswissenschaftler aus der Naturwissenschaft kommen, wo es „wahr“ und „falsch“ gibt. Es ist nun einmal nicht so. Rechtswissenschaften gehören, will ich einmal ketzerisch sagen, mehr zu den Geisteswissenschaften und ich komme natürlich bei der Betrachtung ein und desselben Sachverhalts häufig zu einem unterschiedlichen Ergebnis. Das ist etwas, was ich in zehn Jahren Landesverwaltung - manchmal schmerzlich, aber doch nachdrücklich - gelernt habe: Ich habe nicht Recht, sondern ich bekomme Recht, wenn ich vor Gericht gehe.
In der Frage, ob der Grundsatz des institutionellen Gesetzesvorbehalts und die Wesentlichkeitstheorie - Frau Weiher hat darauf hingewiesen - betroffen sind, wie die PDS annimmt, haben wir uns mehrheitlich der Auffassung des Rechtsausschusses angeschlossen, dass keine Rechtsverletzung vorliegt.
Frau Weiher, eine Rechtsverletzung liegt auch dann nicht vor, wenn nicht alle Abgeordneten - da muss ich mich selbst kritisch einschließen - bei der Beratung des Staatsvertrages zur NordLB gleich gemerkt haben, dass § 4 Abs. 5 in dieser Tragweite greift. Recht gilt auch, wenn nicht alle Abgeordneten verstanden haben, welche exakten Möglichkeiten damit erschlossen werden. Ich habe zu diesem Zeitpunkt diese Tragweite auch nicht gesehen.
Ich erlaube mir aber ganz kurz noch einen Hinweis auf die Wesentlichkeitstheorie, über die wir als Nichtjuristen so forsch diskutiert haben. Sie ist eigentlich zur Ausübung bzw. zur Einschränkung von Grundrechten entwickelt worden. In den Bereich von Grundrechten möchte ich unsere Investitionsbank nun doch nicht bringen.
Einen weiteren Punkt der Diskussion möchte ich abschließend noch aufgreifen, und zwar die Frage der parlamentarischen Beteiligung. Darüber haben wir sowohl im Plenum als auch im Ausschuss lange diskutiert. Die Landesregierung sieht vor, auch nach dem Votum des Wirtschaftsausschusses und dem einhelligen Votum des Finanzausschusses, einen Beirat zu bilden, in dem der Landtag beteiligt wird. Ich gehe davon aus, dass das umgehend passieren wird. Damit wird die von der PDS angemahnte Beteiligung der Abgeordneten sicherlich ausreichend dargestellt.
Sind Sie bereit, zuzugestehen, dass damit für das Land lediglich eine Option eröffnet wird, von der es Gebrauch machen kann, aber nicht muss, und dass schon deshalb eine solche Option, die durch einen Staatsvertrag eröffnet wird, im Unterschied zu einer rechtlichen Verpflichtung, die zwischen Staaten begründet wird, keinen Vorrang gegenüber den innerstaatlichen Kompetenzen beanspruchen darf, die Landesregierung und den Landtag auch nicht von dem Gebot befreien kann, die wesentlichen Grundsätze der allgemeinen Verwaltung per Gesetz zu regeln?
Herr Rothe, ich kann das juristisch nicht so schön darstellen wie Sie. Aber wir sind der Auffassung, dass die Landesregierung mit dem Staatsvertrag zur NordLB - ich habe dort gelernt - die Möglichkeit hat, über das Begleitgesetz die entsprechende Investitionsbank zu bilden und dass sie nicht gezwungen ist, über ein Errichtungsgesetz vorzugehen.
(Beifall bei der CDU - Frau Dr. Weiher, PDS: Macht sie ja nicht! Die bildet die Bank nicht über das Begleitgesetz! Das wissen Sie doch!)
Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Nun noch einmal Sie, Frau Dr. Weiher, wenn Sie es möchten. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der ersten Lesung über den Gesetzentwurf zur Errichtung der Investitionsbank gab es eine gewisse Übereinstimmung zwischen den Fraktionen, was die Schaffung einer Bank als Förderinstrument des Landes betraf. Das ist auch heute durchaus zum Ausdruck gekommen.
Darüber hinaus gab es eine Reihe von Detailfragen zu den neuen Aufgaben, zu Fördergeldern, zur parlamentarischen Kontrolle und zur Kreditvergabe, die in den Ausschusssitzungen, wie Kollege Heyer zutreffend gesagt hat, eben nicht ausreichend beantwortet worden sind.
Der Brief des Ostdeutschen Bankenverbandes, den wir heute bekommen haben, wirft im Übrigen neue Fragen auf. Ich nenne nur: Eigenkapital ersetzende Nachrangdarlehen, wie sie die KfW schon austeilt, Personalfragen im Zusammenhang mit der Kreditvergabe und anderes mehr.
Ich will mich aber auf einen Punkt konzentrieren, der neben den inhaltlichen Fragen zum Knackpunkt in der Diskussion wurde und von Frau Dr. Hüskens schon angesprochen worden ist, nämlich auf die Frage: Wodurch kann eine Investitionsbank errichtet werden, durch ein Gesetz oder durch eine Verordnung? Ich nehme dazu Stellung, weil das der Grund für unsere Ablehnung des Verfahrens und damit auch des InvestitionsbankBegleitgesetzes sein wird.
Die Landesregierung - die Fraktionen der Koalition haben sich dem angeschlossen - plant die Errichtung der Bank nicht über das Begleitgesetz, sondern über die Verordnung, wozu sie, wie Sie meinen, durch die Formulierung im Staatsvertrag der Länder Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt über die NordLB vom 22. Mai 2002 ermächtigt ist. Ich zitiere - mit Ihrer Erlaubnis - auszugsweise aus § 4 Abs. 5 des Staatsvertrages:
„Die Bank kann im Rahmen eines Förderauftrages der Länder Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern Aufgaben wahrnehmen und sich dazu eines oder mehrerer Landesförderinstitute bedienen. Zur Durchführung der in Satz 1 genannten Aufgaben werden die Landesregierungen jeweils für ihr Land ermächtigt, durch Verordnung bei der Bank eine oder mehrere teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts zu errichten.“
Die Frage, ob dieser Weg überhaupt möglich ist, konnte eben nicht eindeutig beantwortet werden. In den Ausschüssen, auch in dem extra zu Rate gezogenen Ausschuss für Recht und Verfassung, wurde dieses grundsätzliche Problem durch Mehrheitsverhältnisse entschieden. Landesregierung und Koalitionsfraktionen sagten „unbedenklich“; SPD und PDS sowie Juristen des Hohen Hauses sagten: „Verfassungsrechtlich bedenklich“. Warum sagten sie das?
Erstens. Keine der Fraktionen ist im Jahr 2002 bei der Zustimmung zum Staatsvertrag davon in Kenntnis gesetzt worden, dass außer den europarechtlichen Konsequenzen, die zur Diskussion standen, völlig neue Regelungen zu anderen, nicht diskutierten Problemkreisen geschaffen werden. Das verletzt im Übrigen auch Arti
Es mutet schon eigenartig an, wenn der Finanzminister Professor Paqué uns im Ausschuss weismachen will, dass man das hätte sehen und dem Zustimmungsgesetz seine Zustimmung verweigern können.
Ich halte das, gelinde gesagt, für ein starkes Stück, zumal jeder weiß, wie mit Zustimmungsgesetzen umgegangen wird. Der Gesetzgeber, der keinen Einfluss auf die Ausarbeitung und Verhandlung von Staatsverträgen hat - nach der Landesverfassung ebenso richtig -, ist nun der sprichwörtlich Dumme, weil er im Verfahren einer Verordnungsermächtigung zustimmen musste, die ihn jetzt seiner Rechte und Mitwirkungsmöglichkeiten beraubt.
Über den Inhalt des Staatsvertrages wurde nicht nur die PDS im Unklaren gelassen, wie Frau Dr. Hüskens bereits sagte. Sie erklärte damals in der Plenarsitzung:
„Anlass der heutigen Befassung mit dem Staatsvertrag über die NordLB und mit der Änderung des Sparkassengesetzes ist einzig und allein das Verfahren der EU gegen die Sparkassen und Landesbanken.“
Nun besagt Artikel 79 Abs. 1 der Landesverfassung, dass eine Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nur durch Gesetz erteilt werden kann, welches Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen muss. Die Ermächtigung steht aber nicht im Zustimmungsgesetz, sondern im Staatsvertrag, auf den der Gesetzgeber keinen Einfluss hat.
Zweitens. Artikel 86 Abs. 2 der Landesverfassung macht den zweiten verfassungsrechtlichen Konflikt deutlich. Danach muss der allgemeine Aufbau der öffentlichen Verwaltung durch Gesetz geregelt werden. Mit der Investitionsbank als Anstalt in einer Anstalt wird eine neue mittelbare Verwaltungsinstanz des Landes geschaffen, die damit dem institutionellen Gesetzesvorbehalt unterfällt und demzufolge nur durch Gesetz errichtet werden darf.
Drittens. Generell ist im Übrigen die Frage zu stellen, ob bei einem so wichtigen Instrument wie einer Förderbank tatsächlich das Parlament als Gesetz- und Budgetgeber freiwillig alle seine Rechte, Pflichten und Mitwirkungsmöglichkeiten der Exekutive überlassen kann. Es geht um ein hohes finanzielles Engagement des Landes, es geht um Gewinne und Verluste, es geht um neue Aufgaben, es geht auch um Auflösung. All das könnte die Landesregierung über Verordnungen regeln.
Wir meinen, dass dieses Parlament - wie auch die Parlamente in allen anderen Bundesländern - an dieser Stelle als Gesetzgeber auftreten muss. Deshalb legen wir unseren Antrag vor, der im Übrigen inhaltlich nichts anderes erreichen möchte, als es auch die SPD will.
Wir beantragen die Rücküberweisung in den Finanzausschuss, um dort den Koalitionsfraktionen die Möglichkeit zu geben, gemeinsam mit uns ein tatsächlich verfassungsrechtlich unbedenkliches Verfahren zu beschließen. - Danke schön.
Frau Dr. Weiher, ich habe noch eine Frage zu Ihrem Änderungsantrag. Ich habe ihn gelesen, fand aber konkret die Übereinstimmung nicht. Sie sagten, inhaltlich stimmten die Fraktionen vollkommen überein. Meine Nachfrage: Ist es tatsächlich so, dass Sie auch die Kreditierung von Unternehmen - die Fördermittelbereiche haben wir in dem Antrag gefunden - entsprechend berücksichtigen? Ist es tatsächlich so, dass Sie den Verfahrensweg für falsch halten?
Wenn das so ist, dann interveniere ich; denn keiner von den Unternehmern draußen wird verstehen, dass rechtliche Bedenken vorgeschoben werden, um solch ein Instrument wie die Investitionsbank Sachsen-Anhalt nicht ins Leben zu rufen.
Herr Laaß, ich halte es für problematisch, dass Sie sich jetzt auf solch eine Begründung zurückziehen; denn es geht hierbei nicht um einfache Bedenken, die mal aufgetreten sind, sondern es geht um klare verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich des Errichtens eines immens wichtigen Instruments, wie es auch der Finanzminister dargestellt hat, wie es auch vom Wirtschaftsminister Herrn Rehberger in der Welt herumerzählt wird.
Es soll ein Förderinstrument werden, das nicht nur das Wohnungsbaufördervermögen in Höhe von mindestens 100 Millionen € übernehmen wird. Vielmehr sollen sämtliche Förderprogramme des Landes - bis auf wenige Ausnahmen - in den nächsten Jahren in die Investitionsbank übergehen. Es sollen neue Kredite aufgenommen werden usw. Ich brauche Ihnen über das Volumen dieser Bank nichts zu sagen. Das wissen Sie genau.
Ein solches Instrument, das in allen anderen Ländern über ein Gesetz errichtet worden ist - niemand wäre in diesen Ländern auf die Idee gekommen, hierfür eine Verordnung anzuwenden -, wollen Sie nun über eine Verordnung errichten und damit alle Möglichkeiten, die wir als Parlament, als Budgetgeber haben, aus der Hand geben?
Damit ist die Debatte beendet und wir stimmen ab. Zunächst ist beantragt worden, den Gesetzentwurf an den Finanzausschuss zurückzuüberweisen. Wer stimmt diesem Antrag zu? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und damit die Mehrheit. Damit ist dieser Überweisungsantrag abgelehnt worden.
Wir stimmen zunächst über den weitergehenden Antrag ab; das ist der Änderungsantrag der PDS-Fraktion in der Drs. 4/1188. Wer stimmt zu? - Wer stimmt dagegen? - Das ist die Mehrheit. Stimmenthaltungen? - Stimmenthaltungen bei der SPD-Fraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden.
Wir stimmen über den Änderungsantrag der SPD-Fraktion in der Drs. 4/1185 ab. Wer stimmt zu? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.